Unser Heiland-Gott

Jeder Christ, der Heil und Leben im Herrn Jesus gefunden hat, ist nicht nur mit seinem Herrn und Heiland verbunden, sondern er darf auch in einer bewussten Beziehung zu dem grossen Gott im Himmel leben. Gott ist in Christus unser Vater geworden. Diese gewaltige Wahrheit macht das Herz jedes Kindes Gottes glücklich. Der Genuss dieser Beziehung ist ein besonderes Vorrecht der Gläubigen, die in der Gnadenzeit leben. Im Alten Testament hatte Gott sich besonders Abraham gegenüber als «Gott, der Allmächtige» vorgestellt. Mose durfte Ihn als «Gott, der HERR» kennen lernen. Doch die viel weiter gehende Botschaft nach der Auferstehung Jesu an Maria Magdalene lautete: «Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott» (Joh 20,17).

Obwohl sich Gott als Vater offenbart hat und wir Ihn so kennen dürfen, stellt Er sich im Neuen Testament doch auch in anderer Weise vor. Bei aller Freude darüber, dass Er im Herrn Jesus unser Vater ist, sollten wir das nicht übersehen. Einer der Titel, die wir finden, ist der des «Heiland-Gottes». Viermal gebraucht der Apostel Paulus in seinen Briefen an Timotheus und Titus diesen Ausdruck, und wir tun gut daran, einen Augenblick darüber nachzudenken.

Gott möchte alle Menschen retten

Heiland bedeutet soviel wie «Erretter», «Erhalter» oder «Helfer». Schon im Alten Testament hatte Gott sich so vorgestellt. Durch den Propheten Jesaja liess Er sagen: «Tut kund und bringt herbei; ja, beraten mögen sie sich miteinander! Wer hat dies von alters her hören lassen, lange zuvor es verkündet? Nicht ich, der HERR? Und es ist sonst kein Gott ausser mir; ein gerechter und rettender Gott ist keiner ausser mir!» (Jes 45,21). Paulus – geleitet durch den Heiligen Geist – erweitert diesen Gedanken mit folgenden Worten: «Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen» (1. Tim 2,3.4). Unser Gott ist also ein rettender Gott, und Er möchte, dass alle Menschen errettet werden. Es ist seine Gnade, die in der Person des Herrn Jesus erschienen ist, und zwar «heilbringend für alle Menschen» (Tit 2,11). Die Gnade des Heiland-Gottes richtet sich also an Menschen. Sein Heil ist gross genug für alle, die kommen und es annehmen. Aber Gott ist nicht nur ein rettender, sondern auch ein gerechter Gott. Deshalb heisst es an anderer Stelle: «Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die da glauben» (Röm 3,22). Der Heiland-Gott bietet also sein Heil allen Menschen an, aber es kommt nur denen zugut, die es auch im Glauben annehmen. Gott streckt im Herrn Jesus allen Menschen die rettende Hand entgegen. Der Glaube ist es, der sie ergreift, um so dem ewigen Verderben zu entgehen.

Der Heilsplan Gottes

Dieser grosse Plan, der alle Menschen vor dem ewigen Verderben und der ewigen Gottesferne retten möchte, geht zurück in die vergangene Ewigkeit, und er hat Folgen bis in alle Ewigkeit hinein. Gleich zu Beginn seines Briefes an Titus schreibt Paulus davon: «In der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheissen hat vor ewigen Zeiten; zu seiner Zeit aber hat er sein Wort offenbart durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist nach Befehl unseres Heiland-Gottes» (Tit 1,2.3). Gott will Menschen nicht nur retten, d.h. aus der grössten Gefahr herausnehmen, in der sie sind, sondern Er hat viel mehr getan: Er hat das ewige Leben verheissen. Ehemals verlorene Sünder, ja, Feinde Gottes, werden einmal in der Herrlichkeit sein und dieses ewige Leben – das wir heute schon als gegenwärtigen Besitz haben – in ungetrübter Form und ohne jede Behinderung geniessen. Diese Verheissung hat Gott seinem Sohn vor ewigen Zeiten gegeben, und sie wird ihre volle Erfüllung in der kommenden Ewigkeit finden.

Der Heilsplan ist also ein ewiger Heilsplan. Er «kommt» sozusagen aus der hinter uns liegenden Ewigkeit, und er «mündet» in die vor uns liegende Ewigkeit ein. «Zu seiner Zeit», d.h. in der Zeitperiode, in der wir jetzt leben, hat Gott ihn offenbart. Der Apostel Paulus war das Werkzeug, das der Heiland-Gott benutzte, um durch die Predigt Menschen zu erreichen. Das galt damals, als Paulus lebte und «den ganzen Ratschluss Gottes» verkündigte (Apg 20,27). Aber es gilt auch heute noch, denn die «Predigt» ist uns bis heute erhalten geblieben. Wir besitzen das geschriebene Wort Gottes und haben dadurch Kenntnis vom ganzen Heilsplan Gottes.

Reine Gnade

Mittelpunkt dieses gewaltigen Heilsplans Gottes ist der Herr Jesus, die Nutzniesser sind wir. Keiner von denen, die dieses Heil angenommen haben, hat es durch eigenen Verdienst bekommen. Nein, es war und ist die Güte und Menschenliebe unseres Heiland-Gottes, durch die wir Heil und Leben empfangen haben. Wir erinnern an die bekannten Worte: «Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes» (Tit 3,4.5). Schlagen unsere Herzen nicht höher, wenn wir solche Worte überdenken? Wir hatten nichts aufzuweisen als nur Schuld und Sünde. Und doch sind wir Gegenstände der Güte und Menschenliebe unseres Heiland-Gottes geworden. Unser Gott ist ein gütiger Gott, d.h. Er übt Gnade. Gnade ist immer unverdient. Und diese Gnade haben wir empfangen. Unser Gott ist ein Gott der Liebe. Und wir sind Gegenstände dieser unbegreiflichen Liebe geworden. Wollen wir unserem Heiland-Gott nicht jeden Tag von ganzem Herzen dafür danken?

Aber Gott hat nicht nur Güte und Liebe gezeigt, sondern auch Barmherzigkeit. Diese knüpft immer an dem Elend und der Not dessen an, der Barmherzigkeit empfängt. Barmherzigkeit ist das Erbarmen Gottes mit unserem verlorenen Zustand. Zacharias, der Vater von Johannes dem Täufer, spricht davon, wenn er sagt: «Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, in der uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe» (Lk 1,78). Wirklich, unser Gott ist ein Gott, «der reich ist an Barmherzigkeit» (Eph 2,4).

Die Lehre zieren

Es ist etwas Gewaltiges, Gegenstände der unverdienten Gnade, Liebe und Barmherzigkeit unseres Heiland-Gottes geworden zu sein. Sollte dies uns nicht täglich neu zu Lob, Dank und Anbetung veranlassen? Doch es ist auch eine praktische Konsequenz damit verbunden. Gott möchte, dass unser tägliches Leben mit dem, was wir empfangen haben, in Übereinstimmung steht. Deshalb musste Titus die Knechte ermahnen. Sie sollten alle gute Treue erweisen und dadurch «die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem» (Tit 2,10). Das gilt natürlich nicht nur für die Knechte oder Sklaven. Wir erkennen darin den allgemeinen Grundsatz, dass Gott möchte, dass wir in unseren Lebensumständen, d.h. da, wo wir uns aufhalten und bewegen, uns so verhalten, dass wir keine Schande auf unseren Heiland-Gott bringen. Wir können durch unser Benehmen ein Hindernis für andere Menschen sein, dieses Heil zu empfangen. Wir können durch unser Verhalten aber auch eine Hilfe sein. Dieser Gedanke wirft ein helles Licht auf unser tägliches Leben, sei es im Beruf, in der Ausbildung, zu Hause oder in der Freizeit.

Sind wir uns dieser gewaltigen Tatsache immer bewusst? Wir begegnen täglich vielen Menschen. Manche kennen wir, manche sehen wir nur einmal. Unser Heiland-Gott möchte sie alle retten. Ob es unsere Arbeitskollegen sind, unsere Studienkameraden, unsere Nachbarn oder die Menschen, die im Grossstadtgewühl an uns vorbeihasten – Gott sieht jeden Menschen. Jeder ist ein Geschöpf Gottes, und Er möchte jeden retten. Doch Er möchte auch, dass wir dabei eine Hilfe und kein Hindernis sind.

Unser Heiland-Gott

Abschliessend sei noch darauf hingewiesen, dass Paulus an allen vier Stellen, wo er vom Heiland-Gott spricht, die Formulierung gebraucht: «unser Heiland-Gott». Der rettende und heilbringende Gott ist kein anonymer Gott, sondern Er tritt in eine ganz bewusste Beziehung zu Menschen, die seine Gnade annehmen. Jeder von uns, der das Heil angenommen hat, darf mit tiefer Überzeugung von unserem Heiland-Gott sprechen. Wir haben ein gemeinsames Heil (Jud 3), einen gemeinschaftlichen Glauben (Tit 1,4) und einen gemeinsamen Heiland-Gott. Das ist Grund zu ständiger Freude und tiefer Dankbarkeit.