Vor einem Monat haben wir uns ein wenig mit der unergründlichen Person unseres Herrn beschäftigt, der uns zu Beginn des Markus-Evangeliums als «Jesus Christus, der Sohn Gottes», vorgestellt wird. Gott zeigt uns zuerst, wer Er ist, aber dann hat Er Freude daran, uns zu zeigen, wie sein Knecht auf dieser Erde gehandelt hat. Als Prophet hat Er zu den Menschen geredet, und als Diener ging Er umher, wohl tuend und alle heilend (Apg 10,38). Alles, was Er tat und sagte, war von grosser Weisheit gekennzeichnet.
Jetzt wollen wir uns anhand von Markus 1,21-45 mit sieben verschiedenen Kennzeichen beschäftigen, die den Dienst unseres Herrn und Heilands auf dieser Erde geprägt haben. Dabei wollen wir zum einen die Person unseres Herrn besser kennen lernen, wir wollen aber auch daran denken, dass Er uns in seinem Dienst mit sich verbinden möchte. Von Ihm dürfen wir lernen, wie wir treue Jünger werden, solche, die Ihm zur Verfügung stehen. Er hat einen Dienst auf dieser Erde begonnen, wir dürfen ihn jetzt fortsetzen. Wenn wir in seinen Fussspuren folgen wollen, dann müssen wir sie auch vor Augen haben. Deshalb sind die Kennzeichen des Dienstes des Herrn auch für uns und unseren Dienst richtungweisend.
1) Die Autorität seiner Worte
Der Herr Jesus betrat gemeinsam mit seinen Jüngern die Synagoge in Kapernaum «und lehrte». Dies geschah wohl im Anschluss an das Vorlesen aus dem Alten Testament. Die Reaktion der Zuhörer? «Sie erstaunten sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten» (V. 22). Der von Gott gekommene Prophet redete aus der Gegenwart Gottes heraus, und das machte einen völlig anderen Eindruck auf die Zuhörer als das heuchlerische Gerede der Pharisäer. Auch sie lasen aus den Schriften vor, aber ihre Worte hatten keine Autorität. Sie standen mit ihrem Leben nicht hinter dem, was sie sagten, und deshalb liefen ihre Worte ins Leere. Im Gegensatz dazu traf jedes Wort unseres Herrn die Herzen der Zuhörer. Ob sie es annahmen oder nicht, sie mussten die Autorität, die dahinter stand, anerkennen. Der Herr Jesus gebrauchte das Wort Gottes in Vollmacht und Autorität.
Niemand von uns wird sich mit dem Herrn vergleichen können und wollen. Und doch werden wir aufgefordert: «Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes» (1. Pet 4,11). Sind wir uns dessen bewusst, wenn wir unseren Mund öffnen, um geistliche Dinge zu sagen – sei es vor Ungläubigen oder vor Gläubigen? Gleichen wir nicht manchmal den Pharisäern? Stehen wir mit unserem Leben hinter dem, was wir sagen? Wir wollen uns gegenseitig Mut machen, von unserem Herrn zu lernen.
2) Die Kraft seiner Handlungen
Der Herr Jesus sprach nicht nur Worte von Gott mit Autorität, Er hatte auch die Kraft, um entsprechend zu handeln. Seine Gegenwart und seine Predigt machten offenbar, dass in der Synagoge der Juden (hier ein Symbol für die jüdische Religion als System) ein Mensch mit einem unreinen Geist war. Satan hatte dort Zutritt. Doch in Gegenwart des Sohnes Gottes konnte das nicht verborgen bleiben. Der Dämon schrie auf und zerrte den Menschen hin und her. Doch er musste sich der Kraft des Sohnes Gottes beugen. Gebieterisch klingen die Worte des Herrn: «Verstumme und fahre von ihm aus!» (V. 25). Auch wenn der Dämon seine Beute nur ungern losliess, es blieb ihm keine andere Wahl.
Autorität zu besitzen, bedeutet in unserem Fall nicht automatisch, auch die entsprechende Kraft zu haben. Die Jünger besassen auch die Vollmacht, Dämonen auszutreiben. Doch bei einer Gelegenheit vermochten sie es nicht (Mk 9,18). Niemand von uns besitzt die Kraft, die der Herr Jesus als Diener auf der Erde hatte. Und doch möchte der Geist Gottes auch in uns mit Kraft wirken. Der Meister hatte seinen Jüngern gesagt: «Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt» (Apg 1,8). Der Geist ist die Kraft unseres neuen Lebens, und Er ist auch die Kraftquelle für den Dienst. Kann Er in unserem Leben ungehindert wirken?
3) Die Zugänglichkeit und Erreichbarkeit des Herrn Jesus
Auch wenn der Herr Jesus mit Autorität redete und in Kraft und Macht handelte, blieb Er für die Menschen doch jeder Zeit zugänglich und erreichbar. Er sah die Not bei der Schwiegermutter des Petrus. Er sah die Not der vielen Kranken und Leidenden, die man am Abend des Tages, nachdem die Sonne untergegangen war, zu Ihm brachte. In der Welt sind Autoritätspersonen und Machthaber für das gewöhnliche Volk in der Regel unerreichbar. Beim Sohn Gottes war und ist das anders. Der Herr Jesus hatte Zeit für die Menschen und zeigte ihnen gegenüber tiefes Mitempfinden. Er half ihnen und ging selbst zu denen, die in Not waren. Er wies die nicht zurück, die man zu Ihm brachte oder die selbst zu Ihm kamen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wie vielfältig die Not auch war, der Herr war immer da, um zu helfen.
Und wie verhalten wir uns? «Ich habe jetzt keine Zeit», lautet unsere Entschuldigung nur zu oft. Um uns her sind Menschen in Not und befinden sich auf dem Weg ins ewige Verderben – und wir haben keine Zeit. Da sind Geschwister, die uns brauchen – und wir haben keine Zeit. In unseren Familien und Versammlungen gibt es Kinder und junge Leute, die Antwort auf ihre Fragen suchen – und wir haben keine Zeit. Wir wollen nicht unrealistisch sein: Der Alltag mit den beruflichen und familiären Belangen fordert uns alle, den einen weniger, den anderen mehr. Entspringt der Vorwand «keine Zeit» aber nicht oft unserem eigenen und egoistischen Denken? Der Herr Jesus kann uns helfen, auch in diesem Punkt von Ihm zu lernen und gern zur Verfügung zu stehen, wenn wir gebraucht werden.
4) Die Abhängigkeit des Herrn Jesus
Bei aller Not um Ihn her, die Ihn zu unermüdlichem Dienen antrieb, vergass der Herr als vollkommener Mensch jedoch nie, die Gemeinschaft mit seinem Gott zu suchen. Es heisst: «Und frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus; und er ging hin an einen öden Ort und betete dort» (V. 35). Am vorherigen Abend war es spät geworden. Erst nachdem die Sonne untergegangen war, hatten sie noch viele Kranke zu Ihm gebracht, die Er geheilt hatte. Und doch ruhte Er am nächsten Morgen nicht lange aus. Es war noch dunkel, als Er aufstand. Was hatte Er vor? Er ging hinaus, um zu beten. Der vollkommene Mensch lebte in Abhängigkeit von seinem Gott. Er wusste um die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Gebets und der Gemeinschaft mit Dem, der Ihn gesandt hatte. Wir erinnern uns an das Prophetenwort: «Der Herr, HERR, hat mir eine Zunge der Belehrten gegeben, damit ich wisse, den Müden durch ein Wort aufzurichten. Er weckt jeden Morgen, er weckt mir das Ohr, damit ich höre wie solche, die belehrt werden» (Jes 50,4).
Welch ein Vorbild gibt der Herr Jesus uns hier. Wenn Er sich schon jeden Morgen das Ohr wecken liess, wie viel mehr sollte dies bei uns der Fall sein! Wie nötig haben wir die Gemeinschaft mit unserem Herrn, sowohl vor als auch nach einem Dienst. Wir brauchen diese «stille Zeit» mit Ihm, damit Er uns als seine Jünger gebrauchen kann. Welche Tageszeit wäre dazu besser geeignet als der frühe Morgen, bevor die Hektik des Tagesgeschehens über uns hereinbricht? Wir stehen unter keinem Gesetz, aber das Beispiel unseres Herrn ist uns sicher nicht umsonst gegeben.
5) Die Bescheidenheit des Herrn Jesus
Petrus und die übrigen Jünger «eilten ihm nach», um Ihn zu suchen. Liegt in ihren Worten von Vers 37: «Alle suchen dich», nicht ein leiser Vorwurf? Wie konnte Er denn hinausgehen, um zu beten, wo Ihn doch alle suchten! Und die Antwort des Herrn? Sie lautet: «Lasst uns woandershin gehen in die nächsten Ortschaften, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich ausgegangen» (V. 38). Der Herr Jesus suchte nicht die Ehre der Menschen, Er suchte nicht seine eigene Popularität, sondern Er wollte den Willen Dessen tun, der Ihn gesandt hatte. Er liess sich in seinem Auftrag von nichts und niemand beeinflussen oder aufhalten. Weder der Widerstand Satans noch die Zustimmung der Menschen hatten einen Einfluss auf das, was Er tat. Er wusste, wozu Er von Gott ausgegangen war, und genau das wollte Er in völliger Hingabe an Ihn tun.
Auch in den Versen 40-45 finden wir diesen gleichen Charakterzug der Bescheidenheit unseres Herrn wieder. Er wollte nicht, dass der Aussätzige «Propaganda» für Ihn machte. Er schickte ihn zum Priester, damit Gott verherrlicht würde. Das war das Ziel seines Handelns.
Wie anders sind wir oft. Schon der weise Salomo hatte erkannt: «Die meisten Menschen rufen ein jeder seine Güte aus» (Spr 20,6), d.h. sie reden von sich selbst, von ihrem Tun, ihren Erfolgen, ihrer Wichtigkeit. Sind wir davor gefeit? Keineswegs. Selbst im Dienst für den Herrn stehen wir in Gefahr, die Popularität der Menschen (der Glaubensgeschwister) zu suchen und von uns selbst zu reden. Doch nicht wir, sondern der Herr Jesus sollte im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Wenn wir etwas für Ihn tun dürfen, dann ist es seine Kraft, in der wir handeln, und sein Werk, in dem wir tätig sind. Das wollen wir nie vergessen.
6) Die Liebe und Gnade des Herrn Jesus
In der Begebenheit mit dem Aussätzigen (V. 40-45) wird noch ein anderer Charakterzug des Herrn sichtbar. Er stand der Not und dem Elend der Menschen nicht gleichgültig gegenüber, sondern handelte in der Liebe und Gnade Gottes. In Ihm wurde die «herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes» (Lk 1,78) sichtbar. Als der Aussätzige zu Ihm kam, sprach Er nicht einfach ein Machtwort, sondern wurde innerlich bewegt, streckte die Hand aus und rührte ihn an. Musste das sein? Hätte ein Machtwort nicht genügt? Gewiss, aber der Herr Jesus machte mit seiner Handlung klar, welches Mitempfinden Er hatte. Das Elend der Menschen liess Ihn nicht gleichgültig. Er streckte die Hand aus und rührte ihn an. Niemand konnte einen Aussätzigen anrühren, ohne angesteckt zu werden. Nicht so der Herr. Er war rein und sündlos, und deshalb konnte Er es tun. Aber was muss es für den Aussätzigen gewesen sein, nach vielen Jahren wieder die Hand eines Menschen an seinem Körper zu spüren? So zeigte ihm der Herr sein ganzes Mitempfinden, bevor Er dann sein Machtwort sprach: «Ich will, werde gereinigt!»
Auch in diesem Punkt dürfen wir von unserem Herrn lernen. Wie oft gehen wir gefühllos und kalt an den Nöten und Bedürfnissen von Menschen (Gläubigen und Ungläubigen) vorbei. Vielleicht sind wir bereit zu helfen, aber mit welch innerem Empfinden und mit was für Gefühlen tun wir es? Helfen wir nur, weil wir müssen? Sein Beispiel lehrt uns, es nicht nur mit den Händen und den Worten, sondern auch mit dem Herzen zu tun. Der Apostel Johannes schreibt – wenn auch in einem etwas anderen Zusammenhang: «Wer aber irgend irdischen Besitz hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschliesst sein Herz (sein Inneres, wörtlich seine Eingeweide) vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?» (1. Joh 3,17). In einem solchen Fall ist es sicher angebracht, das Portemonnaie nicht zu verschliessen, aber Johannes spricht zuerst vom Herzen. Das andere folgt dann.
7) Alles zur Ehre Gottes
Der Herr Jesus schickte den Aussätzigen zum Priester. Dieser sollte feststellen, dass der Mann geheilt war. Wir sahen schon, dass dies von der Bescheidenheit des vollkommenen Dieners spricht. Im Weiteren wird deutlich, dass der Herr in seinem Handeln stets die Ehre Gottes suchte. Er hat nicht nur sich selbst verborgen, sondern Er wollte, dass Gott verherrlicht würde.
Die Feststellung der Reinigung durch den Priester muss ein wunderbares Zeugnis der Gottheit des Herrn Jesus gewesen sein. Es war in Israel bekannt, dass nur Gott vom Aussatz zu heilen vermochte (2. Kön 5,7). Der Priester konnte die Heilung feststellen, aber niemals bewirken. Die Handlung des Priesters hätte zur Ehre Gottes ausschlagen sollen. Leider lesen wir nicht, dass es so weit kam.
Auch in unserem Dienst sollte alle Ehre Gott gehören. Es geht nicht um uns, sondern um die Verherrlichung Gottes. Erinnern wir uns noch einmal an das Wort des Apostels Petrus, der diese Begebenheit miterlebt hatte: «Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen» (1. Pet 4.11).