Die Wüste Sin

2. Mose 16

Jeder Schritt unserer Reise hier auf der Erde offenbart die völlige Unwürdigkeit des Menschen und die überströmende Gnade Gottes. Die ganze Versammlung Israels murrte und sagte zu Mose: «Wären wir doch im Land Ägypten durch die Hand des HERRN gestorben, als wir bei den Fleischtöpfen sassen, als wir Brot assen bis zur Sättigung! Denn ihr habt uns in diese Wüste herausgeführt, um diese ganze Versammlung vor Hunger sterben zu lassen.»

Dieses Murren war sehr traurig – geradeso wie die schreckliche Sünde des Unglaubens, die den Gläubigen heute so gerne verfolgt. Man sollte meinen, dass, wenn eine solch glänzende Zukunft vor uns steht, wir keine lüsternen Blicke mehr auf die Welt würfen, die hinter uns liegt! Aber ist es so?

Was war die Antwort Gottes auf dieses Murren? Wunderbare Gnade! «Da sprach der HERR zu Mose: Siehe, ich werde euch Brot vom Himmel regnen lassen; und das Volk soll hinausgehen und den täglichen Bedarf an jedem Tag sammeln.»

Beachten wir, dass der Sabbat, die Ruhe Gottes, vor dem Gesetz gegeben wurde und zwar in Verbindung mit dem Brot des Himmels als Nahrung. Er wurde Israel zuerst als ein Vorrecht gegeben und nicht als ein Gebot auf dem Grundsatz des Gesetzes. Hier ruhte das Volk am siebten Tage und ich weiss keinen anderen Fall, wo das Volk am Tag des Sabbats ruhte. Das ist sehr auffallend. Von Adam bis auf Mose, ja sogar bis zum Tag, von dem das 16. Kapitel des zweiten Buches Mose spricht, d.h. während mehr als zweitausendfünfhundert Jahren, bediente sich der Geist nie des Wortes Sabbat. Hier aber, in der Wüste Sin, ist er die Gabe Gottes der vollkommenen Gnade an sein erlöstes Volk. Auf dem Grundsatz der Gnade, bevor das Gesetz gegeben wurde, «ruhte das Volk am siebten Tag» (Vers 30). Später, als sie unter Gesetz waren, wiederholte der Geist diese Worte nie mehr.

Gott gab dem Volk Israel den Sabbat ausdrücklich aufgrund der Erlösung, wie wir in 5. Mose 5,15 lesen: «Erinnere dich daran, dass du ein Knecht gewesen bist im Land Ägypten und dass der HERR, dein Gott, dich … von dort herausgeführt hat; darum hat der HERR, dein Gott, dir geboten, den Sabbattag zu feiern.» So war ihnen also der Sabbat gegeben, weil sie erlöst waren; aber sie genossen diese Ruhe erst beim Einsammeln des himmlischen Mannas, und dies auf dem Grundsatz der reinen Gnade.

Möge der Geist Gottes das Verständnis meines Lesers öffnen, damit er Christus, das Brot des Lebens, in diesem Bild sehe. Es ist wichtig zu verstehen, dass der alleinige Boden, auf dem Gott dem schuldigen Sünder Ruhe geben kann, das sühnende Blut Christi ist, wovon das Passah ein Vorbild ist. Ja, Gott blickt auf das Lamm, das «unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist» (Röm 4,25). Wir haben die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, und als Folge davon den Frieden. Dieser Friede ist die Gabe der reinen Gnade Gottes. Wie der Sabbat für jeden Israeliten eine Gabe dieser Gnade war, ist auch der Friede, die Ruhe Gottes, die Gabe derselben Gnade für jeden Glaubenden, der durch das Blut Christi erlöst ist.

Aber du sagst: «Wenn dem so ist, warum trete ich dann nicht in diese Ruhe ein, warum geniesse ich den Frieden mit Gott so wenig?» Die Lektion der Wüste Sin ist eine ernste Antwort auf diese Frage: Das Manna war ein Vorbild auf Christus hin, dem Brot des Lebens. Die aus Ägypten Erlösten nährten sich davon. Sie hatten jeden Tag ein bestimmtes Quantum davon zu sammeln.

Trifft dies auch auf dich zu, mein Leser? Sammelst du jeden Tag das Manna, Christus, in seinem Wort? Wenn du keine Zeit fändest, deine tägliche Nahrung zu essen, würdest du dich wohl kaum wundern, wenn du schwach und krank würdest. Wenn du aber keine Zeit hast, die Brocken des Brotes des Lebens im Wort sammeln, ist es dann ein Wunder, wenn dein geistliches Leben abnimmt? Lies die Worte des Herrn über diesen Punkt. Er sagt: «Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird niemals dürsten» (Joh 6,35). Hast du in Ihm deine tägliche Speise gefunden?

Jeder Hebräer hatte einen Gomer – ungefähr zweieinhalb Liter – Manna zu sammeln; jeder im Verhältnis zu dem, was er zu essen vermochte. Wer grossen Appetit hatte, dem mangelte nicht und wer viel gesammelt hatte, sollte nichts übrig lassen. Es war mit dem Manna wie mit dem Lamm: Jeder bekam so viel, als er essen konnte. Das Blut des Lammes hat den tiefsten Bedürfnissen des Sünders entsprochen, und durch das Brot aus dem Himmel werden unsere täglichen Bedürfnisse gestillt.

Zweifellos ist es sehr kostbar, uns am ersten Tag der Woche versammeln zu dürfen, um des Todes des Herrn zu gedenken, um Brot zu brechen und vom Kelch zu trinken, der sein vergossenes Blut darstellt, und um durch dieses eine Brot auch die Einheit des Leibes des Christus zum Ausdruck zu bringen. Gewiss ist es gut, darin zu verharren. Daneben gibt es aber auch ein tägliches Teil: Unser ständiges Bedürfnis nach geistlicher Nahrung. Lies bitte Johannes 6,30-71 in Verbindung mit diesem Gegenstand.

Wie ist doch dieses Bild so einfach! Gott gab das Brot aus dem Himmel. Der erlöste Israelit sammelte es. Es lag da, «wie der Reif auf der Erde … und sie sammelten es Morgen für Morgen … sein Geschmack war wie Kuchen mit Honig.» Ein schönes Bild von Christus, der ohne Flecken ist, klein, verachtet in den Augen der Welt! Aber wenn der Christ das Manna sammelt, diesen Tau der Morgendämmerung, wie erfrischend ist es dann! So wird es empfunden, wenn der Geist durch das kostbare Wort Gottes Jesus der Seele offenbart.

Gott gab ihnen für den Sabbat eine ausreichende Menge, und so konnten sie an diesem Tag ruhen. Gott hat auch dir Ruhe gegeben. Wenn du sie nicht geniessest, so deshalb, weil du nicht deine doppelte Portion gesammelt hast. Lies das Wort fleissiger! Denke mehr über Christus nach! Da ihnen Gott das Doppelte von dem gab, was sie zu essen vermochten, ruhten sie am siebten Tage. Indem uns Gott seinen geliebten Sohn gegeben hat, überschüttet Er uns mit Segnungen und beschränkt sich nicht bloss darauf, uns gerade das Nötige zu geben.

So ruhten sie denn durch Gnade und nicht durch Gebot, wie auch wir in Christus ruhen. Einige glaubten nicht und gingen hinaus, um Manna zu suchen, aber sie fanden keines. So ist es auch bei uns, wenn wir nach unseren eigenen Gedanken die unaussprechliche Gabe Gottes vernachlässigen.

Es war ein grosser Unterschied, ob man den Sabbat hatte oder ob man ruhte. So ist es auch zweierlei, den Frieden mit Gott zu haben und diesen Frieden zu geniessen. Möchtest du die Ruhe mit Gott geniessen? Sammle das Manna, nähre dich von Christus; der Geist wird von dem Seinen nehmen und es dir verkündigen; dabei ist es aber wichtig, dass du den Heiligen Geist, durch den du versiegelt worden bist, nicht betrübst.

Das Manna hatte einen Geschmack wie Kuchen mit Honig. Und was kann es für ein Kind Gottes Köstlicheres geben, als die Gemeinschaft mit Christus durch den Geist? Suche diesen heiligen und lieblichen Genuss der Gemeinschaft mit dem Herzen Christi. Wenn der Ausblick, für immer bei dem Herrn zu sein, dein Herz erfreut, so suche ernsthaft, auch jetzt schon mehr Gemeinschaft mit Ihm zu haben, solange du noch auf der Erde bist.