Heute kommen wir auf etwas zu sprechen, das für das Leben des Christen «vom ersten Tag an» sehr wichtig ist, das wir aber so schwer begreifen: Das Christenleben ist ein Wandeln nach dem Willen Gottes.
Du sagst vielleicht: Das weiss doch jeder! – Aber gemach, lieber Freund! Wir haben von dieser Wahrheit praktisch nur so viel verstanden, als wir sie ins Leben umsetzen. War es dir gestern zum Beispiel vom Morgen bis zum Abend darum zu tun, «dem Willen Gottes zu leben»? – Nein? – Nun, siehst du, es ist also nicht überflüssig, auf diese Frage etwas näher einzugehen.
Wir waren «Söhne des Ungehorsams»
Epheser 2,1-3
Zunächst wollen wir uns auf unser Leben zurückbesinnen, das wir vor unserer Bekehrung geführt haben.
Die Feder Gottes gibt uns in Epheser 2,1-3 eine Beschreibung davon, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: «… Die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden, in denen ihr einst wandeltet nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams; unter denen auch wir einst alle unseren Wandel führten in den Begierden unseres Fleisches, indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten und von Natur Kinder des Zorns waren wie auch die Übrigen.»
«Söhne des Ungehorsams»! – Dieser Titel umfasst alle Menschen, die noch nicht von neuem geboren, die noch nicht «in Christus» und daher noch keine «neue Schöpfung» sind (2. Kor 5,17).
«Söhne des Ungehorsams» sind nicht nur die Mörder, Diebe und Verbrecher, die gegen die menschlichen Gesetze verstossen, sondern überhaupt alle, deren Leben nicht vom Willen Gottes regiert wird. Viele von ihnen gelten vor den Menschen als anständige, sogar als ehrenwerte Leute, die das grobe moralische Böse verurteilen, das sich in der Welt immer frecher ausbreitet; sie erfüllen in der Familie und bei der Arbeit gewissenhaft ihre Pflicht; sie sind sogar hilfsbereit, höflich und liebenswürdig; auch wollen sie sich keine Ungerechtigkeiten zuschulden kommen lassen.
Aber lasst uns die «Söhne des Ungehorsams» einmal aufgrund der angeführten Bibelstelle im Licht Gottes näher betrachten!
- Sie wandeln «nach dem Zeitlauf dieser Welt». Das ist ihr Sittenkodex, die moralische Richtschnur, nach der sie leben.
Die «Welt» ist ein Reich, das Satan zu ihrem Fürsten hat (Joh 14,30, usw.). Wie böse und ungöttlich müssen dann ihre Grundsätze sein! - Sie wandeln damit auch «nach dem Fürsten der Gewalt der Luft», der die Welt regiert. Satan wird hier so genannt, weil er der eigentliche Urheber der weltlichen Grundsätze ist und mit diesen verhängnisvollen und verderblichen Einflüssen die Menschen von allen Seiten einhüllt, ähnlich wie die Luft, die sie einatmen. Er ist ein Geist, der mit Macht wirksam ist in denen, die Gott ungehorsam sind. Es besteht also zwischen diesem bösen Wesen und ihnen eine Art Gemeinschaft.
- Sie leben in den Begierden ihres Fleisches. Das Fleisch, die verdorbene Natur, die der Mensch von Geburt an besitzt, ist «Feindschaft gegen Gott». Das Fleisch ist die Ursache, dass der Mensch ein «Sohn des Ungehorsams» ist, und durch das Fleisch wirkt der Teufel in ihm: Aus der verdorbenen Natur kommen Begierden, böse Wünsche hervor. Wenn diese Wünsche in der Seele genährt, statt verurteilt werden, entsteht daraus der Wille des Fleisches, der Leidenschaften und der Sinne, oder der Wille der Gedanken, des intellektuellen Teils der verdorbenen Natur. Beiderlei Willenskundgebungen sind Gott entgegengesetzt.
Ja, das war unsere erste Lebensgeschichte! Wir wurden in die Stellung von «Söhnen des Ungehorsams» hineingeboren und haben auch als solche gelebt. Je länger es dauerte, bis unser Leben neu wurde, desto ausgeprägter wurde unser Eigenwille, der Gott ein Gräuel ist (1. Sam 15,23). Es war uns so selbstverständlich zu tun, was wir wollten!
Nun sind wir «Kinder des Gehorsams» geworden
1. Petrus 1,14
Geschah dies auf dem Weg der Erziehung? O nein, wir wissen es, dazu war ein gewaltiges Werk, ein Werk Gottes nötig. Wir haben uns soeben daran erinnert, dass das Wesen des Fleisches, der verdorbenen Natur des Menschen, Feindschaft gegen Gott ist; es vermag dem Gesetz Gottes nicht untertan zu sein (Röm 8,7).
Aus diesem schrecklichen Zustand konnten wir nur durch Jesus Christus, den Sohn Gottes, befreit werden. Er musste kommen, um unseren Platz am Kreuz, im Gericht Gottes, im Tod, im Grab, und jetzt auch in der Auferstehung einzunehmen. Das Fleisch, die Quelle des Ungehorsams, war keiner Verbesserung fähig, es musste beseitigt werden; und durch Jesus, unseren Retter, ist dies für uns geschehen. Der Erlöste weiss nun: Ich bin mit meinem Herrn in der Gleichheit seines Todes einsgemacht worden. Mein alter Mensch wurde mitgekreuzigt, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass ich der Sünde nicht mehr diene (Röm 6,5.6). Die Erlösten dürfen daher vom ersten Tag an im Glauben festhalten: «Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und den Begierden» (Gal 5,24).
Das ist aber nur die eine, die negative Seite des wunderbaren Werkes, das für und an uns geschehen ist. Was ist nun an die Stelle des alten Zustandes getreten?
Der Gläubige ist «von neuem geboren»; er ist eine «neue Schöpfung» (er besitzt eine neue Natur); durch den Glauben an den Herrn Jesus hat er «ewiges Leben», ein Leben, das durch Gehorsam gekennzeichnet ist; als mit Christus auferstanden, wandelt er nun «in Neuheit des Lebens» und hat «den neuen Menschen angezogen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit»; die Kraft dieses Lebens ist der Heilige Geist, der in ihm wohnt und unter dessen Einfluss er nun steht (Joh 3,3.7; 2. Kor 5,17; Joh 3,36; Röm 6,4; Eph 4,24; Röm 8,9).
Das Wort bezeugt in manchen Stellen, dass ein Wandel in stetem Gehorsam gegen Gott der normale Zustand des Gläubigen ist. Wir können hier nur einige wenige Zitate anführen:
Petrus sagt von den Gläubigen: Ihr seid «auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi». Er nennt sie «Kinder des Gehorsams», und setzt als selbstverständlich voraus, dass sich ihr Leben nun nicht mehr durch die «vorigen Begierden» kennzeichnet, wie vor ihrer Bekehrung. Wir sind hier, «um die im Fleisch noch übrige Zeit nicht mehr den Begierden der Menschen, sondern dem Willen Gottes zu leben» (1. Pet 1,2; 1,14; 4,2).
Paulus sagt im Anschluss an die ersten Kapitel des Briefes an die Römer, worin er das wunderbare Heil in Christus beschreibt, in Kapitel 12,1.2: «Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.» – Auch in den anderen Briefen des Apostels werden die Gläubigen immer wieder darauf hingewiesen, dass es ihrer neuen Stellung entspreche, wenn sie jetzt in allem Gottes Willen zu erkennen und zu tun suchen.
Das Hindernis für den Gehorsam
Wir, die einstigen «Söhne des Ungehorsams», sind also durch das Opfer Christi und durch Glauben «Kinder des Gehorsams» geworden, die nichts anderes kennen sollen, als von Herzen dem Herrn und seinem Willen zu leben.
Aber regt sich in unseren Herzen nicht oft etwas anderes als der eifrige Wunsch, das zu tun, was Gott will?
Gewiss, es ist das «Fleisch» mit seinen Begierden und seinem Hochmut. Es ist noch in mir und sucht mich immer wieder zu beherrschen. Aber es hat kein Recht dazu. Ich habe nichts mehr mit ihm zu schaffen. Ich betrachte es als einen fremden, bösen Eindringling, vor dem ich ständig auf der Hut sein muss. Was es mir auch immer einflüstern mag, ich weise es sogleich auf seinen Platz – es ist gekreuzigt (Gal 5,24). So nur kann ich es zum Schweigen bringen.
Wann werde ich mich so verhalten? Wenn ich im Geist wandle (Gal 5,16). Der Heilige Geist, der in mir wohnt, ist der rechtmässige «Hausbesitzer», wenn ich so sagen darf. Wenn ich Ihm alle Kammern des Hauses öffne, so erfüllt Er es. Der Herr ist mir dann ganz nahe mit seiner Liebe, und es ist mir kein Zwang, sondern ein Verlangen, Ihm zu gehorchen. Ich will dann, was Jesus, mein Herr, will.
Für den unbekehrten Menschen ist Gehorsam gegenüber Gott ein Gräuel; er vermag Ihm nicht untertan zu sein. Der Gläubige aber fühlt sich nie glücklicher, als wenn er, das Herz vom Herrn erfüllt, Ihm dient und seinem Willen lebt. Dann kann er die Freude der Gemeinschaft mit Ihm geniessen – eine Freude, die durch nichts in dieser Welt übertroffen werden kann.
Eine der ersten Fragen des Saulus am Tag seiner Bekehrung lautete: «Was soll ich tun, Herr?» (Apg 22,10), und sie begleitete ihn durch sein ganzes Leben hindurch. Er wird am Tag des Herrn reichen Lohn dafür empfangen. – Möge dies auch uns geschenkt sein!