Sag ja zu Gottes Wegen! (1)

Matthäus 11,26; Matthäus 15,27

«Ja, Vater!»

In Matthäus 11 öffnet sich eine erschütternde Szene vor unseren Augen: «Dann fing er an, die Städte zu schelten, in denen seine meisten Wunderwerke geschehen waren, weil sie nicht Buße getan hatten. Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Denn wenn in Tyrus und Sidon die Wunderwerke geschehen wären, die unter euch geschehen sind, längst hätten sie in Sack und Asche Buße getan. Doch ich sage euch: Tyrus und Sidon wird es erträglicher ergehen am Tag des Gerichts als euch. Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, bis zum Hades wirst du hinabgestossen werden; denn wenn in Sodom die Wunderwerke geschehen wären, die in dir geschehen sind, es wäre geblieben bis auf den heutigen Tag. Doch ich sage euch: Dem Land von Sodom wird es erträglicher ergehen am Tag des Gerichts als dir.

Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und es Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir» (Mt 11,20-26).

Wehen Herzens musste der Christus Gottes über die, die Ihm am nächsten standen, über jene Städte am See Tiberias, das Urteil fällen. Sie haben Ihm eine bittere Enttäuschung bereitet. Auf sein Liebesmühen antworteten sie nicht mit freudiger Zustimmung. Sie hatten greifbare Beweise von seiner Herrlichkeit als Messias, als Sohn des Menschen, als des Christus Gottes, erlebt, aber versäumt, Ihm zu huldigen. Sie hatten das grosse Vorrecht, Zeugen seiner herrlichen Majestät zu sein, nicht geschätzt. Ein bitterer Schmerz mochte die Seele des Herrn Jesus durchzogen haben, als Er diesen Fluch aussprechen musste. Versäumte Gnade hat den Fluch zur Folge! Die Gnade ist befristet. Einmal geht sie zu Ende. Wehe denen, die sie versäumen! Diese wundervolle Gnade, die sich herabneigt zu solch Hoffnungslosen, wie wir es alle sind oder waren, um sich ihrer zu erbarmen!

Die Szene ist deshalb besonders eindrucksvoll, weil anschliessend aus dem Mund des Herrn Jesus ein Gebet erfolgt. Von diesen undankbaren, gottlosen, selbstgefälligen, ungerechten Menschen, die seine Liebe trotzig abgelehnt haben, wendet Er sich an seinen Gott und Vater und äussert die seltsamen Worte: «Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und es Unmündigen offenbart hast. Ja7 Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir.» Hier vernehmen wir nichts von Enttäuschung und Kummer, von Herzeleid, wie wir es gerade wahrgenommen haben. Hier entdecken wir, wie seine Seele in wunderbarer Harmonie mit seinem Vater die Worte spricht: «Ja, Vater!»

Zu was sagte Er ja? Dass Gott dies vor Weisen und Verständigen verborgen hat. Waren die Weisen und die Verständigen nicht auch solche, die begnadigt werden konnten? Natürlich, aber ihr Verstand und ihre menschliche Weisheit standen ihnen im Weg, und so verpassten sie das wundervolle Heil. Sie meinten, gerecht und gut genug zu sein, und darum blieb es ihnen verborgen. Unmündigen wird es offenbart! Die Apostel wurden später in Apostelgeschichte 4,13 ungelehrte und ungebildete Leute genannt. Im griechischen Text steht für ungebildete Leute «idiotai», von dem das Wort «Idiot» abgeleitet wurde. Nach der Meinung der andern waren sie also Unmündige im Sinn dieses Ausspruchs.

Der Herr sagt hier ein Wort, das uns überrascht, wenn Er zum Vater betet: Ja, Vater, ich bin einverstanden. Er rekrutiert seine Leute aus diesen Unmündigen. Nicht aus der Elite der Gesellschaft, sondern aus diesen Unmündigen! Er sagt ja dazu.

In 1. Korinther 1,26-28 wird die Gefolgschaft des Herrn Jesus so beschrieben: «Seht eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache; und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt und das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichtemache.»

Durch sein «Ja, Vater!» erklärt unser Herr Jesus vor seinem Gott und Vater, dass Er mit dieser seltsamen Tatsache einverstanden ist. Damit ist Er uns ein sehr bedeutsames Vorbild. Es ist geradezu klassisch, dass Er, der zweite Mensch vom Himmel, der Ja-Sager, der vornehmste Ja-Sager ist, den die Welt kannte. Der erste Mensch wurde zum Nein-Sager. Seine Handlungsweise im Paradies war ein Nein zu Gottes Liebeswillen. Er öffnete sein Ohr und Herz dem Lügner von Anfang. Von dorther wurde Er infiltriert und versucht. Seither ist die Menschheit auf dem Kurs des Nein-Sagens zu Gott. Die ganze Welt ist in Rebellion, im Nein-Sagen zum Liebeswerben Gottes, zum Willen Gottes. Auf diese Weise rast sie dem ewigen Verderben zu. Das Nein-Sagen ist ihr Verhängnis. Das Ja-Sagen wäre ihre Rettung.

Zu welchen zählst du? Zu den Nein-Sagern oder zu den Ja-Sagern? Die Wendung kommt erst dann für die Nein-Sager, wenn sie sich besinnen und der Botschaft Gottes ihr Herz öffnen. Aber dabei gibt es einiges zu verkraften.

«Ja, Herr!»

In Matthäus 15 siehst du einen Menschen, der unter sehr bitteren Umständen das Ja-Sagen lernte.

«Und Jesus ging aus von dort und zog sich zurück in das Gebiet von Tyrus und Sidon; und siehe, eine kananäische Frau, die aus jenem Gebiet hergekommen war, schrie und sprach: Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids! Meine Tochter ist schlimm besessen. Er aber antwortete ihr nicht ein Wort. Und seine Jünger traten herzu und baten ihn und sprachen: Entlass sie, denn sie schreit hinter uns her. Er aber antwortete und sprach: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. Sie aber kam und warf sich vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! Er aber antwortete und sprach: Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen. Sie aber sprach: Ja, Herr; und doch fressen die Hunde von den Brotkrumen, die von dem Tisch ihrer Herren fallen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Frau, dein Glaube ist gross; dir geschehe, wie du willst» (Mt 15,21-28).

Da haben wir es. Aber es gab für diese Frau allerhand zu verkraften. Was sie tat, begreifen wir. Sie schreit hinter Ihm her: «Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids!» Doch darauf bekommt sie keine Antwort. Warum nicht? War das Herz des Herrn Jesus so erbarmungslos? Dass Er keine Antwort gab, ist aussergewöhnlich. Es gibt nur wenige Stellen in der Schrift, wo Er schweigt und der Fragende ohne Antwort bleibt.

Dem Hilfesuchenden hat Er doch sonst geantwortet. Warum hier nicht? Sie ruft Ihn mit dem Titel «Sohn Davids» an. Durfte sie das nicht? Nein, sie hatte keinen Anspruch an Ihn als Sohn Davids. Sie war eine Heidin. Eine Jüdin hätte so sprechen und an Christus, der als der ihnen verheissene Messias gekommen war, appellieren dürfen. Die Heiden nicht. Deshalb reagierte Er auf die Anrede «Sohn Davids» nicht. Sie musste das lernen. Doch sie schreit weiter. Die Jünger werden ungeduldig. Sie fordern den Herrn heraus, so dass Er antworten muss: «Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.» Das war die primäre Aufgabe, wozu Er berufen war. Er war gekommen, um das zerstreute Israel zu sammeln und es zu seinem Gott zurückzuführen. Das musste die Frau mit eigenen Ohren hören.

Nun kam sie und warf sich vor Ihm nieder und sprach: «Herr, hilf mir!» Jetzt spricht sie nicht mehr vom Sohn Davids. Und da erfährt sie eine neue, seltsame Antwort: «Es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen.» Das Wort «Hunde» ist hier ein ganz verächtlicher Ausdruck. Aus dem Mund des Herrn hört sie solche Worte! Greift es uns nicht ans Herz, dass Er mit Menschen so umgeht und sie «Hunde» nennt? Vergessen wir nicht, dass die Hunde, die damals in jenen Gegenden herumliefen, mit den gepflegten Haustieren, wie man sie bei uns kennt, nicht zu vergleichen sind. Im Orient sind die Hunde gefährlich. Das sind die Tiere, die auf der Strasse die Abfallhaufen durchwühlen, sich jaulend um die Beute streiten, ihre Schnauze in jedes schmutzige Loch stecken und deren Biss gefährlich ist, weil sie eben unrein sind. «Hunde» war damals der Inbegriff des Unreinen.

«Es ist nicht schön, das Brot der Kinder» – damit meinte Er Israel – «zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen.» Das war ein bitteres Wort: so als unrein klassiert zu werden! Das hat Er auch zu mir sagen müssen: unrein. Das muss Er zu jedem sagen. Die Frage ist, was du dazu sagst, wenn Er dich zu den Unreinen zählt. Ich sage: Das muss verkraftet werden. Zum mindesten braucht es den Mut zur Wahrheit. Und daran scheitern viele. Im Himmel gibt es nur mutige Leute; in der Hölle sind die Feiglinge. Wer den Mut hat, dem Urteil Gottes nicht auszuweichen und «ja» zu sagen, dem wird geholfen. Der Frau wurde geholfen. Sie wurde nicht zornrot und empört über diese Aussage. Im Gegenteil, sie sagte: «Ja, Herr!» Sie unterschrieb das göttliche Urteil. Und wenn du den Mut hast, das göttliche Urteil zu unterschreiben, dann kann dir geholfen werden.