Eine dreifache Schnur

Prediger 4,9.12

Ein Wort an jüngere und ältere Ehepaare

Mit dem Tag eurer Hochzeit habt ihr öffentlich kundgetan, dass ihr euren Weg künftig gemeinsam gehen wollt. In den irdischen Beziehungen, in die Gott uns Menschen gestellt hat, gibt es keine engere Verbindung als die der Ehe. Es ist für Kinder Gottes eine grossartige Sache, den Weg gemeinsam, d.h. miteinander und füreinander gehen zu können. Zu diesem gemeinsamen Weg möchte ich gern einige Denkanstösse geben und dabei das Wort des weisen Salomo aus Prediger 4,9.12 voranstellen: «Zwei sind besser daran als einer … und eine dreifache Schnur zerreisst nicht so schnell.»

«Zwei sind besser daran als einer» so sagt es uns das Wort Gottes. Menschen sind geschaffen, um in Kommunikation zu und in Gemeinschaft mit anderen zu leben. Die höchste Form dieser Gemeinschaft ist die Ehe. Von Adam hatte Gott gesagt: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen» (1. Mo 2,18). So dürfen wir uns in der Ehe gegenseitig ergänzen und helfen. Das, was dem einen fehlt, darf der andere ersetzen. Das ist ein glückliches Miteinander, das Gott segnen wird.

In der Welt spricht man vielfach von Partnerschaft, und ich finde diesen Ausdruck gar nicht so schlecht, vorausgesetzt, man versteht ihn nicht als das lockere Zusammenleben von zwei Menschen ohne Trauschein. Aber die Ehe, so wie Gott sie gewollt hat und immer noch will, als Partnerschaft zu verstehen, ist richtig. Eine Ehe besteht aus zwei gleichberechtigten, aber durchaus nicht gleichartigen Partnern, die gleiche Interessen haben und gemeinsame Ziele verfolgen. Es ist wie ein Team, das gemeinsam an einer bestimmten Aufgabe arbeitet. Aus dem Berufsleben kennen viele von uns den Gedanken an ein Team und wissen auch, dass «TEAM» nicht bedeutet, «toll, ein anderer macht's», sondern Team bedeutet, dass man gemeinsam arbeitet, dass einer für den anderen da ist und ihm hilft, und zwar im Interesse des gemeinsam gesteckten Ziels. Ein solches «Team» darf jede Ehe sein.

Doch dann sagt der weise Salomo weiter: «Und eine dreifache Schnur zerreisst nicht so schnell.» Was ist damit gemeint? Der Dritte – oder besser, der Erste – im Bund ist der Herr Jesus. Das Füreinander und Miteinander auf dem gemeinsamen Weg funktioniert nur, wenn der Herr Jesus mit im Boot ist. Partnerschaft allein und Teamarbeit allein genügen nicht, um eine glückliche und sinnerfüllte Ehe zu führen. Zum echten Glück und zur wirklichen Freude braucht jedes Ehepaar den Herrn Jesus als den Zentralpunkt seines gemeinsamen Lebens.

Erste Voraussetzung für eine gottgemässe Ehe ist, dass jeder – Mann und Frau – für sich persönlich eine lebendige Beziehung zum Herrn Jesus hat. Diese persönliche Beziehung zu Jesus Christus ist die Grundvoraussetzung für Freude und Sinnerfüllung im Leben. Es muss also im Leben eines jeden von euch einen Tag geben, an dem ihr euer Leben ganz bewusst dem Heiland der Welt übergeben habt. Aber jetzt lebt ihr nicht nur persönlich mit eurem Herrn. Als Ehepaar dürft ihr auch gemeinsam mit Ihm leben, Ihm folgen und Ihm dienen. Es ist eine Lebens- und eine Liebesbeziehung, die ihr jeden Tag bewusst geniessen dürft. Wenn der Apostel Johannes von der Gemeinschaft spricht, die wir untereinander und mit dem Herrn Jesus bzw. mit Gott, unserem Vater, haben, fügt er die bemerkenswerten Worte hinzu: «Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei» (1. Joh 1,4). Wirkliche, echte und bleibende Freude finden wir nur in Verbindung mit dem Herrn Jesus, sowohl im persönlichen als auch im gemeinschaftlichen Leben. Das ist – bezogen auf eure Ehe – die dreifache Schnur. Ihr seid nicht nur horizontal miteinander verbunden, sondern ihr seid vertikal nach oben mit dem Herrn verbunden. Das gibt eurer Ehe ein wirkliches, festes und bleibendes Fundament.

Ein bekannter Gottesmann vergangener Tage hat einmal von drei verschiedenen Arten gesprochen, wie man eine Ehe führen kann. Die erste Art ist, dass Mann und Frau gegeneinander leben. Leider gibt es heute mehr Ehen als wir denken, in denen man tatsächlich gegeneinander lebt und arbeitet. Nicht von ungefähr steigt die Anzahl der Ehen, die schon nach kurzer Zeit kaputt sind und geschieden werden, rapide an. Und die Zahl der geschiedenen Ehen ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs der Ehen, in denen man gegeneinander lebt. Gegeneinander zu leben, ist eine Katastrophe und kann nur im Desaster enden. Und glauben wir nur nicht, so etwas komme in christlichen Ehen nicht vor! Wo der Herr Jesus nicht wirklich Mittelpunkt einer Ehe ist, lebt man schneller gegeneinander, als man meint.

Die zweite Art eines möglichen Zusammenlebens in der Ehe ist, dass man nebeneinander lebt. Auch davon gibt es eine ganze Reihe von Ehen. Man hat sich miteinander arrangiert, man respektiert den anderen in gewissem Sinn, aber man geht doch am liebsten seinen eigenen Interessen nach und verfolgt persönliche Ziele. Nach aussen sieht alles ganz gut aus, aber nach innen hat man sich nicht besonders viel zu sagen. Bestimmt ist das besser, als gegeneinander zu leben, aber Gottes Plan für eine sinnerfüllte und glückliche Ehe ist das sicher auch nicht. Gott möchte uns in der Ehe etwas ganz anderes geben.

Damit kommen wir zur dritten Art und Weise, wie wir eine Ehe führen können, und diese Art der Eheführung wünschen wir allen von ganzem Herzen, nämlich miteinander und füreinander zu leben. In einer solchen Ehe geht jeder Ehepartner auf die Interessen des anderen ein, hilft ihm und hat das Wohl des anderen im Auge.

Dazu möchte ich fünf Bibelstellen vorstellen:

1) 1. Petrus 1,22

«So liebt einander anhaltend aus reinem Herzen.» Jungverheiratete Paare muss man sicher nicht ermahnen, einander zu lieben. Aber hier wird die Qualität der Liebe spezifiziert, nämlich erstens anhaltend und beharrlich und zweitens von Herzen. Gott weiss, warum Er uns das sagt. Zu Beginn der Ehe gleicht die Liebe einem schäumenden Gebirgsbach in seiner Frische, aber Gott möchte, dass sich die Liebe immer mehr vertieft, d.h. – um beim Bild zu bleiben – zu einem tiefen Gewässer wird. Und dann soll die Liebe von Herzen sein, also nicht zuerst eine Frage der Gefühle, sondern eine tief im Inneren empfundene Zuneigung füreinander, die naturgegeben im Lauf der Jahre wachsen kann. Es versteht sich wohl von selbst, dass wir diese tiefe Liebe zueinander nur praktizieren können, wenn wir es mit dem Herrn Jesus tun.

2) 1. Thessalonicher 5,11

«Ermuntert einander und erbaut einer den anderen.» Hier haben wir gleich zwei Dinge, die wir miteinander und füreinander tun können, nämlich erstens ermuntern und zweitens erbauen. Sich gegenseitig zu ermuntern bedeutet, dem anderen Freude zu machen. Sich gegenseitig erbauen bedeutet, das für den anderen tun, was ihm gut tut und ihn weiterbringt. Dies kann einerseits praktisch geschehen; aber anderseits ist dies sicher auch geistlich anwendbar. Praktisch betrachtet, dürft ihr euch gegenseitig immer wieder eine Freude machen. Das kann z.B. ein mitgebrachter Blumenstrauss oder ein gemeinsames Abendessen bei Kerzenlicht sein. Aber die geistliche Anwendung steht hier im Vordergrund. Ihr dürft euch gegenseitig ermuntern und erbauen, d.h. jeder für sich darf dazu beitragen, dass der Ehepartner geistliche Fortschritte macht und im Glauben gefördert wird. Nach den Gedanken Gottes ist das in erster Linie die Verantwortung des Ehemannes. Aber ich denke, dass es durchaus auch umgekehrt sein kann. Sich in geistlichen Fragen und Belangen gegenseitig eine Hilfe zu sein – und zwar im Herrn – ist eine grossartige Sache.

3) 1. Thessalonicher 5,15

«Strebt allezeit dem Guten nach, sowohl zueinander als auch zu allen.» Das ist eine Bestätigung dessen, was wir gerade gefunden haben. Wir dürfen uns gegenseitig Gutes tun. Darin ist eigentlich alles eingeschlossen. Voraussetzung dazu ist natürlich, dass wir wissen, was uns gegenseitig gut tut. Aber dann folgt noch etwas sehr Wichtiges. Die Aufforderung, Gutes zu tun, hat eine zweite Komponente. Wir sollen dem Guten nachstreben gegen alle. Eine Ehe, in der man miteinander geht und füreinander da ist, wird auch ein Segen für andere sein. Eine solche Ehe tut anderen gut. Auch Verheiratete bleiben ein Teil ihrer Familien, wo sie Gutes tun können. Zudem sind sie in einer örtlichen Versammlung, in der es viele Aufgaben und damit Möglichkeiten gibt, für andere etwas Gutes zu tun. Und schliesslich darf ein Ehepaar ein Segen für ungläubige Menschen sein, mit denen der Herr sie zusammenstellt. Mögen unsere Ehen mit der Hilfe des Herrn Jesus zum Wohl unserer Familien und Glaubensgeschwister sein und mögen darüber hinaus durch sie auch ungläubige Menschen mit dem Evangelium bekannt werden.

4) Kolosser 3,13

«Einander ertragend und euch gegenseitig vergebend.» Auch hier haben wir wieder einen Doppelhinweis, nämlich dass wir erstens einander ertragen und uns zweitens gegenseitig vergeben sollen. Diese Aufforderung scheint vielleicht für den Hochzeitstag und die erste Zeit der Ehe unpassend und unnötig zu sein. Aber es ist ein Wort für später. Wenn nach den ersten Wochen der graue Alltag wieder einkehrt, sieht die Sache auf einmal etwas anders aus. Jeder von uns hat seine Eigenheiten, und die des anderen lernt man nirgends so gut kennen wie in der Ehe. Deshalb ist dieser Hinweis Gottes durchaus auch auf eine Ehe anwendbar. Leider passiert es auch immer wieder, dass etwas Unschönes vorfällt. Dann sollten wir von Herzen bereit sein, einander gegenseitig zu tragen und wo immer nötig, auch zu vergeben. In einer Ehe, in der unser Herr der Mittelpunkt ist, kann es gar nicht anders sein.

5) Jakobus 5,16

«Betet füreinander.» Vielleicht ist dies das Grösste, das wir füreinander tun können. Es ist eine Sache – und sie ist sehr wichtig –, miteinander zu beten, aber darum geht es hier nicht. An dieser Stelle werden wir aufgefordert, füreinander zu beten. Das gilt zunächst ganz allgemein, es gilt aber auch für eine Ehe. Jeder Ehepartner darf vom anderen wissen, dass er für ihn betet. Das Gebet ist eine Hilfestellung, die wir uns gegenseitig geben dürfen. Im Gebet sind wir mit unserem Herrn verbunden, und das lässt uns wieder an die dreifache Schnur denken, an die wir uns zu Anfang erinnert haben.

In Lukas 24 haben wir den Bericht von Jüngern, die nach Emmaus gingen. Ohne jetzt den Zusammenhang dieses Berichts zu beachten, möchte ich abschliessend nur darauf hinweisen, dass sie zusammen gingen, dass sie sich miteinander unterhielten und dass sie miteinander überlegten. Und dann sagt uns der göttlich inspirierte Bericht: «Jesus selbst näherte sich und ging mit ihnen» (Lk 24,15). Den Wunsch, seinen Weg mit dem Herrn Jesus zu gehen, darf jeder von uns persönlich haben. Er mit uns – wir mit Ihm –, darin liegt wirkliches Glück und echte Lebensfreude. Möge dies aber auch der gemeinsame Wunsch von uns allen sein, die wir verheiratet sind! Vergessen wir es nicht: «Eine dreifache Schnur zerreisst nicht so schnell.» Lasst uns unseren gemeinsamen Weg miteinander, füreinander, aber ganz besonders mit unserem Herrn gehen. Dann kann und wird Er uns segnen.