Vom Wert der Schwierigkeiten

Schwierigkeiten in Form von harten Schicksalsschlägen oder schweren Lebensumständen sind wertvoll für uns, indem sie uns unser Herz offenbaren und uns unsere Unzulänglichkeiten und unser Versagen zeigen. Gott gebraucht diese Mittel, um die in unserem Leben nötigen Veränderungen zu bewirken, wodurch unser Leben und Charakter geformt werden. Wir lernen uns selbst erst kennen, wenn die Prüfung kommt. Unser Glaube und unser Mut, die in Zeiten der Begeisterung oft hell auflodern, kommen dann auf ihr wahres Niveau herunter. Wir spüren in solchen Zeiten unsere Nichtigkeit und Hilflosigkeit, und das wirft uns voll und ganz auf Christus, in dem wir alles Nötige finden.

Durch die schweren Wege in seinem Leben kam Jakob schliesslich mit sich selbst zu Ende. Hiobs Auseinandersetzungen mit seinen Freunden brachten ihn zur Verurteilung seiner Selbstgerechtigkeit und seines Selbstvertrauens. Der Fall von Petrus brach seinen Stolz und seine gute Meinung über sich selbst, so dass er nachher die Kraft nicht mehr bei sich, sondern nur noch in Christus suchte.

Hier liegt der Grund, warum der Herr uns solches erfahren lässt. Es soll uns bewusst werden, dass die Einschätzung unserer eigenen Kraft wirklich falsch und übertrieben ist. Er möchte, dass wir zu dem Punkt kommen, wo wir wirklich sagen können: «Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir» (Gal 2,20).

Durch die Schwierigkeiten, in die Gott uns bringt, und die harten Zeiten, die Er uns erleben lässt, will Er weit mehr erreichen, als wir vielleicht denken. Darin lernen wir:

  • die Hilfsquellen Gottes zu erkennen
  • Glauben und Vertrauen
  • beten
  • lieben
  • Geduld und Mut, die uns befähigen, anderen zu helfen

Wollen wir versuchen, dem auszuweichen, was Gott uns erfahren lassen will? Oder wollen wir «in diesem allen mehr als Überwinder sein durch den, der uns geliebt hat»? (Röm 8,37). Wollen wir Schweres als gute Streiter Christi Jesu ertragen (2. Tim 2,3)? Wenn dem so ist, werden wir Ihn eines Tages sagen hören: «Wohl, du guter und treuer Knecht …, geh ein in die Freude deines Herrn» (Mt 25,21.23).

Nöte lehren uns, Gottes Hilfsquellen zu erkennen

Nur in schwierigen Umständen erfahren wir, dass Gott immer genügt. Das Volk Israel musste am Roten Meer zuerst still stehen und die Rettung des Herrn sehen (2. Mo 14,10-14). In gleicher Weise führte Er sie durch eine Wüste – in der es keine natürliche Versorgung gab –, um ihnen zu zeigen, dass Er für alle Bedürfnisse genügte.

In dem Mass, wie wir ein Empfinden für die Bedürfnisse haben, denen Gott begegnet, wird Er real für uns. Jede schwierige Lage der Seinen ist eine Gelegenheit für Ihn, sich in seiner unendlichen Weisheit, Kraft und Gnade zu erweisen. Gott möchte, dass durch sein Wirken in unserem Leben Christus für uns so real wird,

  • wie die Tränen, die wir weinen
  • wie die Furcht, unter der wir zittern
  • wie die Sorgen, die uns überwältigen wollen
  • wie die Schwierigkeiten, die sich wie Berge vor uns auftürmen

Was uns Mühe macht, lässt uns erfahren, dass der Herr Jesus genau so wirklich ist, wie die Schwierigkeit, in der wir stecken. Paulus schreibt im 2. Korinther-Brief, dass er jeder möglichen Art von Schwierigkeiten ausgesetzt war, damit die Kraft des Christus entsprechend seinen Bedürfnissen über ihm wohnte. Daher begrüsste er jede neue Situation als eine weitere Gelegenheit für den Herrn, ihm zu sagen: «Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht» (2. Kor 12,9).

Machen wir auch die Erfahrung, dass Er allen unseren Lebensumständen genügt? Freuen wir uns, dass wir der Welt um uns her sagen können: «Mein Gott aber wird allen (unseren) Bedarf erfüllen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus» (Phil 4,19)?

Nöte lehren uns praktischen Glauben

Glaubenserfahrungen sind der fruchtbare Boden, auf dem das Vertrauen wachsen kann. Schwierigkeiten sind oft gottgewollt, um unser Vertrauen in die Treue und Liebe Gottes zu fördern und zu vertiefen. Der Adler kann seine Jungen nur zum Fliegen bringen, wenn er ihr Nest aufstört und sie zwingt, ihre Flügel zu gebrauchen (5. Mo 32,11.12; Jes 40,29-31). Während sie die bisher unbenutzte Kraft in ihren Flügeln gebrauchen und vielleicht verzweifelte Flugversuche machen, werden sie das Geheimnis eines neuen Lebens – des Lebens in der Luft und im Wind – entdecken.

So lehrt Gott die Seinen, ihre Schwingen des Glaubens zu gebrauchen, indem Er sie aus einer wohlbehüteten Ruhe reisst, oder ihnen ihre menschlichen Stützen wegnimmt. Haben wir nicht schon gedacht, nun würden wir ins Bodenlose fallen? Da lernen wir, voll und ganz auf Gott zu vertrauen.

Wir neigen dazu, uns auf Sichtbares zu stützen. Und nun wird es für uns zu einer ganz neuen Erfahrung, allein zu stehen und mit dem unsichtbaren Gott voranzugehen. Aber diese Lektion müssen wir lernen, wenn wir in Gottes ewiger Ruhe wohnen und bleiben wollen, dort, wo alles nur mit dem Glauben erfasst werden kann und wo Gott unser Ein und Alles ist.

Er passt die Not sehr sanft unserer schwachen Kraft an und führt uns weiter, sobald wir zu mehr imstande sind. Setzen wir in allem Schweren des Lebens unser Vertrauen auf Ihn? Nehmen wir in dem Mass an Stärke zu, wie wir Trübsale ertragen als ein guter Streiter Christi Jesu?

Nöte lehren uns beten

Sie nötigen uns, viel mit Gott allein zu sein. Sie zwangen Jakob an der Furt des Jabbok auf die Knie (1. Mo 32,23-30). Sie lehrten den Psalmisten, «im Schutz des Höchsten zu sitzen» (Ps 91,1). Sie bewirkten im Leben von Paulus ein ununterbrochenes Sich-Stützen auf die Gegenwart des Herrn. Die Schwierigkeiten lehren auch uns, dass wir nur in der gelebten Gemeinschaft mit dem Herrn die Lösung für unsere Lebensprobleme finden.

Es ist demütigend, feststellen zu müssen, dass Gott seine Kinder oft nur durch Leiden und Nöte an sein Herz ziehen kann. Nur zu oft führen Wohlergehen und ein bequemes Leben zu einer, wenn auch nur teilweisen Unabhängigkeit von Ihm. Die Zeiten, in denen es uns geistlich gut geht und die uns näher zu Gott bringen, sind oft solche, von denen wir sagen können: «Du hast mein Elend angesehen, hast Kenntnis genommen von den Bedrängnissen meiner Seele» (Ps 31,8). In dem Mass wie wir die stützende Gnade Gottes erfahren, nimmt sie uns die Angst vor Leiden und die Furcht vor Schmerzen.

Nöte lehren uns Liebe

Gott möchte unsere Gebete beantworten, aber Er möchte vor allem unser Herz still und sanft machen und unseren Geist läutern. Er will uns Liebe lehren. Er muss eine Züchtigung in Form von schlechter und ungerechter Behandlung durch Menschen, die uns vielleicht sogar schweres Unrecht zufügen, zulassen, damit wir genötigt werden, zu Ihm zu gehen. Natürlich entdecken wir dann, dass wir nicht die Liebe haben, die dieser Situation gewachsen wäre. Der Heilige Geist zeigt uns unseren Mangel auf, aber Er führt uns auch zur Quelle der Liebe. Indem wir nach und nach diese Lektionen lernen, wirken sich die Resultate der Erprobungen bei uns aus, so dass bei uns mehr von seiner Gnade und seiner überwindenden Liebe spürbar und sichtbar wird.

Erfahrungen befähigen uns, anderen zu helfen

Durch die gelernten Lektionen sind wir in der Lage, anderen zu helfen. Zum Beispiel können wir denen eine Hilfe sein, die Geduld brauchen, weil wir in Schwierigkeiten selbst Geduld und Ausharren gelernt haben. Geduld ist das, was dem Leben eines Christen eine besondere Schönheit verleiht. Doch wir lernen sie oft nur auf einem Weg der Leiden.

Die schmerzhafte, aber erfahrungsreiche Prüfung befähigt uns, jene zu trösten, zu stärken und zu ermuntern, die der Herr uns über den Weg führt. Solchen dürfen wir bezeugen: Ich habe Ähnliches erlebt, aber aus der Tiefe meiner eigenen Erfahrungen kann ich dir sagen: «Mein Gott aber wird allen euren Bedarf erfüllen nach seinem Reichtum» (Phil 4,19). Ein gleichgültiges oder unreifes Herz wird kaum in der Lage sein, solche zu trösten oder solchen zu raten, die in dieser Welt zu leiden haben.

Wenn wir durch eine Not hindurchgegangen sind, werden wir selbst zu einer hilfreichen Lektion für andere. Unser Leben zeigt dann, was Gott für seine Kinder zu tun vermag und wohin Christus das Leben derer führen will, die Ihm vertrauen – im Gegensatz zu solchen, die ohne Ihn auf der Strecke bleiben. Gott möchte, dass wir lebende Briefe von Christus sind, die von allen Menschen gelesen werden können (2. Kor 3,3). Das Beispiel unseres Lebens soll den anderen zeigen, dass Er die Seinen in jeder Situation aufrechtzuerhalten vermag und dass seine göttliche Kraft sich in jedem Bereich des menschlichen Lebens praktisch wirksam erweisen kann.

Nöte, durch die wir hindurchgegangen sind, führen zu ewigem Segen, denn sie gehören zu den Gelegenheiten, mit denen Gott seine unvergängliche Belohnung verbindet. Was wir heute erleben, dient zu unserer Zubereitung auf die Zukunft. Und so werden die ewigen Ergebnisse der in dieser Zeit gemachten Erfahrungen zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi ausschlagen.