Wie dankbar sind wir Gläubige unserem Gott und Vater, dass wir täglich Gegenstände seiner unendlichen Erbarmungen sind! Lasst uns aufgrund einiger Bibelstellen überdenken, in welcher Weise sie uns gegenüber wirksam sind.
Psalm 103,14-16
In Psalm 103 beschreibt David, in den Versen 14-16, die Hinfälligkeit und Vergänglichkeit des menschlichen Leibes. Er vergleicht ihn mit der Blume des Feldes, die im Frühjahr voll Kraft und Saft aus dem Boden wächst, einige Zeit in schöner Blüte dasteht und dann verwelkt und verschwindet. Aber er rühmt auch die Erbarmungen, die Gott denen erweist, die Ihn fürchten, also den Seinen (Verse 4,8,13). Besonders, wenn dieses Verwelken und das Nachlassen der körperlichen Kräfte einsetzen, sind wir Gott für die menschlich erfahrbaren Erbarmungen seiner gewaltigen Güte voller Dank. Er, der in Christus unser Vater geworden ist, ist Tag und Nacht ununterbrochen bei uns, nimmt eingehend Kenntnis von unserer Schwachheit und unseren Schmerzen, von den Nöten des Altwerdens. Er versteht und hört uns. Er gibt uns unermüdlich den Trost seines Wortes und ist besorgt für die notwendige Hilfe. Welch kostbare Gemeinschaft mit Ihm, gerade in Tagen des Schwindens der körperlichen Kräfte! Die Krüge Gideons und seiner Leute – ein Bild des leiblichen, irdenen Gefässes (2. Kor 44,7-10) – mussten zerbrochen werden, damit das Licht der Fackeln, die darin waren, hell leuchten konnte (Richter 6,19.20).
Klagelieder 3,22-24
Auch Jeremia singt in seinen Klageliedern, in seiner bitteren Herzensnot, von den Erbarmungen Gottes (Klgl 3,22-24). Er trauert darüber, dass das Volk Gottes um seiner schrecklichen Untreue willen aus Jerusalem und Juda nach Babel weggeführt werden musste. Aber die Hoffnung auf die Erbarmungen des HERRN hielt Jeremia und alle, die über die Untreue und den Fall Judas Leid trugen, jeden Tag aufrecht. «Es sind die Gütigkeiten des HERRN, dass wir nicht aufgerieben sind; denn seine Erbarmungen sind nicht zu Ende; sie sind alle Morgen neu, deine Treue ist gross.» Daniel und seine drei Genossen konnten sie sogar in Babel erfahren. Für das Volk selbst wurden diese Erbarmungen später wirksam: Es durfte nach siebzigjähriger Gefangenschaft ins Land zurückkehren und dort den Messias erwarten. Doch als Er kam, haben sie Ihn verworfen und gekreuzigt. Deswegen sind sie seither verfolgt und unter die Nationen zerstreut worden. Aber auch jetzt sind die Erbarmungen des HERRN für sie nicht zu Ende: ein Überrest wird unter Buße und Wehklage aus der grossen Drangsal errettet, mit dem Christus in sein Reich auf der Erde eingehen und an seinen herrlichen Segnungen teilhaben.
Auch heute sind für Gläubige, die gestrauchelt sind, die Erbarmungen Gottes nicht zu Ende, wenn sie nur in echter Buße zu Ihm umkehren und Ihm ihre Sünden bekennen (1. Joh 1,9).
Im Neuen Testament werden uns die Erbarmungen oder die Barmherzigkeit Gottes in ihrem vollen Umfang offenbart und gezeigt, welch schöne Früchte sie in den Menschen hervorbringen, in denen sie sich entfalten können.
Römer 12,1
So lesen wir in Römer 12,1: «Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.»
Seine Erbarmungen haben uns Erlösten durch Jesus Christus das grosse Heil Gottes gebracht, das in den ersten acht Kapiteln dieses Briefes beschrieben wird. Es seien nur ein paar Punkte erwähnt:
- Wer an den Herrn Jesus und sein Erlösungswerk glaubt, ist dadurch gerechtfertigt. Er hat durch Ihn Frieden mit Gott und Zugang zu dieser Gnade, in der wir stehen (5,1.2).
- Die Liebe Gottes ist in sein Herz ausgegossen durch den Heiligen Geist (5,5).
- Er ist nicht mehr in der Stellung des Sünders vor Gott, sondern in der Stellung eines Gerechten (5,19).
- Er muss der Sünde nicht mehr dienen, denn sein alter Mensch ist mit Christus gekreuzigt und mit Ihm begraben. Vielmehr kann er jetzt in Neuheit des Lebens wandeln und Gott leben in Christus Jesus. Seine Glieder waren Werkzeuge der Sünde; jetzt aber sind sie Werkzeuge der Gerechtigkeit (Kap. 6).
- Er hat durch Glauben die Befreiung in Christus erfasst (Kap. 7).
- Als Siegel seines Heils hat er den Heiligen Geist, die Kraft des neuen Lebens, empfangen und kann nun nach dem Geist wandeln, der uns leitet und mit Gott in Verbindung hält (Kap. 8).
Da wir durch die Erbarmungen Gottes ein so herrliches Heil besitzen, das uns, die ehemaligen Sünder, in den Stand setzt, nach dem Mass der empfangenen Gnadengabe Gott zu dienen, ist es dann nicht selbstverständlich, dass wir diesen Dienst tun und zwar in einsichtsvoller Weise? Aaron und seine Söhne waren zu Priestern geweiht, um tote Schlachtopfer von Tieren darzubringen. Wir aber werden ermahnt, unsere eigenen Leiber allezeit als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzustellen. Wir sind jetzt nicht nur befähigt, Ihm «geistliche Schlachtopfer» zu bringen, Ihm wohlangenehm durch Jesus Christus (1. Pet 2,5). Unser ganzes praktisches Leben in diesem Leib ist jetzt Gott geweiht. Befreit vom eigenen Willen können wir Ihm nun mit Geist, Seele und Leib, im Rahmen der uns verliehenen Gnade nach seinem vollkommenen Willen dienen. Dabei ist wichtig, dass wir beständig das uns durch die Erbarmungen Gottes geschenkte Heil in Christus Jesus vor Augen haben.
Epheser 2,4-6.10
In Epheser 2 geht der Apostel davon aus, dass wir alle tot waren in Vergehungen und Sünden, und beschreibt dann ab Vers 4 das wunderbare Eingreifen Gottes nach seinem ewigen Ratschluss: «Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat, … hat uns mit dem Christus lebendig gemacht – durch Gnade seid ihr errettet – und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus, damit er in den kommenden Zeitaltern den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erwiese in Christus Jesus.»
Welche praktische Folge auf der Erde hat diese unaussprechlich grosse Heilstat Gottes für alle, die jetzt mit dem Christus lebendig gemacht sind? «Wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen» (Vers 10). Durch die Barmherzigkeit Gottes ist also jeder Gläubige, der einst tot war für Gott, dazu geschaffen und durchaus fähig gemacht, Werke zu tun, die vor Gott gut sind. Das sind aber nicht Werke, die sich der Mensch unabhängig von Gott ausdenkt, sondern solche, die Gott selbst zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen. Der Heilige Geist leitet uns dazu. Nur solche Werke sind zu Gottes Ehre und zum Nutzen anderer.
Titus 3,4.5.8
In Titus 3 schliesslich finden wir einen ähnlichen Gedanken. Nach der Beschreibung unseres einstigen sündigen Zustandes lesen wir da: «Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, errettete er uns … nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes, den er reichlich über uns ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Heiland.» Diese Errettung wurde uns zuteil, damit wir «Erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens.»
Aber sogleich fügt der Apostel hinzu: «Das Wort ist gewiss; und ich will, dass du auf diesen Dingen fest bestehst, damit die, die Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben. Dies ist gut und nützlich für die Menschen.» Auch hier kann es sich nur um die von Gott zuvor bereiteten Werke handeln.
Die Erbarmungen Gottes! Wie dankbar sind wir, dass sie sich jetzt in den Umständen an uns erweisen, in denen wir uns gerade befinden. Aber lasst uns nicht vergessen, dass sie noch eine viel grössere Reichweite haben! Sie führten uns aus der Sünde, aus geistlichem Tod zum Heil in Christus und zu höchsten, ewigen Segnungen. Sie machten aus uns Gefässe der Gnade, die Er hier auf der Erde in seinem Dienst gebrauchen will.