Siehe!

Jesaja 42,1-4; Matthäus 25,6; Johannes 1,29; Johannes 19,5

Dieser Aufforderung begegnen wir in der Bibel oft. Damit soll unsere Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Person oder Sache gelenkt werden. An verschiedenen Stellen haben ganz unterschiedliche Personen mit diesem Ausruf auf den Herrn Jesus hingewiesen. Wir wollen uns an einige erinnern.

Siehe, das Lamm Gottes

Mit diesen Worten weist Johannes der Täufer, der Vorläufer des Herrn Jesus, bei zwei Gelegenheiten auf den Sohn Gottes hin, der als wahrer Mensch auf die Erde gekommen ist.

In Johannes 1,29 sagt er: «Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!» Der Herr Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz sind die Grundlage für die gesamte Lösung des Problems der Sünde.

Auf Golgatha hat der Heiland im Blick auf die Sünden Sühnung getan, so dass Gott jedem Glaubenden auf einer gerechten Grundlage alles Unrecht vergeben kann. Am Kreuz wurde der Herr Jesus als der Sündlose und Reine für uns zur Sünde gemacht. Da hat der heilige Gott an Ihm das Urteil über die Sünde vollzogen. Der Heiland musste die letzte Konsequenz der Sünde – den Tod – auf sich nehmen. Als Er am Kreuz litt und starb, hat Er das Problem der Sünde gelöst. Nun wird sein Tod jedem Gläubigen angerechnet, so dass wir der Sünde nicht mehr dienen müssen, sondern für Gott und zu seiner Freude leben können.

Am Kreuz hat der Herr Jesus durch sein Leiden und Sterben auch die Grundlage dafür gelegt, dass die Schöpfung vom Fluch befreit werden wird, der durch die Sünde des Menschen über sie gekommen ist. Zu dieser Befreiung gehört auch die Erlösung unseres Körpers. Im Tausendjährigen Reich wird die jetzige Schöpfung «frei gemacht werden von der Knechtschaft des Verderbens zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes» (Röm 8,21). Schliesslich wird Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde machen (Off 21,1). In der neuen Schöpfung wird es keine Sünde mehr geben. Sie wird endgültig und für immer «weggenommen» sein. Wunderbare Resultate des Werks von Golgatha!

Johannes der Täufer war ein treuer Diener Gottes. Er hat sich nicht in den Vordergrund gestellt, sondern auf das Lamm Gottes hingewiesen. Christus soll zum Anziehungspunkt für alle werden, die an Ihn als ihren Erlöser glauben. So heisst es in Johannes 1,36: «Hinblickend auf Jesus, der da wandelte, spricht er: Siehe, das Lamm Gottes!»

Zwei Jünger von Johannes wurden von diesen Worten angesprochen und folgten dem Herrn Jesus nach. Da fragte Er sie: «Was sucht ihr?» Unser Herr und Heiland fragt auch heute nach den Beweggründen unserer Nachfolge. Sind es grosse äussere Erwartungen oder ist es seine Person und die Gemeinschaft, die wir mit Ihm wünschen?

Wie schön ist die Antwort der beiden Nachfolger: «Lehrer, wo hältst du dich auf?» Sie wollten einfach bei Ihm bleiben. Doch Er konnte ihnen keine Adresse angeben, denn Er war ein Fremder hier (Joh 1,10.11). Das ist Er heute noch. Wir folgen einem Meister, den die Welt verworfen hat und immer noch ablehnt. Trotzdem gibt es einen Ort, wo wir mit Ihm zusammen sein können: «Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich ihrer Mitte» (Mt 18,20). Lasst uns bei Ihm bleiben!

Siehe, mein Knecht!

In Jesaja 42,1-4 ist es Gott selbst, der unsere Blicke auf seinen Sohn lenkt. Er zeigt uns den Herrn Jesus als seinen Knecht, an dem Er seine Freude hat.

Warum steht hier «mein Auserwählter»? Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist doch einmalig, einzigartig! Unmöglich ist Er aus mehreren ausgewählt worden. Ja, als Sohn Gottes ist Er der Eingeborene vom Vater, also der Einzige oder Einzigartige – nur Er und keiner wie Er!

Aber in Jesaja 42 wird Er mit anderen Knechten verglichen, die Gott hat. Da ist Er der Auswählte, der alle anderen weit übertrifft. An Ihm hat Gott sein Wohlgefallen. Mehrfach hat Er dies bezeugt, als der Sohn als Mensch hier lebte (Mt 3,17; 17,5).

«Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt.» Wir wissen, dass der Herr Jesus vom Heiligen Geist gezeugt wurde und auch aus diesem Grund Sohn Gottes genannt wird (Lk 1,35). Doch die Aussage von Jesaja 42 erfüllte sich zu Beginn seines öffentlichen Auftretens. Da kam der Heilige Geist auf den Menschen Jesus Christus und blieb auf Ihm (Mt 3,16; Joh 1,32). Das wird in Johannes 6,27 unterstrichen: «Diesen hat der Vater, Gott, versiegelt.» Seinen öffentlichen Dienst unter dem Volk und an den Menschen tat Er in der Kraft des Heiligen Geistes (Lk 4,14; Apg 10,38).

Die weiteren Verse in Jesaja 42 zeigen zunächst die Gesinnung des Herrn Jesus, in der Er als Knecht Gottes seinen Dienst tat (Vers 2). Dann sehen wir die Art und Weise, wie Er den Menschen begegnete und mit ihnen umging. Gleichzeitig war das, was Er verkündigte und lehrte, die Wahrheit Gottes (Vers 3). Schliesslich sehen wir in Vers 4, dass es für Ihn auf dem Weg zum Kreuz kein Stillstehen oder Ermatten gab. Unbeirrt ging Er voran, bis Er am Kreuz alles vollbracht hatte und die Grundlage für sein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit auf der Erde gelegt war. Lasst uns immer wieder auf den vollkommenen Knecht Gottes blicken!

Siehe, der Mensch!

In Johannes 19,5 ist es der Statthalter und Richter Pilatus, also ein Feind und Verächter des Herrn Jesus, der mit einem «Siehe» auf Ihn hinweist. «Jesus nun ging hinaus, die Dornenkrone und das Purpurgewand tragend. Und er spricht zu ihnen: Siehe, der Mensch!»

Mehrfach hatte Pilatus bis dahin die Schuldlosigkeit des Herrn Jesus anerkennen müssen. Er wollte jedoch das Urteil nicht selbst fällen, sondern die Entscheidung auf die Juden abwälzen. Deshalb unternahm er den Versuch, bei den Anklägern Mitleid für den Gefangenen zu wecken. Doch sie forderten seinen Tod: «Als ihn nun die Hohenpriester und Diener sahen, schrien sie und sagten: Kreuzige, kreuzige ihn!»

Pilatus hatte den Angeklagten, bevor er Ihn den Juden vorführte, geisseln lassen und den römischen Legionären ausgeliefert. Diese wussten, dass Jesus sich als König bekannt hatte (Joh 18,37). Das nahmen sie zum Anlass, Ihn zu verspotten und zu quälen. Sie flochten eine Krone aus Dornen und drückten sie Ihm aufs Haupt. Die Dornen sind ein Bild des Fluches, der wegen der Sünde des Menschen über den Erdboden gekommen ist (1. Mo 3,17.18). Nun war der einzige sündlose Mensch damit gekrönt worden! Sie warfen Ihm auch ein Purpurgewand um. Purpur ist die Farbe der Herrscher dieser Welt (Ri 8,26; Jer 10,9; Dan 5,7.16.29).

Dieser Mensch, der damals so verspottet und dann gekreuzigt worden ist, nimmt im Himmel als Sieger von Golgatha den Ehrenplatz zur Rechten Gottes ein. Dort ist Er als zukünftiger Universalherrscher jetzt schon mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (Heb 1,3; 2,7). Der Augenblick wird kommen – vielleicht schon bald –, da Er mit vielen Diademen gekrönt als König der Könige und Herr der Herren aus dem Himmel kommen und den Menschen auf der Erde in Herrlichkeit erscheinen wird (Mt 24,30; Off 1,7; 19,11-16). Dann wird sich erfüllen, was wir in Mordokai prophetisch auf Christus vorgebildet finden (Est 8,15). Jesus von Nazareth, der einst verspottet und gekreuzigt wurde, wird einmal alle Ratschlüsse Gottes mit der Erde und der ersten Schöpfung zur Ausführung bringen.

Siehe, der Bräutigam!

In Matthäus 24,45 – 25,30 wird mit Gleichnissen die Zeit der Christenheit beschrieben, in der wir leben. Im Gleichnis von den zehn Jungfrauen kann man drei aufeinander folgende Zeitperioden der Christenheit erkennen, wobei die Jungfrauen die christlichen Bekenner darstellen.

Zuerst heisst es von den Jungfrauen, dass sie «ihre Lampen nahmen und ausgingen, dem Bräutigam entgegen» (Mt 25,1). Das ist die Anfangszeit des Christentums, die durch das Verhalten der Thessalonicher illustriert wird. Diesen Menschen wird das Zeugnis ausgestellt: «Wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten» (1. Thes 1,9.10).

Die Fortsetzung im Gleichnis lautet: «Als aber der Bräutigam noch ausblieb, wurden alle schläfrig und schliefen ein» (Vers 5). Schon bald erkaltete in den Herzen vieler Christen die Liebe zu ihrem Erlöser und Herrn (Off 2,4). Als das Herz nicht mehr für den Herrn Jesus brannte, gab man auch die Erwartung auf sein Wiederkommen auf. Die Christen konzentrierten sich auf das Sichtbare und Irdische. Mit dem Aufgeben der himmlischen Hoffnung gab es nichts mehr, was die Christen von der Welt trennte. Es trat eine Verweltlichung ein. Damit standen auch die Füsse still, die dem Bräutigam hätten entgegengehen sollen.

«Um Mitternacht aber erhob sich ein lauter Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht aus, ihm entgegen!» (Vers 6). Vor bald 200 Jahren gab es ein mächtiges Wirken des Heiligen Geistes in der Christenheit. Viele gottesfürchtige Gläubige entdeckten beim Lesen der Bibel auf einmal wieder manche der verloren gegangenen Wahrheiten. Dazu gehörte die Hoffnung auf die Entrückung aller Erlösten beim Kommen des Herrn, wie wir sie in 1. Thessalonicher 4,15-18 finden. Es war der Heilige Geist, der ihnen das Wort Gottes und das Verständnis darüber öffnete. Der Herr Jesus hatte ja gesagt: «Wenn aber der Geist der Wahrheit gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten» (Joh 16,13).

Die Folge dieser «Entdeckung» war, dass man an vielen Orten in der Christenheit das Kommen des Herrn zur Entrückung öffentlich verkündigte. Viele wurden davon ergriffen. Vers 7 bewahrheitete sich: «Da standen alle Jungfrauen auf.»

Seitdem jener Ruf ertönte: «Siehe, der Bräutigam!», sind viele Jahre vergangen. Die Wahrheit über das Kommen des Herrn zur Entrückung ist glücklicherweise nicht mehr ganz verloren gegangen. Doch die Frage stellt sich: Ist es bei mir nur noch ein theoretisches Wissen, oder lebe ich wirklich täglich in dieser Erwartung? Hinzu kommt eine zweite Frage: Bin ich dem Ruf «Geht aus, ihm entgegen» wirklich gefolgt? Gehe ich auf dem biblischen Weg dem Herrn Jesus entgegen? Im Neuen Testament finden wir die Grundsätze, die heute noch für den gemeinsamen Weg der Kinder Gottes gelten. Das Gleichnis zeigt, dass es keinen anderen gottgewollten Weg gibt als den, auf dem die Gläubigen am Anfang dem Herrn entgegengegangen sind. An diesem Weg nach der Bibel hat sich nichts geändert, auch wenn die Christen stehengeblieben und eingeschlafen sind. Darum wollen wir, die aufgewacht sind, auf diesem Weg dem Herrn entgegengehen. Er kommt bald. Vielleicht heute!