Die Welt

Für Welt stehen im griechischen Text zwei Ausdrücke: aion und kosmos. Aion wird in der Elberfelder-Übersetzung meist mit Zeitlauf oder Zeitalter wiedergegeben, kosmos mit Welt. Das Wort kosmos redet von Ordnung, System, und auch von Schmuck und Schönheit. Wenn zum Beispiel das Weltall damit gemeint ist, bedeutet dieses Wort nicht nur die Ordnung der Sterne, sondern es bezeichnet sie als einen Schmuck des Himmels.

Welt kann verschiedenes bedeuten. Das Wort Gottes zeigt uns die Welt von drei Seiten:

  • Das Weltall, die gesamte Schöpfung
  • die ganze Menschheit
  • die Gesamtheit der ungläubigen Menschen unter der Herrschaft Satans

Immer bedeutet es aber ein Ganzes, etwas Umfassendes.

1. Welt = Weltall

In der ersten Bedeutung von Welt ist die gesamte Schöpfung gemeint. All das, was Gott, der Schöpfer, als geordnetes Ganzes ins Dasein rief, ist die Welt. Diese göttliche Ordnung versetzt uns immer wieder in Staunen und führt uns zur Anbetung unseres grossen Schöpfers (Off 4,9-11). Denken wir nur an die wunderbare Harmonie im Lauf der Gestirne. Das ist schon ein Wunder für sich. Aber Gott bestimmt damit auch seine Ordnung auf dieser Erde: den Wechsel von Tag und Nacht und die Folge der Jahreszeiten.

«Der Gott, der die Welt und alles darin gemacht hat» (Apg 17,24).

«Denn das Unsichtbare von ihm wird geschaut, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen werden» (Röm 1,20).

«Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt» (Joh 17,24). Der ewige Sohn spricht hier zu seinem Vater von dessen Liebe zu Ihm in der vergangenen Ewigkeit, bevor das Weltall geschaffen war.

«Die Welt wurde durch Ihn» (Joh 1,10). Von Gott, dem Vater, sind alle Dinge, aber durch den Herrn Jesus sind sie erschaffen worden (1. Kor 8,6).

2. Welt = Die Menschheit als Ganzes

Die zweite Bedeutung von Welt umfasst alle Menschen als Bewohner unseres Planeten Erde. Obwohl der Mensch seinen Zustand der Unschuld nicht bewahrte und durch den Sündenfall die ganze Schöpfung Gottes in Mitleidenschaft zog, blieb doch eine gewisse Ordnung übrig. Und das aus lauter Gnade vonseiten Gottes.

Obwohl Er die Sprache der Menschen beim Turmbau zu Babel verwirren musste und sie über die ganze Erde zerstreute (1. Mo 11,9), überliess Er sie doch nicht einem vollständigen Chaos. Er ordnete sie nach Familien, Stämmen, Völkern und Völkergruppen und gab jedem einen Platz auf dieser Erde. «Und er hat aus einem Blut jede Nation der Menschen gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat festgesetzte Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnung bestimmt» (Apg 17,26). «Als der Höchste den Nationen das Erbe austeilte, als er voneinander schied die Menschenkinder, da stellte er die Grenzen der Völker fest nach der Zahl der Kinder Israel» (5. Mo 32,8).

Alle Menschen halten sich nur vorübergehend in dieser Szene auf. Wir alle wurden in die Welt hineingeboren (Joh 16,21) und sind seither ein Teil der Schöpfung und der Menschheit. Aber wir verlassen diesen Ort und diese Umgebung wieder so, wie wir sie betreten haben (1. Tim 6,7). Und doch ist diese Zeit von entscheidender Bedeutung im Blick auf das, was nachher kommt, wenn wir uns ausserhalb dieser Sphäre befinden, denn:

Gott hat in seiner Gnade nicht nur einen Teil seiner Ordnung übrig gelassen. Er dachte in seiner Liebe auch an die Not der Menschen, in die sie durch den Sündenfall gekommen sind. «Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe» (Joh 3,16). In der Gabe Seines Sohnes bekundet Gott seine Liebe zu allen Menschen. Aber wie wenige sind es, die mit Martha von Bethanien sagen: «Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll» (Joh 11,27).

Auch an anderen Stellen im Johannes-Evangelium umfasst der Ausdruck Welt alle Menschen:

  • Joh 1,9: Der Herr Jesus kam in die Welt, d.h. in seine Schöpfung, zu den Menschen
  • Joh 8,12: Er ist das Licht der Welt

3. Welt = Die ungläubige Menschheit (das Weltsystem)

Mit dieser dritten Bedeutung steht das zu Anfang erwähnte griechische Wort aion in enger Verbindung. Es wird, wie schon gesagt, auch mit Zeitlauf oder Zeitalter übersetzt. Es deutet eigentlich auf den Grundcharakter der Zustände hin, die in einem bestimmten Zeitalter herrschen.

Heute herrschen im «Zeitlauf dieser Welt» (Eph 2,2) gottfeindliche Grundsätze. Alle Menschen, die nicht an den Herrn Jesus als ihren persönlichen Erretter glauben, die nicht wiedergeboren sind, also kein Leben aus Gott besitzen, sind im Grund gegen Gott eingestellt. Ihre ganze Lebensanschauung ist eine Sache ohne Gott. Die Bibel bezeichnet diese gottfeindliche Menschheit auch als Welt.

Auch in dieser Bedeutung ist der Begriff von Ordnung und System noch enthalten. Der Fürst oder Gott dieser Welt hat die Menschen, die er durch den Sündenfall des ersten Paares unter seine Herrschaft gebracht hat, in allen Belangen organisiert. Er hat im Lauf der Zeit ein beeindruckendes System aufgebaut.

Da wir als Gläubige nicht mehr zum Machtbereich Satans gehören und damit auch nicht zu seinem Weltsystem, aber mittendrin leben, scheint es mir wichtig, auf diese dritte Bedeutung von Welt etwas näher einzugehen. Das Wort Gottes gibt uns viele Hinweise über den wahren Zustand der Welt, über unsere Beziehungen zu ihr und unser Benehmen in ihr, und über die Hilfsquellen Gottes zu einem richtigen Verhalten. Wir wollen uns Gottes Wort zu Herzen nehmen und im Gehorsam ausleben, damit wir in dieser Welt zu seiner Ehre sein können.

Der Fürst oder Gott dieser Welt ist Satan (Joh 16,11; 2. Kor 4,4; Lk 4,5.6). Er ist ein gewaltiger Feind; wir wollen ihn nie unterschätzen. Aber er ist ein besiegter Feind. Am Kreuz, dort wo er meinte, triumphieren zu können, wurde er für immer besiegt. Unser Herr Jesus hat durch seinen Tod «den zunichtegemacht, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel» (Heb 2,14). Dort hielt Er über die Fürstentümer und Gewalten einen herrlichen Triumph (Kol 2,15). Den Anfang der Welt, in dieser Bedeutung, finden wir bei Kain und seinen Nachkommen (1. Mo 4,16-22). Ihr System hat sich seither vergrössert und verfeinert, aber die Grundsätze sind noch die gleichen wie damals.

Kain entfernte sich vom Angesicht Gottes und begann in der Gottesferne eine Weltanschauung aufzubauen und ein System zu organisieren, in dem er Gott nicht nötig hatte, von dem Gott ausgeschlossen war. Zur Sicherung und Stärkung dieser Vereinigung baute er eine Stadt. Im Kampf ums Dasein auf der verfluchten Erde machte sich bald der Materialismus bemerkbar, das Begehren nach den vergänglichen Gütern dieser Erde. Mit der Laute und der Flöte gestalteten sie sich das Leben so angenehm wie möglich. Die ersten Werkzeuge waren der Anfang der heutigen Technik, die für das Leben auf der Erde äussere Erleichterungen gibt. Später, in den Tagen Sodoms, war auch der Handel eingeführt (Lk 17,28).

Diese Welt lebt nicht nur ohne Gott; sie hasst Ihn auch und lehnt sich gegen Ihn auf (Joh 15,18; Röm 5,10; Apg 4,25-27). Darum ist sie dem Gericht Gottes verfallen (Röm 3,19) und wird vergehen (1. Joh 2,17).

Weitere Charakterzüge der Menschheit unter der Herrschaft Satans sind:

  • Sie trachtet nach den sichtbaren Dingen (Lk 12,30)
  • Sie lebt nur für dieses Leben (Lk 17,26.27; 20,34)
  • Sie ist ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt, solange sie das Evangelium nicht kennt oder ihm nicht gehorcht (Eph 2,12)
  • Sie freut sich, dass der Herr Jesus nicht mehr auf der Erde lebt (Joh 16,20)
  • Sie ist der Aufenthaltsort vieler Verführer, falscher Propheten und des Antichristen (1. Joh 4,1.3; 2. Joh 7)
  • Ihre Weisheit ist Torheit bei Gott (1. Kor 3,19)

4. Der Gläubige und die Welt

Jeder Mensch gehört von Natur zur Welt. Er ist ein Teil dieses gottfeindlichen Systems. Wenn er sich aber als verlorener Sünder zum Herrn Jesus wendet und an Ihn und sein Erlösungswerk glaubt, wird er aus dieser Welt herausgerettet (Gal 1,4). Wir Gläubige gehören nun dem Himmel an, obwohl wir uns körperlich noch in dieser Welt befinden. Wir haben unser Heimatrecht im Himmel. Der Herr Jesus sagt von uns, dass wir in der Welt, aber nicht von der Welt sind, wie Er nicht von der Welt war (Joh 13,1; 17,11.16).

a) Das Verhalten der Welt

Wie verhält sich die Welt und ihr Fürst gegen Nicht-Mitgenossen und solche, die ihr entfliehen wollen?

  • Sie hasst die Gläubigen (Joh 15,18.19; 17,14)
  • Ihr Fürst will uns durch sie verführen und betrügen und uns die Person des Herrn verfälschen (1. Tim 2,14; 2. Kor 11,3; Kol 2,8)
  • Sie will uns zum Ungehorsam gegen Gott verleiten und vom Genuss der Liebe des Vaters abziehen (1. Joh 2,15-17)
  • Satan verblendet den Sinn der Ungläubigen, damit die Welt nicht noch mehr Mitgenossen verliert (2. Kor 4,4)
  • Er lässt die Gläubigen verfolgen, wenn er sie nicht verführen kann (Joh 15,20)
  • Er sucht sie zu verschlingen (1. Pet 5,8)

b) Das Verhalten der Gläubigen

Die Stellung der wahren Christen in einer solchen Welt ist keine leichte Sache, besonders heute, wo so viele, die dem Bekenntnis nach dem Verworfenen angehören, die Freundschaft der Welt annehmen, ja suchen! Aber die Bibel lässt uns nicht im Unklaren, wie der Gläubige sich in der Welt zu verhalten hat. Wie bekommen wir die richtige Grundeinstellung zur Welt? Wenn wir

  • einerseits alles tun und lassen aus Liebe zu unserem Herrn, den die Welt hasst, der uns aber alles bedeutet; und
  • anderseits unser ganzes Benehmen hier unsere himmlische Gesinnung widerspiegelt.

Möchten wir mehr alle Dinge dieser Welt im Licht des Himmels betrachten und danach handeln!

Wir leben als Wartende in dieser Welt. Mit Sehnsucht schauen wir nach dem aus, dem unsere Liebe gehört. Wir möchten Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen und immer bei Ihm bleiben. Daher sollen wir weder ein Freund der Welt sein, noch sie lieben (Jakobus 4,4; 1. Joh; 2,15). Der Heilige Geist ermuntert uns vielmehr, den Befleckungen der Welt zu entfliehen, uns den Elementen der Welt als gestorben zu betrachten, ja, der Welt gekreuzigt zu sein (2. Pet 2,20; Kol 2,20; Gal 6,14). Das will sagen, dass wir eine ganz eindeutige Haltung einnehmen sollen. Aber wahre Absonderung von der Welt kann nur das Ergebnis der Gemeinschaft mit Gott sein.

Absonderung für Gott löst uns vom eigenen Ich und lässt uns heraustreten in tätiger Liebe und Teilnahme für andere, ohne unseren Standpunkt zu verlassen. Denken wir nur an Abraham und Lot in 1. Mose 14. Wenn wir uns wie Mönche oder Einsiedler von der Welt trennen, machen wir uns zum Mittelpunkt unseres Daseins. Das ist keine Absonderung für Gott, und zudem macht es uns kalt und engherzig. Sobald wir eine klare Haltung einnehmen, wird es uns ähnlich ergehen wie dem Apostel Paulus. Er wurde der Welt zu einem Schauspiel, ja zu ihrem Kehricht (1. Kor 4,9.13). Aber ist es unserem geliebten Herrn anders ergangen? Er hat in Vollkommenheit ausgelebt, was es heisst, nicht von der Welt zu sein. Vergessen wir nie, dass die Welt unseren Herrn gekreuzigt hat. Wenn wir ihr gegenüber keine eindeutige Haltung einnehmen, oder am Geschlecht seiner Feinde, die Ihn einst gekreuzigt haben, Gefallen finden, so heisst das, Ihn verleugnen!

Aber wir wissen auch um die Zukunft dieser Welt und der Menschen in ihr. Darum sind wir auch als Zeugen hier. Gott möchte, dass unser Wandel durch diese Welt ein Weg des Glaubens sei, durch den wir, wie einst Noah, der Welt ein ernstes Zeugnis sein können, ja, durch den wir sie überwinden (Heb 11,7; 1. Joh 5,4.5). Der Dienst der Versöhnung ist uns allen gegeben. «So sind wir nun Gesandte für Christus, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!» (2. Kor 5,20).

Das wahre Geheimnis der richtigen Haltung des Gläubigen gegenüber der Welt in dieser Zeit ist Liebe, aber eine Liebe, womit Gott die Menschen liebt und die Er uns ins Herz gibt. Kein anderer Beweggrund darf unser Herz mehr beeinflussen als sie.

c) Gottes Zusagen

Gott hat uns durch sein Wort auch Ermunterungen gegeben, um nicht mutlos zu werden, wenn es schwierig wird in dieser Umgebung.

Der Herr hat uns aus der Welt auserwählt (Joh 15,19) und bei unserer Bekehrung herausgenommen (Gal 1,4). Wie oft haben wir Ihm schon gedankt, dass wir nicht mehr zu diesem gottfeindlichen System gehören müssen, das dem Gericht verfallen ist? Er hat uns auserwählt, als wir noch kein Verlangen nach Ihm hatten, als wir noch seine Feinde waren. Er hat uns herausgerettet, als wir völlig unfähig waren, diesen Machtbereich Satans aus eigener Kraft zu verlassen. Erwärmen diese Tatsachen unser Herz nicht immer wieder für den, der uns so geliebt hat? Wir wollen Ihm viel und von Herzen dafür danken.

Nachdem Er uns rettete, hat Er uns nicht allein gelassen. Er gibt uns Mut, denn Er hat ja die Welt überwunden (Joh 16,33). Im Gebet des menschgewordenen Sohnes Gottes zu seinem Vater im Himmel in Johannes 17 denkt der Herr auch an uns, die Seinen, die in der Welt sind. Er bittet für uns (Verse 9,20). Und weil Er es tut, wird uns nichts mangeln.

Eine besondere Bitte ist die um Bewahrung vor dem Bösen. Er weiss, wie böse die Welt und ihr Fürst sind. Welch eine Ermunterung, um diese göttliche Bewahrung zu wissen! Möchten wir sie mehr für uns in Anspruch nehmen und uns nicht so oft selbst stark genug fühlen, dem Bösen in der Welt gegenüber zu bestehen. Es wird immer wieder zu einer schmählichen Niederlage führen.

5. Schlussbemerkung

Versucht man die vielen Stellen im Neuen Testament, in denen der Ausdruck Welt vorkommt, zu ordnen, so stellt man Folgendes fest:

Dieser Ausdruck kommt am häufigsten im Johannes-Evangelium, im ersten Johannesbrief und in den beiden Korintherbriefen vor:

  • Johannes-Evangelium: Dort steht die Welt im Gegensatz zu dem Woher des Herrn Jesus als dem Sohn Gottes
  • 1. Johannesbrief: Das ewige Leben in uns und die Gemeinschaft mit dem Vater und mit dem Herrn Jesus stehen im krassen Gegensatz zu jeder Gemeinschaft mit der Welt
  • Korintherbriefe: Die Versammlung Gottes als sein Zeugnis auf dieser Erde gehört Ihm, ist abgesondert für Ihn. Gott wünscht keinerlei Verbindung zur Welt

Entsprechen wir in allem dieser Verantwortung?