In welch unermüdlicher Treue hat doch unser Herr Jesus seinen Dienst auf dieser Erde vollführt!
Er hatte keinen Ort, wo Er seinen Leib zum Ausruhen hinlegen konnte. «Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege» (Mt 8,20). Er ging von Ort zu Ort, und überall drängten die Volksmengen auf Ihn an. Vom Tagesanbruch an lehrte er sie im Tempel. Er fand keine Ruhe während des Tages und keine Ruhe in der Nacht. «Die Nächte aber ging er hinaus und übernachtete auf dem Berg, der Ölberg genannt wird» (Lk 21,37). «Er verharrte die Nacht im Gebet zu Gott» (Lk 6,12). Er fand auch keine Ruhe am Tag des Sabbats. Den Juden, die Ihm vorwarfen, Er halte diesen Ruhetag nicht, sagte Er: «Mein Vater wirkt bis jetzt und ich wirke» (Joh 5,17). Sein Werk der Liebe liess Ihn nicht ausruhen.
Er ging von Judäa nach Galiläa und von Galiläa nach Judäa, unternahm diese lange Reise bei der Hitze des Tages, setzte sich ermüdet am Rand eines Brunnens nieder, um im Herzen einer armen Sünderin sein Werk der Liebe zu vollbringen.
Als seine Jünger den ihnen anvertrauten Auftrag ausgeführt hatten und von ihrer «Missionsreise» zurückgekehrt waren, war der Herr voller Fürsorge für sie und sagte ihnen: «Kommt ihr selbst her an einen öden Ort für euch allein und ruht ein wenig aus» (Mk 6,31). «Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende. Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen» (Lk 22,27.28).
Als im Garten Gethsemane der Augenblick kam, wo Er von ihnen verlassen werden sollte – da sie den Kelch, den der Vater Ihm gab, nicht trinken, noch seine Schmach, den Hass der Menschen und alle Leiden des Kreuzes mit Ihm teilen konnten, ging Er zu ihnen hin mit den Worten: «So schlaft denn weiter und ruht euch aus; siehe, die Stunde ist nahe gekommen» (Mt 26,45). Er aber ging hin, um sich der letzten und unerforschlich tiefen Mühsal seiner Seele hinzugeben.
Als der Apostel Paulus den Korinthern seine eigenen Leiden und Mühen aufzählte, sagte er: «Ausser dem, was aussergewöhnlich ist, noch das, was täglich auf mich andringt: die Sorge um alle Versammlungen» (2. Kor 11,28). Wie viel grösser noch waren die Mühen und die Sorge, die der Herr unaufhörlich und von Mitleid bewegt auf seinem Herzen trug, die Bürde der ganzen Menschheit, die der Sünde unterworfen war und sich nach Befreiung sehnte. «Er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen» (Jes 53,4). «Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist!» (Lk 12,50). Scheinbar war all sein Wirken inmitten eines ungläubigen und verkehrten Geschlechtes vergeblich: «Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt» (Jes 49,4). Gott aber verkündet das wunderbare Resultat seines Werkes: «Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde» (Jes 49,6).
Ihm wurde keine Ruhe, solange das Werk der Mühsal seiner Seele nicht vollendet war. Nichts vermochte Ihn darin aufzuhalten. Ohne in der geistlichen Energie nachzulassen, hat Er es vollbracht und wegen der vor Ihm liegenden Freude das Kreuz erduldet. Diese Freude bestand für Ihn in der Verherrlichung des Vaters durch vollkommenen Gehorsam und auch darin, dass der Vater Ihn verherrlichen würde nach der Ausführung des Werkes der Erlösung und nach der völligen Offenbarung des Vaters, des Namens Gottes, der Liebe ist. «Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen» (Jes 53,11). «Er schweigt in seiner Liebe» oder: «Er wird ruhen in seiner Liebe» (Zeph 3,17).