Trübsale können sowohl Erprobungen des Glaubens als auch Züchtigungen sein. Was uns begegnet, hat also nicht immer die Bedeutung einer Züchtigung. In den Wegen Gottes mit seinen Kindern gibt es beides, Erziehung und Züchtigung.
Seine Erziehung hat das Ziel, uns praktisch zu reinigen und zu heiligen; sie lehrt uns, das Fleisch im Tod zu halten und zerbricht den Eigenwillen. Ihr inneres Werk hilft uns, vor äusseren Versuchungen Schutz zu suchen, die uns sonst wegen der angeborenen Oberflächlichkeit des Herzens überraschen könnten. Ach, unser Herz gibt sich so leicht, ohne sich dessen bewusst zu sein, der Eitelkeit hin, wenn es nicht ein Gegengewicht gibt! Ich meine damit die so natürliche Neigung, Gottes Gegenwart zu vergessen.
Durch die Züchtigung will Gott auf das Gewissen einwirken. Sie soll dieses durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes, die sie begleitet, im Blick auf eine gewisse Verfehlung aufwecken. Ihr Ziel ist aber noch nicht erreicht, solange die Wurzel des begangenen Fehlers dem Gewissen unbekannt bleibt (was auch für alle Arten der Erziehung gilt). Mangel an Abhängigkeit von Gott, Hochmut und anderes kann zu vielerlei Verfehlungen führen. Die Seele ist erst wiederhergestellt, wenn das, was dazu Anlass gab, im Herzen gerichtet ist.
Die Erziehung bezieht sich mehr auf den Zustand der Seele. Da gibt es Nachlässigkeit, Stolz, Oberflächlichkeit im Umgang mit Gott und tausend andere Dinge, die den Weingärtner veranlassen, das Winzermesser zu gebrauchen. Oft ist es auch nötig, dass Dinge, die dem Gewissen noch gar nicht bewusst sind, daran gehindert werden, im Herzen zu wirken. Das Fleisch muss auf diese Weise schon zum Voraus in Schach gehalten werden.
Auch die Entfaltung des neuen Menschen macht Prüfungen nötig. Christus selbst ist durch solche Prüfungen hindurchgegangen. Obwohl der neue Mensch an sich vollkommen ist, so gibt es doch Fortschritte in seiner Darstellung. In uns vermischt sich das Alte und das Neue; in Christus gab es nur das letztere. Er war immer vollkommen, aber Er hat in dem, was Er litt, den «Gehorsam» gelernt. Sein Glaube und sein Gehorsam wurden durch Umstände, deren Schwierigkeit sich bis zum Tod zum Höchstmass steigerte, der Prüfung unterzogen. Am Kreuz offenbarte sich seine Vollkommenheit im Leiden, nicht im Handeln. Sein Leiden erforderte eine totalere Selbsthingabe als sein Handeln im Leben.
Gott erlaubt, dass der Feind auf den Weg des neuen Menschen Schwierigkeiten legt, um ihn zu erproben. Die Energie des neuen Menschen wird dadurch geübt und gestärkt und später gekrönt. Handeln wir nicht im Glauben, weichen wir zurück und verlieren die Freude oder doch wenigstens das Licht des Heiligen Geistes. Der neue Mensch, obwohl vollkommen in seiner Natur, ist ein abhängiges Wesen. Und diesen Platz der Abhängigkeit hat auch Christus eingenommen. Oft sind äussere Prüfungen nötig, damit wir auseinanderhalten lernen, was vom alten und was vom neuen Menschen ist, die sich in unseren trügerischen Herzen so leicht vermischen. Verbleibt im Herzen eine Beschwerde, die wir nicht vor den Gott der Gnade gebracht haben, oder irgendwelches Misstrauen in Ihn, so ist dies vom Fleisch und das Werk des Feindes. Gehen wir wegen irgendwelcher Schwierigkeit nicht vorwärts, wenn Gott uns den Weg gezeigt hat, so handelt das Fleisch und der Geist wird betrübt.
Lasst uns Ihm vertrauen und uns seiner Liebe erfreuen. Wir mögen manchmal niedergeschlagen sein – zwar fast nie ohne einen gewissen Mangel an Glauben – aber alles geht gut, wenn wir es vor Gott bringen. Ist es eine Prüfung, wird Er uns gewiss trösten; ist es Züchtigung wegen eines Fehlers, so wird Er uns ihn zum Bewusstsein bringen. Lasst uns mit allem zu Ihm gehen; sein Friede wird dann unsere Herzen bewahren in Christus Jesus.