Leviten, Priester und ihr Dienst

«Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf die das Ende der Zeitalter gekommen ist.» (1. Kor 10,11). Das gilt auch in Bezug auf die Leviten und Priester und deren Dienst. Gott wollte durch die Stiftshütte und den damit verbundenen Dienst am Heiligtum nicht nur zu den Israeliten reden. Er dachte auch an uns. Ein Buch mit Illustrationen ist besser verständlich als ein anderes. So geht es auch mit der Bibel. Durch die Vorbilder des Alten Testaments will Gott uns ein besseres und tieferes Verständnis über seine Offenbarungen im Neuen Testament geben.

Die Leviten

Levi, der dritte Sohn Jakobs, war gewalttätig und grausam (1. Mo 49,7). Der Fluch seines Vaters lastete auf ihm. Aber die Gnade Gottes brachte Herrliches zustande. Gott beanspruchte gerade diesen Stamm für sich und segnete ihn reichlich (4. Mo 3,12; 5. Mo 33,8-11). Er hatte eine besondere Aufgabe für die Leviten: Sie sollten die Wohnung (Stiftshütte) und all ihr Gerät tragen; sie sollten sie bedienen und sich rings um die Wohnung lagern (4. Mo 1,50). Levi hatte drei Söhne: Gerson, Kehat und Merari. Jedes dieser drei Vaterhäuser hatte seine eigenen, klar bezeichneten Teile zu tragen, zu bedienen und sich an einem bestimmten Ort zu lagern (4. Mo 3).

Die Gersoniter lagerten sich an der Westseite und betreuten die Wohnung (die farbigen Teppiche), das Zelt (die Ziegenhaarteppiche), die Decken aus Widderfellen und Seekuhfellen, die Ein­gangs­vor­hän­ge zum Heiligtum und zum Vorhof, sowie die Umhänge des Vorhofs und die zugehörigen Seile (4. Mo 3. 25.26).

Die Kehatiter lagerten an der Südseite und betreuten alle goldenen und kupfernen Geräte (4. Mo 3,31).

Die Merariter hatten ihre Zelte auf der Nordseite. Sie waren für die Bretter, Riegel, Säulen und Füsse samt Pflöcken und Seilen verantwortlich (4. Mo 3,36.37).

Die Priester

Die Priester hatten den gleichen Stammvater wie die übrigen Leviten. Auch sie waren Gegenstände der göttlichen Gnade. Aber Gott hatte für sie eine andere Aufgabe. Sie hatten weniger einen Dienst an der Wohnung als vielmehr in der Wohnung. Sie standen am Brandopfer- und Räucheraltar (1. Chr 6,49). Sie betreuten den goldenen Leuchter und hatten die Aufsicht über die Wohnung. Daneben oblagen ihnen auch verschiedene Dienste gegenüber dem Volk: z.B. das Blasen der Trompeten (4. Mo 10), der Rechtsspruch (5. Mo 17,8-13), das Segnen (4. Mo 6,22-27) und der Zuspruch vor dem Kampf (5. Mo 20,2-4). Es wurde aber kein Unterschied gemacht zwischen den einzelnen Söhnen Aarons, des Hohenpriesters. Alle Söhne, ohne Ausnahme, waren berufen, den Dienst an den Altären zu verrichten, die Trompeten zu blasen, usw.

Das Neue Testament sieht alle Gläubigen in der Eigenschaft von Leviten und erklärt, dass alle zu Priestern gemacht sind. Aber es ist wichtig, die Unterschiede in den bezüglichen Vorbildern zu beachten.

Die Leviten im Licht des Neuen Testaments

Unserer Herkunft nach gleichen wir dem gewalttätigen Levi (Tit 3,3). Auch für uns liegt die Grundlage zu jedem Dienst in der Erlösung (Eph 2,8-10). Aber für jeden Erlösten hat der Herr einen persönlichen Auftrag (Eph 4,7; Mt 25,15). Die einen hat Er der Versammlung (dem ganzen Leib) gegeben als Evangelisten, Hirten und Lehrer (Eph 4,11). Ihr Dienst ist mit einer besonderen Verantwortung verbunden. Neben diesen Gaben darf jeder Gläubige die Aufgabe eines Gelenks der Darreichung am Leib Christi ausüben und so seinen Teil zum Wachstum des Leibes beitragen (Eph 4,16). Im Alten Testament stand der Dienst der Leviten mit der damaligen Wohnung Gottes in Verbindung. Auch im Neuen Testament wird der entsprechende Dienst nur im Zusammenhang mit der heutigen Wohnung Gottes, mit seiner Versammlung, gesehen. Es gibt kein Gelenk der Darreichung ausserhalb des Leibes. Auch die Gabe des Evangelisten hat der Herr für die Auferbauung des Leibes Christi gegeben (Eph 4,11.12). Wir tun gut, dies festzuhalten, auch in den Tagen des Zerfalls.

Die Leviten waren verantwortlich, das ganze Zeugnis der Wohnung, das Gott inmitten seines erlösten Volkes hatte, durch die Wüste zu tragen. Kein Seil, kein Pflock, nichts durfte liegengelassen werden. Und alles musste geschehen nach der göttlichen Ordnung. Kein Merariter durfte helfen, die Bundeslade zu tragen, sonst wären seine Säulen und Pflöcke liegen geblieben und er hätte die Arbeit eines Kehatiters getan, zu der er weder berufen noch befähigt war! Genauso ist es heute noch. Kennst du die Aufgabe, die der Herr dir aufgetragen hat? Dann führe sie aus in Treue, ohne andere nachzuahmen oder in den Wirkungskreis eines andern zu treten.

Die Leviten wurden gemustert. Obwohl sie keine Soldaten waren, glich ihre Arbeit einem Kriegsdienst, was Mühsal bedeutete (4. Mo 3,12; 4,3 Fussnote). Ist es heute anders? Lies 2. Timotheus 2,3. Leider fanden sich nicht so viele Leviten vor, wie es Erstgeborene in Israel gab, an deren Stelle sie Gott gehörten (4. Mo 3,46). Wie viel mehr fehlt es heute an Dienern! Gibt es nicht viele, die das Tragen der Wohnung (das Zeugnis der Versammlung) durch diese Welt einfach andern überlassen? Demas, einst ein Mitarbeiter des Apostels Paulus, hatte die Welt lieb gewonnen und seinen Dienst aufgegeben (Phlm 24; 2. Tim 4,10). Und was musste der Apostel Archippus sagen? «Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst» (Kol 4,17). Es kann sogar solche geben, die – bildlich gesprochen – den Transport hemmen wollen, die sich sozusagen an die Stangen hängen, statt mitzutragen.

Die Leviten lagerten an den Seiten der Wohnung, dem Wohnort Gottes. Halten wir uns nahe beim Herrn und bei seiner Versammlung auf? Lasst uns das Zusammenkommen nicht versäumen! Wie viel «Arbeit» gibt es gerade in der Gebetsstunde zu verrichten. Hier gilt es einen Pflock einzurammen, dort ein Seil zu spannen. Hast du, lieber Bruder, das Gebet, das der Herr dir aufs Herz legte, auch ausgesprochen? Oder denkst du, deine Anwesenheit in der Gebetsstunde genüge? Ich fürchte sehr, dass du dann zu denen gehörst, die das Tragen anderen überlassen.

Die Priester im Licht des Neuen Testaments

Auch der Priesterdienst gründet sich auf die Erlösung (1. Pet 1,18.19; 2,5). Jeder Gläubige, ohne Unterschied, ist ein Priester. So wie im Alten Testament kein Unterschied zwischen den Söhnen Aarons hinsichtlich ihres Dienstes gemacht wurde, so ist heute jeder Gläubige in gleichem Mass Priester, ganz unabhängig von der Gabe, die er persönlich vom Herrn empfangen hat.

Was tat der Priester am Brandopferaltar? Er sprengte das Blut an den Altar. Er richtete die Stücke des Brandopfers auf dem Altar zu. Er räucherte es. Sein Opfer? Nein! Das Opfer, das ein Israelit Gott darbringen wollte (3. Mo 1). Der Priester brachte es nicht für sich selbst dar. Auch am Räucheraltar verbrannte er die Gewürze, die die Israeliten zum wohlriechenden Räucherwerk als Hebopfer gebracht hatten (2. Mo 25,6).

Wenn wir also am ersten Tag der Woche zusammenkommen, um Gott priesterlich zu dienen, ist es wichtig, dies zu beherzigen. Das Opfer redet vom Herrn Jesus, die einzelnen Stücke von den verschiedenen Wesenszügen, die Er in seinem Leben und in seinem Tod offenbart hat. Das freiwillige Brandopfer in 3. Mose 1 konnte ein Rind, ein Stück Kleinvieh oder eine Taube sein. Jedes musste der Priester räuchern. Redet das nicht davon, wie wir Gott nur das darbringen können, was in den Herzen der Versammelten vorhanden ist? Wenn der Israelit eine Taube brachte, konnte der Priester kein Rind opfern! Wie nötig ist es doch, dass wir uns in allem ganz unter die Leitung des Heiligen Geistes stellen. Nur dann wird Gott das Opfer dargebracht, das wirklich dem Zustand der Herzen entspricht. Es wird zum lieblichen Geruch für Ihn sein.

Wir wollen uns die ernste Frage stellen: Warum wird oft so wenig Dank und Anbetung zum Ausdruck gebracht? Warum schweigen so viele Brüder in der Anbetungsstunde, da doch jeder ein Priester ist? Es kann verschiedene Gründe haben. Wenn das freiwillige Opfer fehlt, wenn unsere Herzen leer sind und wir die Herrlichkeiten der Person Jesu nicht erkennen, der doch das Opfer darstellt, dann kann es der Priester nicht «räuchern», d.h. öffentlich vor Gott aussprechen. Anderseits kann auch die Bereitschaft fehlen, sich vom Heiligen Geist gebrauchen zu lassen. Aber was für ein Verlust, zur priesterlichen Familie zu gehören und diese Vorrechte gering zu achten!

Ausser dem Dienst an den Altären hatten die Priester noch weitere Aufgaben gegenüber dem Volk zu erfüllen. Dabei ist es wichtig, bei den neutestamentlichen Anwendungen diese niemals mit Levitendienst, d.h. mit der Ausübung einer persönlichen Gabe zu verwechseln.

Im Neuen Testament werden für die Versammlung, d.h. die Gesamtheit aller Kinder Gottes und ihre Darstellung in der örtlichen Versammlung, verschiedene Bilder gebraucht. Sie wird z.B. gesehen als die Behausung Gottes im Geist, oder als der Leib Christi und Er als das verherrlichte Haupt im Himmel. Die priesterliche Familie ist auch ein Bild der Versammlung: Alle Gläubigen sind Priester, und der Herr Jesus ist der Hohepriester (Off 1,5.6; 5,9.10; Heb 2,11-13).

Die Leviten hingegen werden nie als Bild für die ganze Versammlung gebraucht. Sie sind nur ein Vorbild im Blick auf den Dienst und den Auftrag, den jeder einzelne Gläubige vom Herrn empfangen hat.

Wenn also davon gesprochen wird, dass die Leviten den Priestern unterstellt waren und diese die Aufsicht auszuüben hatten (4. Mo 3,6.9; 3,32; 4,16), so enthalten diese Stellen zwei wichtige Wahrheiten:

  • Jeder Diener (Levit) ist dem Herrn verantwortlich (im Vorbild dem namentlich genannten Priester, der die Aufsicht hatte).
  • Die Versammlung hat zu prüfen und zu beurteilen, was der Diener sagt, und zwar im Licht des Wortes Gottes (Apg 17,11; 1. Kor 14,29; 1. Thes 5,21; Off 2,2).

Die Priester hatten in Streitsachen Recht zu sprechen. – Zulassungs- und Zuchtfragen obliegen der ganzen Versammlung.

Unter anderem hatten die Priester auch mit den Trompeten zum Aufbruch des Lagers zu blasen. Das hiess: dem Land entgegen! – Nach 1. Thessalonicher 4,18 dürfen wir alle mit den Worten über die Wiederkunft unseres geliebten Herrn einander ermuntern.

Sie sprachen auch den Segen aus. – Und wir? «Segnet, weil ihr dazu berufen worden seid» (1. Pet 3,9).