Für jeden Christen ist und bleibt es eine unbegreifliche Tatsache, dass Gott sich im Herrn Jesus offenbart hat. Auch wenn wir die Unendlichkeit Gottes nie begreifen können, dürfen wir doch in Christus etwas von dem sehen, wer und was Gott ist. Schon im Alten Testament hören wir Ihn an vielen Stellen sagen: «Ich bin …» Im Neuen Testament ist es der Herr selbst, der von sich bezeugt, was Er ist.
«Ich bin» im ersten Buch der Bibel
In jedem Ausdruck «Ich bin …» erkennen wir etwas von der Grösse und Unendlichkeit unseres Herrn und Gottes. Wir dürfen Ihn in dem sehen, was Er ist, und dürfen Ihn darin bewundern und anbeten. Der erste, der aus dem Mund Gottes die Worte «Ich bin …» hörte, war der Glaubensmann Abraham. Zu ihm kam der Allmächtige mit der Zusage: «Fürchte dich nicht, Abram; ich bin dir ein Schild, dein sehr grosser Lohn» (1. Mo 15,1). Abram durfte zuerst lernen, was Gott für ihn war. Aber dann gab Gott ihm die beiden grossen Gottesoffenbarungen des Alten Testaments und zeigte ihm, wer Er in sich selbst ist. «Und Er sprach zu ihm: Ich bin der HERR, der dich herausgeführt hat aus Ur in Chaldäa, um dir dieses Land zu geben, es zu besitzen» (1. Mo 15,7). Und weiter: «Und Abram war 99 Jahre alt, da erschien der HERR dem Abram und sprach zu ihm: Ich bin Gott (El), der Allmächtige: wandle vor meinem Angesicht und sei vollkommen» (1. Mo 17,1). Gott stellt sich also einerseits als der HERR und anderseits als Gott, der Allmächtige, vor. Immer wieder hat sein irdisches Volk Ihn so erlebt und erfahren.
Auch wenn wir Gott in Christus als unseren Vater kennen dürfen, so bleibt es doch wahr, dass Er auch für uns der Unveränderliche (HERR ) – der Fels der Ewigkeit – ist und dass wir Ihm, dem Allmächtigen, dem nichts zu gross und nichts zu klein ist, vertrauen dürfen.
«Ich bin» im letzten Buch der Bibel
Nicht nur im ersten Buch der Bibel, sondern auch im letzten – in der Offenbarung – stehen die Worte: «Ich bin …» Am Ende der Heiligen Schrift stellt der Herr Jesus sich noch einmal in dem vor, was Er in sich selbst ist. In Verbindung mit dem Auftrag, den Johannes bekam, hörte er die Worte des Herrn: «Ich bin das Alpha und das Omega, spricht der Herr, Gott, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.» – «Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades» (Off 1,8.17.18). Im Schlusskapitel der Offenbarung wiederholt Er noch einmal: «Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende» (Off 22,13).
Das letzte Buch der Bibel ist ein Buch der Gerichte. Es zeigt uns das Ende der Wege Gottes mit dieser Erde und mit den Menschen, die darauf leben. Der Herr Jesus wird als der Richter erscheinen, um alles zu beseitigen, was nicht in Übereinstimmung mit Gott ist. Gerade da ist es eine besondere Ermunterung für die Gläubigen, daran zu denken, dass Er das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende ist. Unser Herr ist ewig. Er war, ehe diese Schöpfung überhaupt ins Dasein gerufen wurde, und Er wird sein, wenn die jetzigen Himmel und die Erde längst im Gericht vergangen sein werden.
Und doch ist dieser Gedanke nicht der letzte in der Offenbarung. Noch einmal hören wir die Worte aus dem Mund des Herrn Jesus: «Ich bin …» – und es lohnt sich, darüber einen Augenblick nachzudenken: «Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, um euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen. Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der glänzende Morgenstern» (Off 22,16).
Ich, Jesus
Es besteht nicht der geringste Zweifel daran, wer es ist, der jetzt – ganz am Ende der Bibel – noch einmal zu uns redet: Jesus selbst. Er stellt sich mit dem Namen seiner Menschheit vor. Als «Jesus von Nazareth» hat Er auf dieser Erde gelebt, als «Jesus von Nazareth» ist Er am Kreuz von Golgatha gestorben und dann siegreich auferstanden. Er ist es, von dem Petrus sagte: «Jesus, den Nazaräer, einen Mann, von Gott vor euch bestätigt durch mächtige Taten und Wunder» (Apg 2,22). Joseph, dem Mann der Maria, wurde einst gesagt: «Du sollst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird sein Volk erretten von ihren Sünden» (Mt 1,21). Wir haben hier Den vor uns, der «uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat» (Eph 5,2). Er selbst stellt sich noch einmal in seiner ganzen Grösse vor, damit wir tiefe Eindrücke von der Herrlichkeit seiner Person empfangen.
Ich habe meinen Engel gesandt
Der Herr Jesus hatte seinen Engel gesandt, um das in der Offenbarung Aufgezeichnete in den Versammlungen zu bezeugen. Es ist nicht die Offenbarung von Johannes, sondern «die Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss» (Off 1,1). Diese Offenbarung hat Er durch einen Engel an Johannes weitergegeben, damit sie in den Versammlungen bezeugt werden konnte. Die Beschreibung der Gerichte dieses Buches erfolgt also in einer «indirekten» Art – durch den Engel des Herrn. Jetzt aber, am Ende des Buches, nachdem die Beschreibung der Gerichte vorbei ist, hören wir nicht mehr einen Engel reden, sondern den Herrn selbst. Wenn Er sich uns vorstellt, dann geschieht dies nicht durch einen Engel, sondern durch Ihn persönlich. Wir sind in eine solche Nähe zu Ihm gebracht worden, dass Er direkt und unmittelbar zu uns redet.
Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids
Der Herr stellt sich in einer zweifachen Weise vor. Zunächst hören wir die Worte: «Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids.» Das hätte kein Mensch von sich sagen können. Wir können nur entweder die Wurzel (d.h. der Ursprung), oder das Geschlecht (d.h. die Nachkommen) eines Menschen sein. Niemand kann Ursprung und Nachkomme, Wurzel und Geschlecht, gleichzeitig sein. Doch der Herr Jesus konnte es. Er ist die Wurzel Davids, d.h. David ist aus Ihm hervorgekommen. Gleichzeitig ist Er das Geschlecht Davids, d.h. sein Geschlechtsregister geht auf David zurück.
Wie ist das möglich? Wir finden hier – am Ende der Bibel – einen erneuten Hinweis auf das Geheimnis seines wunderbaren Seins: Gott und Mensch in einer Person! Er ist der ewige Gott – und als solcher verdankte David Ihm sein Leben und seine Existenz. Er ist gleichzeitig vollkommener Mensch – und als solcher der Nachkomme Davids. Der Apostel Paulus bringt diese beiden Seiten in einer grossartigen Aussage zusammen: «Die Israeliten, … aus denen, dem Fleisch nach, der Christus ist, der über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Amen» (Röm 9,4.5). Wir können diese beiden Seiten sehen, wir können sie unterscheiden, (ohne sie zu trennen!), aber wir werden sie nie begreifen. Seine Person ist und bleibt ein unergründliches Geheimnis. Der Herr Jesus ist wirklicher Mensch. Er wurde von einer Frau geboren und hat auf dieser Erde gelebt. Gleichzeitig aber hat Er nie aufgehört, ewiger Gott zu sein. Als Er als ein Kind – in Windeln gewickelt – in der Krippe lag, war Er doch gleichzeitig Der, der als Schöpfer alles durch das Wort seiner Macht trägt (Heb 1,3).
Ich bin der glänzende Morgenstern
Dann fügt Er hinzu: «Ich bin … der glänzende Morgenstern.» Als solcher ist Er die Hoffnung und Erwartung der Gläubigen in der Gnadenzeit. Im Alten Testament suchen wir vergeblich nach einem Hinweis auf den Morgenstern. Dort stellt sich der Herr – in Übereinstimmung mit der Erwartung der Juden – als die Sonne der Gerechtigkeit vor. Im letzten Buch des Alten Testaments lesen wir die Worte: «Aber euch, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen mit Heilung in ihren Flügeln» (Mal 3,20). Der Ausdruck «Sonne der Gerechtigkeit» nimmt Bezug auf den Tag des Herrn, auf die herrliche Regierung des Messias im Tausendjährigen Reich. Nachdem das Volk der Juden Ihn, als Er auf diese Erde gekommen war, als das Licht abgelehnt hatte, blieben sie in der Finsternis. Diese Finsternis wird ein Ende haben, wenn Er schliesslich kommt, um als die «Sonne der Gerechtigkeit» auf dieser Erde zu regieren.
Obwohl auch wir Christen unser Teil an diesem Reich haben werden – wir sind ja zu Gottes eigenem Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit berufen; 1. Thes 2,12 –, ist unsere unmittelbare Hoffnung auf den Herrn Jesus gerichtet, der kommen wird, um uns zu sich zu holen. Deshalb lesen wir im Neuen Testament an drei Stellen von Ihm als dem Morgenstern. Petrus spricht in Verbindung mit dem prophetischen Wort davon, dass «der Morgenstern aufgehe in euren Herzen». Den Überwindern in Thyatira wird der Morgenstern als Belohnung versprochen: «Ich werde ihm den Morgenstern geben» (Off 2,28). Und schliesslich in unserem Vers, ganz am Ende der Offenbarung, wird deutlich, wer dieser Morgenstern ist: niemand anders als der Herr Jesus selbst. Er ist die Hoffnung unserer Herzen; Er ist es, auf den wir warten.
Der Morgenstern wird sichtbar, bevor die Nacht zu Ende geht und die Sonne aufgeht. Wir sind mit dem Gedanken vertraut, dass Er kommen wird, um uns zu sich zu holen, bevor der Tag des Herrn anbricht und die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht. Der Beginn des Tages des Herrn ist mit grosser Drangsal und mit Gerichten verbunden. Davon spricht die Offenbarung. Es ist die «Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird» (Off 3,10). Vor diesen Gerichten werden wir bewahrt bleiben, weil der Herr Jesus als der glänzende Morgenstern vorher kommen wird, um uns zu sich zu holen.
Frage: Ist der Morgenstern tatsächlich in unseren Herzen aufgegangen? Erwarten wir Ihn wirklich an jedem Tag unseres Lebens? Ist Er objektiv die Hoffnung unseres Lebens? Freuen wir uns darauf, Ihn so zu sehen, wie Er ist? Wir wollen diesen Fragen nicht ausweichen, sondern sie in unseren Herzen überdenken. Wir wollen auch nicht unrealistisch werden, aber ist es nicht so, dass das Irdische (vielleicht sogar diese Welt) uns oft so wichtig ist, dass das Licht des Morgensterns nur schwach – wenn überhaupt – in unseren Herzen scheint?
Die Antwort der Braut
Die Antwort der Braut ist eindeutig. Geleitet durch den Heiligen Geist hören wir ihre Reaktion: «Der Geist und die Braut sagen: Komm! und wer es hört, spreche: Komm! Und wen da dürstet, der komme; wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst» (Off 22,17).
Wir erkennen in dieser Antwort drei Elemente:
- Die Braut wendet sich direkt an den Bräutigam und sagt: «Komm!» Sie wartet auf Ihn. Sie möchte den glänzenden Morgenstern sehen und für immer mit Ihm vereint sein. Sie wartet auf die Hochzeit des Lammes, auf das ewige Glück an seiner Seite.
- Die Braut wendet sich an solche, die zwar den Bräutigam kennen, aber noch nicht sagen: «Komm!» Es gibt viele Gläubige, die überzeugt sind, dass der Herr Jesus für sie gestorben ist, die aber nichts von Ihm als dem glänzenden Morgenstern wissen. Die christliche Hoffnung ist ihnen nicht bekannt. Solchen gegenüber haben wir eine Aufgabe, damit sie mit uns in den Ruf einstimmen können: «Komm!»
- Die Braut wendet sich an solche, die bisher noch kein Teil am Kommen des Herrn für die Seinen haben. Das sind die vielen Menschen um uns her, die bis heute noch nicht vom Wasser des Lebens getrunken haben. Noch bietet der Heiland der Welt dieses Wasser des Lebens an. Noch ist es Zeit, Menschen einzuladen, die Offenbarung der Liebe Gottes im Herrn Jesus anzunehmen.
Frage: Finden wir uns selbst in der Antwort der Braut wieder? Beten wir: «Komm!»? Erkennen wir unsere Aufgabe solchen Geschwistern gegenüber, die noch nicht von der christlichen Hoffnung durchdrungen sind, sie vielleicht nicht einmal kennen? Und gehören wir zu denen, die die Menschen noch einladen, zum Herrn Jesus zu kommen?
Ich komme bald
Zum Schluss hören wir die Worte: «Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen; komm, Herr Jesus» (Off 22,20). Das ist die feste Zusage unseres Herrn. Er kommt bald. Wie sollte dies unsere Bitte intensivieren: «Amen, komm, Herr Jesus!»
Und in der Zwischenzeit? Das letzte Buch der Bibel schliesst mit Gnade: «Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen» (Off 22,21). Das Alte Testament endet mit der Androhung des Gerichts (Mal 3,24), das Neue endet mit Gnade. Es ist Gnade, die uns errettet hat, es ist Gnade, die uns in das Haus des Vaters bringen wird, und es ist Gnade, die uns in der Zeit trägt. Diese Gnade besitzen wir in der Person des Herrn Jesus, des ewigen «Ich bin …»