Die Anwendung der Sendschreiben auf ein örtliches Zeugnis der Versammlung heute
Einleitung
Die vor uns liegenden zwei Kapitel befinden sich in einem prophetischen Buch, in dem es vor allem um die Christenheit geht. Der Herr Jesus erscheint im ersten Kapitel in der Gestalt des Richters. Er kommt, um zur Verantwortung zu ziehen. Es geht hier nicht um die Frage der Errettung, sondern ob sich einer entsprechend dem verhält, was er zu glauben und zu sein bekennt.
Und wenn wir uns fragen: Was ist heute der Leuchter, das Zeugnis für den Herrn? Wo finden wir heute noch kollektive Verantwortlichkeit? So lautet die Antwort: In der Mitte der Gläubigen, die an ihrem Ort ein Zeugnis der Versammlung darstellen möchten. Es ist da, wo heute noch der Grundsatz der Einheit des Leibes festgehalten wird.
Der Apostel Johannes musste das Buch der Offenbarung mit allen sieben Sendschreiben an alle sieben Versammlungen richten. Die Anweisungen an eine Versammlung hatten auch den andern etwas zu sagen. Und heute haben die Sendschreiben an Gültigkeit nichts eingebüßt. Sie enthalten für jedes örtliche Zeugnis praktische Belehrungen.
Und wenn der Heilige Geist durch diese Verse den Finger auf einen wunden Punkt in einer örtlichen Versammlung legt, so gibt es heute noch den gleichen Weg zur Wiederherstellung: Über die Buße.
In jedem Sendschreiben wird besonders der Engel der Versammlung, das Bild des Vertreters des verantwortlichen Teils, angesprochen. In einem örtlichen Zeugnis sind nicht alle gleich verantwortlich vor dem Herrn. Da gibt es Kinder, Jungbekehrte, Brüder und Schwestern, die im Vollbesitz ihrer Kräfte sind, die den Herrn schon länger kennen und mitten in der Verantwortung des Berufslebens und der Familie stehen, und alte, erfahrene Brüder und Schwestern, die zugenommen haben an Erkenntnis und Weisheit bei Gott.
Aus jedem Sendschreiben wollen wir nun einige, uns wichtig scheinende Punkte herausgreifen.
Ephesus (Offenbarung 2,1-7)
Vers 1. Die verantwortlichen Brüder eines örtlichen Zeugnisses müssen nicht nur die Last der Verantwortung spüren, sondern dürfen sich auch in der Hand des Herrn wissen. Da ist Schutz, da ist Stärke, da ist Bewahrung.
Vers 2. Ephesus war eine örtliche Versammlung, in der noch gottgemässe Zucht ausgeübt wurde. Wie steht es bei uns? Besteht nicht vielerorts die Gefahr, in Zuchtfragen nach Empfinden und Gutdünken, anstatt nach den klaren Anweisungen des Wortes zu handeln?
Vers 3. Der Herr sah das Ausharren der Epheser und bezeugt der Versammlung: «Du bist nicht müde geworden». Er möchte dies auch gern zu uns sagen. Was haben wir denn zu tragen? «Wir aber, die Starken, sind schuldig, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen» (Röm 15,1). «Einer trage des anderen Lasten» (Gal 6,2). Und das Wichtigste:
Gleich den Leviten sind wir berufen, das Zeugnis der Versammlung Gottes durch die Wüste zu tragen, bis der Herr kommt (Jes 52,11).
Vers 4. Das, wonach das Herz des Herrn am meisten verlangte, fand Er in Ephesus nicht. Die tiefe, innige Zuneigung fehlte. Vor den Geschwistern mag es genügen, die Zusammenkünfte des örtlichen Zeugnisses regelmässig zu besuchen. Für sich selbst mag es genügen, das Wort zu lesen und es praktisch auszuleben. Aber für den Herrn genügt es nicht. «Gib mir, mein Sohn, dein Herz» (Spr 23,26). Nur das Beste ist für Ihn gut genug. Unsere Liebe und Zuneigung will Er ungeteilt, ganz für sich haben.
Was ist zu tun, damit die erste Liebe erhalten bleibt? Dieses Eine: Die Person des Herrn Jesus vor unsere Herzen und die Herzen unserer Mitgläubigen stellen.
Vers 5. Ist es uns bewusst, dass ein örtliches Zeugnis die volle Anerkennung des Herrn als der Ausdruck seiner Versammlung nur dann findet, wenn der Herzenszustand in Ordnung ist? Werke allein und das äusserlich Sichtbare genügen nicht.
Smyrna (Offenbarung 2,8-11)
Vers 8. Den bedrängten Gläubigen stellt der Herr sich von zwei Seiten vor, um sie zu ermuntern. Der «Erste und der Letzte» ist der ewige «Ich bin» des Alten Testaments (Jes 41,4; Ps 102,28). Unveränderlich ist seine Macht als Gott für die Nöte der Seinen. Im Ausdruck «der starb und wieder lebendig wurde» finden wir seinen Leidensweg als Mensch. Da Er alles durchgemacht hat, vermag Er auch echtes Mitleid zu haben mit den Bedrängten (Heb 4,14.15).
Vers 9. Der Herr Jesus kennt die Umstände jeder örtlichen Versammlung genau. Ihm ist nicht nur die materielle Armut bekannt, sondern auch die Armut in der Wortverkündigung, der schwache Besuch und die magere Beteiligung in der Gebetsversammlung. Er weiss auch um die Angriffe von aussen und zwar gerade von solchen, die den gleichen Gott anerkennen (damals waren es Juden), heute von Christen, die einem Bekenntnis nach eigenem Gutdünken nachleben, aber nicht bereit sind, nach den Anweisungen der Bibel über das Zusammenkommen der Gläubigen zu fragen noch es praktisch auszuleben. Wie sehr schmerzt das Missverständnis von dieser Seite!
Vers 10. Der Tod ist auch für die Gläubigen ein dunkles Tor. Doch der Glaube an die Auferstehung ist die wirksame Hilfe gegen die Todesfurcht.
Das Wort unterscheidet verschiedene Kronen (z.B. 1. Kor 9,25; 2. Tim 4,8; Jak 1,12; 1. Pet 5,4). Immer sind sie ein Ausdruck der Belohnung für die Treue. Und diese Kronen, die Er uns schenkt für das, was Er in uns gewirkt hat, sind letztendlich für Ihn: Offenbarung 4,10. Wirst du dann als Lohn für deine Treue in der örtlichen Versammlung auch eine Krone haben, die du Ihm zu Füssen werfen kannst?
Pergamus (Offenbarung 2,12-17)
Vers 12. Das zweischneidige, scharfe Schwert des Herrn ist das Wort Gottes. Wenn Er es auf das örtliche Zeugnis anwendet, trennt es mit aller Deutlichkeit das, was nicht zusammengehört: Die Versammlung und die Welt. Wenn wir nicht bereit sind, diese scharfe Trennung zu vollziehen, wird es sich gegen uns wenden (Vers 16; Gal 6,7; 1. Pet 4,17; Ps 93,5; 5. Mose 4,24).
Vers 13. Wenn die Versammlung sich da wohnlich einrichtet, wo Satan als Fürst regiert, verleugnet sie ihren Fremdlingscharakter. Wenn der Herr Jesus wiederkommt, möchte Er uns in der Herberge antreffen (Lk 10,34.35), als solche, die nicht von hier sind, die sich auf der Reise befinden.
Das Wort Gottes gibt uns genaue Anweisung über unser Verhalten gegenüber der kulturellen, politischen und religiösen Welt:
- der Regierung untertan sein und Gehorsam leisten (Röm 13,1; Tit 3,1)
- Steuern zahlen (Lk 20,25)
- Gebet für die Regierenden (1. Tim 2,1.2)
- kein Freund der Welt sein (Jak 4,4)
- der Welt gekreuzigt sein (Gal 6,14)
- als Himmelsbürger leben (Phil 3,20)
- Sich nicht in Dingen engagieren, die nicht absolute Pflicht sind (Lk 9,60; 1. Pet 4,15b; Amos 5,13)
- Sich selbst von der Welt unbefleckt halten (Jak 1,27)
Vers 14. Götzen sind Gegenstände der Verehrung. Welchen Einfluss haben akademische Bildung, hohe Stellung im Geschäftsleben, Mode, Geld und Besitz in der örtlichen Versammlung bekommen? Hurerei ist eine Verbindung zweier, die nicht zusammengehören. Der Herr möchte nicht, dass wir mit solchen Gemeinschaft haben, die nicht als Christen, wie es uns das Wort zeigt, leben. (Entschiedene Haltung gegen beides: 4. Mose 25,7).
Vers 17. Der Überwinder, einer, der sich unter das stellt, was seine örtliche Versammlung angeht und Buße tut, darf erfahren, wie seine Beziehung zum Herrn genährt und vertieft wird. Der Herr hat ein persönliches Interesse an ihm (Gal 2,20).
Thyatira (Offenbarung 2,18-29)
Dieses Sendschreiben trägt aussergewöhnlich starke prophetische Züge, die das römisch-katholische System und das Papsttum beschreiben. Ist es deswegen für eine örtliche Versammlung weniger wichtig? Wenn wir uns ehrlich vor dem Herrn prüfen, werden wir feststellen, dass die Ansätze, die zu diesem traurigen Zustand führten, auch bei uns vorhanden sind.
Vers 18. Der Herr Jesus stellt sich als Sohn Gottes vor, weil die Gefahr besteht, dass Er von seinem Platz verdrängt wird (Heb 3,6). Aber Er sieht alles (Heb 4,13; Ps 11,3-5) und sein reiner Wandel auf der Erde unter dem richterlichen Auge Gottes (Füsse wie Kupfer) berechtigt Ihn, alles Unreine in Thyatira zu beurteilen.
Verse 19,20. Die praktische christliche Tätigkeit wächst, ist vielleicht grösser als in Ephesus. Aber einerseits bildet man sich darauf etwas ein, – beachte die Betonung auf «dein» – und anderseits fehlt die Hoffnung und das Prüfen. Waren wir noch nie in Gefahr, uns auf unser örtliches Zeugnis etwas einzubilden, weil wir zahlreich waren, viele junge Geschwister da waren, sich ein reges geistliches Leben entfaltete?
Die Versammlung soll nicht lehren; sie wird von dem belehrt, der die Wahrheit ist (Joh 14,6; 1. Tim 3,15). Doch die Ansätze für dieses Übel in Thyatira beginnen dann, wenn man sich mehr an das hält, was einflussreiche Brüder sagen als was das Wort Gottes lehrt.
Vers 23. «Alle werden erkennen.» Die Zucht in der Versammlung hat nicht nur die Reinigung der Versammlung und die Wiederherstellung des Schuldigen zum Ziel. Sie soll auch den andern als Warnung dienen (Apg 5,5; 1. Tim 5,20; Judas 22,23).
Verse 24-28. Das Kommen des Herrn (bis ich komme; der Morgenstern) ist zu allen Zeiten ein Ansporn, um auszuharren und festzuhalten (2. Thes 3,1-5).
Sardes (Offenbarung 3,1-6)
Vers 1. Einer Versammlung, in der sich Formalismus breitmacht, stellt der Herr Jesus die Kraft des neuen Lebens vor (sieben Geister Gottes), aber auch seine Autorität (Er hat die sieben Sterne).
Es gibt nichts Schlimmeres als die Wahrheit Gottes zu haben und gewohnheitsmässig auszusprechen, ohne innere Beziehung und Freude. «Tod» bedeutet hier «unbrauchbar» für Gott. Es entspricht einem Gefäss zur Unehre in 2. Timotheus 2,20. Das trifft bestimmt für einen ungläubigen Bekenner zu, kann aber auch auf einen Gläubigen oder ein örtliches Zeugnis, nicht gereinigt von Ungerechtigkeit, zutreffen.
Vers 3. Für die Welt kommt der Tag des Herrn wie ein Dieb in der Nacht (1. Thes 5,2; 2. Pet 3,10). Sie wird überrascht. Wie traurig, wenn sein Kommen auch die Seinen überraschen wird! Zeigt unser praktisches Leben, dass wir es ernst nehmen mit der Wahrheit seines baldigen Wiederkommens? Bedenken wir, dass der Dieb nicht nur überrascht, sondern uns auch etwas wegnimmt. Jede äussere Form ohne Wirklichkeit wird uns in jenem Augenblick genommen.
Verse 4,5. Bei diesem Buch des Lebens handelt es sich um das Buch des Bekenntnisses. Der Herr vergleicht das äussere Bekenntnis mit der inneren Wirklichkeit. In der Versammlung von Sardes waren es nur noch einige wenige, die in praktischer Gerechtigkeit vorangingen. Der Lohn für ihre Treue blieb nicht aus. Wie viele sind es heute?
Philadelphia (Offenbarung 3,7-13)
Vers 7. Der Herr Jesus stellt sich als der Heilige, der für Gott Abgesonderte, vor und sagt damit: «Seid heilig, denn ich bin heilig» (1. Pet 1,16). Er ist und bleibt der Wahrhaftige (1. Joh 5,20) in einer Zeit, da alles ins Wanken geraten ist und der Mensch nicht mehr weiss, was gilt. Was Er beschliesst, ist definitiv.
Vers 8. Wenn Er die Tür zur Evangeliumsverkündigung geöffnet hat und zur praktischen Verwirklichung der Grundsätze seiner Versammlung in den örtlichen Zeugnissen, wo in der Wortverkündigung die ganze Wahrheit verkündigt werden darf, dann wird diese Tür offenbleiben, solange die Versammlung noch auf der Erde ist.
In der Versammlung von Philadelphia geschahen keine grossen öffentlichen Dinge, keine Wunder, kein Sprachenreden, keine grossen sozialen Werke. Diese Gläubigen waren unbeachtet von der Welt. Aber sie anerkannten die ganze Bibel als wörtlich inspiriert. Für sie gab es darin keine veralteten Dinge oder für die heutige Zeit nicht mehr gültige Verse. Sie liessen auch nicht zu, dass der Herrlichkeit der Person des Herrn Jesus irgendwie Abbruch getan wurde. Er ist wahrer Gott und wahrer, aber sündloser Mensch in einer Person. Für die Gläubigen in Philadelphia war Er die höchste und einzige Autorität. Alles taten sie in seinem Namen, d.h. Sie vertraten in allem seine Grundsätze. Möchten diese Dinge von jedem örtlichen Zeugnis heute wahr sein!
Vers 9. Die Zukunft wird es einst zeigen, welche es waren, die die Anerkennung des Herrn fanden. Welch eine Ermunterung liegt doch in den Worten: «dass ich dich geliebt habe». Hier geht es nicht um die Liebe des Herrn, der sich selbst für uns hingegeben hat (Eph 5,2). Die Liebe hier ist eine besondere Anerkennung des Herrn für die Treue und das praktische Verhalten dieser Versammlung.
Vers 10. Der Trost und die Ermunterung der Verheissung, dass der Herr vor der Stunde der Versuchung wiederkommt, um uns zu sich zu nehmen, gilt nur denen, die Ihn erwarten. Die andern Gläubigen werden dann auch mitgehen. Aber weil sie von seinem Kommen überrascht werden, fehlt ihnen vorher diese Ermunterung. Wie schade!
Vers 11. Hier hören wir zum ersten Mal, dass der Herr bald kommt. Wenn es damals «bald» war, wie nahe muss sein Kommen jetzt sein! Lasst uns in dieser kurzen Zeit die Wahrheit nicht preisgeben, sondern festhalten und praktisch ausleben, damit wir die Krone nicht verlieren!
Vers 12. Die Überwinder sind solche, die sich persönlich engagieren, die die Wahrheit mit dem Herzen festhalten. Es sind nicht die lauwarmen Mitläufer, die wohl keine Zusammenkunft versäumen, sich äusserlich nach den Grundsätzen des Wortes verhalten, aber nicht mit ganzem Herzen dabei sind.
Laodizea (Offenbarung 3,14-22)
Vers 14. Was die Versammlung hätte sein sollen – ein Zeugnis für den Herrn und ein Zeugnis von dem, was Er gewirkt hat – ist Er nun selbst: der treue Zeuge.
Verse 15,16. Wie traurig, wenn es mit einer örtlichen Versammlung so weit kommt, dass der Herr sie nicht mehr als sein Zeugnis anerkennt. Denken wir daran: Lau war einmal warm!
Vers 17. Das Bewusstsein der kleinen Kraft (Vers 8) ist der Einbildung und Aufgeblasenheit gewichen. Man brüstet sich mit dem geistlichen Reichtum und der grossen Erkenntnis. Aber für Ihn bleibt kein Platz mehr. Welch ein Wahn, wenn so viel Kenntnis und Reichtum vorhanden sind, dass man meint, man brauche nichts mehr! Zweifellos hat uns der Herr in seiner Gnade viel Erkenntnis und Einsicht geschenkt, aber wie steht es mit unserer Herzensbeziehung zu Ihm?
Verse 18,19. Wie tröstlich, dass es auch für einen Zustand von Laodizea einen Weg der Buße gibt. Möchten wir ihn beschreiten und, wenn uns dieser Zustand kennzeichnet, sein Angebot annehmen:
- Gold = göttliche Gerechtigkeit im Feuer erprobt, die den wahren Reichtum des Christen ausmacht
- Weisse Kleider = die praktische Gerechtigkeit im täglichen Leben und örtlichen Zeugnis
- Augensalbe = um den wahren Zustand der Situation zu erkennen und um das Auge für Ihn zu öffnen
Verse 20,21. Es geht nicht um eine bestimmte Wahrheit der Lehre, sondern um Ihn selbst! Er sucht am Ende der Zeugniszeit seiner Versammlung (Abend) solche, die ein Verlangen haben nach Ihm und seiner Gemeinschaft.