Vom Herrn ausgesandt

Wir dürfen dem Herrn Jesus von Herzen dankbar sein, dass die Botschaft vom Kreuz seit fast 2000 Jahren in dieser Welt gepredigt wird. Gott ist ein Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden (1. Tim 2,4). Dazu hat Er überall auf dieser Welt seine Boten, die den Menschen das Evangelium des Heils weitersagen.

Den Auftrag dazu hat der auferstandene Herr selbst seinen Jüngern erteilt. Es war ein Befehl. Klar! eindringlich! unausweichlich!

Und dieser Auftrag galt nicht nur den Jüngern damals. Er gilt bis heute. Er gilt nicht nur den Missionaren und Evangelisten. Nein, er gilt mir und dir. Der Herr meint jeden von uns persönlich. Wir alle sind gefordert, das Wort vom Kreuz weiterzugeben. Wir alle sollen wie Lichter, die das Wort des Lebens darstellen, in dieser Welt scheinen (Phil 2,16).

Nicht jeder hat die Gabe eines Evangelisten. Nicht jeder bekommt den Ruf, auf das Missionsfeld zu gehen. Doch da, wo Gott uns hinstellt, dürfen wir von unserem Herrn zeugen. Sei es durch unser Verhalten oder sei es durch unsere Worte. Der Sendungsbefehl unseres Herrn – auch Missionsauftrag genannt – scheint sehr wichtig zu sein.

Dreimal hat der Herr Jesus seinen Jüngern diesen Auftrag gegeben:

  1. Unmittelbar nach seinem siegreichen Auferstehen am Abend jenes Tages
  2. Auf dem Berg in Galiläa
  3. Unmittelbar vor seiner Himmelfahrt

Alle vier Evangelien berichten davon, und auch zu Beginn der Apostelgeschichte wird noch einmal davon gesprochen:

  1. Matthäus 28,18.19: «Jesus trat herzu und redete zu ihnen und sprach: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde. Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern.»
  2. Markus 16,15: «Er sprach zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung.»
  3. Lukas 24,46-48: «Er sprach zu ihnen: So steht geschrieben, dass der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen sollte aus den Toten und in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden sollten allen Nationen, angefangen von Jerusalem. Ihr aber seid Zeugen hiervon.»
  4. Johannes 20,21: «Jesus sprach nun wiederum zu ihnen: Friede euch! Wie der Vater mich ausgesandt hat, sende auch ich euch.»
  5. Apostelgeschichte 1,8: «Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.»

Jede der fünf Stellen zeigt die grosse Bedeutung und die Verantwortung, die der Herr mit diesem Auftrag verbindet. Jede der fünf Stellen für sich in ihren Einzelheiten zu betrachten, bringt grossen Segen. Im Vergleich der fünf Stellen erkennen wir jeweils einen ganz bestimmten Schwerpunkt, den der Herr betonen möchte.

  1. Matthäus betont besonders die Aufgabe. Sie besteht darin, dass alle Nationen zu Jüngern gemacht werden sollen. Es geht um Jüngerschaft, um Nachfolge. Dass es hier Nationen sind, die genannt werden, steht mit dem besonderen Charakter des Evangeliums von Matthäus in Verbindung. In der Anwendung auf uns können wir einfach daran denken, dass es unsere Aufgabe ist, Menschen zu Jüngern des Herrn Jesus zu machen. Ein Jünger ist ein Nachfolger und Schüler.
    Es geht also nicht nur darum, Menschen die Heilsbotschaft zu sagen und sie dann sich selbst zu überlassen. Nein, das Zeugnis der Christen sollte dazu führen, dass Menschen, die das Evangelium annehmen, zu Jüngern des Herrn Jesus werden. Sie dürfen von ihrem Meister lernen und Ihm nachfolgen. Nur so kann die Zahl der Zeugen vervielfacht – der Staffelstab weitergegeben – werden. Leider ist dieser Punkt im Lauf der Geschichte oft nicht beachtet worden. Man hat zwar missioniert, aber vergessen, dass der Herr Jesus nicht nur der Heiland, sondern auch der Herr ist, dem wir nachfolgen und von Dem wir lernen dürfen.
  2. Markus legt den Schwerpunkt auf die Ausbreitung des Evangeliums. Der Missionsauftrag war – und ist – nicht auf das Volk der Juden beschränkt. Der Herr spricht von der «ganzen Welt» und von der «ganzen Schöpfung». Das war für die Jünger damals neu. Bis dahin hatte Gott sich seinem Volk Israel gegenüber offenbart, nicht aber den Nationen. Allerdings war schon im Alten Testament vorausgesagt worden, dass der Herr Jesus das Heil sein sollte bis an das Ende der Erde (Jes 45,22; 49,6). Aber dass Juden und Nationen jetzt auf der gleichen Stufe stehen sollten, war neu.
    Die Jünger sollten gehen und allen Menschen die Botschaft verkündigen. «Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen» (Tit 2,11). Niemand ist ausgenommen. Gott bietet sein Heil allen Menschen an – ohne Ausnahme. Dass nicht alle kommen und es ergreifen, ist etwas anderes. Paulus schreibt von der Gerechtigkeit Gottes Folgendes: «Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die da glauben» (Römer 3,22). «Gegen alle» meint alle Menschen. «Auf alle» meint die, die bereit sind, das Heil Gottes durch Glauben an den Heiland anzunehmen.
  3. Lukas spricht speziell von der Botschaft, die weitergesagt werden soll. Die Jünger waren Zeugen dessen gewesen, was in Jerusalem geschehen war. Sie hatten erlebt, wie ihr Herr und Meister gelitten hatte und wie Er schliesslich an einem Kreuz sein Leben gab. Das sollten sie weitergeben. Aber mehr noch. Sie sollten im Namen des Herrn Jesus die Buße zur Vergebung der Sünden predigen. Das ist klar und präzise.
    Sie hatten keinen ausdrücklichen Auftrag, den Menschen von der Liebe Gottes zu sagen. Sie hatten auch nicht den Auftrag, Menschen aufzufordern, «Jesus in ihr Leben aufzunehmen». Das alles ist wahr und hat sicher seinen Platz in der Verkündigung. Der zentrale Punkt der Botschaft aber ist und bleibt «die Buße zur Vergebung der Sünden». Der Mensch ist ein Sünder. Die Sünden sollen ihm vergeben werden. Dazu ist Buße, d.h. Trauer über alles Verkehrte und Umkehr nötig. Den Menschen dies zu verschweigen, bedeutet, dem Auftrag unseres Herrn nicht nachzukommen. Diese Botschaft ist nicht immer angenehm, aber sie ist notwendig. Das war damals so. Das ist heute nicht anders.
  4. Johannes unterstreicht einen anderen Gedanken. Ihm geht es darum, dass wir Gesandte sind. Das zentrale Wort ist «senden». Der Herr Jesus selbst war der vom Vater Gesandte. Und genauso sandte Er jetzt seine Jünger. Aus seiner Gegenwart heraus sollten sie in die Welt gehen, um den Menschen das Evangelium zu verkündigen. Doch vorher sagte Er noch das tröstliche Wort: «Friede euch!» Als solche, die selbst Frieden mit Gott haben und den Frieden Gottes geniessen, dürfen wir als Gesandte des Herrn ausgehen. Das bedeutet, dass wir nicht in eigener Autorität kommen, sondern in der Autorität Dessen, der uns gesandt hat. Das bedeutet auch, dass wir nicht mit einer eigenen Botschaft kommen, sondern mit der Botschaft Dessen, der uns beauftragt hat. Wir erfüllen den Auftrag von Dem, der uns schickt. Wir gehören nicht zu dieser Welt, aber wir haben hier einen wichtigen Auftrag zu erfüllen – und zwar so lange, wie Der, der uns sendet, es für gut befindet.
  5. In der Apostelgeschichte geht es dem inspirierten Schreiber Lukas offensichtlich um die Kraft. Die Jünger brauchten damals Kraft, um den Auftrag des Herrn zu erfüllen. Diese Kraft fanden sie nicht in sich selbst. Sie wurde ihnen von oben gegeben. Kraft sollte auf sie kommen, und der Herr Jesus macht klar, wie dies geschehen würde. Der Heilige Geist, der von ihnen Besitz ergreifen sollte, würde in ihnen die Kraftquelle sein, um ein lebendiges und wirksames Zeugnis ablegen zu können.

Das ist bis heute nicht anders. Kraft zum Zeugnis finden wir nicht in uns selbst. Aber der gleiche Heilige Geist, den die Jünger am Pfingsttag bekamen, wohnt in uns. Er will uns Kraft zum Zeugnis geben. Wir beklagen heute zu Recht unsere grosse Schwachheit und Mutlosigkeit. Woran liegt das? Ganz sicher nicht daran, dass sich der Heilige Geist verändert hat. Er ist heute noch so mächtig wie damals. Der Grund liegt einzig und allein bei uns. Wenn wir dem Heiligen Geist nicht gestatten, in unserem Leben Kraft zu entfalten, wenn Hindernisse wie ungerichtete Sünden, eine irdische oder weltliche Gesinnung dem Wirken des Heiligen Geistes im Weg stehen, dann bleibt unser Zeugnis schwach. Wenn wir aber die Hindernisse im Selbstgericht wegtun und Ihn wirken lassen, dann kann Er auch heute noch ein mächtiges und kraftvolles Zeugnis hervorbringen.

Zusammenfassend können wir sagen: Als Gesandte Christi sollen wir in die Welt gehen und in der Kraft des Heiligen Geistes allen Menschen die Buße zu Gott verkündigen. Diesem Auftrag kann sich keiner von uns entziehen. Manchmal sprechen wir davon, dass der Herr «Freiwillige» sucht. In einem Sinn ist das sicher so, denn was wir für Ihn tun, sollen wir von Herzen tun (Kol 3,23). Aber wir dürfen dieses Argument nicht als billige Ausrede benutzen. Es ist ein Befehl, den unser Herr gibt. Matthäus erinnert uns an seine Worte, dass Ihm alle Macht gegeben ist. Er ist unser Herr. Seine Autorität ist über uns. Wenn wir Ihn als Herrn unseres Lebens akzeptieren, dann sind wir auch gehalten, seinem Wort zu folgen.

Wie der einzelne Gläubige den Befehl seines Herrn umsetzt, mag unterschiedlich sein. Der eine tut es öffentlich, der andere im Verborgenen. Wer keine besondere Redefähigkeit hat, kann vielleicht durch Verteilen von Evangeliumsschriften die Botschaft weitergeben. Wir alle aber dürfen durch unseren Lebensstil ein Zeugnis sein. Wichtig ist, dass wir überhaupt «gehen», dass wir uns «senden lassen», dass wir «zeugen». Alle diese Ausdrücke sprechen von Bewegung. Christentum ist kein ruhiges Leben im Wohnzimmer. Christentum ist Bewegung. An keiner Stelle werden wir aufgefordert zu warten, bis die Menschen zu uns kommen. Nein, wir sollen mit einer Botschaft zu ihnen gehen. Dazu dürfen wir uns gegenseitig Mut machen.