Die Welt überwinden

1. Johannes 5,1-5

Weltlichkeit ist für den Glaubenden ein schreckliches Hindernis. Aber nicht nur das. Wir begegnen eigentlich einem dreifachen Widerstand: Wir haben es mit der Welt, dem Fleisch (der alten Natur in uns) und dem Teufel zu tun. Die Welt steht dem Vater entgegen, das Fleisch tritt gegen den Geist auf, und der Teufel stellt sich dem Herrn entgegen.

Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir uns nicht nahe beim Herrn aufhalten. Dann tritt die Welt dazwischen und steht dem Leben des Glaubens im Weg. Wenn dies der Fall ist, bin ich offen für alle Arten von Irrtum, denn wenn ich nicht nahe bei Christus bin, werde ich mir nicht die Mühe geben, richtig zu stehen.

Der Umgang mit Glaubenden ist manchmal recht mühsam und unangenehm. Der eine will dies nicht aufgeben, der andere an jenem festhalten. Wenn wir uns nicht nahe beim Herrn Jesus aufhalten, sind wir schnell bereit, den Kontakt abzubrechen und die Geschwister aufzugeben. Wir geben uns dann nicht die Mühe, ihnen zurechtzuhelfen, wenn sie verkehrt liegen. Denken wir an Mose, der zu Gott sagte, als er in keinem guten inneren Zustand war: «Bin ich mit diesem ganzen Volk schwanger gegangen, oder habe ich es geboren, dass du zu mir sprichst: Trag es in deinem Gewandbausch, wie der Wärter den Säugling trägt, in das Land, das du ihren Vätern zugeschworen hast?» (4. Mo 11,12).

Paulus sagte: «Meine Kinder, um die ich abermals Geburtswehen habe, bis Christus in euch Gestalt gewinnt» (Gal 4,19). Ihr habt den guten Boden verlassen, und ich muss euch sozusagen noch einmal gebären. Ich habe nochmals Geburtswehen wegen euch, damit ihr zurechtkommt, denn ihr gehört Christus an. Wenn Paulus voll Betrübnis an die Galater dachte, wie sie sich von Christus entfernt hatten, dann konnte er nur sagen: «Ich fürchte um euch» (Gal 4,11). Doch wenn er auf sie als in Christus blickte, konnte er sagen: «Ich habe Vertrauen zu euch im Herrn» (Gal 5,10).

Der Glaube sieht nicht nur Christus in der Herrlichkeit. Er sieht auch die Verbindung zwischen der Herrlichkeit Christi und den Glaubenden, die Verbindung zwischen Gott und seinem Volk. Dies befähigt uns voranzugehen. So sagte Mose im Blick auf das Volk Israel nicht nur, dass Gott ihr Gott war, sondern auch dass sie sein Volk waren.

Das, was diese Verbindung immer wieder stört und behindert ist die Welt. Denken wir an Gehasi am Hof des Königs von Israel, als dieser ihn bat: «Erzähle mir doch alle grossen Dinge, die Elisa getan hat!» (2. Kön 8,4). Das Herz Gehasis hatte sich dem Geist der Welt geöffnet und diesen aufgenommen. Er war in der Lage, die Welt mit Berichten über das mächtige Wirken des Geistes zu unterhalten. Die Welt will unterhalten sein. Dazu kann sogar die Religion dienen, wenn nichts anderes vorhanden ist.

Aber alles, was ich über den Weg, den Geist, die Zuneigung und das Verhalten der Welt kenne, ist, dass sie meinen Herrn gekreuzigt hat. Das geschah nicht einfach so, sondern böse Hände haben meinen Meister ans Kreuz geschlagen.

Nehmen wir an, das sei gestern geschehen. Wir hätten den Statthalter Pilatus, die Hohenpriester und Ältesten gesehen, wie sie Christus zu Tode gebracht haben. Wäre es uns wohl, oder würde es uns Freude machen, heute mit ihnen Gemeinschaft zu haben? Die Befleckung durch das Blut Jesu Christi ist in Gottes Augen so frisch, als wäre die Kreuzigung gestern passiert. Die Zeit, die seither vergangen ist, ändert an der moralischen Schuld überhaupt nichts.

Die Frage ist also: Stehe ich unter dem Einfluss und der Macht der Welt, oder überwinde ich sie (ich meine in meinem Herzen)? Als der Herr Jesus in all seiner moralischen Schönheit und anziehenden Gnade hier lebte und dabei das Wohlgefallen seines Gottes und Vaters fand, wie stand da die Welt zu Ihm? Es gab in der Welt keinen einzigen Gedanken und keine Empfindung, in denen irgendwelche Gemeinsamkeiten mit Ihm zum Ausdruck gekommen wären. Alle Klassen der Welt – die Herrscher, die Priester, die Pharisäer und die Volksmenge – waren daran beteiligt, als man den Sohn Gottes an ein Kreuz nagelte. So sieht das Herz der Welt aus.

Wenn ich die Herrlichkeit der Person von Jesus Christus gesehen und erkannt habe, dass Er der Sohn Gottes ist, der vom Himmel in diese Welt gekommen, aber von ihr hinausgeworfen worden ist, kann ich dann mit der Welt glücklich sein? Das Bindeglied zwischen den natürlichen Gedanken und Empfindungen und der Welt existiert in jedem Herzen. Das ist der Grund, warum ich in allem, was mich umgibt – sogar wenn ich nur durch eine Strasse laufe –, stets etwas finde, das meine Augen anzieht. Und das, was das Auge sieht, beeinflusst das Herz.

Nichts wird die Welt in meinem Herzen überwinden, als das tiefe Bewusstsein von dem, wie sie den Herrn Jesus behandelt hat. Nehmen wir z.B. unsere Kinder. Möchten wir, dass sie in der Welt vorankommen? Suchen wir einen guten Platz für sie in der Welt? Nichts als das Wissen um den Platz, den Christus in ihr hatte, wird die Welt in meinem Herzen überwinden.

Es gibt keine Möglichkeit, in Gemeinschaft mit Gott voranzugehen, ohne dass die Welt aufgegeben wird und das Herz genug hat am Herrn Jesus, d.h. in Christus völlig befriedigt ist. Der Herr Jesus muss uns alles sein. Denk an die Geschichte von Abraham! Er hielt sich in einem fremden Land auf, in dem er keinen Fussbreit besass. Ebenso sind wir nicht von der Welt. Und hier liegt der Test für unsere Zuneigungen. Wir werden bei unserer Bekehrung nicht sofort aus der bösen Umgebung herausgenommen. Daher gilt es, unsere Herzen in der Gottseligkeit zu üben. Doch es ist sehr einfach die Welt zu überwinden, wenn die Liebe des Herrn Jesus den Widerwillen gegen sie bewirkt.

Satan ist der Gott dieser Welt. Vielleicht sagst du: «Ja, das stimmt im Blick auf die nichtchristliche Welt.» Es ist aber wahr für die ganze Welt, auch für die, die einen frommen Anstrich hat. Das war schon immer so, aber mit der Verwerfung von Christus kam dies ans Licht. Gott hatte durch seine Diener und Propheten zu den Menschen gesprochen. Doch die Welt schlug die einen, steinigte andere und tötete manche. Dann sagte Er: «Ich will meinen geliebten Sohn senden, vor ihm werden sie sich scheuen, wenn sie ihn sehen.» Doch sie kreuzigten Ihn. Damit wurde bewiesen, dass der Mensch unter der Macht Satans steht.

Der Herr Jesus sagte zu seinem Vater: «Gerechter Vater! – Und die Welt hat dich nicht erkannt.» Wir werden kein geistliches Unterscheidungsvermögen und keine Kraft für unsere Motive haben, wenn unser Herz sich nicht ganz nahe bei Christus aufhält. Ich will die Welt nicht haben, wenn Er in meinem Herzen wohnt. Wenn ich mich an dem erfreue, woran Gott sein Wohlgefallen und seine Freude findet – das ist die Person seines Sohnes, meines Erlösers –, dann werde ich überwinden. «Ob ihr nun esst oder trinkt oder irgendetwas tut, tut alles zur Ehre Gottes» (1. Kor 10,31).

Was? Ich muss alles für Christus tun? Eine solche Frage beweist, dass dein Herz nicht nahe beim Herrn Jesus ist, denn es ist dir eine Last, alles zur Ehre Gottes zu tun. Es geht überhaupt nicht darum, dass wir die Welt verachten, denn die Gnade Gottes steht ja bereit, um jeden elenden Sünder anzunehmen. Es geht um den Geist der Welt in meinem Herzen, den es zu überwinden gilt. Es geht um das, was für mein Herz eine Gefahr bedeutet – die Gefahr, verleitet zu werden.

Fassen wir das Gesagte zusammen: Wir werden aufgefordert, die Welt zu überwinden. Wenn das Herz in Christus ruht, wenn es auf Ihn blickt, sich von Ihm nährt, wird ihm bewusst, was die Welt ist, und es wird sie überwinden.