Als unser Herr Jesus am Kreuz sein Leben in den Tod ausschüttete und seinen Geist in die Hände des Vaters befahl, waren noch zwei wichtige Schritte erforderlich, damit bekehrte Sünder in Christus gerechtfertigt, geheiligt und als Erlöste in das Heiligtum Gottes eingeführt werden konnten:
- Christus musste um «unserer Rechtfertigung wegen auferweckt werden» (Röm 4,25). Denn wenn «Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube nichtig; ihr seid noch in euren Sünden». In diesem Fall wären wir sogar «verloren gegangen» (1. Kor 15,14-19).
- Christus musste aber auch, nachdem Er sich vierzig Tage lang in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt hatte, zur Rechten Gottes erhöht und verherrlicht werden (Apg 1,3).
Da manche Christen die Neigung haben, sich mit dem zweiten Punkt zu wenig zu beschäftigen, mag es nützlich sein, an einige Folgen der Erhöhung und Verherrlichung des Herrn Jesus zu erinnern. Gemessen an der Breite und Höhe dieses erhabenen Gegenstandes mögen die nachfolgenden Hinweise dürftig und lückenhaft erscheinen. Wenn sie aber zum Nachdenken über diese herrlichen Tatsachen anregen, haben sie dennoch ihren Zweck erfüllt.
«Damit dein Sohn dich verherrliche» (Joh 17,1)
Jesus konnte am Ende seines Weges hier auf der Erde sagen: «Ich habe dich verherrlicht auf der Erde» (Joh 17,4). Nun aber wünschte Er selbst verherrlicht, d.h. zur Rechten Gottes erhöht zu werden, um Ihn auch in dieser Stellung verherrlichen zu können. Das war und ist allezeit das erste Anliegen unseres teuren Herrn.
Wie aber wollte Er Ihn droben verherrlichen? Indem Er allen Menschen, die der Vater Ihm gegeben hatte, also allen, die Ihn im Lauf des christlichen Zeitalters aufnehmen sollten, ewiges Leben geben würde. Von diesen konnte der Herr sagen: «Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird grössere als diese tun, weil ich zum Vater gehe. Und um was irgend ihr bitten werdet in meinem Namen, das werde ich tun, damit der Vater verherrlicht werde in dem Sohn» (Joh 14,12.13) – «Hierin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt» (Joh 15,8). Weil der erhöhte Herr ihnen ewiges Leben gegeben hat, wird jetzt der Vater in ihnen verherrlicht.
«Wenn ich hingehe, werde ich ihn (den Sachwalter) zu euch senden» (Joh 16,7)
Die Glaubenden sollten nicht nur ewiges Leben empfangen, sondern auch den Heiligen Geist als die Kraft dieses Lebens. Er konnte ihnen erst gegeben werden, nachdem das Erlösungswerk vollbracht und Jesus verherrlicht war (Joh 7,39). Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes, als des «Sachwalters» in den Glaubenden auf der Erde, ist von so grosser Bedeutung, dass unser Herr zu den Jüngern sagte: «Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen» (Joh 16,7).
Der Heilige Geist «lehrte» und «erinnerte» die Jünger an alles, was Jesus ihnen gesagt hatte (Joh 14,26). Unter seiner Inspiration schrieben sie die Evangelien und Briefe nieder (2. Pet 1,21). Er leitet uns durch sie in die ganze Wahrheit (Joh 16,13). Durch die inspirierten Schriften verherrlicht Er Christus in uns, «denn von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen» (Joh 16,14), sagt der Herr. Er leitet die Söhne Gottes hier auf der Erde; Er zeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind; in unserer Schwachheit verwendet Er sich für uns bei Gott, in unaussprechlichen Seufzern (Röm 8,14.16.26). Der Geist der Sohnschaft in unseren Herzen ruft: «Abba, Vater» (Gal 4,6) Weil Er in uns wohnt, können wir im Geist wandeln, der seine köstliche Frucht in uns hervorbringt, und so das Fleisch im Tod halten. Durch den Geist sind die Gläubigen zu einem Leib getauft worden; Er gibt dem Leib die verschiedenen Gnadengaben, die durch Ihn zur Ausübung gelangen (1. Kor 12). Das sind nur einige der wichtigen Funktionen und Wirkungen des «Sachwalters» auf der Erde; es könnten noch manche anderen Zeugnisse aus der Schrift hinzugefügt werden.
Christus ist mit seinem eigenen Blut ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen
Im angeführten Kapitel wird auf den alljährlichen grossen Versöhnungstag Bezug genommen (3. Mo 16). Nur an diesem einen Tage des Jahres durfte der Hohepriester, und nur Er allein, in das Allerheiligste eintreten, und nur mit dem Blut von «Böcken und Kälbern». Eingehüllt in die wohlriechende Wolke des Räucherwerks, trat er vor die Bundeslade, tauchte seinen Finger in die Schale und sprengte von dem Blut auf die Vorderseite oder Oberfläche des Deckels gegen Osten und siebenmal vor den Deckel. Damit tat er «Sühnung für sich und für sein Haus und für die ganze Versammlung Israels». Aber auch den Brandopferaltar musste er mit dem Blut besprengen und ihn so «von den Unreinheiten der Kinder Israel» reinigen und heiligen.
Es war also nicht damit getan, dass jene Sündopfer geschlachtet und ihre Häute, ihr Fleisch und ihr Mist ausserhalb des Lagers mit Feuer verbrannt wurden – vor allem musste ihr Blut ins Allerheiligste gebracht werden, zum Zeugnis vor Gott, dass das Opfer dargebracht war.
So hat «auch Jesus, damit er durch sein eigenes Blut das Volk heiligte, ausserhalb des Tores gelitten» (Heb 13,12). Aber nicht nur das. Christus ist auch als der Auferstandene «mit seinem eigenen Blut», d.h. mit dem Zeugnis seines vergossenen Blutes, «ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen, als er eine ewige Erlösung erfunden hatte» (Heb 9,12). Während der irdische Hohepriester alljährlich mit neuem, fremdem Blut in das Heiligtum hineinging, braucht das Zeugnis des Blutes Christi nicht erneuert zu werden. Da Er in Verbindung mit seinem vergossenen Blut in den Himmel selbst eingegangen ist, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen, konnte Ihn Gott für die Menschen – durch den Glauben an sein Blut – als ein Sühnmittel darstellen (Röm 3,25), dessen Wirksamkeit unvergänglich und unveränderlich ist. Gott erweist sich gerecht, wenn Er jetzt den rechtfertigt, der des Glaubens an Jesus ist, weil durch Christi Blut, dessen Zeugnis immer vor Ihm besteht, seine Gerechtigkeit und Heiligkeit vollkommen befriedigt ist.
Wir haben nun «Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum» (Heb 10,19)
Da Christus aufgrund seines vollkommenen Opfers für uns in das Heiligtum eingegangen ist, haben auch wir durch das Blut Jesu volle Freimütigkeit, dort einzutreten. Da besteht kein Hindernis mehr. Wir dürfen uns allezeit ohne Furcht in der unmittelbaren Gegenwart Gottes aufhalten. Wunderbares Vorrecht für ehemalige Sünder, die von diesem gesegneten Platz ganz und gar ausgeschlossen waren!
Christus selbst hat uns den Weg eingeweiht. Dieser Weg ist sein Fleisch. Die Menschheit Christi – seine Erniedrigung – war wie ein Schleier, der seine göttliche Herrlichkeit vor dem sündigen Menschen verhüllte. Nur der Glaube erkannte sie. Aber bei seinem Tod wurde der Vorhang zerrissen, die Sünde weggetan. In dem auferstandenen und zur Rechten Gottes erhöhten Christus kann der Mensch nun – durch den Glauben – im Heiligtum selbst die Herrlichkeit Gottes betrachten.
Es ist ein neuer Weg, der vorher nicht bestanden hat; das Heiligtum war für den Menschen verschlossen. Es ist aber auch ein lebendiger Weg, weil Christus, nachdem Er durch den Tod gegangen, jetzt auferweckt ist und in der Kraft eines unvergänglichen Lebens in der Herrlichkeit lebt. Sein Tod war nötig, um unsere Sünden zu sühnen. Sein Leben in der Auferstehung und in der Herrlichkeit aber ist nötig, um uns dahin zu führen, wo Er ist.
«Gott hat uns … mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus» (Eph 2,6)
Im Epheserbrief wird uns dieselbe Wahrheit von einer anderen Seite gezeigt. Im 1. Kapitel bittet der Apostel den Gott unseres Herrn Jesus Christus, den Vater der Herrlichkeit, dass Er den Gläubigen den Geist der Weisheit und Offenbarung gebe in der Erkenntnis seiner selbst, damit sie, erleuchtet an den Augen ihrer Herzen, wüssten, welches die Hoffnung seiner Berufung und welches die überragende Grösse seiner Kraft an uns, den Glaubenden ist. Diese Kraft entspricht der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in der Er gewirkt hat in dem Christus, indem Er Ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern gesetzt hat. In dieser erhabenen Stellung ist alles seinen Füssen unterworfen, sowohl in diesem als auch in dem zukünftigen Zeitalter.
Wenn nun Er in dieser Weise erhöht ist, so hat Gott auch uns, die wir als Erlöste «in Christus» sind, «mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus». Welch ein Reichtum an Barmherzigkeit und Liebe Gottes, gegenüber solchen, die tot waren in Vergehungen und Sünden! Wir wandelten ja nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft. Wir waren Söhne des Ungehorsams, die in den Begierden des Fleisches und nach dem Willen des Fleisches und der Gedanken lebten. Aus einem solch schrecklichen Zustand sind wir in Christus herausgenommen und mit Ihm einsgemacht in seiner erhabenen Stellung! Möchten wir sie doch allezeit im Glauben verwirklichen, bis wir auch dem Leib nach in den Himmel einziehen werden!
«Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten» (Joh 14,2)
Die Jünger waren zum letzten Mal um ihren Meister versammelt. Sie hatten hier im Obersaal die Passahfeier mit Ihm so sehr genossen. Wie hätten sie doch gewünscht, immer so vertraut und ungestört bei Ihm zu sein! Stattdessen stand jetzt dem Herrn Jesus die Stunde des Leidens bevor, und nachher würde Er zum Vater hingehen. Der Gedanke an diesen bevorstehenden Abschied erfüllte ihr Herz mit Traurigkeit (Joh 16,5.6). Sie wussten noch nicht, dass sie in der Zeit seiner Abwesenheit in der Kraft des Heiligen Geistes eine Gemeinschaft mit Ihm haben würden, die sie bis dahin nicht gekannt hatten.
Doch nun sagte ihnen der Herr: «In dem Haus meines Vaters sind viele Wohnungen.» – «Ich komme wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet.» Welch ein wunderbarer Trost für sie: Was ihnen hier auf der Erde schon das Kostbarste war, sollte im Haus seines Vaters droben eine vollkommene, herrliche und ewige Fortsetzung finden! Der Feindschaft der Welt völlig entrückt, würden sie dort – und wir mit ihnen – für immer bei Ihm sein.
Was sie aber wohl zu wenig bedachten, war dies, dass jene heilige Stätte für sie «bereitet» werden musste. Wie denn? Einzig dadurch, dass Er als unser Stellvertreter im Gericht, kraft seines Erlösungswerkes als Mensch ins Haus seines Vaters einzog und sich zu seiner Rechten setzte. Seine Gegenwart droben hat die Stätte für uns bereitet.
«Wir haben einen solchen Hohenpriester, der sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln» (Heb 8,1)
Das Hohepriestertum Aarons und seiner Nachfolger wurde auf der Erde ausgeübt. Es diente nur dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge (Heb 8,5). Es stand in Verbindung mit Schlachtopfern, die die Hinzunahenden niemals vollkommen machen konnten (Heb 10,1). Es war nur ein Vorbild und sollte seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit wegen abgeschafft werden (Heb 7,18.19).
Christus aber ist der wahre Hohepriester. Er ist heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden. Er, der Sohn, vollendet in Ewigkeit, ist durch einen Eidschwur Gottes zum Hohenpriester berufen. Er bleibt in Ewigkeit und übt ein unveränderliches Priestertum zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln aus (Heb 7,20-28). Er hat sich dort für immer gesetzt, weil Er zuvor auf der Erde ein Opfer für die Sünde dargebracht hat, das die Glaubenden auf immerdar vollkommen gemacht und ihnen den Weg ins Heiligtum geöffnet hat(Heb 10,12-21). Sein jetziges Priesteramt besteht also, weil die Frage der Sünde göttlich geordnet ist. Er ist Hoherpriester für die Erlösten, die zwar noch auf der Erde leben, aber mit Freimütigkeit ins Heiligtum Gottes eintreten dürfen.
Worin besteht nun, in kurzen Worten gesagt, sein Hohepriestertum?
- Er erscheint für uns vor dem Angesicht Gottes als unser Vertreter (Heb 9,24).1 Kraft seines vollkommenen Opfers und der Herrlichkeit seiner Person hält Er dort unsere Rechte aufrecht, so dass wir auf ewig in der Gegenwart Gottes bestehen können. Lasst uns daher nicht auf uns, sondern auf unseren Hohenpriester blicken!
- In der Wüste dieser Welt, jedoch auf dem Weg zur Ruhe, finden wir am Thron der Gnade durch Christus Gnade zu rechtzeitiger Hilfe (Heb 4,15.16). Gott richtet durch sein Wort in uns alles, was uns vom Pfad des Glaubens ablenken könnte, und unser Hoherpriester vermag mit unseren Schwachheiten – nicht Sünden – Mitleid zu haben; Er weiss, was es bedeutet, in dieser Welt in Gehorsam und Treue voranzugehen.
- Durch Ihn steigt unser Lob und unsere Anbetung zu Gott empor (Heb 13,15). Ähnlich wie die Priester im alten Bund (z.B. 3. Mose 1,16) wird auch Er unser Lobopfer Gott in einer Ihm würdigen Weise darbringen.
- Seine fortwährende Gegenwart als unser Hoherpriester vor Gott gibt uns die Zuversicht, dass wir bis zum himmlischen Ziel durch alle Schwierigkeiten hindurch gerettet werden (Heb 7,25).
«Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten» (1. Joh 2,1)
Soeben erinnerten wir uns daran, dass uns durch Christus, unseren Hohenpriester, Barmherzigkeit und Gnade zuteilwird, damit wir nicht sündigen. Wenn aber jemand gesündigt hat, dann tritt Jesus Christus, unser Herr, als unser Sachwalter bei dem Vater, in Tätigkeit. Er, der sich dort befindet, um sich für die zu verwenden, die in einer unauflöslichen Beziehung zum Vater stehen, ist die Sühnung für unsere Sünden. Er beschäftigt sich vor Gott mit dem Fall dessen, der gefehlt hat. Wie uns das Bild der Fusswaschung zeigt (Joh 13), wendet Er das Wort auf den einzelnen an, um ihm die Verunreinigung zum Bewusstsein zu bringen und ihn zur Buße zu leiten, wodurch er wiederhergestellt wird. Denn im Licht wird Er daran erinnert, dass Gott «treu und gerecht ist, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit».
«Sucht was droben ist, wo der Christus ist» (Kol 3,1)
Im Kolosserbrief schliesslich, wo Christus als das im Himmel verherrlichte Haupt des Leibes der Versammlung auf der Erde betrachtet wird, stellt Ihn der Heilige Geist als den himmlischen Anziehungspunkt vor das Herz und den Sinn der Gläubigen, die noch auf der Erde wandeln. Paulus sagt: «Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott» (Kol 3,1-3).
Wir sind «mit Christus» der Welt gestorben und haben nichts mehr mit gesetzlichen Vorschriften zu tun, die sich auf ein irdisches Leben bezogen. Wir sind aber auch «mit dem Christus», der jetzt zur Rechten Gottes ist, auferweckt, um teilzuhaben an seinem Leben, dessen Sphäre der Himmel ist. Einem Auferstandenen geziemt es daher, sich nach den Dingen, die droben sind, auszustrecken und sie zu suchen. Damit sind die himmlischen Güter und Vorrechte gemeint, die uns in Christus geschenkt sind, geistliche Schätze der Gnade und der Liebe, wovon Er, der Verherrlichte, Quelle und Mittelpunkt ist. Nach diesen Schätzen sollen wir graben, um sie immer besser zu erkennen und zu geniessen. Das Suchen nach dem, was droben ist, führt den Gläubigen in die wahre Sphäre seines Lebens ein. Das löst ihn praktisch von sich selbst und den irdischen Dingen und befähigt ihn auch, für andere wirklich ein Segen zu sein.
- 1Im Vorbild trugen die Hohenpriester Edelsteine, auf denen die Namen der Söhne Israels eingegraben waren, auf dem Brustschild und den Schulterstücken des Ephods, wenn sie «vor den HERRN» hineingingen (2. Mo 28).