4. Was war das Ziel Gottes?
Indem Er vor Grundlegung der Welt die auserwählte, die Er zu Gefässen der Begnadigung machen wollte, hatte Er ein doppeltes Ziel vor sich: das eine bezieht sich auf Ihn selbst, das andere auf die Auserwählten.
a) In Bezug auf sich selbst
Gott wollte sich durch seinen ewigen Ratschluss der Gnade verherrlichen. Er hat so gehandelt, «damit er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefässen der Begnadigung, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat» (Röm 9,23). So wird auch in Epheser 1,11.12 gesagt, dass wir zuvor bestimmt seien «nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Rat seines Willens, damit wir zum Preise seiner Herrlichkeit seien». Auch unsere Zuvorbestimmung zur Sohnschaft ist zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade (Verse 5.6). Gott wollte sich selbst verherrlichen, indem Er «viele Söhne zur Herrlichkeit brachte» (Heb 2,10).
In diesem Ratschluss, wie in allen Dingen, ist der Sohn eins mit dem Vater. Daher wird Er, wie der Vater, durch die ewigen Folgen der Auserwählung und der Erlösung vollkommen verherrlicht werden. Unsere Vereinigung mit seiner Herrlichkeit wird dazu beitragen, Ihren Glanz zu erhöhen. Er wird «an jenem Tag verherrlicht werden in seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben» weil sie sein Bild tragen werden (2. Thes 1,10). Solche Wesen, wie wir sind, mit Christus völlig gleichförmig gemacht, in Herrlichkeit zu sehen – welch ein Gegenstand der Bewunderung für die himmlischen Geschöpfe! Welche Verherrlichung für den Vater und für den Sohn!
b) In Bezug auf die Auserwählten
Wenn das Wort die Segnungen enthüllt, die das Teil der Auserwählten sind, so erklärt es mehrmals, dass sie dazu «zuvor bestimmt» seien. Dieser Ausdruck zeigt, dass diese im Ratschluss Gottes ebenso fest und endgültig sichergestellt sind wie die Auserwählung selbst. Gott hat uns zuvor bestimmt, das heisst zum Voraus dazu ausersehen, sie zu besitzen und sie in ihrer Fülle zu geniessen. Diese Segnungen sind die folgenden:
Die Rettung
Das ist die höchste Segnung, denn sie umfasst alle anderen. Die Rettung umschliesst tatsächlich das ganze Werk der Gnade uns gegenüber: die Vergebung der Sünden, die Befreiung von der Knechtschaft Satans, die Rechtfertigung durch den Glauben, das ewige Leben, die Einführung in die Gunst Gottes als seine geliebten Kinder und schliesslich die ewige Herrlichkeit. Der Apostel dankt Gott, dass Er die Thessalonicher «von Anfang erwählt hat zur Errettung in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit, wozu er euch berufen hat durch unser Evangelium, zur Erlangung der Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus» (2. Thes 2,13.14). Der Herr besitzt zwei Arten von Herrlichkeit: die eine hat Er sich als Sohn des Menschen erworben, und wir werden sie mit Ihm teilen (Joh 17,22), die andere hingegen gehört Ihm allein als dem ewigen Sohn Gottes, aber wir werden sie schauen (Joh 17,24).
Eine himmlische Stellung der Vollkommenheit
In seiner Gnade betrachtet uns Gott schon jetzt als Heilige, die untadelig und angenehm gemacht sind (Eph 1,4.6). Er hätte uns nicht in seine Gegenwart bringen können, wenn wir nicht solche wären, an denen Er seine Wonne finden könnte, so wie Er sie in Christus findet. Er hat uns auserwählt in ihm, nach seiner eigenen Wahl und seiner eigenen Liebe.
Durch den Geist, der uns das Bewusstsein unserer Stellung vor Gott gibt, geniessen wir die Liebe des Vaters und seine Gunst. Er hat uns «angenehm gemacht in dem Geliebten». Dieser Name bringt die unaussprechliche Wonne zum Ausdruck, die Gott in Ihm findet. Wir sind also durch Gnade Gegenstände derselben Wonne, weil uns Gott in seinem Geliebten sieht.
Die Sohnschaft
Gott hätte sich daran genügen lassen können, uns in seine Gegenwart zu stellen, ohne aus uns seine Kinder zu machen. Aber dies war «das Wohlgefallen seines Willens», uns zuvor zu bestimmen «zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst» (Eph 1,5). Nach dem Ratschluss seiner Liebe wünschte Gott geliebte Kinder bei sich zu haben. «Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heissen sollen» (1. Joh 3,1). Er wollte zur Freude seines eigenen Herzens Kinder haben, und dies von Ewigkeit her.
In Christus haben wir Zugang zu dieser Beziehung durch die Neugeburt, die uns eine neue Natur und ein neues Leben mitteilt. Diese Beziehung ist die gleiche wie die, in der Christus selbst zum Vater steht. «Gehe aber hin zu meinen Brüdern» – sagte Er zu Maria am Morgen der Auferstehung – «und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, und zu meinem Gott und eurem Gott» (Joh 20,17). Damit liebt uns der Vater so wie Er den Sohn liebt. «Du hast sie geliebt, wie du mich geliebt hast» (Joh 17,23). Durch den Geist der Sohnschaft, mit dem wir infolge des Werkes der Erlösung versiegelt worden sind, besitzen wir das innere Zeugnis und den Genuss dieser Beziehung. «Weil ihr aber Söhne seid, so hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater!» (Gal 4,6). Gott hat uns zu diesem unendlich kostbaren Teil zuvor bestimmt «zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade» (Eph 1,6). Er hat es getan «nach dem Wohlgefallen seines Willens». Welch ein Gegenstand des Lobes und der Danksagung für uns, hier auf der Erde schon und während der Ewigkeit!
Die Einsmachung mit Christus in Herrlichkeit
Die Liebe Gottes wird erst dann befriedigt sein, wenn seine Auserwählten eines Tages in Christus gleichförmig gemacht sind. «Welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern» (Röm 8,29). Die Gnade, in der Er diesen wunderbaren Ratschluss gefasst hat, wird diesen zum herrlichen Ziel führen: Gott wird nicht ruhen, bis Er alle seine Auserwählten vor sich sieht, verherrlicht und dem Bild des Herrn Jesus gleichförmig gemacht. Zu einer solchen Herrlichkeit bestimmt Gott die, die Er Ihm aus der Welt gegeben hat. Er will uns in seinem Haus haben, bekleidet mit einem Leib, der dem Leib der Herrlichkeit seines geliebten Sohnes gleichförmig ist (Phil 3,21). «Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen» (1. Kor 15,49). «Wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden» (1. Joh 3,2). «Wie könnten wir uns im Blick auf unseren Zustand etwas Herrlicheres und Glücklicheres ausdenken als dies, dem Bild des Sohnes Gottes gleichförmig zu sein, Ihn zu sehen, wie Er ist, und Ihm gleich zu sein?» (J.N. Darby)
Jedoch wird der Herr Jesus nach den Ratschlüssen des Vaters und zur Freude seines Herzens auf ewig eine Vorrangstellung einnehmen. Er wird «der Erstgeborene unter vielen Brüdern» sein und seine glückseligen Erlösten, seinem Bild gleichgestaltet, werden seine Schönheit betrachten:
- Und alle werfen dir zu Füssen jede Krone,
sie beten, Herr, dich an in alle Ewigkeit.
Das Wort offenbart uns noch einen anderen Gesichtspunkt unserer Einsmachung mit Christus in Herrlichkeit: unsere Vereinigung mit Ihm als dem Haupt über alles, was in den Himmeln und was auf der Erde ist. Wir lesen in Epheser 1,9-12: «Indem er uns kundgetan hat das Geheimnis seines Willens, nach seinem Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in ihm, in dem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir zuvor bestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Rat seines Willens, damit wir zum Preise seiner Herrlichkeit seien.»
Nach dem «Geheimnis seines Willens» hat Gott beschlossen, Christus die Oberhoheit über alles zu geben (Vers 10). Der Herr Jesus selbst hatte dies den elf Jüngern nach seiner Auferstehung angekündigt, indem Er sagte: «Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde» (Mt 28,18). Dies ist der Lohn für seinen Gehorsam bis zum Tod, durch den Er Gott verherrlicht hat. So wird der Ratschluss Gottes, «der alles wirkt nach dem Rat seines Willens», völlig ausgeführt sein, zur Herrlichkeit Christi und seiner Erlösten, die in seiner Erhöhung als Haupt über alles mit Ihm vereinigt sind.
Die Herrlichkeit und die Glückseligkeit des Vaterhauses
Gott hat uns nicht nur «zur Erlangung der Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus» berufen (2. Thes 2,14), sondern auch «zu seinem eigenen Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit» (1. Thes 2,12; 1. Pet 5,10). So wird uns auch in Römer 9,23 gesagt, dass Er uns als Gefässe der Begnadigung «zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat». Auch die schon angeführte Stelle in Hebräer 2,10 bestätigt uns die Absicht Gottes, «viele Söhne zur Herrlichkeit zu bringen».
Schliesslich hat der Herr Jesus seinen Jüngern in dem Augenblick, als Er sie verliess, angekündigt, dass Er wiederkommen und sie zu sich in das Haus seines Vaters nehmen würde (Joh 14,1-3).
Gott beruft also seine Auserwählten «zu seinem eigenen Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit». Welch unergründliche Gnade! Der Gott der Ewigkeit, «der selige und alleinige Machthaber» (1. Tim 6,15), der Schöpfer der Welten, beruft uns zu seinem Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit!
Wir stehen hier vor einem grossen Geheimnis, das der Apostel folgendermassen bezeichnet: «Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene, die Gott vor den Zeitaltern zu unserer Herrlichkeit zuvor bestimmt hat» (1. Kor 2,7). Nach diesem Ratschluss beschränkt sich Gott nicht nur darauf, uns in seine Herrlichkeit einzuführen, sondern uns auch selbst zu verherrlichen. «Welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht» (Röm 8,30). Wir werden also die Herrlichkeit Gottes widerstrahlen. Er wird uns «sitzen lassen bei den Edlen, bei den Edlen seines Volkes» und uns den Thron der Ehre als Erbteil geben (Ps 113,8; 1. Sam 2,8). Dieses Geheimnis – jetzt durch den Heiligen Geist auf einmal enthüllt – bestand gerade in diesem ewigen Vorsatz Gottes, den Menschen in seine Herrlichkeit einzuführen, aber als neuen Menschen, befreit von seiner alten Natur und mit einer Natur göttlichen Wesens ausgestattet. In Christus ist dieses Werk ausgeführt worden. Kraft seines Todes und seiner Auferstehung sind wir «auf immerdar vollkommen gemacht» (Heb 10,14). Gott sieht in uns nur absolute Vollkommenheiten, weil es die Vollkommenheiten Christi sind.
Das bringt auch der Apostel Petrus zum Ausdruck, wenn er sagt, dass «der Gott aller Gnade» uns berufen habe «zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus» (1. Pet 5,10). Diese Herrlichkeit Gottes ist uns in Christus zuteilgeworden. In Ihm sind wir berufen worden und in Ihm besitzen wir sie. Wir sind insofern Erben Gottes, als wir Miterben Christi sind, «in dem wir ein Erbteil erlangt haben» (Röm 8,17; Eph 1,11). Dadurch wird ausgedrückt, dass uns Gott mit seinem Sohn so völlig vereinigt hat, dass wir alles miterben werden, was Er aufgrund seines Werkes der Erlösung als Mensch selbst erben wird.
5. Wie erfüllt Gott seinen Ratschluss?
Durch die Erlösung und durch die Berufung.
a) Durch die Erlösung
Damit wir eines Tages heilig und untadelig vor ihm seien, das heisst so, wie seine Herrlichkeit es erfordert, hat Gott in seinem ewigen Ratschluss der Gnade durch das einzig mögliche Mittel dafür Vorsorge getroffen: durch das Opfer seines eingeborenen Sohnes. Er hat Ihn vor Grundlegung der Welt zuvor erkannt als das Lamm ohne Fehl und ohne Flecken, das am Ende der Zeiten offenbart werden sollte, um die Auserwählten zum Preis seines kostbaren Blutes zu erkaufen (1. Pet 1,19-20). Als vonseiten des Menschen alles unheilbar verdorben war, hat Er sich als das heilige Opfer vor Gott hingestellt und gesagt: «Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun.» Eins mit dem Vater, hat sich Christus freiwillig geopfert, um Gottes Willen zu tun, der darin bestand, die Frage der Sünde zu regeln und seinen ewigen Ratschluss gegenüber den Sündern auszuführen. Hat Er nicht selbst vor ewigen Zeiten verkündigt, dass seine Wonne bei den Menschenkindern war? (Spr 8,31).
In Christus machte Gott den ersten Schritt zum verlorenen Menschen hin, um seine Pläne der Gnade ihm gegenüber zu verwirklichen, und dieser erste Schritt hat den Herrn Jesus ans Kreuz geführt. Dort wurde das Werk vollbracht, aufgrund dessen Gott viele Söhne zur Herrlichkeit bringen konnte. «Jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbart worden zur Abschaffung der Sünde durch sein Opfer» (Heb 9,26). «Ihr wisst, dass er offenbart worden ist, damit er unsere Sünden wegnehme» (1. Joh 3,5). «Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn … damit er die, die unter Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen» (Gal 4,4.5). «In dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade» (Eph 1,7). «Gott, der uns errettet hat und berufen mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben, jetzt aber offenbart worden ist durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus, der den Tod zunichtegemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium» (2. Tim 1,9.10). «Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, errettete er uns … nach seiner Barmherzigkeit» (Tit 3,4.5).
Als die Zeit der Langmut Gottes gegenüber dem Menschen vor dem Werk des Kreuzes ihr Ende erreichte – ein Augenblick, den das Wort «die Vollendung der Zeitalter» nennt – sandte Gott seinen Sohn. Aber der Mensch setzte seiner Auflehnung gegen Gott die Krone auf, indem er den Herrn Jesus verwarf und kreuzigte. Diese Tat gab Gott Gelegenheit, seine Ratschlüsse der Gnade zu erfüllen: Durch den Tod Christi wurde die Sünde «zunichtegemacht», «abgeschafft». Gott, der durch dieses Werk völlig verherrlicht ist, kann dem bußfertigen Schuldigen vergeben und ihn als ein geliebtes Kind, heilig und untadelig in seine Gegenwart einführen. Dies alles geschieht «nach dem Reichtum seiner Gnade», «nicht aus Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz.»
Dieser einst verborgene Ratschluss Gottes ist durch das Kommen Christi auf die Erde offenbart worden, in Ihm hat er seine vollkommene Erfüllung gefunden. Christus hat durch seinen Tod und seine Auferstehung den Tod zunichtegemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht durch das Evangelium, diese Kraft des ewigen Lebens, die die Seele und bald auch den Leib der Macht des Todes entreisst.
b) Durch die Berufung
Die Berufung Gottes umfasst sowohl die Einladung, die Gott durch das Evangelium, das verkündigt wird, an den Sünder richtet, als auch die Segnungen, die dieses Evangelium denen bringt, die es im Glauben aufnehmen. In diesem Sinn sagt der Apostel, der den Thessalonichern ihre Auserwählung durch das Heil in Erinnerung ruft: «Wozu er euch berufen hat durch unser Evangelium» (2. Thes 2,14). So schreibt er auch den Galatern, dass er das Vorrecht gehabt habe, sie «in der Gnade Christi zu berufen» (Gal 1,6), nachdem ihn Gott selbst «durch seine Gnade» berufen hatte» (Vers 15). In Römer 8,28 bezeichnet Paulus die Gläubigen als solche, «die nach Vorsatz berufen sind». Die Berufung Gottes, wie auch deren Grundursache, die Auserwählung, kommen aus seiner Oberhoheit hervor. Wenn Gott durch das Evangelium beruft, richtet Er sich nämlich an Taube, in deren Herzen Er durch den Heiligen Geist in Macht wirken muss. «Niemand kann zu mir kommen» – sagt der Herr Jesus – «wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zieht» (Joh 6,44). «Welche er zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen.»
Aber wir haben gesehen, dass die Berufung nach dem Vorsatz Gottes auch das umschliesst, wozu die Auserwählten berufen sind, nämlich ihre Gleichförmigkeit mit dem Bild seines Sohnes, «damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern». Alle, die Gott auserwählt hat, hat Er berufen, gerechtfertigt, verherrlicht, und das ist das erhabene Ziel seiner Ratschlüsse der Gnade. «Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus» (1. Pet 5,10). Paulus jagte hin zum Ziel, «zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus» (Phil 3,14). In Epheser 4,4 redet er von der «Hoffnung eurer Berufung» und in 1. Timotheus 6,12 ermahnt er Timotheus, das ewige Leben zu ergreifen, zu dem er berufen worden war. Schliesslich wird in Hebräer 9,15 erwähnt, dass das ewige Erbe den Berufenen verheissen worden ist. Diese verschiedenen Stellen machen das Ziel der Berufung Gottes deutlich, nämlich unsere Einführung in seine ewige Herrlichkeit und unsere völlige Gleichförmigkeit mit Christus.
Der Apostel brachte den Wunsch zum Ausdruck, dass die Epheser wissen möchten, «welches die Hoffnung seiner Berufung ist» (Eph 1,18). Wie steht es da bei uns? Verwirklichen wir praktisch unsere himmlische Berufung? Leben wir in der Erwartung der Herrlichkeit? Jemand hat vom Gläubigen diese schöne Definition gegeben: «Ein Mensch, der sein Herz im Himmel hat und den Himmel im Herzen.» Kann dies auf uns angewendet werden? Überströmen unsere Herzen von Freude beim Gedanken, dass wir bald zur vollkommenen Gleichförmigkeit mit Christus gelangen werden? Wenn dies der Fall ist, werden wir schon hier auf der Erde sein Bild an uns tragen, also ein – wenn auch schwacher – Widerschein der Vollkommenheit sein, in der wir einst in Ihm gesehen werden. Möchten «die Augen unseres Herzens» erleuchtet werden, damit wir «die Hoffnung seiner Berufung» erkennen, die auch die «eine Hoffnung unserer Berufung» ist. (Eph 4,4): Wir wandern alle demselben Ziel zu, zu derselben Ruhe und derselben Herrlichkeit. Möchte der Gedanke, dass bald alle miteinander in die Gegenwart des Herrn der Herrlichkeit eingeführt werden, uns ermuntern, einmütig diesem Ziel entgegen zu eilen!
Möge auch die Betrachtung des Ratschlusses der Gnade, den Gott im Blick auf uns «vor ewigen Zeiten» gefasst und in Christus ausgeführt hat, «unsere Berufung und Erwählung fest machen» (2. Pet 1,10), das heisst das, was die eigentliche Grundlage unseres gegenwärtigen und ewigen Glücks bildet.
«Wir müssen Fleiss anwenden, das Bewusstsein unserer Auserwählung frisch und stark zu erhalten, damit wir in der Freiheit des Geistes wandeln. So werden wir vor dem Straucheln bewahrt … Wenn das Herz am Reich hängt und wir in Wegen wandeln, die für das Reich angebracht sind, ist unser Gewissen in Harmonie mit seiner Herrlichkeit. Der Weg dahin ist offen vor uns: Wir sehen sie in der Ferne, und wir gehen ohne Hindernisse auf unserem Pfad voran. Nichts lenkt uns davon ab, weil wir auf dem Weg wandeln, der zum Reich führt und beschäftigt sind mit Dingen, die Ihm entsprechen» (J.N. Darby). Die Wirklichkeit unserer Auserwählung soll vor aller Augen sichtbar sein. Das liess Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher aussprechen: «Wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung» (1. Thes 1,4). Im Leben jener Gläubigen sah er die Früchte davon. Möchte es auch bei uns allen so sein, damit kundgetan werde, dass wir wirklich zu den «Berufenen und Auserwählten und Treuen» gehören (Off 17,14).