Träge oder fleissig?

2. Petrus 1,5; Judas 1,3

Die Bibel spricht an mehreren Stellen vom Fleiss und stellt ihn als eine Tugend vor, die einen Menschen Gottes kennzeichnen sollte. Im Gegensatz dazu ist Lässigkeit oder Trägheit eine Verhaltensweise, die Gottes Zustimmung nicht findet. Das gilt in unseren persönlichen Beschäftigungen, z.B. im Beruf oder zu Hause. Es gilt ebenso im geistlichen Bereich und in dem, was wir für unseren Herrn tun. Petrus fordert uns auf, «allen Fleiss» anzuwenden, und Judas wollte seinerseits ebenfalls «allen Fleiss» anwenden (2. Pet 1,5; Jud 3).

Als Erstes möchte ich einige Stellen aus dem Buch der Sprüche und eine aus dem Buch des Predigers vorstellen, in denen der Kontrast zwischen Fleiss und Lässigkeit besonders deutlich wird. Dabei wollen wir nicht übersehen, dass es sich um Aussagen des Alten Testaments handelt, in denen materieller und irdischer Segen eine besondere Zusage für den treuen Israeliten war. Auch wenn die Prinzipien der Regierung Gottes mit uns sich etwas anders auswirken und unsere Segnungen typischerweise weder materiell noch irdisch, sondern geistlich und himmlisch sind, lernen wir doch, wie Gott darüber denkt, wenn jemand fleissig oder faul (träge, lässig) ist:

  • Sprüche 10,4: Wer mit lässiger Hand schafft, wird arm; aber die Hand der Fleissigen macht reich.
  • Sprüche 12,24: Die Hand der Fleissigen wird herrschen, aber die lässige wird fronpflichtig sein.
  • Sprüche 12,27: Nicht erjagt der Lässige sein Wild; aber kostbares Gut eines Menschen ist es, wenn er fleissig ist.
  • Sprüche 18,9: Auch wer sich lässig zeigt in seiner Arbeit, ist ein Bruder des Verderbers.
  • Sprüche 19,15: Faulheit versenkt in tiefen Schlaf, und eine lässige Seele wird hungern.
  • Prediger 10,18: Durch Faulenzen senkt sich das Gebälk, und durch Lässigkeit der Hände tropft das Haus.

Fleiss ist also eine Tugend, die Gott schätzt, während Er Faulheit, Trägheit und Nachlässigkeit verurteilt. Wir wollen diese Appelle des Alten Testaments für unser tägliches Leben ernst nehmen und sie auch unseren Kindern und jungen Leuten nicht nur weiter sagen, sondern ihnen im Fleiss ein gutes Vorbild sein. Christen sollten weder zu Hause, noch in der Schule noch in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz dadurch auffallen, dass sie faul und träge sind. Im Gegenteil, wir sind gehalten, unsere Pflichten mit Engagement, Fleiss und Sorgfalt zu tun. Christen sollten nicht dadurch auffallen, dass sie morgens lange im Bett liegen, sondern sollten die frühen Morgenstunden nutzen, um Gemeinschaft mit ihrem Herrn zu pflegen. Der Volksmund sagt schon: «Von nichts kommt nichts», oder: «Der frühe Vogel fängt den Wurm.» Wer träge und faul ist, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Erfolge ausbleiben. Das ist im Natürlichen genauso wahr wie im Geistlichen.

Das bringt mich zu einem zweiten Punkt. Ich möchte gern an vier Bereiche unseres geistlichen Lebens erinnern, in denen wir ausdrücklich aufgefordert werden, nicht lässig oder nachlässig zu sein.

1) Den geistlichen Segen nicht träge in Besitz nehmen

Da sprach Josua zu den Kindern Israel: Wie lange werdet ihr euch lässig zeigen, hinzugehen, um das Land in Besitz zu nehmen, das der HERR, der Gott eurer Väter, euch gegeben hat? (Jos 18,3).

Die Israeliten waren im Land Kanaan angekommen, das Gott ihnen zum Erbe versprochen hatte. Nun mussten sie sich dieses Gebiet tatsächlich aneignen. Das war mit Kampf und Mühe verbunden. Offensichtlich waren sie nach einer ersten Phase der Euphorie darin träge geworden. Deshalb wollte Josua sie neu motivieren, das Land auch wirklich in Besitz zu nehmen. Sie sollten nicht träge sein, das ihnen von Gott geschenkte Land zu erobern.

Als Christen haben wir ebenfalls ein «Land» und ein «Erbteil». Unser «Land» ist nicht hier auf der Erde, sondern im Himmel. Wir sind «gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus» (Eph 1,3). Alles, was Christus als verherrlichter Mensch jetzt im Himmel von Gott empfangen hat, teilt Er mit uns. Der typisch christliche Segen ist erstens geistlich, nicht materiell. Er ist zweitens himmlisch, nicht irdisch. Er steht drittens mit Christus in Verbindung.

Gesegnete Gottes zu sein ist eine Sache. Den Segen Gottes tatsächlich zu geniessen, ist eine andere. Dazu ist Fleiss notwendig. Wir können die herrlichen Segnungen, die Gott uns im Herrn Jesus aus Gnade gegeben hat, nur dann wirklich geniessen, wenn wir sie praktisch zu unserem Besitz machen. Wie geht das? Indem wir fleissig in der Bibel lesen, über das Gelesene im Gebet mit unserem Gott reden und es im Glauben in unsere Herzen aufnehmen. Das kostet Mühe und Einsatz. Dazu muss man vielleicht morgens früh eine halbe Stunde eher aufstehen oder abends etwas Zeit reservieren und eigene menschliche Interessen etwas zurückstellen. Vielleicht waren wir am Anfang unseres Glaubenslebens motiviert, das Wort Gottes und die darin verborgenen Schätze kennen zu lernen und sind dann nachlässig geworden. Die Worte Josuas sollen uns heute neu anspornen, mit Energie und Einsatz daran zu arbeiten, Gottes gute Gedanken besser kennen zu lernen und auf diese Weise unser «Land» tatsächlich in Besitz zu nehmen.

2) Nicht träge sein, Gottesdienst zu üben

Meine Söhne, seid nun nicht lässig; denn euch hat der HERR erwählt, damit ihr vor ihm steht, um ihm zu dienen und um seine Diener und Räucherer zu sein (2. Chr 29,11).

Mit diesem Appell trat der König Hiskia vor die Leviten. Jahrelang war der Dienst im Haus Gottes unterbrochen gewesen. 16 Jahre lang hatte der gottlose König Ahas regiert und das Volk zum schlimmsten Götzendienst verführt. Die Zucht Gottes hatte er zurückgewiesen und es stattdessen noch schlimmer getrieben. Das Heiligtum Gottes (der Tempel) war verunreinigt worden und die Juden dienten den fremden Götzen ihrer Feinde anstatt Gott. Das sollte sich nun ändern. Im Alter von 25 Jahren wurde Hiskia König. Er hatte den klaren Entschluss gefasst, seinem Gott zu dienen. Deshalb forderte er die Leviten auf, ihrer ursprünglichen Aufgabe nachzukommen und den Dienst im Heiligtum auszuüben. Sie sollten das nicht lässig, sondern fleissig tun.

Das Neue Testament fordert uns ebenfalls zum Dienst auf. Dabei kann Dienst zum einen bedeuten, dass wir Gott unser Leben zur Verfügung stellen und da, wo Er uns hinstellt, die Aufgaben übernehmen, die Er uns aufträgt. Zum anderen verbindet das Neue Testament den Dienst auch direkt mit dem «Gottesdienst». Gottesdienst bedeutet, dass wir als heilige Priester mit Lob, Dank und Anbetung vor Gott treten. Wer Gott dient, bringt Gott die Wertschätzung seines Herzens, die er für den Herrn Jesus hat. Das beschränkt sich keineswegs auf die gemeinsamen Zusammenkünfte als Versammlung zum Brotbrechen. Jeder Tag in unserem Leben ist eine Gelegenheit, Gott zu dienen, indem wir Ihn anbeten. Der Herr Jesus sagte der Frau am Jakobsbrunnen, dass der Vater Anbeter sucht. Das ist bis heute so.

Gottesdienst in diesem Sinn hat in der Christenheit vielfach keinen sehr hohen Stellenwert. Die Worte Hiskias sollten uns aber Mut machen, darin nicht lässig zu sein. Gott wartet darauf, dass wir zu Ihm kommen und Ihm sagen, wie wichtig und gross uns sein Sohn ist. Darin sollten wir nicht müde und nachlässig werden, sondern allen Fleiss anwenden.

3) Unsere Gnadengabe nicht vernachlässigen

Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir gegeben worden ist durch Weissagung mit Auflegen der Hände der Ältestenschaft (1. Tim 4,14).

Eine Gnadengabe ist zunächst ein Geschenk des Herrn. Sie ist aber zugleich eine Aufgabe zum Dienst. Es ist eine geistliche Fähigkeit, die der Herr uns gibt und die wir nutzen sollen, um etwas für Ihn zu tun. Timotheus hatte eine ganz besondere Gnadengabe vom Herrn empfangen. Paulus spricht in seinen beiden Briefen an seinen Mitarbeiter Timotheus einige Male darüber. Auch die Art und Weise, wie er diese Gnadengabe bekommen hatte, war einmalig. Doch darum geht es jetzt nicht. Es geht darum, wie er seine Gnadengabe ausübte. Offensichtlich waren die Lebensumstände und vielleicht auch der natürliche Charakter von Timotheus dazu angetan, dass er seine Gnadengabe nicht so ausübte, wie er es hätte tun können. Jedenfalls fordert Paulus ihn auf, sie nicht zu vernachlässigen. Im zweiten Brief drückt er es positiv aus und macht ihm Mut, die Gnadengabe Gottes «anzufachen», die in ihm war (2. Tim 1,6).

Niemand von uns wird sich mit Timotheus vergleichen können. Er war ein besonderes Werkzeug in der Hand Gottes und mit besonderen Fähigkeiten und Gaben ausgestattet. Trotzdem gilt: Jeder von uns hat eine Gnadengabe, d.h. eine Begabung vom Herrn und damit eine Aufgabe zum Dienst bekommen (1. Pet 4,10). Die Gnadengaben, die der Herr gibt, sind sehr verschieden. Aber es gibt niemand, der keine Gnadengabe bekommen hätte. So wie der Herr, der ausser Landes reiste, jedem seiner Knechte Talente gab (Mt 25,14 ff.), hat der Herr jedem von uns etwas anvertraut, das wir im Dienst für Ihn einsetzen sollen. Diese Gnadengabe dürfen wir nicht vernachlässigen. Vielmehr sollten wir fleissig sein, sie tatsächlich auszuüben. Wir wollen nicht jenem Knecht gleichen, der sein Talent vergrub, sondern den Knechten nacheifern, die damit arbeiteten.

Es mag manche Gründe dafür geben, eine Gnadengabe zu vernachlässigen. Vielleicht erscheint sie uns unwichtig, wenn wir uns mit anderen vergleichen. Doch bedenken wir, dass jede Gnadengabe vom Herrn kommt und ein Missachten dieses Geschenks letztlich ein Missachten des Gebers ist. 1. Korinther 12 macht uns klar, dass jedes Glied an unserem Körper eine Aufgabe hat und gebraucht wird. Genauso verhält es sich mit uns als Glieder am Leib des Christus.

Vielleicht ist uns anderes im Leben wichtiger als unsere Gnadengabe und nimmt uns voll in Beschlag. Wir sind so mit dem Alltäglichen – mit unserem Beruf, unserem Haus, unserer Freizeit – beschäftigt, so dass keine Zeit bleibt, unsere Gnadengabe auszuüben. Dann sollten wir dringend unsere Prioritäten überprüfen. Derartige Gründe sind jedenfalls niemals stichhaltig und halten vor den Augen Gottes keiner Prüfung stand. Wenn wir unsere Gnadengabe tatsächlich vernachlässigt haben, dann wollen wir uns durch das Wort von Paulus neu motivieren lassen, sie mit der Hilfe des Herrn auszuüben.

4) Das Werk des Herrn nicht träge betreiben

Verflucht sei, wer das Werk des HERRN lässig treibt (Jer 48,10).

Der Zusammenhang dieser allgemein gültigen Aussage Gottes durch den Propheten Jeremia ist bemerkenswert. Sie bezieht sich nicht auf das Volk Israel, sondern findet sich mitten in einer Weissagung über Moab, einer der Feinde des irdischen Volkes.

Dreierlei kennzeichnete Moab besonders: Sorglosigkeit, Trägheit und Hochmut. Das sollte uns zu denken geben. Wir leben ebenfalls in einer Zeit, die unter anderem von diesen drei Merkmalen geprägt ist. Viele Menschen leben in grosser Sorglosigkeit. Sie kümmern sich wenig um das, was vor ihnen liegt. Viele sind träge geworden und versuchen in erster Linie das eigene Leben zu geniessen. Hochmut ist ebenfalls ein Kennzeichen der Menschen unserer Tage. Es sind die letzten Tage der Gnadenzeit.

Doch Vorsicht! Als Christen leben wir mitten in der Welt und müssen aufpassen, dass der Zeitgeist uns nicht mit fortreisst. Die Gefahren sind gross. Deshalb trifft die Aussage Gottes, dass der verflucht ist, der das Werk des Herrn lässig treibt, gerade uns. Es gibt bis heute ein Werk des Herrn, das Er durch uns betreiben möchte. Dabei wollen wir nicht an andere denken, sondern an uns selbst.

«Werk des Herrn» ist nicht nur das, was Männer und Frauen tun, die der Herr auf die Arbeitsfelder dieser Welt geschickt hat und die Ihm als Missionare dienen. «Werk des Herrn» ist auch nicht nur das, was Brüder tun, die ihren irdischen Beruf aufgegeben haben, um vollzeitig dem Herrn zu dienen. «Werk des Herrn» geht uns alle an. Paulus schreibt den Korinthern: «Seid … allezeit überströmend in dem Werk des Herrn» (1. Kor 15,58). Das galt damals allen Geschwistern in Korinth und das gilt heute uns allen.

Da, wo wir leben, gilt es, überströmend im Werk des Herrn zu sein. Es gibt viel zu tun für unseren Herrn, und darin dürfen wir uns nicht lässig zeigen. Im Werk des Herrn kann man sich nicht «so nebenbei» engagieren. Gott möchte, dass wir vollen Einsatz zeigen. «Werk des Herrn» ist keine «nette Nebenbeschäftigung», ist nicht etwas, das wir gerade dann tun, wenn wir nichts anderes, nichts Besseres (wie wir meinen!) zu verrichten haben. Unser Herr möchte, dass wir voll dabei sind und uns für seine Sache einsetzen.

Paulus erinnert die Korinther daran, dass ihre Mühe nicht vergeblich sein würde im Herrn. Das gilt bis heute. Jeder Einsatz und jeder Fleiss ist der Mühe wert. Es lohnt sich also, nicht lässig, sondern fleissig zu sein.