Der Sohn Gottes wird Mensch

Einleitung

Die Menschwerdung des ewigen Sohnes Gottes ist einzigartig. Er wurde vom Heiligen Geist gezeugt, darum ist Er auch Sohn Gottes durch Geburt (Mt 1,20; Lk 1,35; Ps 2,7). Jesus wurde von der Jungfrau Maria geboren, deshalb ist Er als Mensch der Sohn Davids und der Same der Frau (Mt 1,23; Röm 1,3; 1. Mo 3,15). Das göttliche Wunder seiner Zeugung und seiner Geburt können wir weder erklären noch ergründen. Aber wir staunen darüber, dass der Sohn Gottes sich selbst zu nichts machte und als Mensch auf die Erde kam.

Lukas beschreibt die Geburt Jesu mit schlichten Worten: «Es geschah aber, als sie dort waren, dass die Tage erfüllt wurden, dass sie gebären sollte; und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Raum für sie war» (Lk 2,6.7).

Der Sohn Gottes kam als kleines Kind in die Welt und erfuhr so persönlich, wie schwach und begrenzt das menschliche Leben ist. Als neugeborenes Kind war Jesus auf die Hilfe seiner Mutter angewiesen, die Ihn in Windeln wickelte. Zugleich hielt Er als Sohn Gottes alles durch sein Machtwort am Leben.

Das Kind Jesus lag in einer Krippe, weil in der Herberge kein Raum für diese arme Familie und damit auch für Ihn war. Darin zeigte sich deutlich, dass es für Gott und für das, was von Ihm kommt, in der Welt keinen Platz gibt. Aber Gottes Liebe zu den Menschen und seine Gnade für verlorene Sünder veranlassten Ihn, auf diesem Weg zu uns zu kommen. Der Sohn Gottes war bereit, sich als Mensch so geringschätzig behandeln zu lassen.

Tatsachen seiner Menschwerdung

Die Bibel bezeugt uns, dass Jesus Christus als wirklicher Mensch hier lebte, dass Er in seinem Wesen sündlos ist und nie aufhörte, Gott zu sein. Diese drei Tatsachen halten wir im Glauben fest. Dabei ist uns bewusst, dass niemand den Sohn erkennt als nur der Vater (Mt 11,27).

a) Wirklicher Mensch

Der Sohn Gottes ist wahrhaftiger Mensch geworden. Er nahm nicht nur eine menschliche Gestalt an, sondern kam durch Geburt als Mensch in die Welt. In den Evangelien finden wir sein wirkliches Menschsein mehrfach bestätigt:

  • Der Herr Jesus entwickelte sich ganz natürlich vom Kleinkind zum erwachsenen Mann. Sowohl seine körperliche Grösse als auch seine menschliche Weisheit nahmen zu (Lk 2,52).
  • Jesus Christus hatte einen menschlichen Geist, eine menschliche Seele und einen menschlichen Körper. Gerade Johannes, der seine Gottheit betont, hebt dies hervor: «Er (Jesus) seufzte tief im Geist und erschütterte sich» (Joh 11,33). «Jetzt ist meine Seele bestürzt, und was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde!» (Joh 12,27). «Sie nahmen nun den Leib Jesu und wickelten ihn in Leinentücher mit den Gewürzsalben» (Joh 19,40).
  • Freiwillig nahm der Herr Jesus die Begrenzung des menschlichen Lebens auf sich: Als Mensch ging Er von Ort zu Ort und war in allem von Gott abhängig. Er erlebte persönlich die Schwachheit des Menschseins: Er hatte Hunger und Durst, Er wurde müde (Lk 4,2; Joh 19,28; 4,6).

b) Sündloser Mensch

Der Engel teilte Maria vor der Geburt mit: «Darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden» (Lk 1,35). Zwischen Jesus Christus und jedem anderen Menschen besteht ein gewaltiger Unterschied: Während wir alle als sündige Menschen auf die Welt gekommen sind, war Er von Anfang an heilig und sündlos. In seinem ganzen Leben blieb Er ohne Sünde. Er konnte nicht sündigen. Drei Apostel bezeugen diese Wahrheit:

  • Petrus macht klar, dass Christus «keine Sünde tat» (1. Pet 2,22). In all seinem Tun und Handeln hat Jesus als einziger Mensch nie gesündigt.
  • Paulus erklärt, dass der Herr Jesus «Sünde nicht kannte» (2. Kor 5,21). Weder in seiner Person noch in seiner Lehre gab es irgendeine Spur der Sünde.
  • Johannes sagt ausdrücklich: «Sünde ist nicht in Ihm» (1. Joh 3,5). Jesus Christus war und ist in seinem Wesen absolut sündlos.

c) Gott und Mensch in einer Person

Als der Sohn Gottes wirklicher, aber sündloser Mensch wurde, legte Er seine Gottheit nicht ab. Er verbarg zwar die göttliche Herrlichkeit in seinem Menschsein, denn äusserlich sah Er wie alle anderen Menschen aus. Trotzdem blieb Er immer Gott. Diese Tatsache übersteigt unseren Verstand. Doch wir halten im Glauben daran fest, weil wir diese Wahrheit in der Bibel finden:

  • Der Mensch Jesus Christus war zugleich der geliebte Sohn des Vaters. Während Er auf der Erde lebte, war Er immer im Schoss des Vaters. Die Glaubenden konnten seine Herrlichkeit als Eingeborener vom Vater erkennen (Joh 1,14.18). Zweimal öffnete sich der Himmel und der Vater bezeugte: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe» (Mt 3,17; 17,5).
  • Der Mensch Jesus Christus war als Sohn Gottes in seiner Gottheit allgegenwärtig, allmächtig und allwissend. Johannes zeigt uns diese drei göttlichen Merkmale. Aufgrund seiner Allgegenwart konnte der Herr zu Nathanael sagen: «Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich» (Joh 1,48). Am Grab von Lazarus handelte Er in göttlicher Allmacht und auferweckte seinen gestorbenen Freund zum Leben (Joh 11,43.44). Im Garten Gethsemane erstrahlte seine Allwissenheit: «Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus» (Joh 18,4).

Gründe für seine Menschwerdung

Wenn wir uns fragen, warum der Sohn Gottes Mensch wurde, dann staunen wir zunächst über sein Kommen als Mensch und sagen mit dem Liederdichter:

  • Kein Mensch dies Wunder fassen kann,
    kein Engel kann’s verstehen.
    Der Glaube schaut’s und betet an,
    bewundert, was geschehen.1

Wie gross war die Liebe des Sohnes Gottes, dass Er sich selbst zu nichts machte und als Mensch zu uns ins Elend kam! Wir wissen: Seine Menschwerdung war unumgänglich, wenn Gottes Pläne mit uns und mit der Erde in Erfüllung gehen sollten. So zeigt uns die Bibel mehrere Gründe, warum der Sohn Gottes Mensch wurde. Über fünf möchten wir nachdenken.

1) Um Gott zu offenbaren

Der Sohn Gottes wurde Mensch, um Gott völlig zu offenbaren. Niemand kann den unsichtbaren Gott sehen, denn Er bewohnt ein unzugängliches Licht. Es ist uns nur möglich, Ihn kennen zu lernen, wenn Er sich zeigt.

Gott hat sich in der Schöpfung, in den Verheissungen an Abraham und im Gesetz an Israel teilweise zu erkennen geben. Aber die vollständige Offenbarung Gottes geschah durch den Sohn, der im Schoss des Vaters ist und in der Fülle der Zeit als Mensch auf die Erde kam. Er offenbarte Gott als Vater. So konnte der Herr Jesus zu Philippus sagen: «Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen» (Joh 14,9). Er zeigte auch, dass Gott in seinem Wesen ein Gott des Lichts und ein Gott der Liebe ist. Aufgrund der Menschwerdung des Sohnes Gottes besitzen wir in Ihm die völlige Offenbarung Gottes.

2) Um zu sterben

Der Sohn Gottes wurde Mensch, um sterben zu können (Heb 2,9). Weil Gott in sich selbst Unsterblichkeit besitzt (1. Tim 6,16), musste der Sohn durch seine Menschwerdung an Blut und Fleisch teilnehmen, damit Er durch seinen Tod am Kreuz das Werk zur Rettung verlorener Menschen vollbringen konnte. Wie dankbar sind wir Ihm dafür, wenn wir daran denken, was Er durch seinen Tod für uns bewirkt hat:

  • Der Heiland ist für unsere Sünden gestorben, um unsere Schuld vor Gott zu bezahlen (1. Kor 15,3).
  • Der Herr Jesus hat für uns den Lohn der Sünde auf sich genommen, als Er am Kreuz gestorben ist (Röm 6,23).
  • Christus hat durch sein Sterben für uns, die wir an Ihn glauben, den Tod besiegt (2. Tim 1,10).
  • Durch seinen Tod hat Er über den Teufel triumphiert und uns aus der Macht des Feindes befreit (Heb 2,14).

3) Um Mittler zu werden

Der Sohn Gottes wurde Mensch, um Mittler zwischen Gott und Menschen zu werden (1. Tim 2,5.6). Durch die Sünde ist eine Kluft zwischen den Menschen und Gott entstanden. Dafür tragen die Menschen die volle Verantwortung, weil sie gegen Gott gesündigt haben. Doch sie können diese Kluft nicht selbst überwinden. Sie brauchen einen Mittler, der für sie eine Brücke zu Gott baut. Zu diesem Zweck ist der Sohn Gottes als Mensch auf die Erde gekommen.

Doch es war noch mehr nötig. Jesus Christus musste das Lösegeld zahlen, damit es für sündige Menschen eine Rückkehr zu Gott geben kann. So opferte Er sich selbst, um als Mittler den gerechten Forderungen Gottes nach Sühnung und den Bedürfnissen der Menschen nach Rettung völlig zu entsprechen. Auf diese Weise ist Er der einzige Mittler zwischen Gott und Menschen oder der einzige Weg für Sünder zu Gott geworden.

Das Lösegeld, das Christus mit seinem Leben bezahlt hat, reicht für alle aus, denn Er hat im Blick auf alle Menschen Sühnung getan. Doch nur für die, die Ihn im Glauben als ihren Heiland annehmen, wird das Lösegeld wirksam. Darum heisst es in Matthäus 20,28, dass Er sein Leben gab «als Lösegeld für viele». Die Vielen sind die, die an den Herrn Jesus glauben.

4) Um das Menschsein zu erleben

Der Sohn Gottes wurde Mensch, um das menschliche Leben auf der Erde durch eigene Erfahrung kennen zu lernen.

  • Jesus Christus ist von einem Kind zu einem Mann herangewachsen (Lk 2,40.52). Er weiss aus eigener Erfahrung, wie Kinder von Erwachsenen oft falsch verstanden werden (Lk 2,48). Er hat auch erlebt, was der Eintritt ins Berufsleben und die tägliche Arbeit als Handwerker mit sich bringt (Mk 6,3).
  • Der Herr Jesus, der als Sohn Gottes immer das Sagen hat, lernte in seinem Leben auf der Erde den Gehorsam (Heb 5,8). Bereitwillig und mit Freude nahm Er von Gott Anweisungen entgegen und befolgte sie. So besitzt Er die praktische Erkenntnis, was es heisst, Gott zu gehorchen.
  • Jesus Christus wurde während seines Lebens in allem erprobt, ausgenommen die Sünde (Heb 4,15). Er litt Hunger, hatte Durst und kannte Müdigkeit. Er erlebte die Freude einer Hochzeitsfeier und die Trauer am Grab eines Freundes. Er erfuhr auch, was von den Menschen zu erwarten ist: Seine Jünger verliessen Ihn, die jüdischen Führer hassten Ihn, Pilatus liess Ihn geisseln und kreuzigen, obwohl er seine Unschuld bestätigte.
  • Der Herr Jesus bekam in seinem Leben als Mensch auf der Erde unzählige Leiden zu spüren. Er erduldete körperliche Schmerzen, als Er gegeisselt und ein wenig später ans Kreuz genagelt wurde. Wie litt Er in seiner Seele unter der Einsamkeit, dem mangelnden Verständnis und fehlenden Mitgefühl seiner Jünger und dem Spott seiner Feinde!

Jesus Christus hat das menschliche Leben vielfältig kennen gelernt. Darum kann Er alles, was die Seinen jetzt erleben, aus eigener Erfahrung verstehen.

5) Um unser Beispiel zu werden

Der Sohn Gottes wurde Mensch, um uns durch sein Leben auf der Erde ein vollkommenes Beispiel zu geben (1. Pet 2,21). Er verhielt sich immer so, wie Gott es von den Menschen erwartet. An allem, was Er dachte, redete und tat, konnte sich Gott freuen. So ist der Mensch Jesus Christus das perfekte Vorbild für ein Leben, das Gott ehrt. Aus diesem Grund werden wir aufgerufen, seinen Fussstapfen zu folgen und Ihn nachzuahmen.

  • Der Herr Jesus gibt uns in allen Lebensphasen ein Beispiel: Als Kind war Er seinen Eltern untertan (Lk 2,51). Nachdem Er viele Jahre als Zimmermann gearbeitet hatte, erklärte sein Vater vom Himmel her: «An dir habe ich Wohlgefallen gefunden» (Lk 3,22). Als Knecht Gottes diente Er den Menschen treu und hingebungsvoll. Wie viel können wir von Ihm lernen!
  • Seine Beziehung zu Gott und sein Umgang mit den Menschen sind beispielhaft für uns: Er führte ein intensives Gebetsleben, freute sich täglich am Wort Gottes und ordnete sich in jeder Situation dem Willen seines Vaters unter. Er ertrug den Kleinglauben seiner Jünger, reagierte weise auf alle Fragen und verteidigte sich nicht, wenn Er angegriffen wurde.

Schluss

Die Tatsache, dass der Sohn Gottes Mensch wurde, erfüllt unser Herz mit tiefer Bewunderung. Er war bereit, in die Welt zu kommen, um den Willen seines Gottes und Vaters zu tun (Heb 10,7). Er kam auch als Mensch auf die Erde, weil Er uns erlösen und reich segnen wollte (Lk 5,32; Joh 10,10).

  • 1Geistliche Lieder, Lied 183