«Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?» (Röm 8,31). Mit dieser Frage wendet sich der Apostel Paulus an die Gläubigen in Rom. Es ist eigentlich gar keine Frage, denn die Antwort liegt auf der Hand. Ein Gott, der seinen eigenen Sohn nicht geschont hat, ein solcher Gott wird seinen Kindern nichts versagen. Gott ist für uns – das ist eine unumstössliche Tatsache, über die wir staunend nachdenken dürfen.
Schon die Gläubigen des Alten Testaments kannten ihren Gott als Den, der für sie war, auch wenn sie nicht in eine solche Nähe zu Ihm gebracht waren wie wir. Gott hatte sich ihnen in verschiedener Art und Weise offenbart. Unter der Überschrift «Gott ist für uns» wollen wir im Folgenden einige dieser Offenbarungen Gottes aus dem Alten Testament mit Aussagen des Apostels Paulus im Philipperbrief vergleichen und daraus Ermunterungen für uns ableiten.
1. «Der HERR, mein Banner – Jahwe-Nissi» (2. Mo 17,15)
Nach dem Sieg der Kinder Israel über Amalek baute Mose einen Altar und nannte ihn: «Der HERR, mein Banner.» Ein Banner ist ein Feldzeichen. Damit wollte Mose ausdrücken, dass es Gott war, der ihnen den Sieg über die Feinde geschenkt hatte. Nicht in eigener Kraft hatten sie Amalek bezwungen, sondern Gott hatte ihnen geholfen und sie vor den Angriffen der Feinde geschützt. – Den Parallelgedanken dazu drückt Paulus in Philipper 1,28 so aus: «… und euch in nichts erschrecken lasst von den Widersachern; was für sie ein Beweis des Verderbens ist, aber eures Heils (Errettung), und das von Gott.» Der Kampf, von dem Philipper 1 spricht, ist der Kampf des Evangeliums, den wir alle kämpfen sollen. In diesem Kampf gibt es Feinde und Widersacher, die wir nicht in eigener Kraft bezwingen und vor denen wir uns auch nicht selbst schützen können. Unsere Rettung kommt nicht von uns selbst, sondern von unserem Gott. Haben nicht auch wir Ursache, geistlicherweise diesen Altar zu bauen und ihn «der HERR, mein Banner» zu nennen?
2. «Der HERR, der dich heilt – Jahwe-Ropheka» (2. Mo 15,26)
Nach der bitteren Erfahrung von Mara, als das Wasser ungeniessbar war, stellte Gott sich seinem Volk in der Wüste unter diesem Namen vor. Sie selbst konnten sich nicht helfen, sondern waren auf die Hilfe des Herrn angewiesen. Liegt in dieser Aussage Gottes nicht sein ganzes Erbarmen für sein Volk damals? Sollte es heute anders sein?
Diese Erfahrung hatte Paulus mit seinem Freund und Mitarbeiter Epaphroditus gemacht, der dem Tod nahe gewesen war. Er schreibt: «Denn er war auch krank, dem Tod nahe; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, nicht aber über ihn allein, sondern auch über mich» (Phil 2,27). Auch wir kennen etwas von den Erbarmungen Gottes. Erbarmen setzt immer einen notvollen und elenden Zustand bei denen voraus, an denen Erbarmen geübt wird. Unser Gott ist reich an Barmherzigkeit, nicht nur als Er uns aus dem Sumpf der Sünde gezogen hat, sondern auch auf dem Weg, den wir als Kinder Gottes gehen. Seine Erbarmungen sind jeden Tag neu. Wollen wir unsere Augen für dieses Handeln Gottes mit uns offen halten und dafür dankbar sein?
3. «Der HERR, unsere Gerechtigkeit – Jahwe-Tsidkenu» (Jer 23,6)
Diese Worte werden im Tausendjährigen Reich ihre herrliche Erfüllung finden, wenn der Herr Jesus als König in Recht und Gerechtigkeit regieren wird. Dann wird sein irdisches Volk Ihn erkennen und als Den anerkennen, der Er wirklich ist. Auf dieser Erde voller Ungerechtigkeit wird dann in der Person des Sohnes des Menschen Gerechtigkeit herrschen. Wenn wir uns auch auf diese Zeit freuen dürfen, weil der Herr dann auf dieser Erde zu seinem Recht kommt, so brauchen wir doch nicht bis zu jenem Augenblick zu warten, da wir unseren Herrn so erkennen werden.
Paulus schreibt den Philippern: «… damit ich Christus gewinne und in ihm erfunden werde, indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben; um ihn zu erkennen» (Phil 3,9.10). Der Herr Jesus ist unsere Gerechtigkeit. Nur in Ihm haben wir eine sichere Stellung vor einem heiligen und gerechten Gott. Ist es wirklich unser Wunsch, diesen Christus zu «gewinnen», in «ihm erfunden» zu werden und Ihn ganz praktisch «zu erkennen»?
4. «Der HERR ist hier – Jahwe-Schammah» (Hes 48,35)
Mit diesen Worten beendet der Prophet Hesekiel seine Weissagungen. Er hat die Stadt Jerusalem im Tausendjährigen Reich beschrieben und gibt ihr einen neuen Namen: «Der HERR ist hier.» Das lässt uns an die Gegenwart Gottes denken, die Er seinem Volk verspricht.
Das Gegenstück dazu finden wir in Philipper 4,5b: «Der Herr ist nahe.» Bei dieser Aussage des Paulus können wir einerseits daran denken, dass der Herr Jesus bald wiederkommen wird, um uns zu sich zu holen. Anderseits (und das ist vielleicht die erste Bedeutung dieser Stelle) wollte Paulus die Briefempfänger daran erinnern, dass der Herr Jesus ihnen in allen Lebensumständen ganz nahe ist. In dieser Welt gibt es Feindschaft und Widerstand, und wir haben Gelegenheit, den Menschen unsere Milde (Nachgiebigkeit) zu zeigen (V. 5a). Das ist nicht immer leicht; aber hilft es uns nicht, dabei daran zu denken, dass wir nicht allein sind? Der Herr ist bei uns. Als Christen meinen wir manchmal, einen einsamen Stand zu haben, aber in Wirklichkeit sind wir nie allein. Das Versprechen der Gegenwart unseres Herrn macht uns Mut. Er wird uns in keiner Lebenssituation allein lassen.
5. «Der HERR ist Frieden – Jahwe-Schalom» (Ri 6,24)
Auch dieser Name wurde in Verbindung mit einem Altar gegeben. Gideon war es, der ihn baute, nachdem der Engel des HERRN ihm erschienen war. Obwohl der Kampf mit dem übermächtig erscheinenden Feind Midian noch bevorstand, hatte Gideon doch das Vertrauen und die innere Ruhe, seinem Altar diesen bezeichnenden Namen zu geben: «Der HERR ist Frieden.»
Müssen wir im Philipperbrief lange nach der Parallele suchen? Wohl kaum: «Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euren Sinn bewahren in Christus Jesus.» Und noch mehr: «Der Gott des Friedens wird mit euch sein» (Phil 4,7.9). Wir leben in einer Welt der Unruhe und des Unfriedens, in einer Welt voller Schwierigkeiten und Probleme, in einer Welt der unbeantworteten Fragen, die es auch im Leben der Kinder Gottes gibt. Und doch, wir haben nicht nur Frieden mit Gott. Als Gläubige besitzen wir erstens den Frieden Gottes, der Herz und Sinn bewahren wird, und zweitens kennen wir den Gott des Friedens. Im Vertrauen zu Ihm gibt es keinen Grund zur Resignation. Mit allem dürfen wir im Gebet zu Ihm kommen. Wir bauen, im Bild gesprochen, diesen Altar und nennen ihn: «Der HERR ist unser Frieden.»
6. «Der HERR wird ersehen – Jahwe-Jireh» (1. Mo 22,14)
So nannte Abraham den Ort, wo er eine der schwersten Glaubensproben, die je über einen Menschen gekommen ist, bestanden hat. Isaak hatte seinen Vater vorher schon gefragt, wo das Schaf zum Brandopfer sei, und in grenzenlosem Vertrauen zu seinem Gott hatte Abraham geantwortet: «Gott wird sich ersehen das Schaf zum Brandopfer, mein Sohn» (V. 8). Wir wissen nicht, was in diesen Augenblicken im Herzen dieses Glaubensmannes vor sich ging, denn Isaak war sein geliebter Sohn und Träger der Verheissung Gottes; aber er traute Gott alles zu, auch die Lösung dieser schweren Erprobung, seinen Sohn opfern zu müssen.
Auch aus den Worten des Apostels Paulus spricht dieses bedingungslose Vertrauen, wenn er am Ende des Philipperbriefes schreibt: «Mein Gott aber wird euch alles Nötige geben nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus» (Phil 4,19). Diese Worte schrieb der Apostel mit fester Überzeugung und ohne jeden Zweifel, denn er hatte zahllose Erfahrungen mit seinem Gott gemacht.
Und wir? Auch wir kennen unseren Gott als einen Gott der Vorsorge, als einen Gott, der ersehen wird. Wir wissen nicht, was vor uns liegt; wir kennen unseren Weg nicht. Unserem Gott aber ist nichts verborgen, und wir dürfen überzeugt sein, dass Er für alles Vorsorge treffen wird. Er wird uns in allen Lebensumständen das geben, was wir brauchen.
Die Schlussfolgerung von Paulus lautet: «Unserem Gott und Vater aber sei die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen» (Phil 4,20). Stimmen wir nicht alle von ganzem Herzen gern in diesen Lobpreis ein?