Wie sehnen wir uns danach, dass der Friede und die Freude unserer Seele dauernd aufrecht gehalten werden! Dazu ist es nötig, dass sie sich in dem Bereich aufhält, in den sie durch Glauben versetzt worden ist – in der Atmosphäre der Liebe Gottes.
Wohl ist diese Liebe mit und durch den Heiligen Geist in das Herz des Gläubigen ausgegossen (Röm 5,5), aber wer müsste nicht bekennen, dass er nicht immer gleich stark von ihr erfüllt ist? Da können uns einige Stellen aus dem Wort zeigen, was der Grund dieses Mangels sein mag.
Im Judas-Brief, Verse 20 und 21, ruft uns der Schreiber zu: «Ihr aber, Geliebte, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geist, erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes, indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet zum ewigen Leben.» Da werden uns also im Zusammenhang mit der Liebe Gottes drei Punkte vorgestellt, die wir zu beachten haben, damit wir sie tief empfinden können.
- Als erstes werden wir hier darauf aufmerksam gemacht, dass es dazu nötig ist, sich selbst auf seinen allerheiligsten Glauben zu erbauen. Wir haben uns immer wieder auf die klaren Aussprüche und Zeugnisse des Wortes Gottes zu besinnen, frei von menschlichen Gedanken und Meinungen. Das gilt für alle Wahrheiten. Hier aber steht es besonders in Bezug auf die Liebe Gottes. Wir dürfen direkt auf ihr ruhen, wie auf einem Felsen. Eigene Vorstellungen und Gefühle, im Zusammenhang mit dem Bewusstsein der eigenen Unliebenswürdigkeit, die sich dazwischenschieben wollen, rauben uns die Kraft und den Genuss seiner unendlichen Liebe.
- Zweitens ist es wichtig, dass unsere ständige Gebetsverbindung mit Gott nicht unterbrochen wird, und sie soll «im Heiligen Geist» sein. In das, was wir von Gott hören und was wir zu Ihm reden, darf sich nicht das einmischen, was vom «Fleisch», vom eigenen Willen ist. Das würde sich wie eine Wand zwischen die Liebe Gottes und unsere Herzen schieben.
- Der dritte Punkt ist die glückselige Hoffnung, die vor uns steht. «Indem wir die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwarten zum ewigen Leben», richtet sich unser Sinn auf das, «was droben ist, wo der Christus ist», weg von dem, «was auf der Erde ist». Gerade so gelangen wir zur Quelle der Liebe Gottes, deren Wärme wir in unseren irdischen Glaubensprüfungen so nötig haben.
Im ersten Johannes-Brief, worin das Wesen Gottes beschrieben ist, wird Er uns als Licht und Liebe vorgestellt. In Kapitel 3,1 werden die Seinen aufgerufen: «Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heissen sollen!» Wir sollen vor ihr stehen bleiben.
Seine Liebe ist einzigartig. Was unter Menschen als Liebe bezeichnet wird, ist ganz anders. Gottes Liebe ist ewig, wie Er selbst, und sie wird kein Ende haben. Unsere natürliche Liebe ist von der Liebenswürdigkeit und Anziehungskraft ihres Gegenstandes abhängig. Gott aber hat uns geliebt, als wir «tot waren in Vergehungen und Sünden». Als wir noch seine Feinde waren, hat Er schon seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt, «damit wir durch ihn leben möchten» und «als eine Sühnung für unsere Sünden» (1. Joh 4,9.10). Das kennzeichnet die unendliche Grösse der Liebe Gottes und bleibt ihr Massstab uns gegenüber. «Hierin ist die Liebe; nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt … hat».
Auch Johannes erwähnt verschiedene Dinge, die uns helfen, uns in der Liebe Gottes zu erhalten:
- Wir haben uns schon an 1. Joh 3,1 erinnert, wo uns gesagt wird: «Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat …» Um darin zu bleiben, sollen wir sie also viel betrachten und uns mit ihr beschäftigen. Dann kann diese wunderbare Erklärung der Liebe des Vaters in unseren Herzen Gegenliebe hervorrufen.
- Gewiss, seine Liebe gehört zu den Dingen, die das natürliche Auge nicht wahrnehmen kann. Nur der Glaube ist es, der sie verwirklicht. Aber durch das Evangelium sind wir zum Herrn Jesus geführt worden, und durch Ihn haben wir «erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat» (1. Joh 4,16). Im Heiligen Geist, durch den die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist, stützen wir uns im Glauben auf die zahlreichen Zeugnisse der Heiligen Schrift, die von ihr reden. Weil Gott uns von seinem Geist gegeben hat, erkennen wir, dass wir in Ihm bleiben und Er in uns (Vers 13).
- Ein wichtiger Punkt, auf den im ersten Johannes-Brief mehrmals der Finger gelegt wird, ist dieser: Wenn Gottes Liebe die Herzen seiner Kinder erfüllen soll, dann darf sie nicht gehindert werden, weiterzufliessen. Ist die Röhre eines Brunnens verstopft oder abgestellt, dann kann das Wasser nicht mehr immer neu hindurchströmen. So wird uns in 1. Johannes 3,17 gesagt: «Wer aber irgend irdischen Besitz hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschliesst sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?»
Er gibt uns die Gnade, damit seine Liebe durch uns zu den Menschen um uns her gelangt, die Er liebt. «Wir sind Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!» (2. Kor 5,20). Im Johannes-Brief geht es im Besonderen um die «Brüder», die zur selben Familie Gottes gehören. «Wenn Gott uns so geliebt hat, sind auch wir schuldig, einander zu lieben» (1. Joh 4,11). «Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben» (1. Joh 3,16); also nicht nur «mit Worten» zu lieben (Vers 18). So hat Abraham für Lot, seinen Bruder, sein Leben eingesetzt (1. Mo 14,14). Priska und Aquila haben für das Leben des Apostels ihren eigenen Hals preisgegeben (Röm 16,4).
Solche Beispiele machen es uns deutlich, wie schwach unsere Bruderliebe oft ist. Aber lasst uns daran denken, dass «wer aus Gott geboren ist», sie nur ausüben kann, wenn er «Gott erkennt» (1. Joh 4,7.8), das heisst, wenn er durch den Geist in inniger Gemeinschaft mit Gott steht. Nichts darf die Quelle hindern, durch uns zu fliessen.
Lasst uns also nicht vergessen, dass wir dieses Gebot von Gott haben: «dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder liebe» (1. Joh 4,21). «Wenn wir einander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet» … «Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm» (1. Joh 4,12.16).