Mit diesem kurzen Aufsatz möchten wir die Aufmerksamkeit des Lesers auf das Zeugnis lenken, das der Herr und seine Apostel der Schrift geben, ganz besonders im Evangelium Johannes.
Als Jesus am Anfang seines Dienstes den Tempel gereinigt hatte (Joh 2), erinnerten sich die Jünger an die Worte in Psalm 69,10: «Der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt.» Das ist ja der Psalm, der von den Leiden des Herrn redet, die Er wegen seines Eifers für denn HERRN, dessen Ehre Er von ganzem Herzen suchte, von der Hand sündiger Menschen zu erdulden hatte.
Im gleichen Kapitel redet Er von dem Tempel seines Leibes, und wir lesen hier (Johannes 2,22): «Als er nun aus den Toten auferweckt war, erinnerten sich seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.»
Das geschriebene Wort und das gesprochene Wort werden oft zusammengebracht, und hier wird die «Schrift» sogar dem Wort des Herrn vorausgestellt. Dasselbe finden wir auch in Kapitel 5,46.47: «ihr Mose glaubtet, so würdet ihr mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?»
Erinnert uns das nicht an den Ausspruch Moses: «Einen Propheten aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, gleich mir, wird der HERR, dein Gott, dir erwecken; auf ihn sollt ihr hören»? (5. Mo 18,15).
In diesen Tagen des Unglaubens werden die Schriften Moses durch die «höhere Kritik», die Modernisten und andere, angegriffen. Wie ganz anders aber war die Haltung, die der Sohn Gottes selbst diesen Büchern gegenüber einnahm! Er stellte, im Gegensatz zu ihnen, diese Schriften seinen eigenen Worten voran. Nicht dass sie mehr Wert gehabt hätten, gewiss nicht, aber das Geschriebene nahm einen wichtigeren Platz ein als das Gesprochene.1
Lasst die Menschen so viele Schwierigkeiten oder eingebildete Unstimmigkeiten finden, als sie nur wollen; kein aufrichtiger Christ kann auch nur für einen Augenblick bezweifeln, dass die Worte des Sohnes Gottes von unanfechtbarer Wahrheit und von höchster Bedeutung und Wichtigkeit sind; und Er hat unter das geschriebene Wort der «Schrift» oder der «Schriften» sein Siegel gesetzt.
Erinnern wir uns auch daran, dass Jesus den Satan bei der Versuchung in der Wüste mit dem geschriebenen Wort überwunden hat. «Es steht geschrieben», das war dem Sohn Gottes genug, und so sollte es auch für uns sein. Aber Er gebrauchte die Schrift mit göttlicher Geschicklichkeit – gerade das rechte Wort zur rechten Zeit und am rechten Platz. Für uns setzt dies Abhängigkeit von Gott und Glauben an sein Wort voraus.
«Ihr erforscht die Schriften», sagt der Herr, «sie sind es, die von mir zeugen» (Joh 5,39). Bezeugen wir nicht oft mit Recht, dass Christus der Gegenstand des Alten wie auch des Neuen Testaments ist? Und der Herr sprach hier vom Alten Testament. Ein grosses Wunder dieses Buches ist dies, dass durch alle 39 Bücher des Alten Testaments hindurch wie ein eingewobener goldener Faden Christus das Thema ist.
Hören wir auf das Zeugnis aus dem Mund des Herrn über das Alte Testament: «Die Schrift kann nicht aufgelöst werden» (Joh 10,35). Die Juden seiner Tage glaubten an die Autorität dieser Schriften, wenn sie auch nicht an den glaubten, von dem sie redeten. Aber weil sie bekannten, an die Schriften zu glauben, konnte Er sich auf diese beziehen als auf den anerkannten Pfeiler der Wahrheit.
Gerade diesen Juden wurde die Ehre und die Verantwortung zuteil, dass die Aussprüche Gottes ihnen anvertraut wurden. Aber so wie auch heute in der Christenheit viele vorgeben, an die Bibel zu glauben, kannten sie den, von dem die Bibel so ausgiebig zeugt, nicht als persönlichen Heiland.
Vom dreizehnten Kapitel des Johannes-Evangeliums an wird siebenmal festgestellt, dass sich gewisse Dinge ereigneten, damit die Schriften erfüllt würden. Dies ist in der feierlichen Stunde des Kreuzes besonders auffallend. Das Kleid von Jesus durfte nicht zertrennt werden, weil der Ausspruch in Psalm 22,19 erfüllt werden musste: «Sie teilen meine Kleider unter sich, und über mein Gewand werfen sie das Los.»
Auch was in Psalm 69,22 geschrieben war, «In meinem Durst gaben sie mir Essig zu trinken», musste sich ereignen, als Antwort auf den Ausruf Christi: «Mich dürstet.» Selbst in solchen Augenblicken durfte kein Wort unausgeführt bleiben; jeder prophetische Ausspruch, seinen Tod betreffend, wurde erfüllt. Dann sagte Jesus: «Es ist vollbracht und übergab den Geist.» So gab Er – ein Akt seines Willens – sein Leben hin, entsprechend dem Wort in Johannes 10,18. Oh, wie viel liegt doch in diesen beiden Worten: «Mich dürstet» und: «Es ist vollbracht!» (Joh 19,28.30).
Nach dem Tod des Herrn mussten zwei weitere Schriften erfüllt werden: «Kein Bein von ihm wird zerbrochen werden.» Weil Jesus als das willige Opferlamm seinen Geist schon übergeben hatte und gestorben war, brachen Ihm die Soldaten die Beine nicht, sondern durchstachen seine Seite, und der gläubige Überrest wird einst nach der Weissagung Sacharjas «den anschauen, den sie durchstochen haben» (Joh 19,36-37; Sach 12,10). Dann wird die Hartherzigkeit der Juden gebrochen und der Geist der Gnade und des Flehens von oben her über sie ausgegossen werden, der sie zu tiefem Wehklagen und bitterem Leidtragen (Sach 12,10) führen wird, darüber, dass sie ihren eigenen Messias gekreuzigt haben.
Wir können jetzt nicht länger bei den Worten des Herrn verweilen, die Er nach seiner Auferstehung (am Ende des Lukas-Evangeliums) als Zeugnis über die Schriften des Alten Testaments aussprach; aber sie sind sehr bemerkenswert und eindrücklich. «von Mose und von allen Propheten anfangend, erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn selbst betraf» (Lk 24,27). Er hätte sie nach seiner eigenen göttlichen Weisheit belehren können, aber Er tat es nicht, sondern gebrauchte das geschriebene Wort, das Wort, das auch uns zur Verfügung steht, umso mehr, als jetzt der Heilige Geist gekommen ist, um uns dafür Verständnis zu geben.
Lasst also in diesen bösen Tagen uns eng an das geschriebene Wort Gottes anschliessen, sowohl an das Alte als auch an das Neue Testament, unter Gebet darüber nachsinnen und uns davon nähren, indem wir Christus darin suchen und es jederzeit zu unserer Leitung machen.
- 1Vergessen wir dabei nicht, dass «der Geist Christi» in den Propheten des Alten Testaments wirksam war, als sie die Weissagungen niederschrieben (1. Pet 1,11).