Trompete, Krug und Fackel

Richter 7

«Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit» (2. Tim 1,7).

Dreihundert Mann blieben bei Gideon, um ihm beim Kampf gegen die Midianiter zu helfen (Richter 7). Das waren sogar weniger als ein Prozent der 32'000 Gemusterten, die seinem Mobilisationsbefehl Folge geleistet hatten. Eine Handvoll Leute! Aber dafür treue Männer. Männer, die bei sich selbst die Kosten des Unternehmens überschlagen hatten. Männer, die die erdrückende Übermacht des Feindes kannten. Männer, die zugesehen hatten, wie 99 von jedem Hundert ihre Zelte wieder abbrachen und heimgingen zu ihren Frauen und ihren Familien, grossenteils aus Furcht und Verzagtheit. Von solchen Männern konnte erwartet werden, dass sie dem Wort des HERRN durch ihren Führer unter allen Umständen gehorchen würden. Diese wussten, warum sie dem Ruf Gideons zu den Waffen gefolgt waren. Er konnte von jedem dieser Männer erwarten, dass er gerade an dem Platz stehen würde, wohin er abkommandiert war und genau das tun würde, was ihm befohlen war, auch wenn es in der Mitte der Nacht und hart am Feindeslager wäre. Unbedingter Gehorsam dieser Art war besonders nötig, um den Angriff gegen die Eindringlinge in der besonderen Weise durchführen zu können, die der HERR ihnen bezeichnet hatte.

Der Schlachtplan, der dazu führte, dass sich das riesige Heerlager der Feinde Israels in wilder Flucht auflöste, ist wohl bekannt. Jeder Mann war ausgerüstet mit einer Trompete, einer Fackel und einem leeren Krug. In dunkelster Nacht hatten sie das mächtige Lager zu umringen, gemäss den Anordnungen ihres Führers. Zu Beginn der Mitternachtswache geschah es. Die dreihundert Mann standen «jeder an seiner Stelle, rings um das Lager» und warteten auf das Alarmsignal.

Plötzlich wurde die mitternächtliche Stille durch den Trompetenstoss Gideons und den durchdringenden Schlachtruf der Hebräer zerrissen. Als Antwort drangen von jeder Himmelsrichtung her weitere Trompetenstösse durch die zitternde Luft und dreihundert Fackeln flammten auf in der tiefen Dunkelheit. Die schlafenden Feinde sprangen auf ihre Füsse. Trompeten und Fackeln waren zu sehen von überall her. Schrecken ergriff sie, und das ganze Lager «fing an zu laufen und schrie und floh». Es war ein Sieg durch Trompeten und Fackeln.

Wenn es sich hier auch um den Kampf eines kleinen Heeres aus Israel handelt, so kann die Ausrüstung dieser Kämpfer uns doch helfen, gewisse geistliche Wahrheiten, die wir persönlich immer vor uns haben sollten, zu illustrieren. Ich meine besonders die Trompete und die Fackel, die Waffen eines jeden Mannes von der Schar Gideons.

Lasst uns die Trompete als ein Bild nehmen für das Zeugnis der Lippen, und die Fackel als ein Bild für das Zeugnis des Lebens. Beide dieser Formen des Zeugnisses sind nötig, um den «guten Kampf des Glaubens» kämpfen zu können.

Selbstverständlich ist immer und überall ein Zeugnis für Christus abzulegen. Mit dem Mund Jesus als Herrn zu bekennen, ist ein unumgängliches Zeichen wahren Glaubens (Röm 10,9). Aber manchmal wird eine besondere und energische Form des Zeugnisses von uns verlangt. Ich spreche jetzt vom Blasen der Trompete direkt in das Ohr des Feindes, der uns und unseren Weizen, unseren Wein und unser Öl zu rauben sucht, die Fettigkeit des Landes, das Gott uns gegeben hat.

Fragst du, was das heissen will? Begegnest du nicht manchmal grossen Hindernissen zum Lesen in deiner Bibel, zum Ausharren in den Gebeten und zum Finden einer ruhigen Gelegenheit, um über heilige Dinge nachzusinnen? Das mag auf persönliche Schlaffheit, auf Anwandlungen der Trägheit oder auf ungünstigen menschlichen Einfluss zurückzuführen sein. Aber, was immer auch der Grund sein mag, dein innerer Friede und deine innere Freude sind verloren, und als Folge davon gibst du «Raum dem Teufel», der deine Front eingenommen hat.

Diese Niederlage muss nicht sein. Durch die Gnade Gottes musst du deine Energien auffrischen. «Stehe fest im Glauben, sei mannhaft, sei stark» (1. Kor 16,13). Mach dir nichts daraus, wenn andere aufgeben und zurückkrebsen. Nimm die Trompete, biete dem Feind die Stirne, trotze jeder Gefahr und der Finsternis, harre aus an deinem isolierten Posten, und nimm teil an den Trübsalen als ein guter Streiter Jesu Christi.

Die Trompete blasen bedeutet, dem Feind kühn die Stellung kundtun, die du eingenommen hast. Der Augenblick wird kommen, wo du entweder verbergen oder öffentlich bekennen musst, dass du ein Jünger Christi bist. Wenn du glaubst, hast du die Berufung und die Verantwortlichkeit, die Wahrheit zu reden (2. Kor 4,13). Lass deine Schwachheit nicht als Entschuldigung gelten. Was ist überhaupt schon ein Trompetenschall! Nur ein kleines Quantum Luft, das durch eine Öffnung gepresst wird, und so den Ton erzeugt. Aber dennoch vermochten einst solche Trompetenstösse mit der Hilfe Gottes die Mauern Jerichos zum Einstürzen zu bringen, und auch jetzt jagten sie die feindliche Horde der Midianiter über den Jordan. Vielleicht kannst du nicht gut reden. Es macht nichts! Blase im Glauben; die Herrlichkeit Gottes wird sich umso grösser erweisen.

Aber das Zeugnis der Lippen muss vom Zeugnis des Lebens begleitet sein. Die Trompete war in der Nähe der Fackel, die in einem leeren Krug, einer Art dunkler Laterne verborgen war, bis der kritische Moment kam. Dann ein Getöse auseinanderfliegender Tonscherben – und die freie Fackel liess ihr Licht in die Nähe und Ferne scheinen.

Liebe Freunde, wir dürfen weder die Fackel, noch den zerbrochenen Krug vergessen. Wir greifen manchmal mit beiden Händen zur Trompete und denken nur an das Blasen eines lauten Tones. Die Tonscherben des irdenen Kruges sollen uns an eine wichtige Wahrheit erinnern, die uns aber nicht immer lieb ist. So wie die Krüge vor der Fackel zerschlagen werden mussten, so muss der Tod in uns wirken, bevor das Leben Jesu an unserem sterblichen Leib offenbar werden kann (2. Kor 4,11).

Christus ist das Licht. Er sollte in uns gesehen werden; und zu diesem Zweck muss das verdorbene Eigenleben sein Ende gefunden haben. Alles das, was wir waren, fand am Kreuz seinen Abschluss (Röm 6,6). Ach, dass doch die Kraft dieser Wahrheit die Eitelkeit, den Stolz und den Eigenwillen unserer alten Adamsnatur in praktischem Sinn zertrümmerte, damit das neue Leben – das Leben Christi – durch uns dargestellt würde!

Ist diese Unterlassung nicht sehr oft der Grund unserer Niederlagen? Unsere Arbeit mit der Trompete ist vielleicht gut: Wir geben viele Töne von uns, die gehört werden, aber ach! Wenig oder nichts ist zu sehen. Unsere Fackel ist unsichtbar, weil sie verborgen ist im irdenen Krug. Der Krug muss zerschlagen werden! Mehr praktische Zerstörung der Früchte des Fleisches ist nötig. Dann würde das herrliche, Gott wohlgefällige Leben Jesu durch uns hell leuchten inmitten der Finsternis, des Bösen und der Sünde dieser Welt. Dann würden die nicht erretteten Menschen und die fleischlich gesinnten Christen dem Zeugnis der Sanftmut und Freundlichkeit, der demütigen Gesinnung und der Selbstverleugnung begegnen – einem Zeugnis, das immer anerkannt wird von Gott, und den Menschen Eindruck macht, weil es die Gesinnung Christi ist. Lasst uns denn nicht versäumen, die Trompete zu blasen und im zerschlagenen Krug das Licht leuchten zu lassen!