Als Elia zum Himmel auffuhr, fiel sein Mantel von ihm herab. Elisa konnte ihn aufnehmen und erhielt so ein doppeltes Teil vom Geist seines Vorgängers. Das erklärt den besonderen Charakter seines Dienstes: Er wirkte in der Kraft der Auferstehung. Diese Tatsache müssen wir bei der Auslegung der schönen Begebenheit berücksichtigen, die uns in 2. Könige 4,1-7 geschildert wird.
Doch zunächst ist es notwendig, die Umstände der Witwe zu verstehen. Ihr Ehemann – ein Israelit, der den HERRN fürchtete – war gestorben. Er hatte seine Frau so hoffnungslos verschuldet hinterlassen, dass der Gläubiger ihre beiden Söhne als Leibeigene beanspruchte. Wovon spricht dieser Gläubiger? Er weist auf das Gesetz hin, das ohne Barmherzigkeit seine Strafen und Forderungen durchsetzt. Es hatte den Tod über den Ehemann gebracht und versuchte nun, seine beiden Söhne in die Knechtschaft zu bringen. War es ein Wunder, dass diese arme Witwe unter ihrer unerträglichen Last seufzte und sich gezwungen sah, Befreiung zu suchen?
An wen wandte sich die Witwe, um Hilfe und Beistand zu erhalten? Sie schrie zu Elisa, der ein Hinweis auf den auferstandenen Christus ist. Er reagierte sofort und fragte: «Was soll ich für dich tun? Sage mir, was du im Haus hast.» Sie antwortete: «Deine Magd hat gar nichts im Haus als nur einen Krug Öl.» Beachten wir den Unterschied zwischen den Überlegungen der Menschen und den Gedanken Gottes. Der Krug mit Öl war für die arme Witwe wie nichts. Doch in den Augen Gottes war das alles. Die Frage Elisas sollte die Tatsache ans Licht bringen, dass es diesen Krug Öl in ihrem Haus gab. Öl ist in der Bibel ein Sinnbild für den Heiligen Geist. So wird uns hier gezeigt, dass der Besitz des Heiligen Geistes der einzige Weg zur praktischen Befreiung vom Joch des Gesetzes ist. Bevor dieses Ziel jedoch erreicht wird, sind bestimmte Erfahrungen notwendig. Aber die grundsätzliche Voraussetzung dafür ist, dass der Heilige Geist in uns wohnt.
Bis zu diesem Moment kannte die Witwe den Wert ihres einzigen Besitzes noch nicht. Sie befand sich auch noch nicht im richtigen inneren Zustand, um das zu nutzen, was sie wirklich besass. Deshalb wies Elisa sie an: «Geh hin, erbitte dir Gefässe von draussen, von allen deinen Nachbarn, leere Gefässe, nimm nicht wenige; und geh hinein und schliesse die Tür hinter dir und hinter deinen Söhnen zu und giesse in alle diese Gefässe; und was voll ist, setze beiseite.» Dadurch wurde der Glaube sogleich aufgerufen, aktiv tätig zu werden.
Sie gehorchte dem Propheten und entdeckte, dass der Vorrat an Öl unendlich war. Er wurde nur durch das Fassungsvermögen ihrer leeren Gefässe begrenzt. Als die Gefässe voll waren, sprach sie zu ihrem Sohn: «Reiche mir noch ein Gefäss.» Doch es war keines mehr vorhanden. Da blieb das Öl stehen.
Sie war immer noch nicht in der Lage, einen Nutzen aus ihrem Schatz zu ziehen. So ging sie noch einmal zum Mann Gottes, der ihr den Auftrag gab: «Geh hin, verkaufe das Öl und bezahle deine Schuld; du aber und deine Söhne, lebt vom Übrigen.» Darin liegen im übertragenen Sinn zwei wichtige Lektionen:
- «Bezahle deine Schuld»: Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat uns vom Gesetz der Sünde und des Todes frei gemacht (Röm 8,2).
- «Lebt vom Übrigen»: Wir sollen nun fortfahren, in der Kraft des Geistes Gottes zu leben (Röm 8,13; Gal 5,25).
Es gibt noch eine andere Belehrung, die mehr an der Oberfläche liegt und zugleich von höchster Bedeutung ist. In einer grossen Not erkennen wir durch die Unterweisung des Herrn, dass Gott nicht spärlich gibt. Aus seinen Hilfsquellen fliesst ein mächtiger Strom, der alle unsere Bedürfnisse weit übertrifft. Wir verstehen auch, dass uns der Glaube in eine lebendige Verbindung mit der Quelle aller Unterstützung und Hilfe bringt. Gott wird nicht müde, unseren Bedarf zu stillen. Unsere Bitten können – wie die leeren Gefässe – nie zu viele sein. Kommen wir zu Gott, so oft wir wollen und mit so vielen Gefässen, wie unser Glaube sie tragen kann. Dann werden wir erfahren, dass seine Quelle der Gnade und des Segens alle füllen wird.