Jeder Mensch macht sich für seine Umwelt bemerkbar. Unsere Mitmenschen und unsere Mitgeschwister nehmen uns wahr. Dabei sind es vor allem zwei Bereiche, in denen wir uns äussern: in unserem Handeln und in unserem Reden. Was wir denken und empfinden, können wir vor Menschen verbergen (nicht aber vor Gott). Auch die Motive für unser Handeln und Reden brauchen wir niemandem mitzuteilen. Was wir aber tun und sagen, wird unmittelbar von anderen wahrgenommen. Danach werden wir beurteilt, sei es positiv oder negativ.
Auch unser Zeugnis für den Herrn besteht in diesen beiden Bereichen. Wir sind ein Zeugnis durch das, was wir tun, aber auch durch das, was wir sagen. Dies gilt sowohl im evangelistischen Bereich, d.h. Ungläubigen gegenüber, als auch in der Vorbildfunktion anderen Gläubigen, z.B. unseren Kindern oder Mitgeschwistern, gegenüber.
Dazu hat uns Gottes Wort etwas zu sagen. In 2. Thessalonicher 2,17 wünscht Paulus den Thessalonichern, dass sie in jedem guten Werk und Wort befestigt sein sollten. Unter Werk haben wir das zu verstehen, was wir tun, also unsere Handlungen und Taten. Unter Wort verstehen wir das, was wir reden und sagen. Entscheidend ist dabei die Reihenfolge. Es geht nicht zuerst um das, was wir reden, sondern um das, was wir tun. Beides gehört zusammen, aber am Anfang steht die Tat. Wenn unsere Worte nicht durch unser Tun bestätigt werden, können wir kein lebendiges Zeugnis für unseren Herrn sein. Unsere Mitmenschen werden uns sehr schnell als Heuchler, die falsche Tatsachen vortäuschen, erkennen. Wenn Gott uns als Vorbild und Zeugen für andere gebrauchen will, dann kann es nur so sein, dass wir zunächst in unserem Verhalten anderen das vorleben, was wir nachher in einem gesprochenen Zeugnis oder mündlichen Dienst sagen.
Wenn es um unser Zeugnis einer verlorenen Welt gegenüber geht, so finden wir diesen engen Zusammenhang zwischen Handeln und Reden besonders deutlich in Philipper 2,15. Dort werden wir aufgefordert, wie Lichter in der Welt zu scheinen, «darstellend das Wort des Lebens». Auf den ersten Blick mag uns das wie ein Widerspruch erscheinen, denn ein Wort wird üblicherweise nicht dargestellt, sondern geredet. Und doch verbindet der Heilige Geist hier beides eng miteinander und das sicher nicht ohne Grund. Wenn wir bedenken, dass der Herr Jesus selbst das «Wort des Lebens» ist, dann wird klar, dass wir Ihn in dieser Welt zuerst dadurch darstellen, dass unser Verhalten sein Verhalten widerspiegelt. Seine Gesinnung soll in uns sein, und unsere Füsse sollen seinen Spuren folgen. Das geschieht zuerst durch unser Verhalten. Man sieht seine Gesinnung nicht in dem, was wir sagen, sondern in dem, was wir tun. Wir stellen Ihn dar, indem wir von Ihm lernen und Ihm nachfolgen. Dann kann Er uns auch zu einem Wort gebrauchen, das wir reden und das mit unserem Verhalten in Übereinstimmung steht.
Der Apostel Paulus hatte den Thessalonichern das vorgelebt. In seinem ersten Brief erinnert er sie daran, «was für welche» die Missionare, Paulus, Silas und Timotheus, unter ihnen gewesen waren (Kap. 1,5 Fussnote). Die Gläubigen hatten also die ihnen gepredigten Worte am Verhalten der Missionare überprüfen können. Paulus hatte ihnen das Evangelium vorgelebt und nicht nur vorgepredigt. Liegt nicht vielleicht in der fehlenden Übereinstimmung zwischen Taten und Worten eine Ursache dafür, dass wir heute oft so wenig Frucht unserer evangelistischen Bemühungen sehen? Hat sich unser Verhalten nicht manchmal weit von unseren Worten entfernt, so dass unser Zeugnis nicht glaubhaft ist?
Wenn es um unser Verhältnis zu unseren Mitgeschwistern geht, so ist uns Esra ein Ansporn. Er hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des Herrn zu erforschen, es zu tun und dann in Israel Satzung und Recht zu lehren (Esra 7,10). Auch hier ist die Reihenfolge bemerkenswert. Esra begann damit, das Wort zu erforschen, dann wollte er es tun und schliesslich auch andere belehren. Wenn wir Gottes Wort tun wollen, dann müssen wir zunächst seinen Willen kennen, und das geht nur, indem wir sein Wort erforschen. Ohne den Willen Gottes zu kennen, können wir ihn weder tun noch andere belehren.
Wir erkennen die Wichtigkeit, Gottes Wort zu studieren. Doch dabei soll und darf es nicht bleiben. Bibelstudium kann nur dann nützlich sein, wenn wir auch bereit sind, das Gelernte im Leben umzusetzen, d.h. es zu tun. Erst dann sind wir auch in der Lage, anderen etwas von dem mitzuteilen, was uns selbst wichtig geworden ist.
Wir können das sowohl in unsere örtlichen Versammlungen als auch in unsere Familien übertragen. Wenn Brüder die Geschwister belehren wollen, ihr praktisches Leben aber nicht damit übereinstimmt, dann wird ihr Wort kaum eine grosse Wirkung auf die Zuhörer haben. Noch krasser wird es im Familienleben sein. Kinder beobachten ihre Eltern sehr aufmerksam und merken sehr schnell, wenn diese anders handeln als sie reden. Gerade in der Kindererziehung und bei der Arbeit mit jungen Leuten ist das Vorbild ausserordentlich wichtig. Als der Herr Jesus seine Jünger und die Volksmengen vor den Pharisäern warnte, lautete einer seiner ersten Vorwürfe: «… denn sie sagen es und tun es nicht» (Mt 23,3). Diesem Wort des Herrn wollen auch wir nicht ausweichen.
Vollkommenes Vorbild ist uns der Herr Jesus selbst. Er möchte uns Mut machen, auf Ihn zu sehen und Ihm nachzueifern. Die Jünger von Emmaus hatten zwar nicht erkannt, wer Er wirklich war, denn sie hielten Ihn für einen Propheten. Aber eines hatten sie doch sehr deutlich gemerkt, nämlich dass Er mächtig war «in Werk und Wort vor Gott und dem ganzen Volk» (Lk 24,19). Auch hier wird das Werk vor dem Wort genannt. Und Lukas, der geliebte Arzt, bestätigt unter der Leitung des Heiligen Geistes, dass er einen Bericht geschrieben hatte «von allem, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren» (Apg 1,1). Wer war ein Lehrer wie Er? Niemand! Und doch bestätigt uns Gott ausdrücklich, dass Er nicht nur redete und lehrte, sondern dass Er vor allem danach handelte. Seine Worte bestätigten sein Tun und sein Tun bestätigte seine Worte. Beides war bei Ihm in völliger Harmonie. So darf es auch bei uns sein. Gott kann sich einfach nicht mit einem schönen gesprochenen Bekenntnis zufrieden geben. Er möchte in unseren Taten und Worten Wahrhaftigkeit sehen. In der Bergpredigt spricht der Herr Jesus über die Worte Gottes und sagt dann: «Wer irgend aber sie tut und lehrt, dieser wird gross heissen im Reich der Himmel» (Mt 5,19). Wir dürfen uns deshalb gegenseitig ermuntern, im Anschauen unseres Herrn auch in dieser Sache in sein Bild verwandelt zu werden.