Das Buch der Richter ist sehr aktuell für unsere Tage. Auch die heutige Zeit ist durch Verfall im Volk Gottes gekennzeichnet. Hinzu kommt, dass ja jedes Buch im Alten Testament zu unserer Belehrung geschrieben ist (Röm 15,4). Auch in unserer Zeit möchte Gott in seiner Gnade immer wieder kleinere Erweckungen schenken. Die Bedingung ist jedoch, dass die Sünde verurteilt wird. Nur dann kann Gott Befreiung von Feinden und Ruhe geben.
Kennzeichen des Verfalls
Wir möchten vor allem auf drei Aspekte hinweisen:
- Es war kein König in Israel (Ri 17,6; 18,1; 21,25). War wirklich kein König in Israel? Ja, es gab noch keinen König Saul, David oder andere. Aber war nicht der HERR, ihr Gott, ihr König? Haben sie nicht Ihn verworfen, der König über sie sein wollte (1. Sam 12,12; 8,7)?
- Ein jeder tat, was recht war in seinen Augen (Ri 17,6; 21,25). War das nicht die Folge davon, dass sie sich nicht mehr in allem Gott und seinem Wort unterworfen hatten?
- Die Kinder Israel taten, was böse war in den Augen des HERRN (Ri 2,11; 3,7.12; 4,1; 6,1; 10,6; 13,1). Vielleicht war das, was sie taten, immer noch recht in ihren Augen. Gott beurteilte es anders. Es war böse in seinen Augen. Sie haben Ihn vergessen und den Götzen gedient.
Die Feinde des Volkes Gottes
In den ersten 16 Kapiteln werden vor allem die Feinde des Volkes Gottes beschrieben. Wir möchten ganz kurz einige aufzählen, die für uns von Bedeutung sind und auch für uns eine ständige Gefahr bilden:
- Mesopotamier (Ri 3,8-11). Ein Bild der Welt, aus welcher der Gläubige errettet ist (Gal 1,4; 6,14; Apg 7,2).
- Moabiter (Ri 3,12-30). Ein Bild des Fleisches, das beim Gläubigen grundsätzlich gekreuzigt ist (Jer 48,11; Gal 5,24). Wenn wir nicht durch den Geist wandeln, wird es wieder wirksam.
- Kanaaniter (Ri 4). Sie sind als Widersacher des Volkes Gottes im verheissenen Land ein Bild der Mächte der Bosheit, des Teufels, dessen Macht durch den Kreuzestod unseres Herrn grundsätzlich zunichtegemacht ist (Heb 2,14). Er kann sich jedoch noch frei bewegen (1. Pet 5,8). Unsere Sache ist es, ihm im Glauben zu widerstehen (Jak 4,7; Eph 6,11.13).
- Midianiter (Ri 6 – 8). Ein Bild der irdischen Dinge, wie Sorgen, Reichtum und Vergnügungen des Lebens, die uns die Freude am Herrn Jesus rauben und uns geistlich arm machen wollen. Darum sollen wir das suchen, was droben ist, wo der Christus ist (Kol 3,1-3; Phil 3,18-20).
- Philister (Ri 13 – 16). Ein Bild des religiösen Christentums ohne Leben aus Gott. Sie wohnen im Land Kanaan, sind aber Unbeschnittene und eine grosse Gefahr für die Nasiräer (Ri 14,3). Sie nehmen die Wasserbrunnen weg und verstopfen sie, d.h. sie unterbinden die freie Wirksamkeit des Heiligen Geistes, der uns in die ganze Wahrheit leiten möchte (1. Mo 21,25; 26.18; 2. Tim 3,5).
Alle diese Feinde sind stärker als wir. Wir können sie praktisch nur in Schach halten und besiegen, wenn wir uns nahe beim Herrn Jesus aufhalten und Ihm gehorchen.
Das religiöse und sittliche Verderben
In den Kapiteln 17 – 21 werden uns einige Vorfälle unter dem Volk Gottes selbst blossgelegt. Das 17. Kapitel zeigt uns den Götzendienst in einer Familie. In Kapitel 18 wird dann der Götzendienst in einem ganzen Stamm eingeführt. Er stellt im Bild jede Art von eigenwilligem Gottesdienst dar. Diese ungeordneten Verhältnisse gegenüber Gott in religiöser Hinsicht führen zu sittlichem Verderben im Volk Gottes. Kapitel 19 beschreibt, wie ein levitischer Mann eine zweite Frau nimmt und diese selbst neben ihm hurt. Wie schrecklich! Weil das nicht göttlich geordnet wird, führt es zu einer weiteren Schandtat in Gibea. Dieses Böse wird dann unter allen zwölf Stämmen in Israel bekannt gemacht.
Das Böse wird verurteilt
In den Kapiteln 20 und 21 wird uns beschrieben, auf welche Weise die Israeliten das Böse behandelt haben. Wir wollen vom Positiven und Negativen lernen.
Das Positive bei Zuchthandlungen
- Die Kinder Israel versammeln sich wie ein Mann vor dem HERRN in Mizpa. Sie sind bereit, das Böse zu untersuchen, nachdem es offenbar geworden ist.
- Sie sind bereit, das Böse zu richten und hinauszutun (vgl. 1. Kor 5,6-13).
Das Negative bei Zuchthandlungen
- Der Stamm Benjamin hat sich mit dem Bösen verbunden und will es beschirmen und verteidigen.
- Die Männer von Jabes-Gilead wollen gegenüber dem Bösen neutral bleiben.
- Die elf Stämme haben sich nicht gebeugt und nicht Leid getragen über das Böse, das unter dem Volk Gottes geschehen ist. Sie wollen einfach aus natürlicher Empörung heraus handeln und das Böse verdammen.
- Sie haben Gott nicht gefragt, ob sie überhaupt hinaufziehen sollen, sondern nur, wer zuerst hinaufziehen solle.
- Die elf Stämme haben selbst zweimal eine grosse Niederlage erfahren müssen und dabei 40'000 Mann verloren.
Das Positive bei den elf Stämmen
Der Stamm Benjamin hat seine Haltung nicht geändert. Er verteidigt das Böse. Auch die Männer von Jabes-Gilead haben an ihrer neutralen und gleichgültigen Stellung festgehalten. Sie werden später gerichtet.
Bei den elf Stämmen Israels jedoch sehen wir jetzt positive Früchte:
- Sie weinen über die Not, die entstanden ist.
- Sie fasten, d.h. sie demütigen sich jetzt vor Gott.
- Sie opfern Brand- und Friedensopfer. Angewandt auf uns, heisst dies: Sich mit dem Herrn Jesus beschäftigen, wie Er in allem den Willen Gottes tat und nur den einen Wunsch hatte, Ihm wohlgefällig zu sein. Man denkt darüber nach, wie Er durch das Blut seines Kreuzes Frieden gemacht hat zwischen Gott und seinem Volk, aber auch unter dem Volk Gottes selbst. Erst jetzt empfinden sie diese Missstände aufs tiefste.
- Sie kommen zu Pinehas. Er ist ein Bild des Herrn Jesus als unserem grossen Hohenpriester, der sich für uns verwendet. Er ist in allem versucht worden, ausgenommen die Sünde. Er vermag uns jetzt in allen Schwierigkeiten zu helfen und hat Mitleid mit unseren Schwachheiten (Heb 7,25; 2,17; 4,14.15).
- Sie nehmen Zuflucht zum Thron der Gnade und fragen, oh sie hinaufziehen sollen oder nicht (Heb 4,16). Gott bejaht es.
- Sie legen einen Hinterhalt in Gibea, d.h. sie handeln in Weisheit (nicht mit Hinterlist), um das Böse zu verurteilen.
Die Gefahr vom Fleisch ist immer da
Gott hat die Israeliten soweit gebracht, dass Er ihnen jetzt einen Sieg gegen die Benjaminiter in Gibea geben kann. Gott schlägt Benjamin vor Israel (Ri 20,35). Das Böse wird bestraft. In Kapitel 20,48 lesen wir jedoch, dass die Männer von Israel die Kinder Benjamin schlagen, von den Männern in den Städten bis zum Vieh, bis zu allem, was sich vorfand, und alle Städte steckten sie in Brand. Hier lesen wir nicht, dass Gott sie schlägt wie in Vers 35, sondern die Männer kehren zurück und schlagen sie mit der Schärfe des Schwertes. War das nötig? Zeigt dieser Vers nicht, dass man auch über das Mass der göttlichen Zucht hinausgehen kann? Satan kann uns auch in dieser Hinsicht überlisten. In 2. Korinther 2,6 steht: «Genügend ist einem solchen diese Strafe.»
Früchte der Wiederherstellung zeigen sich
Gewisse Folgen der Sünde werden immer bleiben. Weil Israel aber das Böse und jede Verbindung mit dem Bösen zurückgewiesen hat, gewinnt es jetzt die praktische Gemeinschaft mit Gott wieder zurück. In Kapitel 21,4 lesen wir, dass sie einen Altar aufrichteten, um Brandopfer und Friedensopfer zu opfern. Sie kümmern sich auch um den Stamm Benjamin, ein Zeichen dafür, dass die wahre Bruderliebe tätig ist. Ein jeder kehrt in sein Erbteil zurück. Es gibt wieder Ruhe unter dem Volk Gottes. Die eigentliche Wiederherstellung des Volkes kam zwar nicht im Buch der Richter zustande, sondern erst unter David und Salomo. In ihrem vollen Ausmass ist sie noch zukünftig, und wird erst im Tausendjährigen Reich wahr werden. Und so wird das himmlische Volk Gottes erst in die wahre Ruhe eingeführt werden, wenn der Herr Jesus wiederkommt. Wir dürfen Ihn täglich erwarten!