Der geschlagene Fels (1)

2. Mose 17,1-7

Gedanken über 2. Mose 17,1-7 und 4. Mose 20,1-13.

Der Betrachtung der vorerwähnten Stellen ist vorauszuschicken, dass wir im Neuen Testament das Wasser als ein Bild für zwei sehr wichtige Gaben Gottes an den Menschen finden:

  1. als ein Bild vom Wort Gottes (Joh 3,5; 13,5; 15,3; Eph 5,26)
  2. als ein Bild von dem Heiligen Geist (Joh 4,14; 7,38 und 39)

Die Wirkungen dieser Gaben sind:

  1. Errettung von verlorenen Sündern (Joh 3,5 und 6; Off 21,6; 22,17)
  2. Reinigung des Gläubigen von seinen täglichen Verfehlungen (Joh 13,5; Eph 5,26)
  3. zur Erquickung des Gläubigen auf seinem Pfad durch diese Welt (Joh 13 in Verbindung mit Lk 7,44 und 1. Mo 18,4, sowie Joh 7,37-39). Hier, im Wasser, das aus dem geschlagenen Felsen hervorkam, haben wir es vor allem mit einem Bild von dem Heiligen Geist zu tun

«Du sollst auf den Felsen schlagen» (2. Mose 17,1-7)

Israel, ein Volk von über 600'000 Männern, ohne ihre Frauen und Kinder, kam nach dem Auszug aus Ägypten auf seiner Wüstenreise nach Rephidim. «Und da war kein Wasser zum Trinken für das Volk» (2. Mo 17,1). Eine furchtbare Lage inmitten der öden, dürren Wüste! Denn ungestillter Durst führt den Menschen viel schneller zum Tod als Hunger. Auch kann der Hunger nicht wirklich gestillt werden, wenn nicht zuerst der Durst gelöscht wird. Schon in der Natur sehen wir, dass ein an sich fruchtbarer Boden nicht imstande ist, Pflanzen zu ernähren, wenn ihm Wasser fehlt. Ohne Wasser würden die Pflanzen absterben, selbst wenn sie von einer Fülle von Nährstoffen umgeben wären. Wasser allein löst die Nährstoffe im Boden auf und macht sie den Pflanzen zugänglich. Sowohl im pflanzlichen und tierischen als auch im menschlichen Körper ist alles von Wasser angefüllt, das ihn in die Lage versetzt, seine Funktionen zu erfüllen. Das ist ein treffendes Bild von dem Heiligen Geist, ohne den wir nicht in der Lage waren, Gottes Wort, das heisst geistliche Nahrung, aufzunehmen. Das kommt auch in den Worten des Herrn Jesus an Nikodemus zum Ausdruck: «Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist» (Joh 3,5.6). In dieser Stelle ist das Wasser als ein Bild vom Wort Gottes gebraucht, jedoch in Verbindung mit der Wirksamkeit des Heiligen Geistes, der zur Aufnahme des Wortes und zur Neugeburt erforderlich ist.

Hätte Gott dem Volk Israel in der Wüste nicht Rettung geschaffen, so wäre es hoffnungslos vor Durst umgekommen, und es hätte auch das Manna, das es vorher schon empfangen hatte (2. Mo 16), nicht aufnehmen können. Aber Gott liebte sein Volk und sprach daher zu Mose: «Nimm deinen Stab … in deine Hand … Siehe, ich will dort vor dir stehen auf dem Felsen am Horeb; und du sollst auf den Felsen schlagen, und es wird Wasser daraus hervorkommen, dass das Volk trinke» (2. Mo 17,5.6). Im Glauben gehorchte Mose, und es kam Wasser in solcher Fülle hervor, dass der Durst des ganzen Volkes gestillt wurde.

Wer das Herz des Menschen ein wenig kennt – und jeder «aus Wasser und Geist» Wiedergeborene sollte es kennen – der weiss, dass in der Menschenseele ein tiefes, ungestilltes Verlangen nach Friede und Glück wohnt. Aber die meisten trachten und jagen in der Welt nach Befriedigung dieses Verlangens durch die Mittel, die sie bietet. Doch niemals kann diese Welt solches Verlangen stillen. Sie mag tausend Dinge anbieten, die man «Glück» nennt, und der Gott dieser Welt, der Feind der Seelen, mag dadurch Scharen von Menschen an sich fesseln. Aber der ersehnte Friede, das wahre Glück, bleiben aus. Die Herzen sind weiterhin öde, leer und unbefriedigt, und wer auf diesem Weg verharrt, verfehlt seine ewige Errettung in Gottes ewiger Herrlichkeit. Statt in der Welt das Gesuchte zu finden, stürzt er sich ins ewige Verderben, ins ewige Gericht, und wird nur brennenden, unstillbaren Schmerz ernten. Der Herr Jesus hat ganz klar gesagt: «Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten; wer irgend aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit» (Joh 4,13.14). Er, der Sohn Gottes, ist in diese Welt gekommen, um uns aus den trügerischen Wassern und vergifteten Quellen dieser Welt zu erretten. «Ich will dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben umsonst» (Off 21,6).

Nichts in der Welt, weder die Vergnügungen noch der Reichtum, weder Ansehen noch Ehre, weder sogenannte «Gute Werke» noch irgendeine menschliche Religion vermögen das wahre Verlangen, den Durst der Menschenseele zu stillen. Es lässt sich daher zwischen der Menschheit und dem dürstenden Volk Israel in der Wüste ein Vergleich ziehen. Gott hat dem Menschen die Ewigkeit ins Herz gelegt (Prediger 3,11), und deshalb vermag nichts Zeitliches sein Verlangen zu stillen. Nur Gott allein kann dies tun. Aber die Sünde trennt den Menschen von Gott, und diese ernste Tatsache ist die Ursache der Friede- und Freudelosigkeit seines Herzens. Weil aber Gott den Sünder liebt und nicht seinen Tod will, sondern dass er sich bekehre und lebe, hat Er eine wunderbare Errettung bereitet.

Er gebot Mose in der Wüste: «Du sollst auf den Felsen schlagen, und es wird Wasser daraus hervorkommen, dass das Volk trinke.» Jener Fels in der Wüste ist ein Gegenbild von dem «Fels der Ewigkeiten», von unserem Herrn Jesus Christus, dem Sohn Gottes. «Um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Ungerechtigkeiten willen zerschlagen» (Jes 53,5). «Schwert, erwache gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Genosse ist! … Schlage den Hirten … Und ich werde meine Hand den Kleinen (Geringen) zuwenden» (Sach 13,7). Ihn hat Gott zur Errettung der verlorenen, verschmachtenden Menschen gesandt, und Er wurde am Kreuz an unserer statt von Gottes Hand richterlich geschlagen. «Doch dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen» (Jes 53,10), damit ewiges Leben, ewiges Heil, göttlicher Friede, ja, sämtliche Segnungen Gottes allen Glaubenden zuteilwerden können. Welches Erbarmen, welche Gnade!

So ist der geschlagene Fels, aus dem einst das dürstende Volk Israel in der Wüste erquickendes Wasser empfing, ein wahres Bild von Christus, der Mensch geworden ist und an unserer Stelle das ganze Gericht Gottes, das wir verdient hatten, am Kreuz erduldet hat. Mose bekam den Auftrag, den Felsen mit dem gleichen Stab zu schlagen, mit dem vorher der Strom Ägyptens, der Nil, geschlagen und in Blut verwandelt worden war. So hat das Gericht Gottes, das über diese Welt – wovon Ägypten ein Bild ist – kommen wird, gleicherweise auch Ihn, den heiligen Sohn Gottes, für uns, die Glaubenden getroffen. Er, der Gerechte, hat für uns, die Ungerechten, gelitten, «damit er uns zu Gott führe» (1. Pet 3,18). Aus seinem Leiden und aus seinem Tod fliessen nun für uns Ströme reichen, ewigen Segens. «Durch seine Striemen ist uns Heilung geworden» (Jes 53,5). «Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet» (Joh 3,18), und: «Hierin ist die Liebe Gottes zu uns offenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten» (1. Joh 4,9). Wie glücklich ist jede Seele geworden, die mit ihrer Sündenschuld vertrauensvoll zu Jesus gekommen ist und im Glauben in Ihm und in seinem vollbrachten Werk ruht!

Als unser Fels, der Herr Jesus Christus, für uns von Gott geschlagen wurde, kamen im Anschluss daran, aus seiner durch den Speer des Soldaten geöffneten Seite, Blut und Wasser heraus. Auf den Hass, auf die grosse Bosheit und Sündenschuld der Menschen antwortete Gott mit den Zeichen der Versöhnung und des Lebens für alle Glaubenden. Kurz darauf kam der Heilige Geist auf diese Erde herab, um uns die Fülle des Segens kundzutun, die wir in Christus besitzen. Somit wurde das von dem Herrn Jesus vorausgesagte Wort erfüllt: «Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fliessen. Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten» (Joh 7,37-39).

Es war der Ratschluss Gottes und auch der sehnliche Wunsch unseres Herrn, viele Söhne zur Herrlichkeit zu bringen (Heb 2,10). Das einzige Mittel zur Erfüllung dieses Ratschlusses und zur Erreichung dieses Zieles bestand darin, dass der Herr Jesus von Gottes richterlicher Hand an unserer Stelle geschlagen wurde. Sonst wären der Himmel und die Herrlichkeit den Menschen für ewig verschlossen geblieben. Nicht nur Versöhnung und ewiges Leben sollten uns gebracht werden, wir sollten darüber hinaus auch noch in eine ungeahnte Fülle von geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern eingeführt werden.

Das ist jetzt geschehen. Wäre Israel in der Wüste vor Durst umgekommen, so hätte es niemals das verheissene Land erreichen können. Seit der Auferstehung und Verherrlichung Christi werden alle wahren Gläubigen, nachdem sie geglaubt haben, mit dem Heiligen Geist der Verheissung versiegelt, der ihnen bezeugt, dass sie Kinder Gottes sind. «Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi» (Röm 8,16.17). Ebenso sind sie in Christus auch jetzt schon in die himmlischen Örter eingeführt worden, dorthin, wo ihre Segnungen sich befinden. Auch dürfen sie praktisch jetzt schon in Gottes heiliger Gegenwart stehen, Ihm mit Freimütigkeit nahen und Ihm mit Lob und Preis und Anbetung dienen. Welche Fülle von Segnungen! So sind die Ströme des Wassers, die einst in der Wüste aus dem Felsen flossen, auch ein Vorbild auf die Ströme der Segnungen und Freuden, die jeder Errettete durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes geniessen darf.

In 1. Korinther 10,4 lesen wir: «Sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete. (Der Fels aber war der Christus)». In welch wunderbarer Weise hat Gott für sein irdisches Volk gesorgt, als es auf der Wüstenreise war! Auf ihrer vierzigjährigen Wanderschaft hatten sie immer wieder neu unter den Entbehrungen und Beschwerden der Wüste zu leiden. Gott wusste das im Voraus und liess sie durch den «geistlichen Felsen» begleiten, der auch heute noch erquickendes Wasser spendet, nachdem Er einmal in der Fülle der Zeit geschlagen wurde.