Es werden hier neun Wirkungen des Geistes aufgeführt, die die Bestandteile der Frucht seiner Energie im Gläubigen bilden
1. Liebe
Liebe ist der Hauptwesenszug im Charakter des Kindes Gottes. Die Apostel hatten vom Herrn Jesus das Gebot empfangen, «dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder liebe». Johannes hebt ihren göttlichen Ursprung hervor, wenn er sagt: «Die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott» (1. Joh 4,7). Er zeigt auch den Beweggrund der christlichen Liebe: «Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat», d.h. wir lieben nicht nur Gott, sondern lieben auch einander, weil Er uns zuerst geliebt hat (1. Joh 4,19-21).
Die Liebe hat also im Leben des Gläubigen eine zweifache Auswirkung: Erstens lieben wir Gott und zweitens lieben wir die, die wie wir aus Gott geboren sind.
Diese zweifache Ausübung der Liebe geht gleichzeitig vor sich. Lieben wir Gott, so lieben wir auch den Bruder. In der Tat, der Apostel betont, dass, wenn keine Liebe vorhanden ist für den Bruder, der gesehen wird, auch die Behauptung, man liebe den, der nicht gesehen werden kann, unwahr ist. «Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, so ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, wie kann der Gott lieben, den er nicht gesehen hat?» (1. Joh 4,20).
Das Kind Gottes liebt, nicht weil es dazu angehalten wird, sondern weil dies die Lebensäusserung der neuen Natur ist, die es besitzt. Und der Beweggrund zum Lieben wird genährt durch die Entfaltung der grenzenlosen Liebe Gottes uns gegenüber – eine unveränderliche Tatsache, ganz ausserhalb von uns selbst. «Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.» Es ist die Wirkung des Heiligen Geistes in uns, die das Wollen vollbringt und die zugleich die Kraft für die Ausübung dieser Liebe darreicht.
In einem anderen Brief lesen wir von dem grossen Platz, den die praktische Liebe in dem Leben des Gläubigen einnimmt. Der Apostel schreibt den Heiligen in Rom: «Seid niemand irgendetwas schuldig, als nur, einander zu lieben; denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt … So ist nun die Liebe die Summe des Gesetzes» (Röm 13,8-10). Desgleichen lesen wir in Gal 5,14: «Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: ‹Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.›»
Gerade in Verbindung mit diesem letztgenannten Zitat zeigt der Apostel, wie diese so wichtige Eigenschaft im Leben des Christen nicht ein Werk des Fleisches, sondern eine Frucht des Geistes ist. Die Liebe muss einem reinen Herzen entspringen, damit sie Gott wohlangenehm sei, und eine solche Liebe kann nicht ein Produkt des Fleisches sein. Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott und nicht Liebe zu Ihm; die Werke des Fleisches sind das Gegenteil der Liebe – Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Sekten.
Für das Fleisch und den natürlichen Menschen ist es unmöglich, diese Liebe durch Selbstanstrengung hervorzubringen; der Geist allein bewirkt sie im Herzen und im Leben des Gläubigen und bringt sie hervor, nicht als einen Wunschgedanken, sondern als eine reife Frucht. Das Tätigkeitsfeld des Geistes zu diesem Ziel ist in uns. Er wirkt in unseren Herzen. Wir lesen, dass die Liebe Gottes ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist (Röm 5,5).
Unsere Verantwortlichkeit, die Liebe als eine Frucht des Geistes zu besitzen, liegt in der Beachtung des entsprechenden Grundsatzes in unserem Wandel: Wir sollen im Geist und nicht im Fleisch wandeln. Eine einfältige Unterwürfigkeit unter den Geist in uns, der unsere Herzen in die wahre Erkenntnis des Wortes und des Willens Gottes führt und unsere Augen auf Christus richtet, ist der Weg, worauf wahre und gottgemässe Liebe in unserem Leben zur Reife gelangt.
2. Freude
Die Freude ist der innere Zustand des Herzens und der Seele und ist nur eine Wirklichkeit für die Erfahrung des einzelnen. Wir vermögen uns wohl zu freuen mit den sich Freuenden, aber wir können uns nicht für sie freuen. Personen oder Umstände, ganz ausserhalb von uns, mögen ein Gefühl der Freude in uns wecken, aber die lebendige Empfindung und der Genuss der Freude müssen unsere persönliche Erfahrung sein. Es ist unser Herz, das sich freut. Und wie das Herz seine eigene Bitterkeit kennt, so kann sich auch kein Fremder in seine Freude mischen (Spr 14,10). Niemand kann uns die Freude nehmen, die Christus gibt. Wir tun gut, uns in einer Welt der Drangsal, durch die wir schreiten müssen, daran zu erinnern, dass unsere Trauer durch einen göttlichen Prozess in Freude umgewandelt werden kann. Die Frucht des in uns wohnenden Geistes ist Freude. Wir machen die Erfahrung, dass es der Dienst des Heiligen Geistes ist, in den Herzen, wo Er wohnt, Empfindungen der reinsten Freude zu wecken und aufrechtzuerhalten, und dies ganz unabhängig von irdischen oder natürlichen Ursachen. Diese Gabe wird in vollem Mass gegeben. Die Gefässe werden von Ihm bis zum Rand gefüllt. So heisst es von den Jüngern der ersten Tage der Christenheit, dass sie mit Freude und Heiligem Geist erfüllt wurden (Apg 13,52).
Freude im besten Sinn, im Unterschied zu Frohsinn und Heiterkeit, ist göttlichen Ursprungs und wird in der Schrift Gott zugeschrieben. Die Freude des Schöpfers besteht in seiner Befriedigung an der Vortrefflichkeit des Werkes seiner Hände. Als die Grundfesten der Erde gelegt wurden, da jubelten die Morgensterne miteinander und alle Söhne Gottes jauchzten (Hiob 38,7). Es gibt auch eine Freude im Herzen des Heiland-Gottes, wenn ein Sünder Buße tut und von Sünde, Elend und Tod freigesprochen ist (Lk 15). An dieser Freude durfte der versöhnte, einst verlorene Sohn teilnehmen.
Unter dem Gesetz wurde wenig offenbart bezüglich der Freude, die Gott den Söhnen der Menschen geben würde, statt der Mühsal und der Tränen, die die Sünde in die Welt gebracht hat. Im Vorbild gab es jedoch schon unter dem Gesetz Schatten der zukünftigen, besseren Dinge. Als zum Beispiel die Kinder Israel das verheissene Land erreichten, wurde ihnen vorgeschrieben, bei ihren freiwilligen Brand- und Schlachtopfern auch ein bestimmtes Mass von Öl und Wein – Bilder des Geistes und der Freude – darzubringen (4. Mo 15).
Während in den ersten Büchern der Bibel wenig auf den Gegenstand der Freude direkt Bezug genommen wird, so schreiben die Propheten oft über Gesichte voll von Erwartung und kommender Freude im Tausendjährigen Reich. Dann werden sogar die Wüste und das dürre Land sich freuen, und die Befreiten des HERRN werden mit Jubel nach Zion zurückkehren, und ewige Freude wird über ihrem Haupt sein, und Kummer und Seufzen werden entfliehen (Jes 35,1.10; 51,11; 61,7).
Die Frucht des am Pfingsttag ausgegossenen Geistes ist Freude. Die Freude ist himmlischer Natur und himmlischen Ursprungs; die Wirkung des innewohnenden Geistes ist, die Herzen mit der Freude des Herrn zu erfüllen. Wir können mit dem Psalmisten sagen: «Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt; mein Becher fliesst über» (Ps 23,5).
3. Friede
Bevor der Apostel auf die Frucht des Geistes zu sprechen kommt, sagt er: «Offenbar aber sind die Werke des Fleisches». Sie können nicht verborgen bleiben; sie sind auf der Oberfläche des menschlichen Betragens. Hass, Feindschaft, Bosheit und dergleichen Dinge machen sich laut bemerkbar und drängen sich auf – in scharfem Gegensatz zu dem stillen Verhalten und der Zurückhaltung jedes geistlichen Tuns.
Die Werke des Fleisches, die in gewissem Mass leider auch bei uns Kindern Gottes gefunden werden können, stören den Frieden des Geistes. Sie kommen aus der Unruhe und Nervosität der menschlichen Natur, die Schlamm und Schmutz aufwirft. Wenn wir ihren Neigungen Raum geben, verlassen wir praktisch den Weg des Friedens, denn, sagt Gott, da ist kein Friede den Gottlosen (Jes 57,20.21; Röm 3,17). Wir können dann die Segnungen des Reiches Gottes nicht geniessen; denn: «Das Reich Gottes ist … Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist» (Röm 14,17).
Wie wichtig ist es, diesen Frieden zu haben! Er ist die Frucht des Geistes. Jeder andere Friede wäre nur ein Zerrbild. Das Fleisch begehrt im Menschen, aber der Geist begehrt gegen das Fleisch, damit er nicht das tut, was er will. Solange das Fleisch wirkt, wird der Geist widerstehen, es sei denn, Er werde betrübt (Eph 4,30). Aber wenn das Fleisch sich still verhält und der Geist ungehindert wirken kann, dann ist nicht Widerstreit, sondern Friede. Der Geist wird dann seine eigene liebliche Frucht hervorbringen.
Was sind denn bei uns die häufigsten Hindernisse dieses Friedens? Selbstsüchtige Wünsche, inneres Sichgehenlassen, ein unruhiger, unbefriedigter Wille. Diese verursachen einen inneren Konflikt, der dem Frieden des Geistes entgegen ist. Daher werden wir ermahnt: «Geliebte, ich ermahne euch als Fremdlinge und als solche, die ohne Bürgerrecht sind, euch der fleischlichen Begierden zu enthalten, die gegen die Seele streiten» (1. Pet 2,11).
Der Herr sagte zu seinen Jüngern: «Meinen Frieden gebe ich euch»; «dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt» (Joh 14,27; 16,33). Wer diesen Frieden besitzt, wird in allen Umständen sagen können: «Der Wille des Herrn geschehe» (Apg 21,14), so wie Er selbst einst gesagt hat: «Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe».