Das lebendige Wort Gottes – unser grosser Hoherpriester – der Thron der Gnade

Hebräer 4,12-16

Wir Gläubige ziehen der himmlischen Ruhe entgegen, die Gott seinem Volk aufbewahrt, und wir sollen allen Fleiss anwenden, um in sie einzugehen. So wird uns in Hebräer 4 zugerufen. Es ist der Weg der Abhängigkeit und des Gehorsams, den unser Herr Jesus als Mensch auf der Erde in vollkommener Treue gegangen ist, der zu dieser Ruhe führt. Wir dürfen Ihm im Glauben nachfolgen.

Aber wie können wir dies tun, die wir doch von so vielen Schwachheiten umgeben sind?

In den Versen 12-16 von Hebräer 4 werden uns die in der Überschrift genannten drei Hilfsquellen vorgestellt. Gerade dem Gläubigen, der sich seiner Kraftlosigkeit bewusst ist, genügen sie vollauf, um auf dem Weg dorthin zu überwinden. Lasst sie uns etwas näher betrachten!

Das Wort Gottes (Verse 12 und 13)

Welch ein Schatz und welch ein Hilfsmittel ist uns mit diesem «Wort» in die Hand gegeben!

Es wird hier als «lebendig» bezeichnet, weil der lebendige Gott hinter jedem einzelnen Wort, hinter jeder seiner Verheissungen, hinter jeder Wahrheit und auch hinter jeder Mahnung steht. Wenn wir es in Verbindung mit Ihm lesen, wirkt der Heilige Geist Verständnis dafür und spricht dadurch zu unserem Herzen und Gewissen. Es ist die Speise, die allein den neuen Menschen zu kräftigen vermag.

Das Wort Gottes ist «schärfer als jedes zweischneidige Schwert», vergleichbar mit einem Skalpell, mit dem ein Chirurg kranke Teile herausschneidet. Was muss denn beim Leser so scharf getrennt werden? Empfindungen und Motive, die aus dem Fleisch sind, dürfen keinerlei Einfluss auf das neue Leben haben, das der Glaube in Jesus Christus besitzt und das allein bei ihm gesehen werden soll. Selbst die Gelenke und das Mark – ein Bild von Bestandteilen seiner Person, deren Bewegungen und Funktionen ihm weniger bewusst sind – werden im Zusammenhang damit vom Wort beeinflusst. Es ist auch das einzige Mittel, das das Gewissen schärft, damit es die Gedanken und Gesinnungen des Herzens richtig beurteilen kann.

Vergessen wir auch nicht, dass das Schwert des Wortes Gottes zweischneidig ist: So wie wir es auf andere anwenden, gilt es auch für uns.

Welch eine ernste Tatsache wird hier mit dem lebendigen Wort verknüpft: Gott steht nicht nur hinter seinen Aussprüchen; seine Augen sind auch auf jedes einzelne seiner Geschöpfe gerichtet. Keines ist vor Ihm verborgen. Jedes soll wissen: Alles, was mich betrifft, ist vor seinem Blick «bloss und aufgedeckt». Der Unglaube hasst diese Wahrheit und will ihr ausweichen. Der Gläubige aber ist dankbar dafür, dass der Vater, der ihn durch und durch kennt, in unendlicher Liebe sein Wort dazu benützt, um ihm zu zeigen, wenn «ein Weg der Mühsal bei ihm ist», der zum Schmerz führt. Er will ihn «auf dem ewigen Weg leiten» (Ps 139,24), der zur himmlischen Ruhe führt.

Unser grosser Hoherpriester (Vers 14)

Wir sind uns wohl viel zu wenig bewusst, welch unermesslich tiefe und weitreichende Bedeutung es für die Seinen auf der Erde hat, dass der Herr Jesus im Himmel als ihr Hoherpriester zur Rechten Gottes, des Vaters, für sie tätig ist. Er ist kraft der herrlichen Grösse seiner Person und der Vollkommenheit seines Erlösungswerkes ein grosser Hoherpriester.

Zuerst ist Er «mit seinem eigenen Blut ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen». Und «durch das Blut Jesu» haben nun auch wir «Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum» (Heb 9,12 und 10,19).

Jetzt ist Er für uns im Heiligtum vor dem Angesicht Gottes erschienen und bleibt dort (Heb 9,24 und 7,24). In Ihm sind wir der Stellung nach allezeit in der Nähe Gottes.

Die levitischen Hohenpriester auf der Erde vermochten mit ihrem Dienst das Volk nur ein Stück weit zu begleiten, weil sie durch den Tod verhindert waren zu bleiben. Christus aber hat ein unveränderliches Priestertum und vermag daher völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen (Heb 7,25), also bis sie ihr himmlisches Ziel erreicht haben. Sein Dienst errettet sie von allem, was sie hindern könnte, dorthin zu gelangen.

Der grosse Hohepriester lebt immerdar, um sich für die Seinen vor Gott zu verwenden (oder: sie zu vertreten, für sie zu bitten – Heb 7,25). Er ist ihr grosser Fürsprecher, der sie in allen Bedürfnissen, Gefahren, Versuchungen und Nöten, in all ihren irdischen Umständen vertritt und bei dem allmächtigen Gott für sie einsteht und bittet.

Um ein solch barmherziger und treuer Hoherpriester zu werden, musste Er zuvor auf der Erde in allem den Brüdern gleich werden. «Denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht wurde, vermag er denen zu helfen, die versucht werden» (Heb 2,17.18). «Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde» (Heb 4,15).

Im ersten Johannes-Brief wird uns noch eine andere Seite des Dienstes unseres verherrlichten Herrn Jesus im Himmel vorgestellt. In Kapitel 2,1 lesen wir dort: «Wenn jemand», eines von Gottes Kindern, aus Mangel an Wachsamkeit «gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten». In dieser Eigenschaft ist Er imstande, die gestörte Gemeinschaft dieses Erlösten mit dem Vater wiederherzustellen, denn «er ist die Sühnung für unsere Sünden». Gott, der Vater, vergisst dies nie.

Um diesen Schaden zu heilen, muss der Sachwalter durch den Geist aber auch im Herzen des in Sünde Gefallenen ein Werk der Wiederherstellung tun, indem Er das Wort auf sein Gewissen anwendet.

Welch einzigartige praktische Hilfe ist doch unser grosser Hoherpriester für uns! Wir haben alle Ursache, Ihm für diesen unermüdlichen Dienst, den Er von sich aus, in seiner nie versagenden Liebe, für uns tut, immer wieder zu danken.

Der Thron der Gnade (Vers 16)

Wir sahen, wie sich unser grosser Hoherpriester zur Rechten des Thrones Gottes aus «Mitleid mit unseren Schwachheiten» von sich aus für uns verwendet, in vollkommener Einsicht in unseren Glaubenskampf, unsere Verhältnisse und unseren geistlichen Zustand. In Vers 16 unseres Kapitels werden die Gläubigen nun aufgefordert, von unserer Seite her von der dritten Hilfsquelle Gebrauch zu machen: Wir dürfen mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron Gottes, der für uns ein Thron der Gnade geworden ist. Wir sollen es tun, damit wir «Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe».

Einerseits werden uns die gesegneten Auswirkungen der Tätigkeit unseres Hohenpriesters ohne unser Dazutun zuteil. Wir singen:

  • Du verwendest ohn Ermüden
    dich für unsre Seelen jetzt.
    Du bewahrst uns deinen Frieden,
    der wie Tau das Herz benetzt.
    Mag der Feinde Schar auch toben,
    Satan selbst uns klagen an –
    deine Hände sind erhoben.
    Wer ist, der uns schaden kann?

Mose, der auf dem Berg für das Volk im Tal betete, das mit den Amalekitern streiten musste (2. Mo 17), ist ein anschauliches Bild dafür.

Anderseits aber ist es notwendig, dass wir uns der eigenen Schwachheit jederzeit von Herzen bewusst sind. Eine solche Haltung treibt uns an, fortgesetzt in Gebet und Flehen mit dem Gott, der auf dem Thron der Gnade sitzt, Verbindung zu suchen. Jesaja 57,15 ermuntert uns dazu: «Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.»

Da ist für jeden Schritt auf unserem Pfad, für jedes geistliche Bedürfnis, für jede uns von Gott gestellte Aufgabe, für jede Versuchung und Not, überströmende Gnade vorhanden. Doch wird sie nicht einfach über uns ausgeschüttet. Gott erwartet, dass es uns bewusst bleibt, in Bezug auf Kraft, Weisheit, Leitung und Segen ganz auf Ihn angewiesen zu sein; Er erwartet, dass wir uns immer wieder vor dem Thron der Gnade niederbeugen.

Um rechtzeitig Barmherzigkeit und Gnade zu empfangen, müssen wir uns auch rechtzeitig, d.h. im Voraus da einfinden, wo sie dem Glaubenden in überströmender Weise gegeben werden. Wie bedauerlich ist es, wenn wir dies erst nach manchen Jahren des Versagens einsehen!

Oft sind wir erstaunt, von Ihm andersgeartete, viel geeignetere Hilfe zu erlangen als wir sie erbeten haben. Wieso das? Gott kennt unsere menschlichen Herzen, unsere Umstände, unsere Feinde viel besser als wir selbst. Und ist dies nicht auch deshalb, weil unser Herr Jesus, der als Mensch hier auf der Erde auf seinem Weg makelloser Treue in allem versucht worden ist wie wir, sich rechtzeitig für uns verwendet hat?

Drei göttliche, unversiegbare Hilfsquellen, die uns in den Stand setzen, auf dem Weg zur Ruhe droben zur Ehre Gottes und zum Segen anderer zu leben und zu überwinden! Gott möge uns helfen, sie richtig zu gebrauchen.