Warum?

Wir alle kennen sicher die zu Herzen gehende Frage des Herrn, die Er auf dem Kreuz am Ende der drei Stunden der Finsternis ausgerufen hat: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» (Mt 27,46; Mk 15,34). Der Heiland hat dabei die Worte Davids aus Psalm 22,2 ausgesprochen.

Doch es gibt noch drei weitere erschütternde Fragen in den Psalmen, die sich prophetisch auf den Herrn Jesus beziehen. In Psalm 42,10 hören wir die Klage: «Warum hast du mich vergessen?», und in Psalm 43,2 vernehmen wir den Ruf: «Warum hast du mich verworfen?» Schliesslich lesen wir in Psalm 88,15: «Warum, HERR, verwirfst du meine Seele, verbirgst dein Angesicht vor mir?» Über diese vier Fragen wollen wir etwas nachdenken.

Warum verbirgst du dein Angesicht vor mir?

Hiskia konnte sagen: «Ach, HERR, gedenke doch, dass ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor deinem Angesicht gewandelt bin und getan habe, was gut ist in deinen Augen!» (2. Kön 20,3). Ohne jede Einschränkung traf dies auf den Herrn Jesus zu. In seinem ganzen Leben hatte das Angesicht Gottes stets über Ihm geleuchtet (Ps 119,135). In Psalm 69,18 hören wir dann die bewegende Bitte des Herrn: «Verbirg dein Angesicht nicht vor deinem Knecht, denn ich bin bedrängt; eilends erhöre mich!» Als jedoch die Bedrängnis durch seine Feinde am Kreuz ihren Höhepunkt erreichte, da verbarg Gott sein Angesicht vor Ihm. Er, der immer das Licht des Angesichts Gottes gesehen hatte, klagte nun: «Freund und Genossen hast du von mir entfernt; meine Bekannten sind Finsternis» (Ps 88,19). Was muss das für den Herrn gewesen sein! Aber Er wusste auch, dass Er Gott noch preisen würde für die Rettung seines Angesichts (Ps 42,6).

Warum hast du mich verworfen?

Wie schmerzlich muss es den Herrn getroffen haben, dass Er von den Führern des Volkes, ja, vom damaligen Geschlecht verworfen wurde (Lk 9,22; 17,25). Er war der Baustein, den die Bauleuten verworfen hatten (Ps 118,22; Lk 20,17). Aber schmerzhafter war es für Ihn, dass Gott Ihn nun zu Boden warf, nachdem Er Ihn zuvor als Messias aus dem Volk herausgehoben hatte (Ps 102,11). Aber verwerfen geht weiter als hinwerfen oder zu Boden werfen. Gott hat sein irdisches Volk verworfen (Hos 4,6). Er lässt es die Feindschaft der Nationen spüren. Als ihr Messias hat der Herr Jesus an dieser Bedrängnis teilgenommen (Jes 63,9).

Warum hast du mich verlassen?

In Psalm 37,25 spricht David von einer Erfahrung, die er während seines Lebens gemacht hat: «Ich war jung und bin auch alt geworden, und nie sah ich den Gerechten verlassen.» Ja, die Väter, die auf Gott vertrauten, wurden errettet und nicht beschämt, wenn sie zu Gott schrien (Ps 22,5.6). Christus aber, der einzig wirklich Gerechte wurde für uns, die Ungerechten, von Gott verlassen, weil Er unsere Sünden trug (1. Pet 3,18). Wir können nicht erahnen, wie der Herr diese Verlassenheit in den drei Stunden der Finsternis empfunden hat. Er rief zu seinem Gott, aber Er erhielt keine Antwort (Ps 22,3). Ja, Gott hemmte sein Gebet (Klgl 3,8).

Warum hast du mich vergessen?

Sicher kann Gott seinen Sohn nicht vergessen. Doch der Herr hat es so empfunden, als Er von Gott verlassen war. Wenn jemand während einer sehr langen Zeit keinen Kontakt mehr mit uns sucht und aufnimmt, vermuten wir, dass diese Person uns vergessen habe. Der Herr muss die drei Stunden der Finsternis wie eine Ewigkeit empfunden haben. Er erwartete Rettung nur von seinem Gott. Doch Dieser schien Ihn vergessen zu haben. Wenn mich jemand verlässt, so besteht noch die Möglichkeit, dass er zurückkommt. Wenn mich aber jemand vergessen hat, was dann? Welch eine unsägliche Not für den Heiland!

  • Gott verbarg sein Angesicht vor Ihm – wir werden das Angesicht des Herrn Jesus, des Sohnes Gottes, sehen (Off 22,4).
  • Er wurde von Gott verworfen – wir sind von Gott aufgenommen worden (Röm 14,3).
  • Er wurde von Gott verlassen – Er ist alle Tage bei uns (Mt 28,20).
  • Er fühlte sich von Gott vergessen – wenn Gott Israel nicht vergisst, wie viel weniger uns (Jes 49,15).

«Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet» (2. Kor 8,9).