Das Wort der Wahrheit (2)

In der Wahrheit befestigt werden

Dieser Ausdruck kommt in 2. Petrus 1,12 vor. Dass dies von den Gläubigen, an die Petrus schrieb, gesagt werden konnte, ist ein schönes Zeugnis für sie. Wir haben bei den Galatern gesehen, dass dies bei ihnen gerade der schwache Punkt war: Sie hatten wohl gut begonnen, aber waren in der Wahrheit nicht befestigt. Es ist ein grosses Vorrecht, die Wahrheit durch die Gnade kennengelernt zu haben; aber wir können gewiss sein, dass der «grosse Lügner» allezeit versuchen wird, uns zum Zweifeln zu verleiten. Ein «Status quo», ein Stillstand im Wachstum in der Wahrheit ist nicht möglich. Es gibt entweder ein Zunehmen oder einen Rückschritt. Die Gläubigen, an die sich der Brief des Petrus richtete, waren in der Wahrheit befestigt und gestärkt.

Bei den Empfängern des Hebräer-Briefes und des Judas-Briefes war das Umgekehrte der Fall. Judas stellt mit Betrübnis fest, dass sie einmal alles wussten, und er sieht sich genötigt, sie darauf aufmerksam zu machen. Die Hebräer hätten nach der langen Zeit seit ihrer Bekehrung Lehrer sein sollen, aber sie waren in ihrem Wachstum stehengeblieben. Sie mussten nun wieder von vorn beginnen, die Anfänge lernen und mit Milch genährt werden, statt mit der festen Speise der geistlich Erwachsenen. Wie steht es in dieser Hinsicht mit uns?

Die Wahrheit lieben

Beim Lesen der Psalmen werden wir wiederholt durch die Äusserungen der Liebe und der Wertschätzung getroffen, die die Schreiber für die Wahrheit hatten, soweit sie ihnen offenbart war. Wie viel mehr sollte dies bei uns der Fall sein! Ach, selbst unter Christen macht sich ihr gegenüber oft grosse Lauheit, ja sogar Gleichgültigkeit bemerkbar, und vielleicht haben wir bei ehrlicher Selbstprüfung uns selbst schon dabei ertappt.

Die Wahrheit finden wir sowohl in der Person des Herrn als auch in seinem Wort. Es ist unmöglich, Ihn zu lieben und gegenüber seinem Wort gleichgültig zu sein.

In 2. Thessalonicher 2 lesen wir von Menschen, die die Liebe zur Wahrheit, wodurch sie hätten errettet werden können, nicht annahmen. Das hat zur Folge, dass sie für ewig verloren gehen.

Wir bekennen, die Wahrheit angenommen zu haben; wir sind dadurch in den Besitz unermesslicher Segnungen gelangt. Aber lieben wir nun auch die Wahrheit? Petrus hatte die Person des Heilands lieb und erkannte auch mit Dankbarkeit, dass die Worte des Herrn Worte ewigen Lebens waren. Darum wollte er nicht von Ihm weggehen, selbst als viele Ihn verliessen, weil sie seine Worte hart fanden.

«Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt», sagt der Herr (Joh 14,21). Möchte es doch bei uns so sein wie bei dem Psalmisten: «Meine Seele hat deine Zeugnisse beachtet; und ich liebe sie sehr» (Ps 119,167).

Aufrichtige Liebe wird sich stets mit der Wahrheit freuen (1. Kor 13,6).

Von der Wahrheit abweichen

Ach, auch das ist möglich! Zu unserer Ermahnung werden uns in Hymenäus und Philetus solche Beispiele vorgestellt (2. Tim 2,18). – Ihr Verhalten war nicht nur zu ihrem eigenen Verderben, sondern übte auch einen schlechten Einfluss auf andere aus. Timotheus und damit uns allen wird daher gesagt, dass man sich von solchen absondern muss. Für den, der mit Willen sündigt, nachdem er die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hat, bleibt nur noch ein gewisses furchtvolles Erwarten eines schrecklichen Gerichts übrig (Heb 10,26).

Die Bibel macht einen deutlichen Unterschied zwischen Verführern und Verführten. Auch wir sollen in unserem Verhalten einen Unterschied machen. Mit denen, die sich willentlich und wissentlich der Wahrheit widersetzen und versuchen, andere von der Wahrheit abzuziehen, sollen wir keinen Umgang haben, und sie nicht in unsere Häuser aufnehmen. Aber die, die durch deren Einfluss auf dem Weg verwirrt worden sind, müssen wir zurückzugewinnen suchen.

In 2. Timotheus 2 und 3 finden wir Beispiele der ersten Gruppe; in 2. Timotheus 2,25 und Jakobus 5,19 solche der zweiten. Die Knechte des Herrn sollen bei ihrem Lehren auf diese Dinge achthaben. Siehe auch die Ermahnung an Titus in Kapitel 1,13.14. Gläubige müssen in ihrem Glauben gesund sein und sich nicht von der Wahrheit abwenden lassen.

Auch Jakobus verwendet in seinem Brief den Ausdruck: «das Wort der Wahrheit» (Jak 1,18), und ein paarmal den Ausdruck: «Wahrheit». In diesem Vers sehen wir die Kraft dieses Wortes: Wir verdanken ihm unsere Neugeburt.

In Kapitel 3,14 warnt er vor einem verkehrten Gemütszustand, der zu eitlem Rühmen und zum Lügen gegen die Wahrheit führen kann. Am Schluss seines Briefes schliesslich spricht er von der Möglichkeit, dass jemand von der Wahrheit abirrt. Schon durch 2. Timotheus 2,25 wurden wir ermuntert, einen solchen zurückzugewinnen zu suchen. Jakobus nun betont die grosse Bedeutung solcher Bemühungen. Wer einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, errettet damit eine Seele vom Tod und bedeckt eine Menge von Sünden. Lasst uns also nicht gleichgültig zusehen, wenn jemand mit dem Wort der Wahrheit oberflächlich umgeht!

In der Wahrheit wandeln

Dieser Ausdruck hebt gerade das Umgekehrte von dem hervor, was uns im vorangegangenen Abschnitt beschäftigt hat. Er kommt in 2. Joh 4 und in 3. Joh 3 und 4 vor.

Zu einem Wandel gehört ein Weg, sowohl im buchstäblichen als auch im bildlichen Sinn der Worte. Dieser Weg hat verschiedene Namen:

  • Weg des Heils,
  • Weg des Herrn,
  • Weg Gottes und
  • Weg der Wahrheit.

In der Apostelgeschichte lesen wir einige Male von Gläubigen, dass sie «des Weges waren» (Apg 9,2; 18,25.26; 19,9.23; 22,4; 24,14.22). Diese unterschieden sich in ihrem Wandel deutlich von anderen. Das kann auch nicht anders sein. Wenn jemand in der Wahrheit wandelt, so kann dies nicht verborgen bleiben; es muss in einer bösen Welt auffallen.

Man kann aber einen Weg kennen, ohne darauf zu wandeln. Der Statthalter Felix z.B. hatte betreff des Weges genauere Kenntnis (Apg 24,22). Es drang auch zu ihm hindurch, dass es der Weg der Wahrheit war und dass er sich von seinem eigenen sündigen Weg bekehren müsse, um diesen Weg zu gehen. Aber er hat diesen Entschluss leider aufgeschoben, und wir wissen nicht, ob er ihn je noch gefasst hat. Sollte jemand diese Zeilen lesen, der von sich selbst weiss, dass er noch auf dem verkehrten Weg ist, dem raten wir dringend an, den breiten Weg zu verlassen, um auf den schmalen Weg zu treten, der zum Leben führt. Wie schnell kann der Augenblick da sein, wo dies nicht mehr möglich ist!

Wer bekennt, auf dem Weg der Wahrheit zu sein, nimmt dadurch eine grosse Verantwortung auf sich. In 2. Petrus 2,1-3 lesen wir von Menschen, deren Wandel keineswegs damit in Übereinstimmung stand. Sie zogen sich dadurch schnelles Verderben zu, sie verleiteten andere, ihnen nachzufolgen und verursachten, dass der Weg der Wahrheit verlästert wurde.

In Galater 2 finden wir einen anderen Fall. Menschenfurcht veranlasste Petrus und einige Brüder zu einer Handlungsweise, die mit der offenbarten Wahrheit nicht in Übereinstimmung stand, so dass selbst Barnabas mitfortgerissen wurde. Paulus nennt dies Heuchelei, ein Nichtwandeln auf dem geraden Weg der Wahrheit des Evangeliums. Er musste Petrus deshalb zurechtweisen; aber dieser hat die Rüge in der rechten Weise aufgenommen, spricht er doch in seinem Brief von «unserem geliebten Bruder Paulus.»

Aber solche Vorkommnisse zeigen uns deutlich, wie dem, der auf dem Weg der Wahrheit des Evangeliums wandelt, grosse Vorsicht geboten ist.

Für den Apostel Johannes, der besonders viel über «die Wahrheit» geschrieben hat, war es eine grosse Freude, von anderen zu sehen oder zu hören, dass sie in der Wahrheit wandelten. Im zweiten Brief schreibt er, dass er dies bei einigen Kindern einer gläubigen Frau wahrgenommen habe. Da stellt sich die Frage an Kinder gläubiger Eltern: Gibst auch du Anlass zur Freude durch dein Wandeln in der Wahrheit?

Im dritten Brief erwähnt Johannes, von anderen gehört zu haben, dass Gajus in der Wahrheit wandelte. Kann dies auch von uns gesagt werden?

Die Wahrheit predigen

Das ist der letzte Punkt, den wir noch berühren möchten. Der Herr hat den Seinen den Auftrag gegeben, «das Wort der Wahrheit des Evangeliums» weiterzugeben und überall zu verkündigen. Paulus empfing in dieser Beziehung einen besonderen Auftrag, den er treu erfüllte. Er hat für diesen Dienst Anweisungen gegeben, die auch für uns gültig sind. Von sich selbst konnte er bezeugen, dass er bei der Verkündigung Gottes Wort nicht verfälscht, sondern die Wahrheit offenbart habe (2. Kor 4,2). Wie viele Prediger in späteren Jahrhunderten sind Paulus hierin nicht nachgefolgt, sondern haben dem Wort gewisse Elemente hinzugefügt und andere weggenommen und dadurch das Evangelium der Wahrheit verfälscht. Welch eine Verantwortung!

In 2. Timotheus 2,15 finden wir die Ermahnung, das Wort der Wahrheit recht zu teilen. Wir werden aufgefordert, das Wort der Wahrheit so zu verkündigen, dass der Diener vor dem Meister, der die Ausführung dieses Auftrages beurteilen wird, seine Augen nicht beschämt niederschlagen muss. Nehmen wir dabei 2. Johannes 9 zu Herzen!

Wem es nicht gegeben ist, das Wort zu predigen, dem ist die Möglichkeit geschenkt, Mitarbeiter der Wahrheit zu werden. In 3. Johannes 8 finden wir ein Beispiel dafür: «Wir nun sind schuldig, solche aufzunehmen, damit wir Mitarbeiter der Wahrheit werden.» Das Wort «damit» deutet darauf hin, dass dies von uns allen erwartet wird. In dieser Hinsicht werden uns in der Fürbitte, in der Gastfreundschaft für die Arbeiter des Herrn viele Möglichkeiten gegeben. Lasst uns diese ergreifen, im Bewusstsein, dass wir nichts gegen die Wahrheit, wohl aber etwas für die Wahrheit zu tun vermögen.