Einige Bemerkungen zum Evangelium nach Matthäus (2)

Matthäus 1,21

Beim Lesen dieses Evangeliums ziehen fortwährend die Weisheit, die Gerechtigkeit und die Liebe des grossen Königs an unseren Augen vorüber. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch alle Kapitel hindurch. Er ist der verheissene Messias. Er ist Emmanuel = Gott mit uns, und sein Name Jesus (Mt 1,21) bedeutet: der HERR ist Rettung. Auch andere Herrlichkeiten des Herrn leuchten hier immer wieder hervor und vermischen sich mit diesen Wesenszügen des Königs. Sie werden uns gezeigt, um die Vielfalt der persönlichen Herrlichkeiten dessen hervorzuheben, der in Jesaja 9,6 «Wunderbarer» genannt wird, und um die prachtvolle Grösse seiner unvergleichlichen Majestät zu erhöhen.

Dies sollte uns auch befähigen, die Treue seines Gehorsams, die Grösse seiner innigen Liebe und auch seine Vollkommenheit besser zu erkennen und zu ermessen. Er, der grosse König, Emmanuel, Jesus, nahm zu unserer Errettung in Liebe den Platz des Gehorsams für uns ein. Welch einen Anziehungspunkt finden wir hier für unsere Herzen! «Alles an ihm ist lieblich» (Hld 5,16). Das alles leuchtet am hellsten aus seinen Leiden hervor, und welche Versuchungen und Leiden hatte Er doch in dieser Welt zu erdulden! Er, der König der Herrlichkeit, wurde verworfen und aller seiner Rechte beraubt. Seine Liebe wurde unter die Füsse getreten. Und doch blieb es sein höchstes Ziel, Gott zu verherrlichen und die Rechte Gottes aufrechtzuhalten, die der Mensch so schändlich missachtet hat. Auch wollte Er alle seine Ratschlüsse zur Ausführung bringen, die der Mensch gleicherweise verachtet hat.

Dessen ungeachtet nahm Er Kenntnis von dem elenden Zustand und der Bedrückung seines Volkes – Er, der König nach dem Herzen Gottes und sie, die schuldbeladene Nation. Was konnte Er für sie tun? Gewiss, es war sein Volk, hatte aber das Gericht verdient. Was blieb Ihm zu tun übrig, angesichts eines solch hoffnungslosen Zustandes der Dinge? Richtete Er sie? Nein, Er war entschlossen, sein eigenes kostbares Leben für ihre Sünden und ihre Schuld hinzugeben! Er wollte sie aus ihrem Elend erlösen und von der grausamen Macht befreien, die Satan wegen ihrer Sünden über sie gewonnen hatte und die er so geschickt zu handhaben wusste.

Ihr König sollte das wahre Opferlamm werden. Er sollte im Hinblick auf ihre Sünde Gott verherrlichen. Er selbst ging für sie in die Gottverlassenheit hinein. Er selbst machte sich zur Zielscheibe des Zorns Gottes, den sie herausgefordert hatten, und gab sich mit seinem eigenen Blut als Sühnopfer für sie hin (Ps 22,32). Er empfand in seiner heiligen Seele und in seinem vollkommenen Herzen das volle Gewicht dieses göttlichen Gerichts, das sowohl Israel als auch die Nationen, die gleicherweise unter der Sünde und unter der Knechtschaft des Widersachers waren, sich zugezogen hatten. Denn auch wir, die Sünder aus den Nationen, waren die Gegenstände seines Herzens, für die Er sein Werk der Erlösung und Rettung vollbrachte.

Wie sollten wir, die wir von diesen Dingen etwas verstanden haben, von Herzen dem nachfolgen, der alles, was Er hatte, ja, sogar sein eigenes Leben hingab, um uns zu besitzen! Und wenn wir es tun, so wird sein wunderbares Heil, das uns in eine persönliche und innige Beziehung zu Ihm und in eine Herzensgemeinschaft mit Ihm gebracht hat, zweifellos den ganzen Inhalt unseres Lebens ändern. Ja, gewiss, es sollte unser ganzes Benehmen und unsere Wege vor aller Augen ändern, denn es ist besonders die öffentliche Darstellung der Dinge, was Matthäus beschäftigt. Da sollte ein vor den Augen der Öffentlichkeit deutlich wahrnehmbarer Wechsel stattfinden und nicht nur eine innere Gesinnungswandlung, die vorwiegend Lukas in seinem Evangelium darstellt. Dieses Heil wird uns sowohl innerlich wie auch in unseren äusseren Wegen und Handlungen umgestalten, gemäss dem Vorbild des Lebens Jesu. Wir werden erfahren, dass uns nichts unmöglich ist, wenn Er selbst uns führt und stärkt. Auch wenn wir gleich Ihm von dieser armen, blinden Welt wegen unseres Zeugnisses für Ihn verworfen werden, ziehen wir es gerne vor, seine Schmach zu tragen, da wir sie für grösseren Reichtum halten als alle Dinge, die dem natürlichen Herzen zwar begehrenswert erscheinen, uns aber aus der innigen Gemeinschaft mit Ihm verdrängen würden. Er hat einen so unfasslich grossen Preis bezahlt, um uns zu Gott zu bringen, dass wir begierig sein sollten, mehr von Ihm, von seinem Kommen und seinem Reich kennen zu lernen. Wir sollten sein Wort mit Ehrfurcht lesen, denn es enthält Schätze ewiger Reichtümer, die nie von uns genommen werden. Sie sind in der Tat wertvoller, als jedes noch so herrliche Gut auf dieser Erde, wo alles vergehen wird. Sein Wort mit den Ankündigungen seiner zukünftigen Herrlichkeiten, die wir mit Ihm teilen werden, ist eine Lampe, die die uns umgebende Dunkelheit erleuchtet. Denn, in der Tat, seit der Verwerfung und dem Kreuz des Herrn ist es Nacht auf dieser Erde. Er, das Licht der Welt ist abwesend, aber sein Wort zeigt uns die Wege und Pläne Gottes. Sie werden deutlich und in vollkommener Ordnung vor unsere Augen gestellt. Sie unterweisen uns, nähren und heiligen uns, und lassen uns den Platz und den Wert aller Dinge erkennen, in Übereinstimmung mit Gottes eigenen, weisen und vollkommenen Gedanken.

«Das Gesetz des HERRN ist vollkommen und erquickt die Seele; das Zeugnis des HERRN ist zuverlässig und macht weise den Einfältigen. Die Vorschriften des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz; das Gebot des HERRN ist lauter und erleuchtet die Augen. Die Furcht des HERRN ist rein und besteht ewig. Die Rechte des HERRN sind Wahrheit, sie sind gerecht allesamt; sie, die kostbarer sind als Gold und viel gediegenes Gold, und süsser als Honig und Honigseim. Auch wird dein Knecht durch sie belehrt; im Halten derselben ist grosser Lohn» (Ps 19,8-12).

Allein schon das sorgfältige Lesen des Matthäus-Evangeliums vermag, wenn es in der Furcht des Herrn geschieht, viel Licht auf unseren Lebensweg zu werfen. Dann wird endlich sein Tausendjähriges Reich kommen. Das ist «sein Tag». Dann wird Ihn diese arme Erde, die Ihn bei seinem ersten Kommen nicht erkannte, als «König der Herrlichkeit» erblicken. Die Erde wird die Segnungen seiner Herrschaft der Gerechtigkeit und des Friedens geniessen, nachdem sie zuvor von den angekündigten gerechten Gerichten heimgesucht worden ist.

Aber bis zu jenem Zeitpunkt ist es unser öffentliches Teil, hier mit Ihm zu leiden. Wir sollen seinen wunderbaren Namen, seine Rechte und sein Heil vor den Menschen bekennen. Wenn wir auch zu Königen gemacht wurden, die berufen sind, mit Ihm zu herrschen, so sollen wir Ihm auf dieser Erde nichtsdestoweniger als seine Knechte dienen, freudig bekennend, dass Er, unser Heiland und unser Herr, allein allen Ruhmes und aller Ehre würdig ist.

Wenn Jonathan fähig gewesen wäre, seine Beziehungen zu David von diesem Standpunkt aus zu betrachten, so hätte er mit seinem ungöttlichen Vater gebrochen, hätte seinen Hof verlassen und wäre dem Freund auf dem Pfad der Verwerfung nachgefolgt. Aber die verwandtschaftlichen Bindungen waren ihm zum Verhängnis.

Er hinkte auf beiden Seiten. Wenn er auch seinen Freund mit einer Liebe liebte, die David «wunderbar» vorkam, so liebte er doch auch irdische Grösse und Macht, die ihm ohne David zuteilwurde, und er war nicht willens, diese Dinge einzubüßen, um sich mit ihm einszumachen in seiner Verwerfung. Das war seine Schwäche und sein Verhängnis. Armer Jonathan! Und er war doch gläubig!

Was uns betrifft – «lasst uns zu ihm hinausgehen, ausserhalb des Lagers, seine Schmach tragend» (Heb 13,13). Wir wollen uns viel mit Christus beschäftigen. Er ist der verworfene König, aber unser Herr. Durch Ihn lernen wir, uns dem Herzen nach für Ihn abzusondern von dieser Welt, die Ihn hinausgetan hat. Dann wird Gott, sein Vater und unser Vater, uns belohnen und es uns schenken, seine besonderen Segnungen zu geniessen.

Das Matthäus-Evangelium erinnert uns an das alles. Jesus, unser teurer Heiland, liebt uns mit einer solchen Liebe! Lasst uns Ihm als Antwort darauf auch unsere Liebe beweisen, indem wir uns mit unserem ganzen Herzen Ihm anschliessen. Nichts anderes könnte seinem Herzen, das mit einer so reinen Liebe erfüllt ist, kostbarer sein. Und wenn Er unsere Herzen voll und ganz besitzt, wird alles andere daraus hervorfliessen. Was immer Er von uns verlangen wird, kommt uns dann nicht zu schwer oder zu mühevoll vor, es wird uns vielmehr eine Freude, ein Vorrecht und eine Ehre sein.