In den guten Werken wandeln

Ist das ein erhebendes Thema? Lenkt es unseren Sinn nicht vom Herrn Jesus ab, auf unsere eigene Person hin? auf das, was wir sind und tun?

Hätte es diese Folge, wäre jeder Gedanke, den wir darauf richteten, ein Verlust. Aber das Wort Gottes selbst lenkt unser Augenmerk im Neuen Testament auf die guten Werke und betont, dass sie im Leben der Gläubigen reichlich gefunden werden sollen. Doch bringt der Geist Gottes darin diese Werke immer wieder in Verbindung mit Gott, mit dem Herrn Jesus, mit der Kraft des Heiligen Geistes und dem Glauben, der uns mit der göttlichen Lebensquelle in praktischer Gemeinschaft hält.

Dass wir bei der Erwähnung von «guten Werken» sogleich versucht sind, an uns selbst zu denken, rührt daher, dass unsere Herzen so leicht fleischlich und gesetzlich gesinnt sind, statt den überragenden Reichtum der Gnade Gottes vor Augen zu haben, die das Ihm wohlgefällige Tun in uns hervorrufen kann.

Gottes Werk und unsere Werke

Wie aus den Versen 8-10 von Epheser 2 hervorgeht, wurden wir durch die Gnade errettet, «mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme». Wir sind ausschliesslich «sein Werk, geschaffen in Christus Jesus». In Ihm sind wir «eine neue Schöpfung» geworden (2. Kor 5,17).

Der Apostel fährt aber sogleich fort: «Wir sind geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.» Einerseits also sind wir von Gott dazu geschaffen, dass wir – im Gegensatz zu denen, die noch tot sind in ihren Vergehungen und Sünden – durch seine Gnade imstande sind, Ihm wohlgefällige, gute Werke zu tun. Anderseits hat Er auch die Werke «zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen».

Somit kann kein Erretteter sagen: Ich bin unfähig, Gutes zu tun. Ebenso wenig soll er die Werke, die er ausführen will, selber ersinnen. Vielmehr darf er, im glücklichen Bewusstsein, dass er «mit dem Christus lebendig gemacht» ist, in steter Abhängigkeit von Gott die Aufgaben tun, die Er ihm fortwährend zeigt. Nach menschlichem Urteil mögen das lauter kleine Dinge sein. Aber für Gott ist solch ein Wandeln in den von Ihm bereiteten Werken kostbar, und Er wird sie belohnen. Was könnte Er auch mit den schönsten «christlichen» Unternehmungen anfangen, bei denen man seinen Willen nicht befragt?

Gott beschränkt sein Mitwirken in unserer Tätigkeit aber nicht nur darauf, dass Er uns im Ablauf unserer Tage fort und fort unsere Aufgaben vor die Blicke stellt. Er wirkt durch seinen Geist auch an unseren Herzen, dass wir sie mit Freuden und in seiner Gnade erfüllen. Der Apostel ermuntert die Philipper mit den Worten: «Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, zu seinem Wohlgefallen.» Voraussetzung ist nur, dass wir uns durch keine fleischlichen oder weltlichen Ablenkungen aus diesem geistlichen, glücklichen Zustand bringen lassen: «Bewirkt euer eigenes Heil mit Furcht und Zittern» (Phil 2,12.13).

Ausser mir könnt ihr nichts tun (Joh 15,5)

Das ist einer der ausserordentlich wichtigen Grundsätze, die unser Herr Jesus in seinem Gespräch mit den Jüngern über das Fruchtbringen feststellte. Er ist der wahre Weinstock; ausser Ihm, getrennt von Ihm, kann es keine Gott wohlgefällige Frucht geben, nur schlechte Beeren, die den reifen Trauben gleichen, aber ungeniessbar sind.

Aus diesem Grund bemühte sich der Herr in diesem Gespräch, seinen Jüngern und damit auch uns in mehrmaliger Wiederholung den andern, überaus bedeutsamen Grundsatz einzuprägen: «Bleibt in mir». Damit ist nicht unsere Stellung in Christus gemeint. Diese steht auf ewig fest, ist unabänderlich und keinen Schwankungen unterworfen. Aber unsere Herzen sollen in dem bleiben, was es in Christus für uns gibt: Ermunterungen, irgendeinen Trost der Liebe, irgendeine Gemeinschaft des Geistes, irgend innerliche Gefühle und Erbarmungen. Dann ist in unseren Herzen der Wunsch gross, Gott zu verherrlichen, dann regiert in ihnen die rechte Gesinnung gegenüber den Gläubigen und allen Menschen (siehe Phil 2,1-11).

Dieses Bleiben in Ihm ist aber nur möglich, wenn Er in uns bleibt, das heisst, wenn «seine Worte in uns bleiben» (vgl. Joh 15, Verse 4 und 5 mit Vers 7). Seine Worte bringen uns die ganze Grösse, Schönheit und Lieblichkeit seiner herrlichen Person vor die Augen und erfüllen unser Inneres. Wenn Er so «in uns bleibt», braucht es unsererseits keine Anstrengung «in Ihm» zu bleiben.

In Johannes 15 ist zwar von Frucht, nicht von Werken die Rede, aber Frucht ist der Sammelbegriff von allen Äusserungen des göttlichen Lebens, das wir durch den Glauben an den Herrn Jesus empfangen haben und in Ihm besitzen. Diese Äusserungen mögen Gedanken und innere Reaktionen der Liebe, der Demut, der Sanftmut und Langmut usw. sein, die vor den Menschen verborgen sind. Sie können sich aber auch in «guten Werken» zeigen, die sichtbar werden. Aber noch einmal: Jede Regung dieses Lebens, jede Art von Frucht wird nur erscheinen, wenn die Seele «in Ihm bleibt», denn «ausser mir könnt ihr nichts tun».

Der Glaube ohne die Werke ist tot (Jak 2,26)

Gott weiss, dass mein Glaube an den Herrn Jesus und sein Erlösungswerk echt ist. Er braucht keine Beweise. Diesen Glauben hat Gott, sobald Er ihn in meinem Herzen sah, mir zur Gerechtigkeit gerechnet, noch bevor ich Werke getan hatte, die vor Ihm gut sind. Ich besitze diese Gerechtigkeit aus Glauben, ohne Werke. – So belehrt uns der Apostel Paulus in Römer 4.

Nun kommt aber Jakobus, (und auch er ist durch den Geist Gottes inspiriert), um mich im zweiten Kapitel seines Briefes mit allem Ernst daran zu erinnern, dass der Glaube in mir tot, also gar nicht vorhanden wäre, wenn er sich in meinem Leben nicht durch Werke bewiese, die auch die Menschen sehen können. Nachdem ich errettet bin, wird mein Glaube durch die Werke vollendet (Vers 22), das will sagen: sie gehören zum Glauben, wie der Herzschlag und der Atem zum lebenden Menschen.

Warum musste denn Jakobus von diesen Tatsachen schreiben, die uns als selbstverständlich erscheinen mögen?

  • Erstens richtete sich seine Botschaft an die «zwölf Stämme in der Zerstreuung» (Jak 1,1), unter denen viele Juden waren, die viel von ihrem Glauben hielten und dabei doch nur einen toten Glauben hatten. Auch in der Christenheit gibt es viele religiöse Bekenner, die ihnen gleichen und durch diese Worte – nicht zur Werkgerechtigkeit, aber zur Erkenntnis ihres geistlich toten Zustandes geführt werden sollten.
  • Zweitens sollen die, «die Gott (wirklich) geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke zu betreiben» (Tit 3,8), und diese Worte des Jakobus sind eine ernste Mahnung dazu. Besteht die Natur echten Glaubens darin, «reich zu sein in guten Werken» (1. Tim 6,18), dann kann ich diesen Glauben nicht als Schlafkissen benützen, in der Überzeugung, auf ewig errettet zu sein. Vielmehr darf ich durch Glauben in lebendiger Verbindung mit Gott und den reichen Quellen seiner Gnade im Herrn Jesus bleiben, wodurch ich Ihm mit Freuden zu dienen vermag.

So lesen wir in Hebräer 11 von den Männern und Frauen immer wieder, dass sie «durch Glauben» etwas Gutes taten. Dabei wurden sie von den Ungläubigen meist nicht verstanden, denken wir nur an Noah und seine Arche, an Abraham und sein Opfer auf Morija, an Rahab, die die Kundschafter beherbergte. Aber das Bewusstsein, mit Gott und seinem Willen im Einklang zu sein, gab ihnen Kraft zu diesen Werken.

Zu jedem guten Werk völlig geschickt (2. Tim 3,17)

Beachten wir schliesslich auch diesen wichtigen Punkt. Die Gläubigen des Alten Testaments, in denen der Heilige Geist noch nicht wohnte, empfingen manchmal zu besonderen Aufgaben Anweisungen Gottes, die Er ihnen direkt, durch seine Engel oder durch die Gesichte seiner Propheten zukommen liess. Heute leitet Er die Seinen durch seinen Geist, der unsere Schritte in enger Verbindung mit den Unterweisungen und Grundsätzen des geschriebenen Wortes Gottes führen will, in Unterordnung unter seinen Willen. In gewissem Sinn hat Gott die Werke, in denen wir wandeln sollen, in seinem Wort zuvor bereitet, wenn Er auch jeden der Seinen durch den Geist zu den Arbeiten und dem Dienst leitet, die Er für ihn vorgesehen hat.

Wie nötig haben wir daher ein fleissiges Studium der Heiligen Schrift, die von Gott eingegeben ist, damit wir in den persönlichen, wie auch in den gemeinsamen Wegen der Kinder Gottes «zu jedem guten Werk völlig geschickt» seien. Die starke Strömung, die gegenwärtig durch die Christenheit zieht, bei der das Wirken des «Geistes» mit grossem Geräusch im Vordergrund steht, das Wort Gottes und die Person unseres Herrn aber in den Hintergrund gerückt werden, führt nicht zu diesem Ziel. Der Geist Gottes wirkt in uns immer durch die Heilige Schrift, die Er inspiriert und die den Herrn Jesus zum Inhalt hat.

Gott hat uns zu guten Werken geschaffen; wir dürfen in Christus bleiben und auf diese Weise viel Frucht bringen, die sich auch durch Werke des Glaubens offenbart; und schliesslich macht uns die Heilige Schrift zu jedem guten Werk völlig geschickt. Möchten wir daher «allezeit überströmend in dem Werk des Herrn», im Bewusstsein, dass unsere Mühe «nicht vergeblich ist im Herrn» (1. Kor 15,58) und dass dadurch sein und unser Vater verherrlicht wird.