Dieses Kapitel zeigt uns den Gegensatz zwischen dem Glauben Jonathans und der Religion Sauls. Dabei erkennen wir, welchen Wert wir einerseits dem echten Glauben und anderseits einer äusseren Religiosität beimessen sollen.
Der Glaube Jonathans
Der Glaube handelt, ohne die religiösen, aber ungläubigen Menschen um Rat zu fragen. Er handelt ohne sie und ohne ihr Wissen. Er teilt seine Pläne nur dem mit, der den gleichen Glauben besitzt (Verse 1-3).
Der Glaube sucht eine Gelegenheit, um dem Volk Gottes zu dienen. Er betrachtet die Welt als Feind Gottes und als völlig getrennt vom Volk des HERRN (Vers 4).
Der Glaube ist demütig. Er ist sich der Unwürdigkeit und Schuldhaftigkeit des Menschen bewusst und anerkennt den Ruin im Volk Gottes. Der Mann des Glaubens fühlt sich unwürdig, gerettet zu werden, ausser durch die Gnade. Darum sagt er: «Vielleicht …» Aber gleichzeitig stützt er sich auf die Macht Gottes, der «durch wenige oder durch viele» retten kann, d.h. durch die Mittel, die Ihm entsprechen. Im Bewusstsein, dass er gering ist, möchte der Mann des Glaubens ein Werkzeug des Segens sein. Darum bietet er sich Gott dafür an (Vers 6).
Der Glaube Jonathans findet im Herzen des jungen Mannes, der seine Waffen trägt, ein Echo. Dieser ist selbst ein Mann des Glaubens, demütig und unbekannt, denn wir wissen nicht einmal seinen Namen. Dieser junge Mann verbindet sich mit dem Glauben Jonathans. So tat es auch Timotheus, der von Kind auf die heiligen Schriften kannte und sozusagen die «Waffen» des Apostel Paulus trug. Der Knabe Jonathans schätzt den hoch ein, der die Waffe (= das Wort Gottes) besitzt, und kennt ihren Gebrauch. Sein Glaube verbindet sich mit dem, der kein anderes Ziel hat als die Verherrlichung des HERRN und die Rettung des Volkes (Vers 7).
Der Glaube versteckt sich nicht, denn er hat keine Furcht, ein Zeugnis von Gott abzulegen. Deshalb zeigt er sich den Widersachern öffentlich (Vers 8).
Der Glaube geht keinen Schritt zurück. Aber es gibt Momente, wo er warten und auf seiner Stelle stehen bleiben muss. Das ist die Geduld des Glaubens. Das Zeichen zum Handeln kommt von einem direkten Ruf Gottes, obwohl Er verschiedene Kommunikationskanäle dazu benutzen kann (Verse 9.10).
Der Glaube verbindet sich immer mit dem ganzen Volk Gottes. Er akzeptiert es nicht, mit einem anderen Namen angesprochen zu werden als mit dem Namen Israel – sei es durch die religiöse Welt oder durch die Welt, die Gott feindlich gesinnt ist (siehe Kap. 13,3; 14,11.12).
Die Feinde Gottes fallen vor dem Glauben, der mit dem Wort Gottes verknüpft ist (die Waffe Jonathans), weil das Wort sie verurteilt (Vers 13).
Ein Mann des Glaubens hat allein mehr Kraft als alle Organisationen, in denen die Welt ihre Kräfte bündelt, um Gott zu dienen. Nie erringen diese weltlichen Systeme die Rettung des Volkes Gottes.
Die Waffen der Welt dienen denen, die sie besitzen, nur dazu, sich gegenseitig zu zerstören (Verse 16.20). Die Waffen eines Bekenners ohne Leben nützen ihm nichts. Nur die Waffen des Glaubens sind wirksam.
Die Religion Sauls
Was die Welt Religion nennt, hat mit dem Glauben nichts gemeinsam. Diese Behauptung mag rücksichtslos scheinen, aber dieses Kapitel bestätigt sie mit absoluter Deutlichkeit.
Äusserlich sind alle religiösen Vorteile nicht bei Jonathan, sondern auf der Seite Sauls. Zweifellos hat der Feind allen Hebräern die Waffen weggenommen, wie es ihm auch mehr und mehr gelingt, den Christen das Wort Gottes zu entziehen. Um jedoch den Schein zu wahren, sind die Waffen noch in den Händen von Saul und Jonathan. Der Unterschied zwischen dem Bekenner Saul und dem Glaubensmann Jonathan besteht darin, dass der Erste seine Waffen nicht gebraucht und der Zweite einen gläubigen Begleiter hat, der seine Waffen trägt.
So ist es auch in der Christenheit. Das Wort Gottes ist nicht aus der christlichen Religion verschwunden, aber es ist dort unwirksam geworden. Die meisten Christen kennen die Bibel nicht und können sie nicht anwenden.
Saul hat die Masse des Volkes und den Rest der Armee bei sich. Jonathan hat nur einen Menschen, der mit ihm geht. Saul hat den Priester bei sich, doch dieser gehört nicht zur Auswahl des HERRN (1. Sam 2,35.36). Der Priester ist hier der offizielle Vertreter der Religion. Er trägt das Ephod. Er sollte derjenige sein, der die Gedanken Gottes kennt und Ihn für das Volk befragen kann. Er ist der Einzige, der der Bundeslade nahen darf, die ein Zeichen der Gegenwart Gottes und seines Wohnens in der Mitte Israels ist. Er ist der, der durch das Opfer auf dem Altar dem Volk erlauben kann, sich Gott zu nahen. Aber Gott antwortet nicht. Der HERR, der zwischen den Cherubim thront, ist mit Jonathan. Ohne Glauben gibt der Besitz des äusseren Zeichens der Gegenwart Gottes dem Menschen kein Vertrauen, wenn Gefahr droht. Als der Tumult zunimmt und die religiösen Formen nichts nützen, befiehlt Saul: «Ziehe deine Hand zurück.» So verzichtet er schliesslich auf diese nutzlosen Äusserlichkeiten. Der Sieg wird von dem errungen, der seine Zeit nicht mit diesen Dingen vergeudet hat. Die Welt sieht das nicht. Aber Gott sieht und weiss, dass Er im Kampf, von dem hier die Rede ist, den Sieg dem Glauben von zwei schwachen Menschen schenkt. Für den religiösen Saul hingegen gibt es keinen Sieg, obwohl der Mensch das Gegenteil behauptet.
Die religiöse Welt übernimmt immer den Erfolg, wie die Gelegenheit im vorherigen Kapitel zeigt, wo Jonathan den Sieg allein errungen hat (1. Sam. 13,3.4). Sie ruft den gleichen Gott an wie der Glaubensmann, aber wenn es um den Sieg geht, schreibt die Welt den Erfolg nicht dem Glauben zu, sondern misst ihn sich selbst bei und sucht nur ihren eigenen Vorteil. Saul sagt: «Bis ich mich an meinen Feinden gerächt habe» (Vers 24).
Saul glaubt, er könne seinen Unglauben mit dem rücksichtslosen Schwur ausgleichen, den er dem Volk auferlegt. Doch das ist eine vergebliche Formsache. Sie führt nur dazu, Saul für den Bruch dieses Schwurs verantwortlich zu machen. Zudem bringt sie das Leben des Glaubensmannes in Gefahr, der allein den Sieg davongetragen hat.
Fassen wir zusammen: Die ganze imposante religiöse Erscheinung, die bei Saul zu sehen ist, zeugt von totaler Unfruchtbarkeit. Er benutzt seine Waffen nicht und seine Armee hat keine Waffen. Nicht einmal die Bundeslade wird benutzt, kein Opfer wird dargebracht, das Priestertum ist nutzlos. Der Schwur nimmt dem Volk die Kraft, der Altar, durch den man Gott naht, antwortet nur mit Gericht. Diese Religion verlangt den Tod von Jonathan, anstatt ihn als Retter Israels zu feiern.