Gott hatte das Königtum Davids über sein Volk Israel befestigt. Nun wollte der König den Nachkommen aus der Familie Sauls Güte erweisen. So haben wir in 2. Samuel 9 die Begebenheit mit dem Sohn Jonathans. Diese Geschichte ist vielen bekannt, weil in der direkten Anwendung für uns, jeder Mensch, der weiss, dass er ein verlorener Sünder ist, sich selbst in dem an den Füssen erlahmten Mephiboseth wiedererkennen kann. Nebst einigen Gedanken zu diesem lieblichen Bild soll uns noch eine andere Person aus dieser Geschichte beschäftigen: Ziba, der Knecht vom Haus Sauls.
Die Ereignisse in diesem Abschnitt haben zwar vor allem einen prophetischen Charakter im Blick auf das Volk Israel. Sie weisen auf das Handeln Gottes mit dem Gläubigen Überrest aus seinem irdischen Volk in der nahen Zukunft hin. Obwohl diese Gedanken wertvoll und lieblich sind, möchten wir uns jetzt nur auf einige direkte Anwendungen für uns beschränken.
Mephiboseth – ein Denkmal der Gnade
Wie berührt es doch unsere Herzen immer wieder, wenn wir sehen, wie Gott an uns gedacht und nach uns gefragt hat, lange bevor wir überhaupt etwas davon erfahren oder gewusst haben, ja, sogar bevor wir überhaupt geboren waren (Eph 1,4.5).
Zuerst hören wir die teilnehmenden Fragen: «Ist noch jemand da?» – «Wo ist er?» (V. 1.3.4), und schliesslich sehen wir das Handeln Davids, indem er hinsandte, um Mephiboseth zu holen (V. 5). Wie hätte er von sich aus kommen können, da er doch an beiden Füssen lahm war? Welch ein treffendes Bild von jedem Menschen, der natürlicherweise tot ist in Sünden und Vergehungen (Eph 2,1.5; Kol 2,13)! Und welch ein Bild von der Gnade Gottes, die ausgeht zu suchen und zu erretten, was verloren ist!
In Lodebar hat Mephiboseth bis zu dem Tag gelebt, da die Liebe Davids ihn gefunden hat. Das ist geistlicherweise der Ort, wo sich der Ungläubige befindet. Lodebar kann wie folgt übersetzt werden: «Kein Weideplatz» oder «ohne Weide». Wie verlangend ist doch die Seele des Menschen, der ohne Gott in der Welt lebt, trotz allen irdischen Freuden und Vergnügungen! Das Streben nach all dem ist nur der Beweis, dass die Seele immer noch leer ist und nach dem lebendigen Wasser dürstet. Welche Fülle aber und welch ein Reichtum stehen dem zur Verfügung, der sich der Liebe und dem Erbarmen Gottes öffnet! Er braucht sich nicht mehr zu fürchten, steht in der vollen Gunst Gottes und hat unendlich viel mehr bekommen, als er durch die Sünde verloren hat. Vergebung der Sünden, Gottes Kindschaft und Leben im Überfluss sind sein Teil.
Ziba – ein Beispiel des Dienstes für den Herrn
Ziba ist zunächst das Werkzeug gewesen, um Mephiboseth bei David zu erwähnen und ihn dann auch in seine Gegenwart zu bringen. An anderen Stellen im Alten Testament werden Knechte erwähnt, die keinen Namen haben. Dann sind sie immer ein Bild des Heiligen Geistes, wie z.B. in 1. Mose 24 und Ruth 2,6. Hier hingegen hat der Knecht einen Namen. Ziba bedeutet Pflanzer. Welch ein schöner Hinweis auf einen Gläubigen, in dem der Heilige Geist wohnt und der als ein Knecht Gottes ein aktiver Seelengewinner ist. – Ist es nicht so, als ob der Herr einen jeden von uns fragte: Ist noch jemand da, an dem ich Güte erweisen könnte? Weisst du niemanden, der sich nach Heil und Erlösung sehnt? Wo ist er? – Verstehen wir diese Fragen? Oh, es ist nicht so, als ob der Herr diese Menschen nicht kennen würde und nicht wüsste, wo sie stehen. Aber Er möchte, dass wir im Gebet Menschen vor Ihm erwähnen, die uns verwandtschaftlich oder sonstwie nahe stehen, damit Er an ihrem Herzen wirke. Zum andern sollen wir auch solche sein, die imstande sind, Ungläubige zum Herrn Jesus zu führen, so wie Andreas seinen Bruder Simon zum Herrn geführt hat. Das hat hier der Knecht Ziba getan.
Doch damit ist seine Aufgabe noch nicht zu Ende. Ab Vers 9 bekommt er einen neuen Auftrag. Er soll das Land von Mephiboseth bebauen, damit dieser Brot zu essen habe, und das, obwohl Mephiboseth zur gleichen Zeit am Tisch des Königs einen Platz hat und dort auch zu essen bekommt. Bestimmt hat er an der Tafel des Königs genug Speise erhalten. Weshalb dann noch zusätzlich Brot von den eigenen Feldern? Genug zu essen haben, ist eine Sache, aber am Tisch des Königs zu sitzen, wie einer von den Königssöhnen, das ist doch unendlich viel mehr. In der Anwendung für uns überschneiden sich hier zwei Bilder. Das braucht uns aber nicht zu verwirren. Wir dürfen in unserem Leben beiden ihre Bedeutung und ihren Platz geben.
Der Knecht Ziba zeigt uns vorbildlich einen Diener des Herrn, der persönlich aus dem Wort Gottes Speise zu nehmen vermag und dann auch andern davon weitergeben kann. Das geschieht z.B. dann, wenn wir zum Namen des Herrn versammelt sind, um in seiner Gegenwart aus seinem Wort das, was gerade nötig ist, zu empfangen. Daneben gibt es noch so viele andere Gelegenheiten im täglichen Leben, wo wir andern von dieser geistlichen Speise darreichen können, damit keiner Mangel leidet. Wie gut, wenn wir stets in der Lage sind, von dem, was wir im verborgenen Umgang mit dem Herrn empfangen haben, auch andern mitzuteilen!
In Mephiboseth aber sehen wir einen Gläubigen, der beständig am Tisch des Königs isst. Das ist ein schöner Hinweis auf einen Menschen, der in tiefer Betrübnis seinen völlig verlorenen und verdorbenen Zustand erkannt und bekannt hat (V. 8), der sich jetzt aber ständig in der Gegenwart seines Herrn aufhält, wo er alles empfängt und geniesst, wonach seine Seele so sehr verlangt hat. Aus solch einem Leben geht unweigerlich Frucht für Gott hervor. Davon spricht Micha, der kleine Sohn Mephiboseths. Micha bedeutet «Wer ist wie Jah?». Welch passender Ausruf für den, der ganz aus Gnaden lebt!
Eine wichtige Lektion bekommen wir am Ende dieses Kapitels. «Mephiboseth war aber lahm an beiden Füssen!» Das will uns Gläubigen sagen, dass wir in uns selbst das bleiben, was wir von Natur aus sind, nämlich gänzlich unfähig, auch nur das Geringste für Gott zu tun. Nur wenn wir uns durch seine Diener belehren, unterweisen und ermuntern lassen und in praktischer Gemeinschaft mit Ihm leben, können wir auf dem Weg des Segens und des Sieges zur Ehre Gottes und zum Segen für andere vorangehen.