«Gott aber, sollte er das Recht seiner Auserwählten nicht ausführen, die Tag und Nacht zu ihm schreien, und ist er in Bezug auf sie langsam?» (Lk 18,7).
Manchmal kommt die Erhörung eines Gebetes sehr schnell. Als Petrus anfing zu sinken, schrie er: «Herr, rette mich!» Sogleich aber streckt Jesus die Hand aus und ergreift ihn (Mt 14,31). Bei anderen Gelegenheiten lässt die Antwort auf sich warten. Der Glaube wird geübt und die Geduld auf die Probe gestellt. Wird Gott antworten? Oft scheint Er zu zögern, weit wir eine Lektion zu lernen haben oder eine glückliche Erfahrung erleben sollen.
«Als er nun hörte, dass er krank sei, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war» (Joh 11,6).
So lag der Fall für die beiden Schwestern, die zu Jesus gesandt hatten, um Ihm zu sagen: «Der, den du lieb hast, ist krank.» Anstatt herbeizueilen, wie sie gehofft hatten, während Lazarus noch am Leben war, blieb Jesus «noch zwei Tage» an dem Ort, wo Er war. Während dieser Zeit sahen die beiden Schwestern, wie ihr Bruder dem Ende entgegen ging und schliesslich starb. Als Jesus endlich kam, sagten beide nacheinander zu Ihm: «Herr, wenn du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben.» Er war in besonderer Weise der Freund dieser Familie (Joh 11,5). Wie oft war Er in dieses gastliche Heim gekommen, wo Maria seinem Wort zuhörte, und wo Martha Ihn mit Freuden aufnahm. Aber «um der Herrlichkeit Gottes willen», liess Er diesmal auf sich warten. Er würde «verherrlicht werden», nicht durch die beiden Schwestern, sondern durch das grosse Wunder, das Gott im Begriff stand, durch Ihn zu vollbringen. Indem Er sie so leiden liess, suchte Er nicht seine persönliche Ehre, sondern wollte schliesslich ihr Wohl und ihre Freude. Der Fürst des Lebens kommt nach Bethanien, auf den Schauplatz der Tränen, und alles ändert sich. In seiner vollkommenen Menschheit weint Er mit den Weinenden, aber seine Göttlichkeit erstrahlt, wenn Er ruft: «Lazarus, komm heraus!»
Hatte es sich nicht gelohnt, einige Tage zu warten, um eine solche Erfahrung zu machen?
«Um die vierte Nachtwache kommt er zu ihnen» (Mk 6,48).
Gegen ihren Willen sind die Jünger vom Meister genötigt worden, ins Schiff zu steigen und an das jenseitige Ufer nach Bethsaida vorauszufahren. Er selbst steigt auf den Berg, um zu beten.
Und dann kommt der Sturm auf. Die zwölf Männer leiden Not beim Rudern; der Wind ist ihnen entgegen. In ihrer Anstrengung, dem Untergang zu entgehen, vergessen sie, dass der Herr Jesus für sie betet. Er beeilt sich nicht, ihnen zu Hilfe zu kommen. Die Nacht rückt vor, die Wellen gehen hoch, die Not steigert sich … und als sie eine Gestalt auf dem Wasser wandeln sehen, meinen sie, es sei ein Gespenst. Wer anders als ihr geliebter Meister konnte so über den Elementen und Naturgesetzen stehen? Dennoch denken sie nicht an Ihn. Sie sind bestürzt, bis seine Stimme sie beruhigt: «guten Mutes, ich bin es; fürchtet euch nicht!»
Warum war Er nicht schneller gekommen? Warum hatte Er ihnen diese schrecklichen Stunden der Angst und der Mühe nicht erspart? Weil «sie durch die Brote nicht verständig geworden waren». Das, was sie durch den Segen nicht gelernt hatten, sollten sie in der Prüfung erfahren. Der Herr hatte zugelassen, dass sie die ganze Nacht andauerte, damit sie seine wunderbare Person ein wenig besser kennen lernten.
«Als aber Herodes ihn vorführen wollte, … in jener Nacht…» (Apg 12,6).
Einige der Versammlung waren von Herodes misshandelt worden; er hatte sogar Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert getötet. Er fuhr fort, auch Petrus gefangen zu nehmen und verwahrte ihn im Gefängnis, um ihn nach dem Passah dem Volk vorzuführen. «von der Versammlung wurde anhaltend für ihn zu Gott gebetet.» Trotz dieser Fürbitte blieb Petrus im Gefängnis, und der verhängnisvolle Tag kam. Gott antwortete nicht. Man hatte gewartet, inständig gefleht, Fürbitte eingelegt. Bis zum entscheidenden Morgen würden nur noch wenige Stunden vergehen; sollte der Herr gleichgültig bleiben?
Mehrere beteten noch während dieser Nacht im Haus der Maria (aber nicht die ganze Versammlung, denn Jakobus und die Brüder waren nicht dabei; Vers 17). Die Morgendämmerung naht; jemand klopft an die Tür. Die Magd Rhode geht, um zu horchen, aber nachdem sie die Stimme des Petrus erkannt hat, öffnet sie vor Freude das Tor nicht, sondern verkündet denen, die beten, dass Petrus da sei. Wie steht es mit ihrem Glauben? «Sie aber sprachen zu ihr: Du bist von Sinnen.» Während mehreren Tagen hatten sie inständig gebetet. Endlich kam die Erhörung: «Als sie aber aufgetan hatten, sahen sie ihn und waren ausser sich.»
Ihr Vertrauen in Gott war auf die Probe gestellt worden. Ihr Ausharren wurde bis zum Äussersten geübt. Und jetzt die Antwort, die ihnen die göttliche Kraft gab! Wenn es in ihrem Glauben finstere Momente gegeben hat, wie muss er gestärkt worden sein, als ihnen nach diesen Tagen des Wartens Petrus wieder geschenkt wurde!
Es wäre leicht, die Beispiele aus Gottes Wort zu vermehren. Jeder kann sie für sich selbst suchen und dabei die Ermahnung des Apostels besonders im Herzen behalten: «Verharrt im Gebet und wacht darin mit Danksagung» (Kol 4,2).