Die Auserwählung Israels
Dem Begriff «Auserwählung» begegnen wir in der Heiligen Schrift oft.
Zunächst wird uns im Alten Testament Israel, die Nachkommen Abrahams, als das Volk vorgestellt, das sich der HERR aus allen Völkern zum Eigentum erwählt hat (5. Mo 10,15; Jes 41,8.9). Zu diesem auserwählten Volk gehörte durch Geburt jeder Israelit.
Diese Beziehung Gottes zu Israel gründete sich auf einen Bund: Das Volk wurde feierlich dazu verpflichtet, sich dem Gesetz, allen Worten des HERRN, zu unterwerfen. Hierauf wurde es mit Blut besprengt, was im Fall von Übertretung von Gericht, von Vergeltung redete (2. Mo 24,3-8).
Dieser Bund konnte nicht bestehen und die Auserwählung nicht wirksam bleiben. Die Beziehungen des HERRN mit Israel sind abgebrochen. Aber nach der Entrückung der Versammlung, in der Drangsalszeit, wird sich ein gläubiger Überrest bilden, der trotz aller Verfolgung Christus aufnehmen wird. Mit diesem wird Christus einen neuen Bund schliessen, aufgrund seines Blutes, das des neuen Bundes. Diese sind dann seine «Auserwählten» für sein Reich auf der Erde (Mt 24,22.24.31).
Die Auserwählung vor Grundlegung der Welt
Schon bevor die Auserwählung Israels für ein irdisches Reich Tatsache wurde, vor Grundlegung der Welt, trug Gott den Ratschluss im Herzen, Menschen aus allen Nationen der Erde für ein kommendes himmlisches und ewiges «Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus» zu berufen. Aber dieser Ratschluss wurde erst offenbar, als das Erlösungswerk von Christus vollbracht und Er selbst von seinem irdischen Volk verworfen worden war. Lasst uns vor einigen Stellen stillstehen, die von dieser Auserwählung reden:
Der Charakter der Auserwählung
«Auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi» (1. Pet 1,2).
Die Auserwählung gab in der Christenheit schon viel zu reden. Doch diese Stelle erklärt sie in einfacher Weise: Gott kannte schon vor dem Anfang aller Dinge die Menschen, die einst das Heil in Christus annehmen würden. Der Glaubende zweifelt nicht an dieser Vorkenntnis Gottes. Und wen Er damals schon als einen Erlösten erkannte, den zählte Er zu den Auserwählten für das himmlische Reich.
Gott will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1. Tim 2,4). Er bestimmt nicht die einen für die Herrlichkeit, die anderen für die Hölle. Jene Verfluchten in Matthäus 25,41 werden ihr Schicksal selber verschuldet haben: Ihr Leben beweist, dass sie Christus nicht liebten; sie haben den Seinen nicht gedient.
Petrus nimmt deutlich Bezug auf die schon angeführte Stelle in 2. Mose 24. Dort ging es um Israel, auserwählt zum Eigentumsvolk des HERRN. Sie wurden unter Gesetz gestellt und mussten den Bund halten; denn sie waren unter Blutbesprengung. Aber ach, der natürliche Mensch hat keine Kraft dazu. Die Geschichte Israels bezeugt es.
Um zum auserwählten Volk zu gehören, musste man vom Geschlecht Israels sein. Wie aber wird man ein Auserwählter für das himmlische Reich?
Dies geschieht nicht durch Abstammung, sondern durch Heiligung des Geistes. Der Heilige Geist beschäftigt sich schon mit den Sündern. Er wendet Gottes Wort auf Herz und Gewissen an. Er führt ins Licht und bewirkt Sündenerkenntnis. Er zieht zum Heiland Jesus Christus hin. Wer an Jesus glaubt, wird von neuem geboren, «durch Wasser und Geist». So wird die Seele von der Welt und von der Sünde abgesondert, für Gott geheiligt.
Der von neuem Geborene hat Leben aus Gott. Er besitzt den Heiligen Geist als die Kraft dieses Lebens. Er ist, als neuer Mensch, nicht unter das Gesetz Moses gestellt, sondern zum Gehorsam Jesu Christi berufen. Das geht viel weiter. Aber im Geist wandelnd kann er sagen: «Seine Gebote sind nicht schwer» (1. Joh 5,3).
Der Auserwählte ist am Platz, wo er unter der Blutbesprengung Jesu Christi steht. Sie hat eine andere Bedeutung als die Blutbesprengung des Volkes Israel. Der Auserwählte ist durch das Blut Jesu gerechtfertigt. Er hat dadurch die Erlösung. Es reinigt sein Gewissen. Durch das Blut hat er Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum. Es reinigt ihn von aller Sünde. Muss er Sünden bekennen, so ist Gott aufgrund dieses Blutes treu und gerecht, «dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit». Durch dieses Blut ist er aber auch für Gott erkauft, um fortan Ihm zu leben (Röm 5,9; Eph 1,7; Heb 9,14; 10,19; 1. Joh 1,7.9; Off 5,9).
Das also ist der Charakter der Auserwählung, deren wir uns rühmen dürfen!
Kenntnis von der eigenen Auserwählung
«Wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung» (1. Thes 1,4).
Woher hatte der Apostel dieses Wissen? Oh, die Thessalonicher bewiesen durch ihr Leben, dass ihr Glaube an Gott und ihre Bekehrung zu Ihm echt waren. Sie dienten nur noch Ihm und erwarteten seinen Sohn aus den Himmeln.
Jeder Gläubige darf wissen, dass er zu den Auserwählten gehört. An wie viele Menschen ergeht doch der Ruf des Evangeliums: Kommt zu Jesus! Aussen an der schmalen Pforte, durch die sie eingehen sollen, steht gleichsam geschrieben: «berufen». Wer aber durch Buße und Glauben hineingeht, kann an der Innenseite die Worte lesen: «auserwählt».
Was sind die Auserwählten in sich selbst?
«Seht eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache; und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt und das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichtemache, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme. Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung; damit, wie geschrieben steht: ‹Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.›» (1. Kor 1,26-31).
Auserwählte sind solche, die demütig und klein mit ihrer Schuld zu Christus Jesus gekommen sind. Die sich für gross und gut und weise halten, bleiben draussen.
Das hohe Ziel der Auserwählung
«Wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe; und uns zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten» (Eph 1,4-6).
Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus. Das ist unser ewiger Standplatz. Er ist nicht auf der Erde, sondern im Himmel, am Wohnort Gottes selbst. Zu diesen Segnungen gehört, dass «Er uns auserwählt hat in Ihm vor Grundlegung der Welt». Eine solche Auserwählung ist unumstösslich, wie das Wohlgefallen Gottes an seinem Sohn selbst. Denn unsere ewige Stellung vor Gott ist «in ihm». Daher sind wir auf immerdar heilig und untadelig vor Ihm in Liebe. Auch hat Er uns zuvor bestimmt zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst. Wie redet dies doch zu unseren Herzen, und wir rufen und werden immer wieder rufen: «Abba, Vater!» (Gal 4,6).
Ach, wie oft kam in den Gliedern des Körpers, in dem wir jetzt noch sind, das Gesetz der Sünde zur Auswirkung! Aber Gott hat die, die Er zuvor erkannt hat, also die Auserwählten, auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Wenn unser Herr Jesus kommt, wird Er «unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit» (Röm 8,29.30; Phil 3,21). Der neue Mensch, die neue Schöpfung in Christus, wird dann den ihm entsprechenden Leib haben. Die Auserwählten werden nach innen und nach aussen Ihm gleich sein; «denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist» (1. Joh 3,2). Sie haben dann völlige Freude in der vollkommenen, ungestörten Gemeinschaft mit Ihm.
Die ewige Sicherheit der Auserwählten
Im Himmel, im vollkommenen Zustand, wird sie niemand mehr antasten können. Aber in diesem Leib? Hier auf der Erde, wo wir so oft straucheln? Da sind Menschen um uns her, die uns oft anklagen, und wir geben ihnen leider so manchen Anlass dazu. Und vor Gott erscheint auch «der Verkläger unserer Brüder», der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagt (Off 12,10). Wird Er da an seinen Auserwählten irre werden?
Mitnichten. Gott ist für uns. Er hat seinen eigenen Sohn für uns hingegeben, um in Ihm ein vollkommenes Heil aufzurichten. Darin dürfen die Seinen stehen. Der Apostel schreibt, geleitet durch den Heiligen Geist: «Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt; wer ist es, der verdamme?» (Röm 8,33).
Wohl züchtigt der Vater seine Kinder. Aber keinen Augenblick betrachtet Gott sie anders, als in Christus gerechtfertigt und geheiligt. Da mögen noch so viele Balaks und Bileams kommen, um sie zu verfluchen, Er sieht «keine Ungerechtigkeit» in seinen Auserwählten, weil sie auf ewig in Christus sind.