Die Furcht des Herrn im Leben des Gläubigen

Die Furcht des Herrn in der Schrift

Im Wort Gottes finden wir Unterweisungen und Beispiele über die Furcht des Herrn sowohl im Alten als auch im Neuen Testament. Das macht schon deutlich, dass es bei diesem Ausdruck, der eine Herzenshaltung beschreibt, um die grundsätzliche Beziehung zwischen dem Geschöpf und seinem Schöpfer geht, um eine Haltung von Respekt und Ehrerbietung. Die besonderen Beziehungen, die Gott in den verschiedenen Heilszeitaltern mit Menschen eingegangen ist, stehen daher bei der Gottesfurcht nicht so sehr im Vordergrund. Sie ist also ein Thema, das auch uns angeht, die wir uns der Gotteskindschaft und unserer geschenkten Stellung in Christus vor Gott erfreuen (vgl. Ps 130,4). Wir können aus dem Nachdenken über alle diese Stellen für unseren Weg als Gläubige Belehrungen und Nutzen für unser praktisches Leben ziehen.

Was ist die Furcht des Herrn?

Als erstes ist sie ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Gläubigen und Ungläubigen; man könnte auch sagen zwischen solchen, die ihr Leben in ihrer Verantwortung vor Gott führen, und denen, die ohne Gott leben wollen. In Sprüche 1,29 heisst es von Ungläubigen, dass sie die Furcht des HERRN nicht erwählt haben, und in Psalm 36,2 und Römer 3,18 steht von ihnen, dass keine Furcht Gottes vor ihren Augen ist. Sie leben nach dem Motto: Tu recht und scheue niemand! (Ri 21,25).

Daneben gibt es Menschen, die eine gewisse Gottesfurcht zur Schau tragen, aber da ist keine echte Herzenshaltung, die einem solchen Wandel zugrunde liegt. Es ist nur angelerntes Menschengebot (Jes 29,13). Solche Personen sind Bekenner, die äusserlich zum Volk Gottes zählen, aber kein Leben aus Gott haben. Wie viele gibt es heute von ihnen! Sie werden einmal als solche offenbar werden. Schliesslich lesen wir von denen, die echte Gottesfurcht in ihren Herzen haben und in deren Leben dies auf schöne Weise zum Ausdruck kommt. Mit diesen Kennzeichen und den positiven Auswirkungen möchten wir uns jetzt etwas eingehender beschäftigen.

Die Furcht des Herrn und ihre Kennzeichen

«Die Furcht des Herrn ist Weisheit» (Hiob 28,28). Weisheit im absoluten Sinn bedeutet, die Dinge so zu sehen, wie sie in sich selbst sind. Die Furcht des Herrn ist also eine notwendige Voraussetzung, wenn wir die Wahrheit über etwas wissen wollen, wenn wir die Dinge im Licht Gottes sehen möchten.

«Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang» (Spr 9,10) und sie unterweist uns auch darin (Spr 15,33). Sind wir noch bereit, alles am Massstab des Wortes Gottes zu messen und für die biblischen Wahrheiten einzustehen? Wer Gott als seinesgleichen betrachtet (Ps 50,21), wird kaum Einsicht in seine Gedanken erlangen. Es ist das Gebet des Apostels Paulus gewesen, dass die Gläubigen nicht bei den Elementen des Anfangs stehen bleiben würden, sondern dass sie erfüllt werden möchten mit der Erkenntnis des Willens des Herrn in aller Weisheit (Kol 1,9; Heb 5,12). Dazu ist es notwendig, dass wir in der Furcht des HERRN bleiben (Spr 23,17; 28,14).

«Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis» (Spr 1,7). Mit Unwissenheit kann Gott Nachsicht haben, obwohl Sünde immer Sünde ist. Und mit Sünde kann Gott keine Nachsicht haben, aber einem gottesfürchtigen Herzen wird Er Einsicht schenken. Wie nötig haben wir die Hilfe des Herrn, damit wir uns in den Umständen weise verhalten! Das hat mit Erkenntnis zu tun. Wie nützlich ist diese Erkenntnis z.B. für die praktische Gemeinschaft unter den Gläubigen!

«Die Furcht des HERRN ist: das Böse hassen» (Spr 8,13). Bewusste Auflehnung gegen Gott und das, was Er gesagt hat, ist böse. Das ist immer dann der Fall, wenn der Mensch, obwohl sich Gott offenbart hat, sich in seinem Tun wider besseres Wissen unabhängig, eigenmächtig und selbstsüchtig in Opposition gegen Gott stellt. Alles, was diesen rebellischen Charakter trägt, soll im Leben eines Gläubigen keinen Raum finden (1. Thes 5,22; Spr 14,16).

«Glückselig der Mann, der den HERRN fürchtet, der grosses Gefallen hat an seinen Geboten!» (Ps 112,1). Ein weiteres Kennzeichen ist die Liebe zum Wort Gottes. Das ist nicht ein massloses Streben nach Wissen, sondern ein stetes Erforschen der Gedanken Gottes durch das Lesen der Bibel, ein Darübernachsinnen, um es schliesslich zu tun (Esra 7,10).

«Glückselig jeder, der den HERRN fürchtet, der auf seinen Wegen wandelt» (Ps 128,1). In den Wegen Gottes zu wandeln, bedeutet neben dem Gehorsam gegenüber seinem Wort auch Abhängigkeit in den persönlichen Lebensfragen. Das bedingt ein uneingeschränktes Vertrauen in Gottes Wege und Führungen.

Ein besonderes Kennzeichen der Furcht des Herrn

«Die Furcht des HERRN ist Unterweisung zur Weisheit, und der Ehre geht Demut voraus. – Die Folge der Demut, der Furcht des HERRN ist Reichtum und Ehre und Leben. – Die Furcht des HERRN ist: das Böse hassen. Stolz und Hochmut und den Weg des Bösen und den Mund der Verkehrtheit hasse ich» (Spr 15,33; 22,4; 8,13). Unter anderem werden Stolz und Hochmut mit dem Bösen identifiziert, weil für den, der Gott fürchtet, beides hassenswürdig ist. Und in den beiden ersten Stellen ist eine enge Verbindung zwischen der Furcht des HERRN und der Demut erkennbar. Wir haben gesehen, dass die Gottlosen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie ihre eigenen Gedanken zum Massstab aller Dinge machen. Wie schrecklich wäre solch eine Gesinnung und ein derartiges Verhalten bei solchen, die den heiligen Namen des Herrn anrufen (2. Tim 2.19; Jer 2,19)! Und doch, wie sieht es da unter uns Gläubigen aus? Wie viel Not ist über uns gekommen, weil im Hinblick auf den gemeinsamen Weg als Gläubige ein Geist des Eigendünkels, ja, der Auflehnung und Unabhängigkeit die Furcht des Herrn immer mehr verdrängt hat. Selbst der Vorwand, es nur gut zu meinen, vermag nicht über die ganze Bosheit und Schlechtigkeit dieses Zeitgeistes hinwegzutäuschen. Unterordnung gegenüber dem Herrn und untereinander ist nur in der Furcht des Herrn möglich (Eph 5,21). Wir können in den Schwierigkeiten nur ruhig bleiben, wenn wir uneingeschränktes Vertrauen in unseren Herrn haben. «In der Furcht des HERRN ist ein starkes Vertrauen, und seine Kinder haben eine Zuflucht» (Spr 14,26).

Verheissungen im Blick auf die Furcht des Herrn

«Wer ist nun der Mann, der den HERRN fürchtet? Er wird ihn unterweisen in dem Weg, den er wählen soll» (Ps 25,12). Es ist, als ob der Heilige Geist nach einem solchen Menschen suchen würde, um ihm diese herrliche Zusage machen zu können. Sind die Leute, die den Herrn fürchten, denn so selten? Gehöre ich zu ihnen? Er will jeden, der Ihn fürchtet, persönlich auf einen Weg des Segens führen.

«Das Geheimnis des Herrn ist für die, die Ihn fürchten, und sein Bund, um ihnen denselben kundzutun» (Ps 25,14). Hören wir, was Gott dem Abraham gesagt hat: «Sollte ich vor Abraham verbergen, was ich tun will?» (1.Mo. 18,17; 22,12). Gott macht jene, die Ihn fürchten, zu seinen Vertrauten, und Er führt sie in seine Gedanken ein. Damals waren seine Mitteilungen vorwiegend prophetischer Art, heute sind es die Gedanken des Vaters über seinen Sohn und die Offenbarung des Geheimnisses von Christus und seiner Versammlung. Begehren wir, in diese Dinge hineinzuschauen?

«Der Engel des HERRN lagert sich um die her, die ihn fürchten, und er befreit sie» (Ps 34,8). Der Weg mit dem Herrn verläuft nicht immer ohne Schwierigkeiten, aber wir dürfen dann in besonderer Weise mit seinem Schutz und seiner Durchhilfe rechnen (Mt 14,22-33).

«Gewiss, nahe ist sein Heil denen, die ihn fürchten» (Ps 85,10). Selbst für Menschen, die noch nicht errettet sind, aber Gottes Autorität und seine Rechte anerkennen, gibt es Verheissungen. Ihnen wird Gott besonders das Heil im Herrn Jesus vorstellen, damit sie an Ihn glauben und gerettet werden (Apg 10,1 ff.).

«Durch die Furcht des HERRN entgeht man dem Bösen» (Spr 16,6 Fussnote). Das Bewusstsein der Abhängigkeit und das vertrauensvolle Harren auf Gott wird uns vor eigenen Wegen und ihren oft traurigen Folgen bewahren (Phil 2,12; 1. Pet 1,17-21).

«Wie ein Vater sich über die Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten» (Ps 103,13). Wie nötig haben wir das Erbarmen Gottes in unserem Zustand der Schwachheit! Es wendet sich in besonderer Weise dem zu, der in Abhängigkeit und Unterordnung vorangeht.

«Die Furcht des HERRN ist eine Quelle des Lebens, um den Fallstricken des Todes zu entgehen» (Spr 14,27). Für das neue Leben des Gläubigen ist die Furcht des Herrn ein wichtiges Element im Blick auf das Wachstum.

«Die Furcht des HERRN ist zum Leben; und gesättigt verbringt man die Nacht, wird nicht heimgesucht vom Unglück» (Spr 19,23). Für den Weg des Gläubigen bietet die Furcht des Herrn den grössten Schutz und eine Fülle von Segen.

Das Beispiel unseres Herrn Jesus selbst

Zum Schluss wollen wir auf Den blicken, der uns auch hinsichtlich der Furcht Gottes als herrliches und vollkommenes Vorbild vorangegangen ist. Dabei schauen wir auf den Herrn Jesus als den wahrhaftigen Menschen in Abhängigkeit von seinem Gott. Er hat in unvergleichlicher Weise wahre Demut gezeigt (Mk 10,45; Joh 13,3-12; Mt 11,29). Er hat uns vorgelebt, was Gehorsam ist (Heb 5,8; Lk 4,1-13). Er hat auch völlige Ergebenheit und Unterwerfung unter den Willen seines Gottes und Vaters offenbart (Mt 11,25.26; 26,36-46; Joh 4,4.34). Und selbst in den schwersten Augenblicken seines Lebens war sein Vertrauen zu seinem Gott ungebrochen (Lk 23,46).

Nichts und niemand, keine Widerwärtigkeiten und keine noch so schwere Erprobung noch die Angriffe des Feindes oder die Schrecken des Todes konnten Ihn vom Weg der Abhängigkeit und des Gehorsams abbringen. Er war vollkommen bereit, alles aus der Hand seines Vaters anzunehmen. Lasst uns Ihn dafür preisen und seine Gesinnung nachahmen! Sie ist der wahrhaftige Ausdruck der Furcht des Herrn.