Die Sendung von Joseph

1. Mose 37

Joseph ist eines der schönsten und deutlichsten Vorausbilder auf den Herrn Jesus. Seine Lebensbeschreibung zeigt uns etwas von den Leiden, die auf Christus kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach (1. Pet 1,11).

In 1. Mose 37 können wir folgende Schwerpunkte erkennen:

  • Verse 1-4: Joseph genoss in seiner Familie eine besondere Beziehung zu seinem Vater. Das spricht vom innigen Verhältnis des Herrn Jesus zu Gott, seinem Vater.
  • Verse 5-11: Joseph hatte zwei Träume, die von seiner zukünftigen Vorrangstellung redeten. Sie deuten die zukünftige Herrlichkeit von Jesus Christus an: Er wird einmal im Himmel und auf der Erde eine Vorrangstellung einnehmen.
  • Verse 12-24: Joseph wurde vom Vater zu seinen Brüdern gesandt. Doch sie nahmen ihn nicht auf, sondern warfen ihn in eine Grube. Genauso lehnten die Juden Jesus Christus, den Gesandten des Vaters, ab.
  • Verse 25-30: Joseph wurde von seinen Brüdern an die Ismaeliter verkauft. Das spricht vielleicht davon, dass die jüdischen Führer den Herrn Jesus dem römischen Statthalter Pilatus überlieferten, damit Er gekreuzigt würde.
  • Verse 31-36: Seine Brüder täuschten dem Vater vor, Joseph sei tot. Die Juden hingegen haben – was ihre Verantwortung betrifft – Christus, den Urheber des Lebens, wirklich getötet (Apg 3,15).

Es weisen also viele Einzelheiten aus dem Leben von Joseph auf den Herrn Jesus hin. Wir möchten nun einerseits seine Beziehung zum Vater Jakob und anderseits sein Verhältnis zu den Brüdern auf Jesus Christus übertragen.

Seine Beziehung zum Vater

Das Verhältnis von Joseph zu seinem Vater Jakob spricht von der Beziehung des Herrn Jesus, die Er hier als Mensch zu seinem Vater im Himmel hatte. Jakob hatte viele Söhne, aber einer stand ihm besonders nahe – Joseph. So war es auch zur Zeit, als Jesus auf der Erde lebte. Viele Menschen hatten eine äussere Beziehung zu Gott, einige wenige glaubten auch wirklich an Ihn – aber nur Einer, Jesus Christus, genoss ununterbrochen die Gemeinschaft mit Ihm.

a) Der Vater liebte ihn

«Israel liebte Joseph mehr als alle seine Söhne, weil er der Sohn seines Alters war» (V. 3).

In Johannes 3,35 heisst es kurz und bündig: «Der Vater liebt den Sohn.» Das war schon vor Grundlegung der Welt wahr (Joh 17,24). Das traf aber auch zu, als der Sohn Gottes als Mensch hier lebte. Jederzeit floss ein Strom der Liebe aus dem Herzen des Vaters zu Jesus Christus. Wir wissen, dass Gott alle Menschen liebt (Joh 3,16). Aber nur ein Mensch ist der Sohn seiner Liebe (Kol 1,13). Ihm gilt die besondere Zuneigung des Vaters. Das wurde im Leben des Herrn Jesus zweimal deutlich: Bei seiner Taufe und auf dem Berg ertönte die Stimme des Vaters aus den Himmeln: «Dieser ist mein geliebter Sohn» (Mt 3,17; 17,5).

b) Der Vater zeichnete ihn aus

«Israel machte ihm ein langes Ärmelkleid» (V. 3).

Damit zeichnete Jakob seinen Sohn aus. An diesem besonderen Kleid konnten alle sehen, wie sehr er Joseph schätzte.

Der Herr Jesus wurde ebenfalls von seinem Vater ausgezeichnet. Wieder denken wir an sein Zeugnis am Jordan und auf dem hohen Berg. Beide Male erklärte der Vater: An diesem Menschen «habe ich Wohlgefallen gefunden». Seine Freude am Herrn Jesus wurde durch zweierlei hervorgerufen:

  • Einerseits war Er der einzige Mensch, der immer das tat, was Gott wollte. Zum ersten Mal sah der Vater einen Menschen, der all seinen Ansprüchen gerecht wurde. Alle Gedanken, Worte und Taten des Herrn Jesus stimmten völlig mit Gott überein.
  • Anderseits war dieser demütige und gehorsame Mensch sein eigener Sohn. Wie muss es den Vater gefreut haben, auf der Erde Den als vollkommenen Menschen zu sehen, der schon immer sein ganzes Wohlgefallen besass.

Darum liess Er seine Stimme vom Himmel ertönen. Er wollte öffentlich bekannt machen, wie sehr Er den Herrn Jesus wertschätzte.

c) Der Vater sandte ihn

«Israel sprach zu Joseph: Weiden nicht deine Brüder bei Sichem? Komm, dass ich dich zu ihnen sende!» (V. 13).

Als der Vater seinen Sohn Joseph zu seinen Brüdern senden wollte, war dieser sofort bereit zu gehen, obwohl er wusste, dass sie ihn hassten.

Das traf genauso auf Jesus Christus zu. Er liess sich vom Vater in die Welt und besonders zum Volk Israel senden. Dazu nahm Er – obwohl Er der ewige Sohn Gottes ist – eine untergeordnete Stellung ein (Phil 2,6-8). Gleichzeitig wusste Er im Voraus, dass Ihm dabei Hass und Ablehnung entgegenschlagen würden. Trotzdem kam Er.

Als Er hier lebte, handelte Er als der Gesandte des Vaters. Er machte sich mit dem Auftrag des Vaters völlig eins. Es war sein höchstes Ziel, ihn zu erfüllen. Er erklärte:

«Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe» (Joh 4,34).

«Ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat» (Joh 6,38).

Sein Verhältnis zu den Brüdern

Die Beziehung von Joseph zu seinen Brüdern war ziemlich belastend. Doch das lag nicht an ihm, sondern an den Brüdern. Weil sie ihn hassten, begegneten sie ihm feindselig (V. 4).

Hass war die Grundeinstellung der religiösen Menschen in Israel gegen den Herrn Jesus, obwohl Er keinen Anlass dazu gab. Er konnte sagen: «Sie haben mich ohne Ursache gehasst» (Joh 15,25). So musste Er in seinem ganzen Leben den Widerspruch der Sünder gegen sich erdulden.

a) Sie waren eifersüchtig auf ihn (V. 11)

Die Brüder waren neidisch auf Joseph, weil Gott ihm durch die Träume eine Vorrangstellung über seine Brüder ankündigte.

Die jüdischen Führer waren eifersüchtig auf den Herrn Jesus, weil Er ihnen in allem deutlich überlegen war. Er konnte Kranke heilen, okkult Belastete befreien, Tote auferwecken und machtvoll predigen, so dass viele Menschen zu Ihm kamen. All das wurmte sie innerlich. Anstatt Ihn als Sohn Gottes anzuerkennen, beneideten sie Ihn. Eifersucht war schliesslich ihr Motiv, Jesus Christus den Römern auszuliefern. Pilatus erkannte, «dass die Hohenpriester ihn aus Neid überliefert hatten» (Mk 15,10).

b) Sie sahen ihn von weitem (V. 18)

Als Joseph zu seinen Brüdern kam, erkannten sie ihn schon von weitem – wahrscheinlich an seinem langen Ärmelkleid.

Als der Herr Jesus geboren wurde und die Magier vom Morgenland Ihn, den neu geborenen König, suchten, merkten die Schriftgelehrten sofort, dass Er der von Gott gesandte Messias sein musste. Seine Geburt von einer Jungfrau und sein Geburtsort Bethlehem stimmten völlig mit den alttestamentlichen Prophezeiungen über den kommenden König überein (Jes 7,14; Micha 5,1).

c) Sie wollten ihn töten (V. 18.20)

Was war die erste Reaktion der Brüder, als sie Joseph von weitem erkannten? «Ehe er in ihre Nähe kam, da ersannen sie gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten» (V. 18).

Wie reagierte Herodes, als er von der Geburt des Königs der Juden hörte? «Er liess alle Knaben töten, die in Bethlehem und in seinem ganzen Gebiet waren, von zwei Jahren und darunter» (Mt 2,16).

Doch das war nicht die letzte Mordabsicht gegen Jesus Christus. Nachdem Er in Nazareth die Gnade verkündet hatte, die sich allen Menschen zuwenden würde, wurden die Zuhörer mit Wut erfüllt und wollten Ihn vom Rand des Berges hinabstürzen (Lk 4,29).

Ein anderes Mal heilte der Herr Jesus am Sabbat einen Menschen, der schon 38 Jahre krank war, und nannte Gott seinen eigenen Vater. Da suchten die Juden, ihn zu töten (Joh 5,18).

Der Hass der religiösen Führer steigerte sich immer mehr, so dass sie nur noch von einem Gedanken beherrscht waren: Wie können wir Ihn umbringen? (Lk 22,2).

d) Sie zogen ihm das Ärmelkleid aus (V. 23)

Was taten die Brüder als Erstes, als Joseph zu ihnen kam? Sie zogen ihm das verhasste Ärmelkleid aus!

Auch darin können wir eine Parallele zum Heiland erkennen. Als Er am Kreuz hing, scheinbar unfähig sich zu wehren, da zogen seine Feinde genau das ins Lächerliche, was Ihn vor Gott auszeichnete:

  • «Wenn du Gottes Sohn bist, so steige herab vom Kreuz!» (Mt 27,40). In seinem Leben hatte Er mehrfach bewiesen, dass Er der Sohn Gottes ist. Diese bedeutsame Tatsache nahmen sie nun zum Anlass, Ihn herabzusetzen und zu verspotten.
  • «Er vertraute auf Gott, der rette ihn jetzt, wenn er ihn begehrt» (Mt 27,43). Weil Gott jetzt nicht zu seinen Gunsten eingriff, machten sich die Führer des Volkes über sein einzigartiges Gottvertrauen lustig. Es war, wie wenn sie fragten: Was hat es dir eingebracht?

Dieser Spott hat den Herrn Jesus innerlich sehr verletzt!

e) Sie warfen ihn in die Grube (V. 24)

In den Psalmen spricht die Grube bildlich von Tod und Verderben (Ps 30,10; 55,24). Die Grube, in die Joseph geworfen wurde, deutet den Tod des Herrn Jesus an. Doch wir erkennen hier einen Kontrast: Weil in dieser Grube kein Wasser war, musste Joseph nicht sterben. Jesus Christus hingegen wurde von seinem Volk getötet. So klagte Er prophetisch: «Sie haben mein Leben in die Grube hinein vernichtet» (Klgl 3,53). Das ist die Seite der menschlichen Verantwortung, die Petrus seinen Landsleuten in der Apostelgeschichte deutlich vorstellt: «Diesen … habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen an das Kreuz geschlagen und umgebracht.» Und: «Den Urheber des Lebens aber habt ihr getötet» (Apg 2,23; 3,15).

Wir wissen auch, dass Ihm niemand das Leben nehmen konnte. Der Sohn Gottes sagte selbst: «Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich lasse es von mir selbst» (Joh 10,18). Das ist die göttliche Seite seines Todes am Kreuz.

Wir haben in der Geschichte von Joseph zuerst etwas vom Verhältnis des Herrn Jesus zu seinem Vater gesehen und dabei gemerkt: Für den Vater ist Er die herrlichste Person! Weiter haben wir über seine Beziehung zu seinen Mitmenschen nachgedacht und kommen mit Jesaja zum Schluss: Er war der von jedermann Verachtete, der Abscheu der Nation (Jes 49,7). Was für Gegensätze!