Das letzte Mal beschäftigten wir uns mit dem himmlischen Charakter und der himmlischen Stellung des Christen. Heute wollen wir von dem Kampf des Christen reden, den er täglich durchzufechten hat, bis er auch dem Leib nach in den Himmel versetzt ist.
Jeder gute Heerführer wird, um mit Erfolg zu kämpfen, die Lage zuvor gründlich aufklären. Er muss das Gebiet, das er zu verteidigen hat, genau kennen. Er will über den Feind, dessen Stärke und dessen Waffen auf dem Laufenden sein und muss wissen, wo und wie dieser angreift. Seine eigenen kampfbereiten Truppen wird er dann in die günstigsten Stellungen bringen und in Alarmbereitschaft halten.
Damit der Christ zu «stehen» vermag, muss auch er über alle Einzelheiten seines Kampfes genau Bescheid wissen.
Um welchen Kampf handelt es sich?
Es ist nicht ein Kampf gegen «das Fleisch» – Viele Christen und besonders Anfänger auf dem Glaubensweg kämpfen mit sich selbst, mit ihrem alten Menschen oder dessen Leidenschaften und Begierden. Dabei machen sie – es kann nicht anders sein – entmutigende Erfahrungen. Denn aus den Belehrungen des Wortes geht ja hervor, dass «das Fleisch», die Quelle des Bösen, in uns bleibt, solange wir in diesem Leib sind. Niemand wird es in sich zum Verschwinden bringen können und in einen Zustand gelangen, in dem er weder von der «Lust des Fleisches», noch von der «Lust der Augen», noch vom «Hochmut des Lebens» versucht wird.
Aber der Gläubige ist nicht mehr «im Fleisch» (Röm 8,9). Das Wort Gottes gibt ihm das klare, unmissverständliche Zeugnis, dass er jetzt der Stellung nach «im Geist» ist, der in ihm wohnt.
Und weil er durch Gottes Geist wiedergeboren und zum Leben gekommen ist, kann er nun auch «im Geist wandeln» (Gal 5,25). Er darf in steter Wachsamkeit das Fleisch mit seinen Leidenschaften und Begierden als im Tod Christi mitgekreuzigt betrachten (Gal 5,24). So vermag er jeden bösen Gedanken, jede Regung sündhafter Begierde, die in ihm aufsteigen will, in der Kraft des Geistes auszuschalten. Wenn er es sofort tut, wird er nicht verunreinigt.
Der eigentliche Kampf, der es dem Gläubigen ermöglicht, ausserhalb der Begierden des Fleisches zu wandeln, wurde von Christus am Kreuz erfochten. Er darf sich nun fortwährend auf den vollendeten Kampf und den Sieg Christi berufen.
Es ist nicht ein Kampf gegen die Mühsale der Wüste
Die vierzigjährige Wüstenwanderung war für das Volk Israel eine Kette von Prüfungen und Mühsalen, die Herzensübungen hervorbrachten. Der Weg durch die Einöde hatte den Zweck, Israel zu demütigen und den Zustand seines Herzens offenbar zu machen (5. Mo 8,2). Aber die Erfahrungen im verheissenen Land waren ganz anderer Art. Erst dort fanden die Kämpfe um den praktischen Besitz Kanaans statt. So ist es auch für den Christen. Die Welt, in der er hier auf der Erde lebt, ist für ihn eine Wüste. Alles um ihn her steht im Widerspruch zu der neuen Natur, dem göttlichen Leben, das er empfangen hat. Der Weg ist voller Widerwärtigkeiten und Trübsale.
Da gilt es, in Unterwerfung unter Gottes Willen durch alle Wechselfälle des Lebens hindurchzugehen, den Fremdlingscharakter zu bewahren und sich von der Welt unbefleckt zu erhalten. Hat das Leben in der Welt für den Christen nicht oft deshalb den Charakter des Kampfes, weil er sich nicht in allen Dingen in kindlichem Vertrauen und willigem Gehorsam Gott, dem Vater, ergibt, sondern sich an den Umständen wund reibt?
Der eigentliche Kampf des Christen (Eph 6,10-20) aber steht im Zusammenhang mit seinen hohen Vorrechten. Gott hat ihn – und wäre er erst ein junger, unwissender und unerfahrener Gläubiger – in Christus Jesus der Stellung nach in die himmlischen Örter versetzt und ihn dort in Ihm ein für alle Mal und unwiderruflich mit jeder geistlichen Segnung gesegnet.
Aber nun sind böse geistliche Mächte da, die ihm diese Vorrechte zwar nicht rauben können, aber doch alles daransetzen, um ihn sowohl an der Verwirklichung seiner himmlischen Stellung als auch an der praktischen Besitznahme und am Genuss der geistlichen Segnungen zu hindern.
Das ist das Wesen unseres Kampfes.
Werden alle Gläubigen in diesen Kampf verwickelt?
Wenn man zur freien Verfügung aller auf einem Platz der Stadt einen Sack Goldmünzen ausschüttete, wie eifrig würden die Passanten einsammeln und um den Besitz dieses Reichtums kämpfen!
Wie viel mehr kann von jedem Gläubigen erwartet werden, dass er beim Anblick der ihm geschenkten unvergleichlich herrlicheren Reichtümer, die besonders der Epheserbrief vor seinen Augen enthüllt, alles andere fahren lässt und sich dieser Kostbarkeiten erfreut, die ja ihm gehören. Sobald er es tut, beginnt unweigerlich der Kampf mit dem Feind, der ihn daran hindern will.
Aber wie viele Christen scheinen diese Reichtümer nicht zu kennen oder nicht zu verwirklichen. Mit ihnen muss der Feind nicht kämpfen. Sie stehen ja schon so armselig da, diese reich Gesegneten, genau in dem Zustand, in dem er sie haben will!
Wichtige Voraussetzungen für den Kampf
Bevor Israel den Kampf mit den Kanaanitern begann, überschritt es den Jordan (Josua 3), betrat es das verheissene Land, wurde es in Gilgal beschnitten und ass es vom Erzeugnis des Landes: ungesäuertes Brot und geröstete Körner (Josua 5).
Bevor der Kampf des Christen beginnt, hat er die mannigfaltigen Resultate des Werkes Christi kennen und auf sich anwenden gelernt, wenn er auch in ihrer Verwirklichung noch oft fehlen mag: Er freut sich nicht nur der Vergebung seiner Schuld, der Befreiung von der Macht des Feindes, der Sünde und der Welt. Er hat auch seinerseits den Jordan – ein Bild seines Todes und seiner Auferstehung mit Christus – im Glauben überschritten. Er hat erkannt, dass er jetzt als eine neue Schöpfung in Christus in die himmlischen Örter, ins himmlische Land versetzt ist. Er weiss aber auch, dass er «beschnitten worden ist … in dem Ausziehen des Leibes des Fleisches, in der Beschneidung des Christus» (Kol 2,11). Der Tod steht zwischen ihm und dem alten Leben des Eigenwillens und Selbstvertrauens, der Tod Christi, der zugleich sein Tod ist, denn er ist mit Ihm gestorben. In Ihm durfte er in die Freiheit eintreten und kann sich jetzt da aufhalten, wo der verherrlichte Christus ist. Was hat er noch mit der Welt zu tun?
Und noch ein wichtiges Stück: Bevor es zum Kampf kommt, darf er sich jetzt «vom Erzeugnis des Landes», vom «unergründlichen Reichtum» eines auferstandenen und verherrlichten Christus nähren, der die alles überragende Herrlichkeit und Schönheit der himmlischen Gefilde und Segnungen ausmacht. Wenn er sich so an Ihm erfreut, kann er problemlos auf die schönsten Dinge und Herrlichkeiten dieser Erde, die durch die Sünde verunreinigt sind, aber dem natürlichen Menschen so begehrenswert erscheinen, verzichten.
Mit welchem Feind hat es der Christ zu tun?
«Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut», wie es bei Israel der Fall war. In Kanaan rekrutierte sich der Feind aus den Streitscharen der dort wohnenden Völker, die ihnen den von Gott übergebenen Besitz jenes Landes streitig machen wollten.
Unser Kampf ist «gegen die Fürstentümer, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern» (Eph 6,12) kurz gesagt: gegen Satan und seine Engel, die noch in den Himmeln sind (Off 12,9).
Wir haben aber nicht so sehr gegen die Person Satans selbst zu streiten. Der Herr selbst hat ihn am Kreuz überwunden und nach einem Kampf mit den Engeln Gottes wird er aus dem Himmel hinabgeworfen. Wir haben vielmehr den Listen des Teufels zu widerstehen.
Wann findet der Kampf statt?
Am «bösen Tag» (Eph 6,13). Dieser umfasst im allgemeinen Sinn den ganzen Zeitabschnitt der Abwesenheit von Christus bis zu seiner Wiederkunft. Jetzt ist der Tag, wo Satan seine Listen entfaltet. Doch kommen auch im Leben jedes einzelnen Gläubigen gewisse Tage vor, wo der Feind in besonderer Weise seine Angriffe gegen ihn richtet.
Wo ist der Kampfplatz?
Der Feind kämpft immer in dem Gebiet, das er einem anderen Volk streitig machen will. So wird auch der Kämpf, bei dem es den Mächten der Bosheit darum geht, die Gläubigen an der Verwirklichung ihres geistlichen, himmlischen Besitzes zu hindern, auf geistlicher Ebene, im Himmel geführt. Vom Standpunkt der Belehrungen des Epheserbriefes aus gesehen ist alles im Himmel: die Heiligen selbst (Eph 2,6), ihre Segnungen (Eph 1,3), ihr Zeugnis als Versammlung (Eph 3,10), ihre Feinde und ihr Kampf (Eph 6,12). Weil wir in die unmittelbare Nähe Gottes gestellt sind, benötigen wir umso mehr Kraft, um uns im Geist da aufhalten zu können. Aber, wie gut! dieser Platz ist auch der Ort der Macht Gottes.
Die Kampfweise des Feindes
Wenn auch der Kampf in den himmlischen Örtern stattfindet, so benützt Satan doch auch die sichtbaren Dinge, um sie gegen uns ins Feld zu führen. Er sucht uns dadurch zu verwirren und zu blenden und unsere Herzen mit dem Irdischen zu füllen, damit wir auf diese Weise unsere Stellung in Christus vergessen. Er mobilisiert alles, was irgend dazu angetan ist, unseren Sinn und Geist, der sich im Glauben durch die Kraft Gottes im Bereich der himmlischen Segnungen in Christus aufhält, daraus zu vertreiben.
Wer vermöchte die in der Familie, bei der Arbeit und im Geschäftsleben an einem einzigen Tage vorkommenden hunderterlei Dinge aufzuzählen, durch die er seine Absicht zu erreichen sucht! Er benutzt Menschen, Tiere und leblose Dinge, ja zuweilen Gegenstände, die uns nicht im Entferntesten ahnen lassen, dass der Widersacher hinter ihnen stehen könnte. Fernstehende Personen oder auch solche, mit denen wir uns in leiblicher und geistlicher Beziehung aufs Innigste verbunden wissen, können in seiner Hand Werkzeuge werden, die uns schaden und zu Fall bringen.
Wie oft sind es die Sorgen, die uns vom Herrn trennen, und wir merken nicht, dass sich Satan hinter ihnen verbirgt! Er wirft sie auf unseren Pfad, um die Kraft des Wortes in uns zu erschüttern.
Auch durch unsere täglichen Pflichten und Aufgaben, ja sogar durch unseren Dienst für den Herrn kann der Feind unser Herz und unseren Sinn von der Beschäftigung mit dem himmlischen Besitz in Christus ablenken. Wie wichtig ist es daher, dass wir alles in seiner Kraft, in der Abhängigkeit von Ihm und in seinem Namen tun. Nichts von allen diesen Dingen darf zwischen den verherrlichten Herrn und uns treten.
Satan wird auch immer wieder versuchen, bei uns, die wir doch erfahrungsgemäss über den Jordan gezogen sind und in Gilgal den «Leib des Fleisches» ausgezogen haben, den «alten Menschen» wieder zum Leben zu erwecken. Er wird nicht müde, auf irgendeine Weise das Fleisch in uns herauszufordern. Er weiss wohl, dass, solange dieses wirksam ist, wir unsere himmlische Stellung praktisch nicht einnehmen können und uns nicht von einem verherrlichten Christus nähren werden.
Oft schickt der Feind Irrlehrer, die in scheinbarer Liebe und Wahrheit die Tatsachen des Wortes verdunkeln und uns so den Genuss unseres kostbarsten Besitzes rauben wollen. Dämonen werden im Mund von «Propheten» zu Lügengeistern, umso die Absichten ihres Fürsten auszurichten! (1. Kön 22,22).
Vergessen wir nicht, dass wir täglich von den Listen Satans umringt sind. Sie tarnen den Feind und seine verderblichen Pläne und geben seinen gefährlichen Waffen den Anschein völliger Harmlosigkeit. Halten wir uns aber in der Gegenwart Gottes auf, werden wir diese teuflischen Listen durchschauen, ihre Herkunft erkennen. Sie verlieren damit ihre Kraft, und wir werden ihnen entrinnen.
Die Folgen des Sieges in diesem Kampf
Wem es in der «Macht der Stärke des Herrn» in diesem fortwährenden Kampf geschenkt ist, siegreich voranzugehen, hat nicht nur persönlichen Anteil an der Errettung, der Freude und dem Frieden Gottes im Himmel, er ist dann auch in seiner Hand ein brauchbares Werkzeug zum Segen anderer und ein kraftvoller Zeuge von diesen himmlischen Dingen. Ob er dabei auch viel «Kampf der Leiden» zu erdulden hat, er wird in der Arena des Dienstes ein guter Kämpfer sein.
Da ist uns Paulus wiederum das nächstliegende Beispiel. Was gab ihm im Gefängnis zu Rom den mächtigen Ansporn, der Versammlung in Ephesus diesen Brief zu schreiben und sowohl ihnen als auch allen späteren Gläubigen ihre höchsten Vorrechte auf so eindringliche Weise darin vorzustellen? Was gab ihm Kraft zum ausharrenden Flehen für alle Heiligen, damit sie an dem inneren Menschen gestärkt würden, um völlig zu erfassen, «welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe» aller jener Herrlichkeiten sei? Weil dieser erfahrene Kämpfer in der Kraft des Herrn und in der vollen Waffenrüstung Gottes an dem «bösen Tag», den er jetzt ganz besonders zu spüren bekam, zu «stehen» und zu siegen vermochte!
Ein anderes Mal werden wir noch auf die Beschreibung des Apostels der von ihm selber erprobten «Waffenrüstung Gottes» eingehen.