Das Haus Gottes in den Büchern Esra und Nehemia

Esra 3,6-13; Esra 4,1-24; Esra 5,1-6.13; Esra 6,14-18; Esra 7,15-23; Esra 8,24-36; Esra 10,1-4; Nehemia 10,32-39

Das Alte Testament ist voll von Bildern, die Gott uns geschenkt hat, damit wir die geistlichen Dinge des Neuen Testaments besser verstehen können. Eines davon ist der materielle Tempel des HERRN in Jerusalem – ein Hinweis auf die Versammlung, die das geistliche Haus Gottes ist (1. Tim 3,15), wobei festgehalten werden muss, dass die Versammlung im Alten Testament nicht offenbart ist. So finden auch die vielen Stellen über den wiederaufgebauten Tempel unter Serubbabel ihre bildliche Anwendung auf die Versammlung, ganz besonders aber auf ihre praktische Verwirklichung an einem Ort, d.h. in ihrem örtlichen Zeugnis.

Bevor wir uns die entsprechenden Verse in den Büchern Esra und Nehemia näher ansehen, wollen wir uns einige Merkpunkte bezüglich des heutigen geistlichen Hauses Gottes in Erinnerung rufen, die sinngemäss auch für eine örtliche Versammlung gelten.

  1. Das Haus Gottes ist sein Wohnort, zum Segen seines Volkes (1. Kor 3,16.17)
  2. Die Heiligkeit des Hauses Gottes verlangt Trennung und Absonderung von allem, was mit ihr nicht übereinstimmt (Ps 93,5).
  3. Gegenüber der Welt stellt dieses Haus ein Zeugnis der Gedanken Gottes im Blick auf die Gesamtheit aller Erlösten dar.
  4. Wie in anderen Bildern, so findet man auch im damaligen Haus Gottes eine Darstellung der Einheit des ganzen Volkes Gottes (nur ein Tempel für ganz Israel). Die örtliche Versammlung gemäss den Grundsätzen des Wortes Gottes ist heute noch der Platz, wo alle Gläubigen eines Ortes sein könnten, ohne ihr Gewissen zu beunruhigen, ohne ihren Herrn zu verleugnen, ohne den Heiligen Geist zu betrüben und ohne sich gegen das Wort Gottes aufzulehnen, wie es geschieht, wenn sie sich nach menschlichen Grundsätzen organisieren. Und jene, die sich auf dieser Grundlage versammeln, sollten immer alle Gläubigen sehen und sie in ihre Gedanken einschliessen.

1. Die Grundlegung (Esra 3,6-13)

Der Tempel unter Serubbabel erreichte keineswegs mehr die herrliche Grösse des salomonischen; aber er wurde an dessen Stätte wieder aufgebaut (Esra 5,11.15; 6,7).

Was ist, im Vergleich damit, die Grundlage der Versammlung, auch der örtlichen, die für alle Zeiten die gleiche bleibt? Es ist Christus, der Fels, und sein Name (Mt 16,16.18; 18,20; 1. Kor 3,11). Dieser Grund wurde von den Aposteln und Propheten des Neuen Testaments gelegt und kann durch nichts ersetzt werden (1. Kor 3,10; Eph 2,20).

2. Der Widerstand von aussen (Esra 4,1-24)

Kaum hatte man den Grund zum Tempel gelegt, da regten sich die Feinde, um dieses Werk zu verhindern. Sie griffen zu verschiedenen Mitteln:

  • Zunächst boten sie den Juden ihre Mithilfe an (Vers 2);
  • dann versuchten sie, die Hände der Bauenden zu lähmen (Vers 4);
  • dann dingten sie Ratgeber, die den Plänen der Bauleute entgegenwirken sollten (Vers 5);
  • und zuletzt konnten sie mit Hilfe der weltlichen Macht einen Baustopp erzwingen (Vers 23).

Die gleichen Gefahren drohen uns in geistlicher Hinsicht. So warnt 2. Korinther 6,14-7,1 eindrücklich vor jeglichem Kompromiss mit der Welt und ihren Grundsätzen. Satan sucht uns geistlich schlaff zu machen, indem er uns unter anderem dazu bringen will, die Zusammenkünfte zu versäumen (Heb 10,24.25). Weiter versucht er dem Zeugnis der Versammlung entweder durch Menschen zu schaden, die man nicht so ohne weiteres als seine bösen Diener erkennt (2. Kor 11,14.15), oder durch offenen Widerstand (2. Tim 3,12).

Warum war Satan bei den Juden schliesslich erfolgreich? Die Antwort finden wir im Propheten Haggai (Hag 1,4-8): weil sie ihre eigenen Interessen vor die Interessen des Hauses Gottes gestellt hatten. – So wird es auch uns gehen, wenn wir unseren Fremdlingscharakter aufgeben, unser Bürgertum in den Himmeln vergessen und unsere irdischen Interessen vor die himmlischen der Versammlung stellen (Mt 6,33; Kol 3,1-4).

3. Der Neubeginn (Esra 5,1-6,13)

Durch den Dienst der Propheten Haggai und Sacharja gab es beim Volk eine innere Wiederherstellung (Hag 1,12.14), und damit bekamen sie neuen Mut zum Bauen, der sich durch die Angriffe des Feindes nicht einschüchtern liess. Gottes Antwort auf eine solche Herzenseinstellung blieb nicht aus. Er vereitelte nicht nur die Anschläge des Feindes, sondern bewirkte daraus eine materielle Unterstützung des Werkes (2. Chr 16,9).

Können wir auch ähnliche Erfahrungen machen? Ja, gewiss! Wenn wir uns über unsere irdische und vielleicht weltliche Gesinnung vor Gott beugen und demütigen (1. Pet 5,6), und aufs Neue seine Interessen voranstellen, wird Er vergeben und neuen Mut schenken, auch gegenüber den Feinden seines Werkes (siehe die Worte der ersten Christen in Apg 4,19.20; 5,29); Gott wird sich heute noch zu denen bekennen, die treu sein wollen und für seine Sache einstehen(Off 3,8; Röm 8,31).

4. Die Vollendung des Baues (Esra 6,14.15)

Die Fertigstellung des Hauses bedeutete, dass wieder ein Tempel vorhanden war, wo der Gottesdienst und alle übrigen Dienste funktionieren konnten. Bei der Anwendung auf das geistliche Haus Gottes, von dem das Neue Testament redet, können wir uns in diesem Zusammenhang die Frage stellen:

Was gehört eigentlich zu einer funktionstüchtigen örtlichen Versammlung? Eine Antwort darauf gibt uns Apostelgeschichte 2,42:

  • Lehre der Apostel,
  • Gemeinschaft,
  • Brotbrechen
  • und Gebet.

Aber diese vier Stücke sind noch nicht alles. Zu einer örtlichen Versammlung gehören auch das Wahrnehmen der kollektiven Verantwortung, das Behandeln von Verwaltungsfragen und der Ältestendienst von Brüdern, die die entsprechenden Merkmale haben (Mt 18,18; Tit 1.5-9).

Die Geschichte des Hauses Gottes im Alten Testament ist ein getreues Abbild der Geschichte der Versammlung unter der Verantwortung des Menschen. Jener Tempel unter Serubbabel war punkto Herrlichkeit nicht zu vergleichen mit dem von Salomo. So stehen auch die heutigen Tage der kleinen Kraft in krassem Gegensalz zu den herrlichen Anfängen der Versammlung (Off 3,8; Apg 4,4.32; 5,13). Aber der Prophet Haggai hat zwei Ermunterungen vonseiten Gottes für die zurückgekehrten Juden:

  1. Gott hatte sich nicht verändert. Er war mit ihnen, und ebenso sein Wort und sein Geist (Hag 2,4.5).
  2. Die letzte Herrlichkeit dieses Hauses würde grösser sein als die erste (Hag 2,9).

Diese Ermunterungen gelten auch uns. Der Herr Jesus selbst ist in der Mitte der zwei oder drei, die sich in seinem Namen versammeln (Mt 18,20). Der Heilige Geist wohnt in der Versammlung, solange sie auf der Erde ist (1. Kor 3,16), und Gottes Wort wird seine Geltung und seine Wirkung nie verlieren, wenn wir es nur festhalten und bewahren wollen (2. Tim 1,13; 3,14-17; Off 3,8). Und die letzte Herrlichkeit der Versammlung? Sie wird alles Bisherige übertreffen. Offenbarung 21,9-11 gibt uns einen Begriff davon.

5. Die Einweihung (Esra 6,16-18)

Die Einweihung des Hauses Gottes ist ein gemeinsames Freudenfest, bei dem die Feiernden das ganze Volk im Auge haben. – So ist die Versammlung ein Ort, wo die Gemeinschaft zum Ausdruck kommt und wo wir beim Betrachten des einen Brotes immer wieder an die Einheit und Gesamtheit aller Kinder Gottes denken dürfen (1. Joh 1,3.4; 1. Kor 10,17). Aber möchten wir uns bei allem, wie die Juden damals, ganz an die Anweisungen des Wortes Gottes halten (Vers 18; 1. Kor 11,23).

6. Das Hebopfer für das Haus (Esra 7,15-23; 8,24-36)

Jahrzehnte nach der ersten Rückkehr der Juden unter Serubbabel kehrte eine zweite, viel kleinere Gruppe unter Esra aus der Gefangenschaft nach Jerusalem zurück. Ihnen wurden kostbare Geräte für den Dienst des Hauses Gottes, sowie Silber und Gold als freiwillige Gaben für das Haus mitgegeben, die sie am Ende einer viermonatigen gefährlichen Reise in Jerusalem abzuliefern hatten. Dank der guten Hand ihres Gottes, die über ihnen war und sie aus der Hand des Feindes und des am Weg Lauernden errettete, konnten sie alles vollzählig abliefern.

Auch uns Gläubigen, die zum geistlichen Haus Gottes gehören, sind wertvolle Dinge anvertraut, die in der Christenheit zum Teil jahrhundertelang in Vergessenheit gerieten. Es sind kostbare Wahrheiten über die Person des Herrn Jesus, der wahrer Gott und wahrer Mensch in einer Person ist, über das Zusammenkommen als Versammlung, über die Zukunft Israels, der Welt und der Versammlung, usw. Sind wir treue Verwalter? Halten wir diese Dinge von ganzem Herzen fest? Lassen wir sie uns nicht rauben?

Für die Überbringung des ganzen Hebopfers hatten damals eine Anzahl Männer eine besondere Verantwortung (Kap. 8,24). Lassen uns diese nicht an die Gnadengaben denken, die der Herr heute seiner Versammlung zu ihrer Auferbauung gibt? Wer eine solche Gabe empfangen hat, ist für ihre Ausübung verantwortlich (1. Pet 4,10; Kol 4,17)

Die Verantwortung, die diesen Männern aufgetragen wurde, erstreckte sich auf die Zeit ihrer Reise von Babel nach Jerusalem. Für uns heisst das: Wir haben eine Gabe vom Herrn für die Zeit auf dieser Erde empfangen. Die Verantwortung endet mit unserem Abscheiden oder unserer Entrückung (2. Tim 4,7.8). Jetzt – nicht später – gilt es, treu zu sein!

7. Die Heiligkeit, die dem Haus Gottes geziemt (Esra 10,1-4)

Esra 9 und 10 handeln von der traurigen Vermischung der Juden mit heidnischen Bewohnern durch gegenseitige Heirat, was Gott ausdrücklich verboten hatte (2. Mo 34,12-16). Wir müssen diese Sünde und die Art und Weise, wie sie gottgemäss geordnet wurde, in Verbindung mit dem Haus Gottes und seiner Heiligkeit sehen; denn wir lesen von Esra, dass er betete und bekannte, «weinend und vor dem Haus Gottes hingestreckt».

Wie in diesem Fall, so gibt es auch in der Versammlung oft böse Dinge, Sünden, wo zur Wiederherstellung ein Bekenntnis allein nicht genügt, wo man nach dem Willen Gottes handeln und Versammlungszucht ausüben muss. Neben den in 1. Korinther 5,9-13 erwähnten Dingen gehören auch böse Lehren, die die Fundamente des christlichen Glaubens und die Person des Herrn Jesus angreifen, zu den Sünden, die einen Ausschluss nötig machen (2. Joh 10.11). Eine solche Zuchthandlung ist immer überaus schmerzlich, sowohl für die, die handeln müssen, als auch für die, die hinausgetan werden. Aber es ist der einzige Weg, der in einem solchen Fall zu einer gottgemässen völligen Wiederherstellung führt, d.h. den Fehlbaren wieder in die volle Gemeinschaft mit dem Herrn und den Seinen bringen kann.

8. Die Abgaben für den Dienst des Hauses Gottes (Nehemia 10,32-39)

Obwohl das Hauptthema im Buch Nehemia der Wiederaufbau der Stadtmauer Jerusalems mit ihren Toren bildet, wird doch dem Unterhalt des Dienstes im Haus Gottes die nötige Beachtung geschenkt. Durch Geldabgaben, durch materielle Gaben aller Klassen des Volkes (Priester, Leviten, Volk) und durch besondere Gaben für die Diener des Hauses Gottes sorgten sie dafür, dass das Haus Gottes «nicht verlassen» wurde.

So können wir uns am Ende unserer Betrachtung fragen: Was ist erforderlich, damit eine örtliche Versammlung fortbestehen kann? Die Verse aus Nehemia 10 machen deutlich, dass es auf jeden ankommt. Jeder muss seinen Teil beitragen. Es beginnt bei unserem persönlichen Leben mit dem Herrn Jesus. Der Einfluss des praktischen Lebens jedes einzelnen auf den Zustand und das Gedeihen der örtlichen Versammlung ist viel grösser, als wir meistens annehmen.

Eine besondere Aufgabe haben auch die Eltern in der Unterweisung ihrer Kinder im Blick auf die Versammlung.

Weiter gehören die verschiedenen Dienste dazu, die durch Gaben, die der Herr geschenkt hat, ausgeübt werden: in evangelistischer Hinsicht; in der Betreuung von einzelnen, die von aussen kommen, oder solchen, die lau geworden sind; in der Belehrung durch die Verkündigung der Wahrheit, um die Seelen zu belehren, zu befestigen und in der Wahrheit zu vertiefen.

Zum Weiterbestand einer örtlichen Versammlung gehört sicher auch, dass allen materiellen Belangen und Bedürfnissen nachgekommen wird (Deckung aller Kosten in Verbindung mit dem Lokal, Unterstützung der Diener des Herrn und der Bedürftigen).

Wenn unser Gott so treu für seine Versammlung besorgt ist (vgl. Hag 2,4.5), so wollen wir uns unserer Verantwortung nicht entziehen und «das Haus unseres Gottes nicht verlassen» (Neh 10,39b).