Die Begebenheit in der Wüste, wo Jesus Christus vom Teufel versucht wurde, wird uns nur im Matthäus- und im Lukas-Evangelium ausführlich berichtet. Jeder Schreiber hat dabei seinen eigenen Blickwinkel.
Wie Matthäus es berichtet (Mt 4,1-11)
Matthäus stellt uns die drei Versuchungen in ihrer zeitlichen Reihenfolge vor. In seinem Bericht erkennen wir zudem, wie der Herr Jesus mit dem Volk Israel verglichen wird. Der Messias sollte am gleichen Ort wie Israel erprobt werden: in der Wüste. Doch dort, wo das Volk versagt hatte, trug sein König einen beeindruckenden Sieg davon:
- Als Israel in der Wüste Hunger litt, murrte es. Es griff Mose und Aaron mit den Worten an: «Ihr habt uns in diese Wüste herausgeführt, um diese ganze Versammlung vor Hunger sterben zu lassen» (2. Mo 16,3).
Jesus Christus hingegen lehnte sich nie gegen Gott auf. Lieber wollte Er Hunger leiden, als unabhängig von Ihm zu handeln. Als der Versucher zu Ihm hintrat und sprach: «Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine zu Broten werden», da antwortete Er: «Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.» - Israel forderte seinen Gott heraus, indem es kritisch fragte: «Ist der HERR in unserer Mitte oder nicht?» (2. Mo 17,7). Es traute Ihm nicht zu, dass Er sein Versprechen an Abraham wahr machen und sein Volk ins Land bringen würde.
Wie ganz anders reagierte der Herr, als der Teufel Ihn mit einer göttlichen Verheissung versuchte: «Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, und sie werden dich auf Händen tragen, damit du nicht etwa deinen Fuss an einen Stein stösst.» Jesus prüfte nicht, ob sich diese Verheissung auf den Messias erfüllte, indem Er sich von der Zinne des Tempels hinabwarf. Nein, Er vertraute Gott bedingungslos. Er wusste: Sein Wort geht zur rechten Zeit in Erfüllung! Darum antwortete Er dem Teufel: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.» - Obwohl die Israeliten am Berg Horeb einen Eindruck von der Gegenwart und Heiligkeit Gottes bekommen hatten, wandten sie sich kurze Zeit später bewusst von Ihm ab. Sie machten ein goldenes Kalb und beteten dieses an.
Christus handelte jedoch anders, als der Teufel Ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit anbot und sprach: «Dies alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.» Der Herr weigerte sich, darauf einzugehen, denn Er hatte ständig Gott vor Augen. Nur Ihn wollte Er ehren, auch wenn Er dafür leiden sollte. Nur von Ihm wollte Jesus alles annehmen – auch die Herrschaft über die Erde. So ist seine Antwort klar und bündig: «Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.»
Wie Lukas es berichtet (Lk 4,1-13)
Lukas berichtet die drei Versuchungen in einer sittlichen Reihenfolge. Drei Lebensbereiche des Menschen sind betroffen:
- Zuerst ging es um den natürlichen Bereich, denn der Feind knüpfte bei der Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse an.
- Dann kam der weltliche Bereich an die Reihe, als der Teufel dem Herrn Jesus alle Reiche der Welt anbot.
- Schliesslich versuchte Satan Ihn im geistlichen Bereich, indem er die Verheissung Gottes infrage stellte.
Auf allen Gebieten widerstand Jesus Christus den Versuchungen. Überall war für Ihn das Wort Gottes massgebend.
Im Lukas-Evangelium wird der Herr Jesus dem ersten Menschen gegenübergestellt. Aus den Versuchungen des Feindes, die Adam einst zu Fall gebracht hatten, ging Er als Sieger hervor. Nur waren seine Umstände viel schwieriger: Jesus befand sich in der Wüste, Adam hingegen im Garten Eden.
- Adam ass von der verbotenen Frucht, obwohl er eine grosse Auswahl an anderen Nahrungsmitteln hatte und keinen Hunger litt. Jesus hingegen hatte Hunger, nachdem Er 40 Tage und 40 Nächte gefastet hatte. Trotzdem liess Er sich nicht zu einem eigenmächtigen Handeln verführen. Der Wille Gottes war für Ihn entscheidend. Wenn Gott es wollte, dann würde Er aus Steinen Brot machen, wenn nicht, würde Er weiter Hunger leiden.
- Adam besass den höchsten Platz auf der Erde. Er herrschte über alle Tiere, die Gott geschaffen hatte. Doch er begehrte mehr. Er wollte sein wie Gott, darum ass er von der verbotenen Frucht. Der Herr Jesus dagegen war nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen. So verliess Er seinen niedrigen Platz nicht, als der Teufel Ihm alle Reiche der Welt anbot. Als demütiger und gehorsamer Mensch wollte Er nur Gott anbeten und nur Ihm dienen. In allem unterordnete Er sich Gott, der für Ihn die höchste Autorität war.
- Obschon Adam von seinem Schöpfer nur Gutes erfahren hatte, konnte der Teufel Misstrauen an Gottes Güte in sein Herz säen. So lieh der erste Mensch dem Feind sein Ohr, anstatt auf Gottes Wort zu achten, und übertrat das göttliche Gebot. Christus hingegen vertraute Gott und seinem Wort uneingeschränkt – auch im Blick auf die göttlichen Verheissungen, die der Teufel benutzte, um Ihn zu versuchen. Er wusste: Wenn Gott etwas sagt, dann kann man sich hundertprozentig darauf verlassen. Er brauchte keine Beweise dafür.
Schluss
Wenn Adam und das Volk Israel versagt hatten – Jesus Christus nicht! Auf jede Versuchung reagierte Er vollkommen, so dass der Teufel als geschlagener Feind das Feld räumen musste. Wie erstrahlte doch bei der Begegnung mit Satan in der Wüste seine Herrlichkeit als vollkommener Mensch!
Wenn wir aus dieser Begebenheit etwas für uns lernen möchten, gilt es zweierlei zu bedenken:
- Jesus Christus war ohne Sünde. Wir jedoch haben die Sünde in uns, die auf alle Versuchungen von aussen reagiert.
- Der Herr Jesus begegnete dem Feind, als dieser in seiner ganzen Macht auftrat. Wir hingegen haben es seit dem Erlösungswerk am Kreuz mit einem besiegten Feind zu tun.
Trotzdem dürfen wir von Jesus Christus lernen, und zwar wie Er auf die Angriffe Satans reagierte. In allen drei Antworten zitierte Er ein Bibelwort und brachte damit vier Eigenschaften zum Ausdruck:
- Abhängigkeit von Gott,
- Hingabe an Ihn,
- Unterordnung unter seinen Willen und
- Vertrauen in seine Aussagen.
Auch wir besitzen das Wort Gottes als Waffe gegen die Angriffe des Teufels. Doch wir tragen nur dann einen Sieg davon, wenn wir
- von Gott abhängig bleiben,
- Ihm den ersten Platz geben,
- uns seinen Anweisungen unterordnen und
- seinem Wort rückhaltlos vertrauen.