Petrus richtete seinen Brief an Gläubige, die Juden gewesen und dann mit Gott als Vater in Beziehung gekommen waren, den der Herr Jesus selbst offenbart hat. Sie waren auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters (Vers 2). Und im 3. Vers fährt der Apostel fort: «Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner grossen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten.»
Für jene Gläubigen aus Israel war nun alles anders geworden: Anstatt eines irdischen Landes Kanaan besassen sie jetzt ein himmlisches Erbteil. Durch Gottes Macht und durch Glauben wurden sie bewahrt zur Errettung, die durch das zweite Kommen unseres Herrn eingeleitet wird.
Auch wir Kinder Gottes, die wir aus den Nationen sind, besitzen dieses herrliche Teil und frohlocken darin. Aber wie jene Gläubigen werden auch wir in der Zwischenzeit, die bis zur Erfüllung unserer lebendigen Hoffnung verstreicht, durch mancherlei Versuchungen oder Prüfungen geführt: durch Krankheit, Leiden, Schwachheit – viele unserer Brüder sogar durch Verfolgung und Drangsal – alles Dinge, die uns sehr zusetzen. «die ihr jetzt eine kurze Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei Versuchungen.»
Solche Belastungsproben sind nützlich. Sie werden uns auferlegt, «wenn es nötig ist». Auch wenn sie unser ganzes Leben hindurch andauern sollten, so wären diese Tage gegenüber der Ewigkeit nur «eine kurze Zeit».
«Wenn es nötig ist» – wer vermag dies abzuwägen? Etwa ich selbst, der ich mich so gut zu kennen meine und so leidensscheu bin? Gewiss nicht. Nur «Gott, der grösser ist als unser Herz und alles kennt» (1. Joh 3,20), kann in seiner Weisheit und vollkommenen Einsicht ermessen, was wir nötig haben. Er ist unser Vater und hat in seiner unendlichen Liebe Grosses im Sinn für seine Kinder. Er will mit uns zu einem herrlichen Ziel kommen, das erst in der Herrlichkeit droben voll erreicht wird.
Wann sind denn Leiden und Trübsale nötig? – Dann, wenn Gott, unser Vater, sieht, dass Er auf einem anderen Weg mit uns nicht zu seinem Ziel gelangt. Wir sind wie Pflanzen, die bis zu der vor uns liegenden Errettung aus dieser Welt und Zeit wachsen sollen (1. Pet 2,2). Ist dieses geistliche Wachstum gestört, ergreift Er geeignete Massnahmen, um die Hindernisse zu beseitigen.
Wachsen in der Gnade
Er will z.B., dass wir in der Gnade wachsen (2. Pet 3,18). Wie kann dies geschehen, solange wir uns stark fühlen und uns für weise halten? Das zwingt Ihn, uns zu zerschlagen. Dann aber ruft Er uns zu: «Auf diesen will ich blicken: auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist und der da zittert vor meinem Wort.» (Jes 66,2).
Wachsen in der Erkenntnis
Er will auch, dass wir in der «Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus» wachsen (2. Pet 3,18). Er erkennt die Ursachen, die diesem Wachstum entgegenstehen. Oft muss Er uns da die irdischen Dinge aus der Hand nehmen und uns aufs Lager legen, damit wir Zeit finden, das zu tun, was Er uns in Kolosser 3,1.2 sagen liess: «Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist …» (Vergleiche auch Eph 4,13-16).
In der Wüste, in grosser Not, war es, wo David aus der Tiefe seines Herzens ausrief: «Gott, du bist mein Gott! Früh suche ich dich. Es dürstet nach dir meine Seele, nach dir schmachtet mein Fleisch in einem dürren und lechzenden Land ohne Wasser.» Hier machte er auch die Erfahrung: «Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele, und mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund, wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager, über dich sinne in den Nachtwachen» (Ps 63,2.6.7).
Züchtigung und Erziehung
Prüfungen und Trübsale können auch Züchtigungen oder Erziehungsmittel in der Hand Gottes, unseres Vaters sein. Jedes seiner Kinder hat sie nötig. In Hebräer 12 lesen wir: «Wen der Herr liebt, den züchtigt er; er geisselt aber jeden Sohn, den er aufnimmt. Was ihr erduldet, ist zur Züchtigung: Gott handelt mit euch als mit Söhnen; denn wer ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?»
Vielleicht beneidetest du schon, wie Asaph im 73. Psalm, die Übermütigen, die Gottlosen, die nicht «im Ungemach der Sterblichen sind», und «mit den Menschen nicht geplagt werden». Aber selbst wenn du «den ganzen Tag geplagt» werden solltest und «jeden Morgen» deine Züchtigung da wäre (Vers 14), so wäre das nur ein Beweis der Vaterliebe und Vatertreue deines Gottes. Ungläubige mag Er durch Schicksalsschläge zur Umkehr bringen, aber seine Kinder züchtigt oder erzieht der Vater, damit sie, die «Heiligen in Christus Jesus», in praktischer Weise «seiner Heiligkeit teilhaftig werden». Denn «wenn sie mit Fesseln gebunden sind, in Stricken des Elends gefangen werden, dann macht er ihnen ihr Tun und ihre Übertretungen kund» (Hiob 36,8.9). Die Züchtigung öffnet unser Ohr für Gottes Wort, das uns zeigt, wo unser tägliches Leben, unsere Lebensgewohnheiten, unsere Beweggründe von weltlichem Unrat und den Schlacken fleischlicher Gesinnung gereinigt werden müssen. So bewirkt die Züchtigung schliesslich «die friedsame Frucht der Gerechtigkeit» bei denen, «die durch sie geübt sind», die sich also vor dem Vater demütigen und Selbstgericht üben über das, was Er in ihrem Leben aufdeckt.
Bewährung des Glaubens
Hier, in den Eingangsversen des ersten Petrus-Briefes, finden wir noch eine weitere Begründung, weshalb Prüfungen nötig sind: «Damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi.» Unser Glaube, unser Vertrauen in Gott soll durch die Prüfungen geläutert, gestärkt und vertieft werden.
Abraham ist ein deutliches Beispiel dafür. Durch die jahrzehntelange Erprobung seines Glaubens wuchs sein Vertrauen in Gott und seine Verheissung derart, dass er am Ende sogar bereit war, Isaak, den Sohn der Verheissung, zu opfern.
Wie ermunternd ist es zu wissen, dass dann, wenn unser Erdenlauf zu Ende ist und weder Glaube noch Erprobung des Glaubens mehr nötig sind, die Ergebnisse dieser Erprobung «befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi.»
Versuchungen, Prüfungen und Trübsale sind also nötig, damit Gott sein herrliches Ziel mit uns erreicht. Lasst uns dabei nie vergessen, dass Er, nach Maleachi 3,3, bei uns «sitzt» und in Sorgfalt den Läuterungsprozess überwacht. Er will, dass uns reichlich dargereicht werde der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, zur Verherrlichung der unendlichen Gnade Gottes, die sich hier auf der Erde in Treue mit uns beschäftigt hat.