4. Der Schild
«Indem ihr über das alles ergriffen habt den Schild des Glaubens, mit dem ihr imstande sein werdet, alle feurigen Pfeile des Bösen auszulöschen.»
«Über das alles»: In der Tat, unter allen Verteidigungswaffen übertrifft im Wert keine den Schild des Glaubens. Durch Glauben sind wir gerettet und gerechtfertigt haben wir Frieden mit Gott und eine volle Freimütigkeit vor Ihm; im Glauben haben wir Zugang zu seiner Gunst; durch ihn verwirklichen wir die unsichtbaren Dinge; durch ihn ist Christus der Gegenstand unserer Herzen und unserer Hoffnung geworden.
Gott bezeichnete sich Abraham gegenüber als Schild, der ihn vor den Pfeilen des Feindes in Sicherheit setzen würde (1. Mo 15,1). Die Mittel, durch die die Welt den Wurfspiessen Satans auszuweichen sucht, bieten keinerlei Schutz. «Berge von Gilboa, … dort wurde weggeworfen der Schild der Helden, der Schild Sauls, nicht gesalbt mit Öl.» Trotz seiner Krone, seines Wertes und seiner Würde musste Saul seinen Schild in der Niederlage fallen lassen (2. Sam 1,21). Aber der HERR ist «ein Schild allen, die zu ihm Zuflucht nehmen» (Ps 18,31). «Du, unser Schild!» – «Der HERR, Gott, ist Sonne und Schild»! So ruft König David aus (Ps 84,10.12).
Der Schild ist für uns der Schild des Glaubens, des Vertrauens in das, was Gott ist. In der Tat, das ist Glaube. Er hat kein Vertrauen in den Menschen, in das, was wir sind. Ein solches Vertrauen wäre dem Schild Sauls vergleichbar, der zu einer endgültigen Niederlage führt, während der Glaube sein ganzes Vertrauen auf Gott setzt. Vermöchte Satan je Gott anzugreifen? Das einzige, was er zu tun vermag, ist dies, dass er in unsere Herzen Misstrauen gegen Ihn sät. So war es bei unseren ersten Eltern; ein einziger Gedanke des Misstrauens machte aus ihnen eine Beute des Feindes, der sich geschworen hatte, sie zu verderben. Die Pfeile, die der Böse gegen uns sendet, bezwecken, dass wir die Güte und die Macht Gottes bezweifeln. Was Adam im Paradies ins Verderben stürzte, diente auch zum Fall Israels in der Wüste. Das Volk zweifelte an Gott: Wie könnte uns Gott Wasser, Brot und Fleisch zu essen geben? Aber alle feurigen Pfeile des Bösen, die dazu bestimmt sind, in unseren Herzen Misstrauen und Zweifel bezüglich der Liebe und der Treue Gottes zu entfachen, prallen ab an der Zuversicht in Ihn, die der Glaube uns gibt. «Abraham zweifelte nicht an der Verheissung Gottes durch Unglauben, sondern wurde gestärkt im Glauben, Gott die Ehre gebend, und war der vollen Gewissheit, dass er, was er verheissen hatte, auch zu tun vermag» (Röm 4,20.21).
Durch das Wort Gottes wird der Glaube in unsere Herzen gepflanzt; und durch dasselbe Wort wird er auch darin unterhalten.
Beachte ferner, dass das Vertrauen in Gott in dem Mass wächst, wie das Selbstvertrauen abnimmt, und umgekehrt. Unser Vertrauen benötigt einen Gegenstand ausserhalb von uns selbst, eine göttliche Person, mächtig und vollkommen, auf die wir uns unbedingt stützen können. Und das ist es, was wir in Christus besitzen. Der Böse, der uns quälen und unter seine Gewalt bringen will, besitzt feurige Pfeile, die alles verbrennen, was sie berühren. Bei einer einzigen Person aber finden sie keinerlei Angriffsfläche und fallen zur Erde; vor dem Glauben an Christus prallen sie ab und verzehren sich selbst. Die Schlange, die herbeigerufen worden war, um Paulus zu töten, wurde durch eine einfache Bewegung der Hand des Apostels eine Beute des Feuers; seine Macht gegen sie bestand in seinem Glauben.
Möchten wir nie den Schild des Glaubens fallen lassen, das heisst, das unbedingte Vertrauen in das, was Gott ist!
5. Der Helm
«Nehmt auch den Helm des Heils.»
Wenn der Schild des Glaubens das Vertrauen in das darstellt, was Gott ist, so ist der Helm des Heils **h das Vertrauen in das, was Gott getan hat.
In Jesaja 59,17 **j setzt Christus als Mensch einen Helm des Heils (der Rettung) auf sein Haupt, um den Endsieg zu erringen. Dieser Helm ist das volle Vertrauen in die Befreiung, die der HERR zu seinen Gunsten erwirken wird. Hier ist es der gegenwärtige Genuss des Heils, das Christus für uns erwirkt hat. In 1. Thessalonicher 5,8, welche Stelle wir schon weiter oben betrachtet haben, ist der Helm die Hoffnung der Errettung, die Gewissheit einer Befreiung, die noch kommen muss. Wir lesen in Psalm 140,8: «HERR, Herr, du Stärke meiner Rettung, du hast mein Haupt beschirmt am Tag der Waffen.» Die Macht unserer Befreiung ist Christus, der Herr selbst. Unser Haupt ist am Tag des Kampfes wie mit einem Helm bedeckt, vom Bewusstsein, dass diese Befreiung zugesichert ist, weil sie einzig und allein von der Kraft abhängt, die in Ihm ist.
Die Seele, erfüllt von der Freude, die das am Kreuz vollbrachte Werk ihr bringt – ein Werk, dessen Ergebnisse sich auf die Vergangenheit, auf die Gegenwart und auf die Zukunft erstrecken – ist vor all den Dingen geschützt, die sie angesichts der Anläufe Satans entmutigen könnten. Dieser sucht uns die Gewissheit der Errettung zu rauben, um unsere Niederlage herbeizuführen. Diese Gewissheit schützt unser Haupt, den eigentlichen Mittelpunkt unseres Lebens und unserer Tätigkeit; dadurch wird es davor bewahrt, sich mit etwas anderem als mit Christus allein zu beschäftigen.
Bleiben wir hier einen Augenblick stehen, bevor wir unsere Angriffswaffen gegen den Feind betrachten. Bis dahin bezogen sich alle Stücke der Waffenrüstung auf den Zustand unserer Seele. Sie setzten voraus, dass in unserem Inneren alles in Ordnung ist,
- erstens bezüglich unserer Zuneigungen,
- zweitens bezüglich unserer Sünden,
- drittens bezüglich unseres Wandels,
- viertens bezüglich unseres Glaubens,
- fünftens bezüglich der Gewissheit unseres Heils vor Gott.
Das Wort Gottes wirkt, um in uns diese Ergebnisse hervorzubringen. Es ist im Christen eine bildende Kraft. Wir sagen: «im Christen»; denn es kann nicht dieselbe Wirkung ausüben auf eine Seele, die den Herrn Jesus noch nicht durch den Glauben als Heiland aufgenommen hat; der Sünder hat vor allem nötig, dass das Wort in seinem Herzen und Gewissen Buße und Glauben zum Heil hervorbringe.
Bis dahin entsprachen alle Stücke der Waffenrüstung dem, was uns im Brief an Titus als Frucht der Unterweisung der Gnade vorgestellt wird: «Sie unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres grossen Gottes und Heilandes Jesus Christus» (Tit 2,12.13). Keines dieser Dinge kennzeichnet die Kinder dieser Welt. Was sie nötig haben ist, «die Gnade Gottes, heilbringend für alle Menschen» (Tit 2,11). Die Unterweisung beginnt erst nachher. Wie wir schon gesagt haben, bezieht sich bei diesen Stücken der Waffenrüstung alles auf das praktische Leben des Christen.
Betrachten wir nun unsere Angriffswaffen, die nicht nur dazu dienen, dem Feind zu widerstehen und gegenüber allen seinen Anläufen festzustehen, sondern um zu kämpfen und im Überwinden der Hindernisse den Sieg zu erringen. Solche Waffen gibt es zwei.
B. Die Angriffswaffen
1. Das Schwert (6)
«Nehmt auch … das Schwert des Geistes, das Gottes Wort ist.»
Nachdem wir durch das Wort gebildet worden sind, um dem Feind zu widerstehen, haben wir nun dasselbe Wort als Schwert zu ergreifen, um ihn zu zwingen, seinen Anlauf aufzugeben.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Christen keine echte Wirkung des Wortes erzielen und dadurch auch keinen Sieg erringen können, wenn sie dessen Anwendung zu wenig kennen, wenn sie nicht zuvor für sich selbst die Erfahrung seiner Wirksamkeit gemacht haben und es sie nicht persönlich gebildet hat, um den Verführungen Satans zu widerstehen. Der Gläubige muss innere und persönliche Erfahrungen der Macht des Wortes gemacht haben, um es auch zugunsten anderer benutzen zu können. Die Ströme lebendigen Wassers werden nur «aus unserem Leib fliessen», wenn wir selbst Durst hatten und selbst zu Jesus gekommen sind, um zu trinken. So lesen wir auch im ersten Johannesbrief: «Ich habe euch, Jünglinge, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt» (1. Joh 2,14). Die Jünglinge sind «stark im Herrn und in der Macht seiner Stärke». Das Wort Gottes bleibt in ihnen; sie haben die Verteidigungswaffen der Rüstung ergriffen und an ihrem eigenen Herzen eine bleibende Wirkung des Wortes erfahren, bevor sie das Schwert ergreifen. Dann erst haben sie den Bösen überwunden. Das Schwert als Angriffswaffe folgt der persönlichen Zubereitung. Dieselbe innerliche Zubereitung finden wir in Epheser 3,16.17, in den Worten: «Mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen; dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne». Und dann sieht man in den Versen 18 und 19 desselben Kapitels, dass von dieser mächtigen Wirkung des Geistes in uns der erhabene Genuss des Landes der Verheissung und der Erkenntnis Christi, seiner Liebe und seiner Herrlichkeit, abhängt.
Auch Hebräer 4,12 zeigt uns, dass mit diesem Schwert das Wort Gottes gemeint ist. Nachdem es seine Wirksamkeit auf unser Herz ausgeübt hat, um uns zu lehren und uns völlig zu richten, können wir es als Waffe ergreifen, um auch das Gewissen anderer zu erreichen. Es ist das Schwert des Geistes. Der Geist allein kann ihm seine ganze Schärfe geben und es in die Herzen eindringen lassen, so, wie es in unser Herz eingedrungen ist. Durch dieses Schwert können wir die Absichten Satans blosslegen, die uns nicht unbekannt sind, damit auch die «Einfältigen» inmitten seiner Anläufe bewahrt werden. Durch dieses Schwert schliesslich können wir auch die Listen und die Lügen zunichtemachen, die aufgestellt werden, um die Gläubigen zu hindern, ihre Stellung in den himmlischen Örtern aufrecht zu halten oder neue Eroberungen zu machen.
Aber im Augenblick, wo wir das Schwert ergreifen, wird der Kampf für das Evangelium nicht ausbleiben, wie wir es auch in Bezug zur zweiten Verteidigungswaffe sehen werden. Wiederholen wir jedoch, dass der Kampf im Brief an die Epheser zum Hauptzweck hat, den Christen den Besitz und den Genuss ihres himmlischen Erbes zu sichern.
2. Das Gebet (7)
«Zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen in dem Geist, und hierzu wachend in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen und für mich, damit mir Rede verliehen werde im Auftun meines Mundes, um mit Freimütigkeit kundzutun das Geheimnis des Evangeliums (für das ich ein Gesandter bin in Ketten), damit ich in ihm freimütig rede, wie ich reden soll.»
Wie der Schild der Ausdruck des Glaubens ist, so ist das Gebet der Ausdruck der Abhängigkeit. Wie das Wort das Schwert des Geistes ist, das auch nach aussen hin in Macht gegen den Feind wirkt, so ist das Gebet der Ausdruck des Geistes in uns, der durch uns zu Gott emporsteigt, um Ergebnisse zu erlangen, die Er allein hervorbringen kann. Das Gebet hat mancherlei Formen, anfangend von der einfachen Bitte bis zum innigsten Flehen. Auch die Gebete unseres vielgeliebten Heilandes zeigten sich in diesen Formen und steigerten sich bis zum Flehen «mit starkem Schreien und Tränen» in Gethsemane. Auch Daniel nahm diese Haltung ein, als er zugunsten seines Volkes eintrat. Er sagte: «Ich richtete mein Angesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn mit Gebet und Flehen zu suchen, in Fasten und Sacktuch und Asche» (Dan 9,3). Wenn wir die Psalmen durchgehen, finden wir darin alle Formen des Gebets, und jenes Buch könnte tatsächlich zum grossen Teil «das Buch des Gebets» genannt werden. In Philipper 4,6 werden dieselben Formen genannt: «Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.» Nur hat das Gebet in diesem Fall unsere persönlichen Bedürfnisse zum Gegenstand, während es im Epheserbrief «allen Heiligen» zur Unterstützung in ihrem Kampf dient, sowie dem Apostel Paulus, ihrem Anführer, der den Anweisungen des obersten Hauptes – Christus – unterstand. Paulus benötigte Freimütigkeit im Evangelium; und das Gebet, die Waffe des Geistes, stand allen Gläubigen zur Verfügung, um zu bitten, dass er in diesem Kampf gestärkt würde.
Sind wir uns des Wertes dieser Waffe vollauf bewusst? Machen wir genügenden Gebrauch davon? Mit ihr können wir mit den Knechten des Herrn und für sie kämpfen (Röm 15,30). So kämpfte auch Paulus für die Kolosser, und Epaphras tat dasselbe (Kol 2,1; 4,12). Das Gebet machte gewiss einen Teil des Kampfes der Schwestern aus, die mit dem Apostel verbunden waren; denn das Gebet ist untrennbar vom Kampf des Evangeliums (Phil 4,3).
Das Gebet ist also, wie das Schwert, eine hervorragende Angriffswaffe. Das Wort und das Gebet sind die beiden Pfeiler des Christentums, das Wort als Zeugnis gegenüber der Welt, das sich an sie richtet; das Gebet aber richtet sich an Gott selbst.
**h Das Wort «Heil» bedeutet hier mehr das, was uns rettet, und nicht so sehr das Heil in sich selbst. Der Ausdruck in dieser Bedeutung findet sich auch in Lukas 2,30; 3,6; Apostelgeschichte 28,28.
**j Er zog Gerechtigkeit an wie einen Panzer und setzte den Helm der Rettung auf sein Haupt, und er zog Rachegewänder an als Kleidung und hüllte sich in Eifer wie in einen Mantel.