Die Fusswaschung durch den Herrn Jesus

Johannes 13,1-15

Beim Lesen des 13. Kapitels des Johannes-Evangeliums fällt uns auf, wie zur Vorbereitung des Lesers so manche Einzelheiten erwähnt werden, die beweisen, dass es mit dieser Fusswaschung eine besondere Bewandtnis hat.

Erstens wird vorausgesagt, dass jetzt «seine Stunde», die Stunde des Todes Jesu, gekommen war, in der Er als das wahre Passahlamm sterben sollte. Dieser Tod sollte eine grosse Veränderung für den Herrn hervorbringen: Er würde dadurch «aus dieser Welt zu dem Vater hingehen» und im Himmel sein.

Angesichts dieser Tatsache gibt Ihm hier der Heilige Geist das Zeugnis: «Da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte er sie bis ans Ende – Welches Ende ist da wohl gemeint?

  • Liebte Er sie bis zum Ende am Kreuz? O gewiss, wie herzbewegend waren die Stunden im Obersaal mit seinen Jüngern, vor seinen Leiden. Wie suchte Er sie über seinen Abschied zu trösten!
  • Aber seine Liebe dauerte fort, als Er den Seinen in vielen sicheren Kennzeichen vierzig Tage hindurch als der Auferstandene erschienen war. Wie hat Er den Petrus wiederhergestellt und am Ufer die enttäuschten Fischer beim Kohlenfeuer in Güte empfangen (Lk 24,34; Joh 21)!
  • Dann aber ist gerade die Fusswaschung im Obersaal ein Beweis davon, dass die Liebe unseres Herrn uns bis zum Ende unserer Pilgerreise auf der Erde begleiten will. Verschiedene, damit zusammenhängende Bemerkungen bezeugen dies.

Der Herr Jesus steht vom Abendessen auf, im Bewusstsein, «der Vater ihm alles in die Hände gegeben hatte und dass er von Gott ausgegangen war und zu Gott hingehe» (Vers 3). Da denkt Er besonders an die Seinen, für die Er in Kapitel 17 zum Vater betet und sagt: «Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben … Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast» (Verse 6 und 9). Ihnen, die sein ewiges Eigentum sind, gehört sein ganzes Interesse. Er ist von Gott ausgegangen, um sie durch seinen Tod zu erkaufen, und kehrte dann mit dieser reichen Frucht zu Gott zurück.

Nun fasst der Herr Jesus die Zeit ins Auge, in der Er nicht mehr bei den Seinen auf der Erde sein würde: «Ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt, und ich komme zu dir» (Joh 17,11). Im Blick auf diese kommende Zeit macht Er sich daran, in bildlicher Bedeutung die Füsse der Jünger zu waschen. Er macht diese Waschung zu einem Symbol für die Tätigkeit, die Er nach seiner Himmelfahrt auszuüben beginnen würde.

Um anderen die Füsse zu waschen, muss man sich bücken und erniedrigen. Das war damals die Aufgabe der Knechte. Aber unser Herr unterzieht sich freiwillig dieser Arbeit, legt die Oberkleider ab, umgürtet sich mit einem leinenen Tuch und geht mit seinem Waschbecken von einem Jünger zum andern. Jedem tut Er dasselbe: Er wäscht ihm die Füsse und trocknet sie ab.

In der Runde ist verständnisloses Staunen. Er, ihr Lehrer und Herr, kniet vor jedem nieder und erweist ihnen diesen Liebesdienst! Als Er zu Petrus kommt, kann es dieser nicht wortlos hinnehmen. Er fragt: «Herr, du wäschst mir die Füsse?»

Die Antworten des Herrn Jesus sind voll Bedeutung. Zuerst entgegnet Er ihm: «Was ich tue, weisst du jetzt nicht, du wirst es aber nachher verstehen.» Ein gewöhnliches Fusswaschen hätte Petrus begriffen, aber dass es eine geistliche Bedeutung haben sollte, konnte er erst nach Jesu Himmelfahrt durch den Heiligen Geist verstehen.

Da sich Petrus weiter weigert, sich vom Herrn die Füsse waschen zu lassen, muss Er ihm sagen: «Wenn ich dich nicht wasche, hast du kein Teil mit mir.» Dieser Ausspruch kann sich unmöglich auf den blossen Strassenstaub beziehen, der sich auf die Füsse der Jünger gesetzt hatte. Denn wie manches Mal war der Herr mit den Zwölfen durch die heissen, staubigen Pfade Galiläas und Judäas gezogen, wobei die Verstaubung der Füsse Ihn nicht gehindert hatte, Gemeinschaft mit ihnen zu pflegen. Aber es gibt etwas anderes, womit Christus Jesus in seiner Heiligkeit niemals gemeinsame Sache machen kann, bei denen, mit welchen Er in innige Gemeinschaft getreten ist, nämlich mit sündiger Unreinheit, und dieser Staub an den Füssen ist ein Bild davon.

Die Jünger würden jetzt in die besonders nahe Beziehung zu Ihm kommen, in der auch wir Gläubigen heute stehen. Nach Vollendung seines Erlösungswerkes und nach seinem Tod sandte der Auferstandene die Botschaft an die Seinen, die Er zum ersten Mal «meine Brüder» nannte: «Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, und zu meinem Gott und eurem Gott» (Joh 20,17).

Vor seinem Tod hatte der Herr Jesus nie so geredet. Gott konnte zum Menschen in Adam keine Beziehung haben. Zuerst musste durch das Werk Christi das Gericht Gottes über den natürlichen Menschen ausgeführt worden sein. Auch musste Jesus auferstehen, um den Gläubigen in die gleiche Beziehung zu seinem Gott und Vater – in der Er selbst sich befand – einzuführen. Wer durch Wasser und Geist von neuem geboren ist, ist nun «Teilhaber der göttlichen Natur» (2. Pet 1,4) und ein Kind Gottes. Solche können nun mit dem Apostel Johannes sagen: «Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.» Der Apostel fügt hinzu: «Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei» (1. Joh 1,3.4).

Wenn bei einer elektrischen Leitung ein Kontakt verschmutzt oder defekt ist, so kann der Strom nicht mehr hindurchfliessen. So wird auch die göttliche Gemeinschaft mit uns Gläubigen durch unsere Verunreinigung praktisch gestört werden, wir wissen es. Wir haben dann «kein Teil» mit Gott und dem Herrn Jesus.

Das wollte Simon Petrus unter keinen Umständen. Er beeilte sich zu sagen: «Herr, nicht meine Füsse allein, sondern auch die Hände und das Haupt.» Aber «Jesus spricht zu ihm: Wer gebadet ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füsse.»

In der symbolischen Handlung dieser Fusswaschung gibt der Herr uns zu verstehen, was Er von seiner Aufnahme in den Himmel an in seiner Liebe und grossen Treue tun würde, wenn eines der Seinen beim Gang durch diese Welt sich verunreinigen sollte. Er würde ihm durch seinen Geist den Unterbruch der Gemeinschaft empfinden lassen und durch sein Wort den Grund dafür anzeigen. So, wie der Herr Jesus mit dem Waschbecken zu jedem Jünger kam und mit dem Wasser die individuelle Verschmutzung von den Füssen wusch, so macht Er heute vom Himmel her jeden Gläubigen persönlich durch das Wort auf das aufmerksam, was ihn hindert, «Teil mit Ihm» zu haben. Der Betreffende soll das Wort auf sich anwenden und entsprechend Buße tun. So wird er frei von dem Hindernis – die Füsse der Jünger wurden zum Schluss abgetrocknet – und er kann die Gemeinschaft mit dem Herrn im Heiligtum wieder geniessen.

Wichtig dabei ist, auch den Schluss von Vers 10 zu beachten: «Wer gebadet ist … ist ganz rein; und ihr seid rein …» Wer durch Glauben an den Herrn Jesus von neuem geboren worden ist, ist der Stellung nach ganz rein. Praktische Verunreinigungen ändern nichts daran. Aber wer eine «neue Schöpfung» geworden ist, wird durch solche Dinge tief beunruhigt und dazu geleitet, sie in gottgemässer Weise in Ordnung zu bringen.

So erweist unser wunderbarer Herr in der Zeit seiner Abwesenheit im Himmel den Seinen seine unendliche Liebe – unter anderen Beweisen – darin, dass Er uns hilft, alles zu beseitigen, was uns hindert, Teil mit Ihm zu haben. Gelobt sei sein herrlicher Name!