Es gibt wohl keinen Zweifel daran, dass Gott uns mit seinem Wort einen Reichtum von unschätzbarem Wert in die Hand gegeben hat. Gott redet durch die Bibel zu uns Menschen. Er zeigt uns seinen Willen, seine Gedanken und seine Ratschlüsse. Dabei ist Gottes Wort nicht allgemein gehalten, sondern es spricht uns ganz persönlich an. Gott meint dich und mich, wenn Er durch sein Wort zu uns redet. Deshalb wollen wir uns heute einmal der Frage stellen:
Welchen Stellenwert hat Gottes Wort eigentlich in meinem eigenen Leben?
Wenn wir davon ausgehen, dass wir alle eine Bibel besitzen, dann wollen wir unsere Frage in drei Teilfragen aufgliedern:
1) Lese ich Gottes Wort?
Wenn meine Bibel nur im Bücherregal oder auf meinem Nachttisch liegt, dann nützt sie mir wenig. Jemand hat einmal gesagt: Man kann an einem gedeckten Tisch verhungern, wenn man nicht von dem isst, was auf dem Tisch steht. Übertragen auf die Bibel bedeutet das: Ich kann geistlich verhungern, obwohl ich das Wort Gottes besitze. Es ist traurig, dass Gottes Wort in den Ländern, in denen es am leichtesten zu erhalten ist, am wenigsten gelesen wird. Doch fragen wir uns selbst: Was machen wir mit unserer Bibel? Lesen wir sie täglich? Nehmen wir ihre Gedanken auf? Haben wir bei der vielen Arbeit Zeit für stille Augenblicke mit dem Wort Gottes? Ist die Bibel wirklich Nahrung für unsere Seelen?
Durch den Propheten Jeremia will Gott uns Mut machen. Er sagt: «Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens» (Jer 15,16). Hier sehen wir die Reihenfolge:
- Die Worte Gottes sind vorhanden. Das heisst für uns: Eine Bibel ist im Haus.
- Die Worte Gottes werden gegessen. Das bedeutet für uns: Wir lesen Gottes Wort und nehmen es innerlich auf.
- Die Worte Gottes bringen Freude ins Herz. Das gilt auch für uns: Durch die Beschäftigung mit der Bibel bekommen wir von Gott echte, innere Freude.
Maria von Bethanien steht richtungweisend vor uns. Trotz der vielen Arbeit, die zu tun war, setzte sie die Prioritäten richtig. Sie nahm sich Zeit, um zu den Füssen des Herrn Jesus zu sitzen und seinem Wort zuzuhören. Das Gute ist oft ein Feind des Besseren. Selbst der Dienst für den Herrn kann uns zur Gefahr werden, wenn er uns die Zeit nimmt, in stiller Gemeinschaft mit dem Herrn sein Wort zu lesen.
2) Liebe ich Gottes Wort?
Das Lesen des Wortes Gottes gibt mir Erkenntnis über die Gedanken Gottes. Doch diese Erkenntnis allein genügt nicht. Reines Wissen kann wie kaltes Licht wirken, wenn es nicht mit Liebe gepaart ist. Deshalb stellt sich die Frage nach dem Stellenwert des Wortes Gottes in meinem Herzen. Die Bibel spricht eben nicht zuerst den Verstand an, sondern sie richtet sich an unser Herz, an den Sitz unserer Zuneigung. Paulus drückt es in 1. Korinther 13,2 so aus: «Wenn ich alle Weissagung habe und Geheimnisse und alle Erkenntnis weiss …, aber nicht Liebe habe, so bin ich nichts.»
Das intensive Studium der Bibel soll uns dahin führen, die Gedanken Gottes besser kennen zu lernen. Doch wir dürfen nie vergessen, dass der Herr um unsere Zuneigung bemüht ist. Das Lesen von Gottes Wort hat immer zum Ziel, unseren Herrn besser zu erkennen und mehr zu lieben. Von Esra heisst es, dass er sein Herz darauf gerichtet hatte, das Gesetz des HERRN zu erforschen (Esra 7,10). Sicher hat er dabei seinen Verstand, den Gott ihm gegeben hat, nicht ausgeschaltet. Aber nicht sein Verstand, sondern sein Herz war auf das Wort seines Gottes gerichtet. Ein spanisches Sprichwort sagt: «Im Herz allein steckt der Mensch, nicht im Kopf.» Das hat sicher uns allen etwas zu sagen. Paulus schreibt an die Korinther: «Die Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut» (1. Kor 8,1).
Wir lesen das Wort Gottes also nicht zuerst mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen. Deshalb ist es wichtig, die Bibel unter Gebet zu lesen. Durch das Wort redet Gott zu uns, im Gebet reden wir zu Ihm. Beides soll in gleichem Mass vorhanden sein. Christen, die viel lesen und wenig beten, neigen zu Kopfwissen. Christen, die viel beten und wenig lesen, neigen zu Schwärmerei. Vor beidem möchte uns der Herr bewahren.
3) Tue ich Gottes Wort?
Diese Frage ist von entscheidender Bedeutung für mein Leben. Der Herr sucht keine Theoretiker, sondern Menschen, die bereit sind, das Wort Gottes ins tägliche Leben umzusetzen. «Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen. Denn wenn jemand ein Hörer des Wortes ist und nicht ein Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht in einem Spiegel betrachtet. Denn er hat sich selbst betrachtet und ist weggegangen, und er hat sogleich vergessen, wie er beschaffen war» (Jak 1,22-24).
Es wird nur echtes geistliches Wachstum geben, wenn wir bereit sind, den Willen Gottes zu tun. Jemand hat einmal gesagt: «Die beste Bibelübersetzung verdanke ich meiner Mutter. Sie übersetzte die Bibel in das Leben.» Denken wir noch einmal an Esra. Er hatte, wie wir schon sahen, sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des HERRN zu erforschen. Doch er tat es mit dem Ziel, das Wort auch zu tun. Als Folge davon war er bereit, in Israel Satzung und Recht zu lehren. Das ist die göttliche Reihenfolge, die auch uns befähigt, von dem zu reden, was Gott uns in seinem Wort gezeigt hat:
- Zuerst gilt es, das Wort Gottes mit dem Herzen zu erforschen.
- Dann sollen wir das Wort Gottes im täglichen Leben verwirklichen.
- Schliesslich können wir anderen vom Wort Gottes weitergeben.
Durch den Propheten Hesekiel wollte Gott zum Volk Israel reden. Die Menschen waren auch bereit, das Wort Gottes zu hören, aber sie wollten es nicht befolgen. Deshalb sagte Gott zu Hesekiel: «Die Kinder deines Volkes unterhalten sich über dich … einer redet mit dem anderen … und spricht: Kommt doch und hört, was für ein Wort von dem HERRN ausgeht. Und sie kommen scharenweise zu dir, und sitzen vor dir als mein Volk und hören deine Worte, aber sie tun sie nicht; sondern sie tun, was ihrem Mund angenehm ist, ihr Herz geht ihrem Gewinn nach. Und siehe, du bist ihnen wie ein liebliches Lied, wie einer, der eine schöne Stimme hat und gut zu spielen versteht; und sie hören deine Worte, doch sie tun sie nicht» (Hes 33,30-32). Wie ernst ist die zweimalige Wiederholung: «Sie tun sie nicht.» Wir können diese Aussage leicht in unsere Zeit übertragen. Wir lesen Gottes Wort persönlich. Wir hören es in den Zusammenkünften der Gläubigen. Wie aber steht es um unsere Bereitschaft, das Gehörte in die Tat umzusetzen?
Schluss
Fassen wir unsere Gedanken mit einem Wort des Herrn Jesus selbst zusammen: «Jeder, der zu mir kommt und meine Worte hört und sie tut – ich will euch zeigen, wem er gleich ist. Er ist einem Menschen gleich, der ein Haus baute, welcher grub und vertiefte und den Grund auf den Felsen legte; als aber eine Flut kam, schlug der Strom an jenes Haus und vermochte es nicht zu erschüttern, denn es war auf den Felsen gegründet» (Lk 6,47.48). Diese Zusage des Herrn macht uns Mut, dem Wort Gottes den richtigen Stellenwert in unserem Leben zu geben: Wir wollen es lesen, lieben und tun.