Nachdem der Apostel in den Versen 17-27 seine Aufbauarbeit in Ephesus vorgestellt hat, spricht er in den Versen 28-38 über die Zeit nach seinem Abschied. Er sagt den Niedergang voraus und weist die Ältesten auf die göttlichen Hilfsmittel für die örtliche Versammlung hin.
Der Ältestendienst in der Versammlung
«Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen» (V. 28).
Zur Zeit der Apostel wurden die Ältesten von ihnen in dieses Amt eingesetzt. Heute gibt es diese Einsetzung nicht mehr, weil wir keine Apostel mehr haben. Aber der Ältestendienst wird noch ausgeübt. Darum gelten die Aufforderungen, die sich hier an die Ältesten richten, auch heute für Brüder, die diese Aufgabe wahrnehmen.
Paulus erklärt nun, dass der Heilige Geist diese Ältesten in der Versammlung als Aufseher gesetzt hat. An sich bestimmte der Apostel sie dazu, aber er tat es unter der Führung des Geistes Gottes. Heute ist es der Heilige Geist, der in der örtlichen Versammlung Brüdern den Auftrag gibt, einen Ältestendienst auszuüben.
Die erste Ermahnung an die Ältesten lautet: «Habt acht auf euch selbst!» Das war damals schon wichtig, ist aber heute umso nötiger. Warum? Die Ältesten zur Zeit der Apostel besassen durch die apostolische Einsetzung eine amtliche Autorität in der Versammlung. Das ist heute nicht mehr so. Darum benötigen die Brüder, die einen Ältestendienst ausüben, für diese Aufgabe moralische Autorität. Sie bekommen dieses sittliche Gewicht, indem sie auf sich selbst achten und über Jahre ein vorbildliches Leben in der Gesinnung Jesu Christi führen.
Wenn sie sich jedoch falsch verhalten oder fleischlich reagieren, verlieren sie die moralische Autorität in der Versammlung ziemlich schnell. Wie wichtig ist also die Aufforderung: «Habt acht auf euch selbst!»
Die zweite Ermahnung heisst: «Habt acht auf die ganze Herde!» Die Ältesten haben die Aufgabe, sich um das Wohl der Herde zu kümmern. Dafür braucht es zuerst ein wachsames Auge, das die Gefahren und Probleme erkennt, und dann die Bereitschaft, entsprechende Hilfe zu leisten. Petrus gibt den Ältesten einen ähnlichen Auftrag: «Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist» (1. Pet 5,2).
Die Herde Gottes
Die Versammlung wird uns in Gottes Wort mehrere Male als Herde vorgestellt. Einmal sagt der Herr zu seinen Jüngern: «Fürchte dich nicht, du kleine Herde» (Lk 12,32). In diesem Kapitel des Lukas-Evangeliums spricht Er vom himmlischen Charakter der Jünger und deutet mit diesem Vers bereits an, dass sie gemeinsam eine Herde bilden werden, zweifellos ein Bild von der Versammlung. In Johannes 10 finden wir dann den bemerkenswerten Vers, der uns den Charakter der Versammlung Gottes als Herde zeigt: «Es wird eine Herde, ein Hirte sein» (Joh 10,16). Der grosse Gedanke beim Bild der Herde ist, dass sie einen Hirten hat. Er ist der Mittelpunkt aller Schafe und die Person, die die Herde zusammenhält. Das wird in der Praxis Wirklichkeit, wenn wir als örtliche Versammlung zu seinem Namen hin versammelt sind. Dann ist Er unser Mittelpunkt (Mt 18,20).
Der Aufseherdienst
Die Ältesten sind in der Versammlung als Aufseher gesetzt. Daraus lernen wir zuerst, dass Ältestendienst und Aufseherdienst ein und dasselbe ist. Das Wort «Ältester» bezeichnet den Charakter der Person: Es muss ein älterer, bewährter Bruder sein. Das Wort «Aufseher» gibt den Charakter ihrer Tätigkeit wieder: Sie sollen die Herde hüten oder beaufsichtigen.
Um die Tätigkeit der Ältesten genau zu erkennen, müssen wir zuerst die Frage klären: Was ist der Unterschied zwischen «weiden» und «hüten»? Der Herr Jesus hat dem Apostel Petrus in Johannes 21 beide Aufgaben anvertraut. «Weiden» ist Nahrung geben, und «hüten» bedeutet, eine bestimmte Autorität in Bezug auf die Herde geltend zu machen. Der Hirte weidet die Schafe, der Aufseher hütet sie. Die Brüder, die einem Ältestendienst nachgehen, teilen also nicht in erster Linie Nahrung aus. Trotzdem sollen sie lehrfähig sein (1. Tim 3,2). Ebenso wissen wir aus 1. Timotheus 5, dass es Älteste gab, die zusätzlich zu ihrem Dienst eine Gabe zur Auferbauung der Versammlung besassen. Dort heisst es: «Die Ältesten, die wohl vorstehen, lass doppelter Ehre für würdig erachtet werden, besonders die, die in Wort und Lehre arbeiten» (1. Tim 5,17).
Aber die eigentliche Aufgabe der Ältesten ist die Aufsicht der Herde. Sie sollen wachsam beobachten, was in der örtlichen Versammlung vorgeht und eine gewisse Autorität geltend machen, damit die Glaubenden dem Wort Gottes gehorchen. Sie können und dürfen nicht autoritär sein, noch Gehorsam verlangen. Aber sie sollten ihre moralische Autorität zum Wohl der örtlichen Versammlung einsetzen.
Die Ältesten hüten nicht ihre Versammlung, sondern die Versammlung Gottes. Dieser Hinweis ist einerseits ein Bewahrungsmittel für die Brüder, die einen Ältestendienst tun. Es ist nicht ihre Herde oder ihr Besitz. Darum sollen sie nicht herrschen, sondern Vorbilder der Glaubenden sein (1. Pet 5,3). Anderseits ist diese Tatsache auch eine grosse Entlastung für die Brüder, die diesen schweren Dienst tun. Sie dürfen immer wieder daran denken, dass es nicht ihre Versammlung ist. Sie sind nicht für alles verantwortlich, denn es ist die Versammlung Gottes.
Der Wert der Versammlung für Gott
Mit dem Schlusssatz von Vers 28 macht Paulus uns deutlich, wie kostbar die Versammlung für Gott ist. Sie ist für Ihn so wertvoll, dass Er sie «sich durch das Blut seines Eigenen erworben hat».
Das ist eine sehr inhaltsreiche Aussage. Sie macht klar, dass es die Versammlung nicht in einem sündigen Zustand gab. An Pfingsten entstand etwas ganz Neues, das vorher nicht existierte – die Versammlung Gottes. Darum steht hier nicht, dass Gott die Versammlung erlöst, sondern dass Er sie erworben hat. Nur die einzelnen Glaubenden, die die Versammlung bilden, mussten erlöst werden (1. Pet 1,18.19). Dazu war der Opfertod des Herrn Jesus nötig. Doch hier weist der Tod des Sohnes auf den hohen Preis hin, den Gott bezahlte, um sich die Versammlung zu erwerben.
Gott nennt den Herrn Jesus hier seinen eigenen Sohn. Dieser Titel kommt noch zweimal in der Bibel vor (Röm 8,3.32). An allen Stellen will Er damit sagen: Ich habe Den in den Tod gegeben, den Ich von Ewigkeit her besitze und liebe. Gott gab seinen eigenen Sohn, um sich die Versammlung zu erwerben – so wertvoll ist sie in seinen Augen!
Diese Tatsache wollen wir nie vergessen, sondern tief in unsere Herzen eingraben. Das wird eine grosse Auswirkung auf unser Zusammenkommen als Versammlung und besonders auf den Ältestendient haben.
Gefahren von aussen und innen
«Ich weiss, dass nach meinem Abschied reissende Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen. Und aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her» (V. 29.30).
Paulus warnt uns nun vor den Gefahren, die der Herde drohen. Er möchte nicht, dass wir blauäugig durch die Welt gehen, sondern uns bewusst sind: Es gibt einen Feind Gottes, der die Versammlung zerstören will. Er ist auf zweierlei Weise tätig:
- Einerseits kommen Menschen von aussen wie reissende Wölfe in die Versammlung herein. Der Herr hat schon vor diesen Wölfen in Schafskleidern gewarnt, die sich unter die Glaubenden mischen, um grossen Schaden anzurichten (Mt 7,15). Es sind Menschen, die sich einen christlichen Anstrich geben, damit sie in die Gemeinschaft des Volkes Gottes kommen können. Doch sobald sie drinnen sind, zeigen sie ihr wahres Gesicht und verwüsten die Versammlung.
- Anderseits stehen aus der Mitte der Glaubenden Männer auf – vielleicht sogar aus den Ältesten selbst – die verkehrte Dinge reden. Das können auch bekehrte Menschen sein. Doch sie entfernen die Schafe vom Hirten. Anstatt sie näher zum Herrn zu bringen, ziehen sie die Glaubenden auf ihrem falschen Weg hinter sich her.
Seid wachsam!
«Darum wacht, und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen» (V. 31).
Angesichts dieser beiden drohenden Gefahren fordert der Apostel die Ältesten auf: «Wacht!» Wir sind in den örtlichen Versammlungen den Angriffen des Feindes nicht hilflos ausgeliefert. Um die Hilfsmittel vorzustellen, kommen wir jetzt auf die geistliche Mauer zu sprechen, die jede örtliche Versammlung umgibt.
Johannes stellt uns in Offenbarung 21 die Versammlung Gottes als eine Stadt vor. Die Stadt spricht immer von Verwaltung. In der Versammlung muss also Gott gemäss verwaltet werden. Diese Stadt hat eine grosse und hohe Mauer (Off 21,12). Sie ist zum einen dazu da, um die reissenden Wölfe davon abzuhalten, in die Versammlung einzudringen. Zum anderen gibt es diese Mauer, um solche, die in unserer Mitte aufstehen und verkehrte Dinge reden, hinauszutun.
Der Herr selbst hat der örtlichen Versammlung diese Möglichkeit gegeben. In Matthäus 18,18-20 gewährt Er der Versammlung die Autorität zu binden und zu lösen. Sie kann also in Abhängigkeit vom Herrn jemand aus der Mitte der Glaubenden ausschliessen, weil er sich als ein Böser erweist. Sie kann auch jemand die Gemeinschaft verweigern, der von aussen hereinkommen will, um Schaden anzurichten.
Die Brüder, die einen Ältestendienst ausüben, haben in dieser Angelegenheit eine grosse Verantwortung, obwohl sie nicht berufen sind, als Ältestenschaft zu handeln. Wir wollen das sehr deutlich machen: Nur die Versammlung als Ganzes kann handeln. Nur sie kann jemand in die Gemeinschaft am Tisch des Herrn aufnehmen oder jemand von dieser Gemeinschaft ausschliessen. Aber die Brüder, die einen Ältestendienst tun, haben in dieser Handhabung der örtlichen Versammlung eine wichtige Verantwortung. Sie führen die Gespräche und untersuchen die Angelegenheit.
So ist es nötig, dass in jeder Versammlung Brüder da sind, die wachen. Die Stadt hat nicht nur eine hohe Mauer, sondern auch Tore, die bedient werden müssen. Im Alten Testament gab es bei den Leviten die wichtige Aufgabe des Torhüters. Er bewachte und bediente die Türen des Hauses Gottes. Im Bild weist der Torhüter auf den Dienst der Ältesten hin.
«Denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen.» Der Apostel war den Ältesten ein Vorbild. Als er in Ephesus weilte, wachte er über die Herde und hütete sie. Das war mit viel Aufwand und Tränen verbunden. Nacht und Tag sorgte er sich um die einzelnen Schafe. Wer in einer örtlichen Versammlung schon einen Ältestendienst getan hat, kennt diese schlaflosen Stunden. Er weiss auch um Tränen der Enttäuschung und um Tränen der Beschämung. Das erfahren wir alle in diesem Dienst. Trotzdem werden wir in Gottes Wort ermuntert, diese Aufgabe wahrzunehmen und zu erfüllen: «Wenn jemand nach einem Ältestendienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk» (1. Tim 3,1). Es ist ein Dienst an der Herde Gottes, die Ihm sehr wertvoll ist. Wir wollen ihn ausüben, auch wenn er oft Tränen, schlaflose Stunden, Beschämung und Enttäuschung mit sich bringt.
Gott und das Wort seiner Gnade
«Und nun befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade an, das vermag, aufzuerbauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten» (V. 32).
Jetzt macht Paulus klar, dass es keine apostolische Nachfolge gibt. Kurz vorher hat er von seinem Abschied gesprochen und nun befiehlt er die Glaubenden nicht einer nachfolgenden Apostelschaft, sondern Gott und dem Wort seiner Gnade an. Diese beiden Hilfsquellen bleiben uns bis heute. Das macht uns in diesen letzten schweren Zeiten ruhig. Wir haben Gott, zu dem wir beten dürfen. Wir besitzen das geschriebene Wort, das Wort seiner Gnade. Beides zusammen genügt uns.
Wir können den Niedergang in der Christenheit nicht aufhalten, aber in der örtlichen Versammlung gibt es einen Weg, den der Herr anerkennen kann: Wir bleiben im Gebet von Gott abhängig und stützen uns im Gehorsam auf sein Wort. Das macht uns Mut, weiter die Grundsätze des Zusammenkommens zu beachten und uns mit Hingabe dafür einzusetzen. Dann kann eine örtliche Versammlung trotz des allgemeinen Ruins im christlichen Zeugnis noch gedeihen. Wir halten fest: Das Wort Gottes vermag aufzuerbauen!
Leider kommen heute in der Versammlung manchmal Probleme vor, die uns völlig überfordern. Dann ist es unerlässlich, die Not im aufrichtigen Gebet zu Gott zu bringen. Wenn wir über das Schwere, das uns betroffen hat, aufrichtig vor Ihm Leid tragen, zeigt Er uns durch sein Wort einen Weg, den wir gehen können. In echter Demütigung, in einer fragenden Haltung vor Ihm und im Vertrauen auf das Wort der Gnade dürfen wir erfahren, wie Er uns weiterhilft.
Das Wort vermag auch ein Erbe unter den Glaubenden zu geben. Was ist damit gemeint? In Apostelgeschichte 26 finden wir einen ähnlichen Ausdruck. Dort erzählt der Apostel Paulus, dass er vom Herrn den Auftrag bekommen hat, den Menschen das Evangelium zu verkünden, «damit sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbe unter denen, die durch den Glauben an mich geheiligt sind» (Apg 26,18). Es geht in beiden Stellen darum, dass das Evangelium oder das Wort der Gnade, uns in den christlichen Reichtum einführt.
Geben ist seliger als Nehmen
«Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisst, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben» (V. 33.34).
Paulus hat weder für Geld noch für materiellen Gewinn unter den Ephesern gearbeitet. Leider ist das aber im christlichen Zeugnis immer wieder vorgekommen. Viele sind den Weg Bileams gegangen und haben wie dieser gottlose Mann für Geld gepredigt (2. Pet 2,15). Der Apostel hingegen lehrte und praktizierte das Gegenteil. In 1. Timotheus 6 prangert er solche an, die meinen, die Gottseligkeit sei ein Mittel zum Gewinn. Und hier erinnert er die Ältesten von Ephesus daran, wie er von niemand Geld oder Kleider gefordert hat, sondern mit seinen eigenen Händen für den Lebensunterhalt aufgekommen ist.
Auch heute ist es verwerflich, wenn jemand meint, ein gottseliges Leben oder eine aktive Arbeit im Werk des Herrn sei ein Mittel zum materiellen Gewinn! Das findet nie die Zustimmung des Herrn.
«Ich habe euch in allem gezeigt, dass man, so arbeitend, sich der Schwachen annehmen und der Worte des Herrn Jesus gedenken müsse, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen» (V. 35).
Hier wird uns ein weiterer Grundsatz für die örtliche Versammlung vorgestellt: Wir sind gefordert, uns der Schwachen anzunehmen. Wir könnten es sogar so formulieren: Der Zustand einer örtlichen Versammlung misst sich daran, wie sie sich um die Schwachen unter ihnen kümmert. Die Versammlung ist keine Elite-Gruppe von besonders reifen und starken Christen, sondern sie besteht aus Starken und Schwachen. Der Einsatz und die Mühe für die Schwachen und Verzagten, die vielleicht nicht immer die Zusammenkünfte besuchen, findet Gottes besondere Anerkennung.
Daran hängt ein weiterer Grundsatz, der in der örtlichen Versammlung gelten soll: Geben ist seliger als Nehmen. Das betrifft nicht nur das Materielle. Wir wollen das an einem Beispiel verdeutlichen:
Auf einer Reise sprach mich eine gläubige Frau an. Sie erklärte mir: «In der örtlichen Versammlung, wo ich hingehe, ist es ganz schwierig. Wenn wir nach der Versammlungsstunde den Raum verlassen, kommt keiner auf mich zu und begrüsst mich!» Während der Unterhaltung kamen wir dann miteinander zum Schluss, dass ihre Einstellung nicht richtig war. Anstatt zu warten, bis sie von jemand begrüsst wird, hätte sie selbst auf jemand zugehen und ihn begrüssen können.
Es ist nicht gut, wenn wir nur in die Zusammenkünfte kommen, um zu empfangen und um von den anderen etwas zu erwarten. Im Gegenteil, wir wollen in den Kontakten mit den Glaubenden bereit sein, etwas zu geben: ein freundliches Wort, ein freundlicher Blick, echtes Interesse. Denken wir daran: Geben ist seliger als Nehmen!
Wenn wir die vier Evangelien untersuchen, werden wir diese Aussage des Herrn nirgends finden. Dennoch stellt der Apostel sie hier, inspiriert durch den Geist, als ein Wort des Herrn Jesus vor. Daraus erkennen wir, dass nicht alles, was Er gesagt und getan hat, in den Evangelien niedergeschrieben wurde. Johannes sagt am Ende seines Evangeliums: «Es sind aber auch viele andere Dinge, die Jesus getan hat, und wenn diese einzeln niedergeschrieben würden, so würde, denke ich, selbst die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen» (Joh 21,25).
Der Abschied mit Gebet
«Und als er dies gesagt hatte, kniete er nieder und betete mit ihnen allen. Es entstand aber viel Weinen bei allen; und sie fielen Paulus um den Hals und küssten ihn sehr, am meisten betrübt über das Wort, das er gesagt hatte, sie würden sein Angesicht nicht mehr sehen. Sie geleiteten ihn aber zu dem Schiff» (V. 36-38).
Die Schlussmomente des Zusammentreffens mit den Ältesten aus Ephesus waren sehr feierlich. Auch daraus lernen wir etwas für jede örtliche Versammlung: die Wichtigkeit des Gebets! Wenn wir niederknien und beten, drücken wir zweierlei aus:
- Wir können es selbst nicht
- Wir trauen es Gott zu
Das gilt besonders auch für Brüder, die einen Ältestendienst tun. Niemand denke: Das schaffe ich oder das schaffen wir schon. Wir schaffen es nämlich nicht! Wenn uns aber unsere Unfähigkeit bewusst ist und wir merken, dass uns Weisheit mangelt, dann kann und will Gott uns helfen. Jakobus schreibt: «Wenn jemand von euch Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott» (Jak 1,5). Es ist nötig, dass wir unsere Ohnmacht empfinden, damit wir uns ganz auf Gott stützen und die Hilfe von Ihm erwarten.
Wir wollen uns durch diese Schlussszene neu bewusst werden, wie wichtig das Gebet ist. Beten wir persönlich und gemeinsam zu Gott! Bitten wir Ihn um Hilfe, Bewahrung und Segen für die örtliche Versammlung. Gott wird von nichts überrascht, auch in unserer Zeit nicht. Er kann uns für alle Schwierigkeiten Weisheit geben, wenn wir Ihn darum bitten.