Standesgemäss wandeln

Die Stellung in Christus Jesus, worin Gott die Seinen sieht, ist das Teil jedes Erlösten, auch wenn er Ihn erst seit heute als seinen Heiland kennen würde. Seine Stellung vor Gott ist nicht das Ergebnis gewisser geistlicher Erfahrungen oder eines bestimmten Fortschritts, der erst später erreicht werden kann. Sie gründet sich ausschliesslich auf das durch den Herrn Jesus erfüllte vollkommene Erlösungswerk am Kreuz, auf seinen Tod, auf seine Auferstehung und seine Erhöhung zur Rechten Gottes im Himmel. Sie ist daher vollkommen, unveränderlich und für den Gläubigen unverlierbar.

Durch Glauben an Ihn hat der Erlöste nicht nur die Vergebung aller seiner Sünden. Er ist auch völlig und für immer mit Ihm einsgemacht, in allen Teilstadien des Werkes, durch die Christus als sein Stellvertreter gegangen ist. Aus den vielen Schriftbeweisen seien hier nur ein paar herausgegriffen:

  • Christus wurde für uns gekreuzigt – «unser alter Mensch (auch das Fleisch in uns) ist mitgekreuzigt worden» (Röm 6,6 und Gal 5,24).
  • Christus ist für uns gestorben – wir sind «mit Christus gestorben» (Röm 6,8).
  • Christus wurde begraben – «wir sind mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod» (Röm 6,4).
  • Christus wurde aus den Toten auferweckt – wir sind «mit dem Christus auferweckt worden»; Gott hat uns mit Ihm geistlich «lebendig gemacht» (Kol 3,1; Eph 2,5).
  • Christus hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe – und Gott hat uns jetzt schon «mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus» (Eph 2,6).

Ja, wir sind nicht mehr «in dem Adam», sondern «in dem Christus» (1. Kor 15,22). Mit welch tiefer Freude und Befriedigung blickt Gott, der Vater, auf seinen geliebten Sohn, der seinen Ratschluss und all sein Wohlgefallen ausgeführt hat und noch ausführen wird! Und wir, die «in Christus» sind, dürfen daher in seiner ganzen Annehmlichkeit vor dem Gott und Vater unseres Herrn stehen. Er selbst hat uns angenehm gemacht «in dem Geliebten» (Eph 1,6 Fussnote).

Wir können die Herrlichkeit einer solchen Gnade nicht erfassen, aber wollen uns immer wieder in sie versenken und den Vater anbeten, der uns durch Jesus Christus zur Sohnschaft berufen hat. Das Bewusstsein einer derartigen Stellung vor Gott wird uns auch helfen und anspornen, nicht mehr nach dem Zeitlauf dieser Welt, sondern würdig unserer hohen Berufung zu wandeln (Eph 2,2 und 4,1).

Warum ruft uns aber unser Herr Jesus in Johannes 15 mehrmals zu: «Bleibt in mir?» Räumt Er mit dem Wort: «Ausser mir könnt ihr nichts tun», nicht ein, dass wir der Stellung nach wieder «ausser Ihm» sein können?

Nein, das kann nicht der Sinn dieses Wortes sein. Hier geht es darum, wie wir zur Verherrlichung des Vaters viel Frucht bringen können (Vers 8). Zu den Jüngern, denen Er bezeugt (Vers 3), dass sie rein, also wahre Reben am Weinstock seien, die Frucht bringen (Vers 2), (im Gegensatz zu den übrigen Juden), sagt der Herr Jesus: «Bleibt in mir und ich in euch» (Vers 4).

Damit macht Er auch uns alle, die wir durch Glauben schon der Stellung nach in Christus sind, auf zwei wichtige Dinge aufmerksam:

  1. Richtet Herz und Sinn ganz auf mich hin, der ich die Quelle eures ganzen Heils und all eurer geistlichen Segnungen bin; lasst euch nicht ablenken; bleibt in dieser praktischen Haltung.
  2. Lasst mein Wort (Vers 7) – «das Wort des Christus» – reichlich in euch wohnen, damit Ich euch erfüllen kann. Dann sind euch auch meine Gebote gegenwärtig, und ihr werdet sie gerne tun. So sind sie nicht schwer (1. Joh 5,3).

Sind es nicht diese beiden Dinge, die wir so leicht vernachlässigen, indem wir praktisch «ausser Ihm» leben und dann Schösslinge treiben, die fruchtleer sind? Und zielt die Erziehung unseres Vaters, des Weingärtners, nicht dahin, dass wir diese innere Verbindung mit dem Herrn besser realisieren?